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Aufbau und Modellierung des taktilen Sensors

4.4 Modellierung der Taktilität

Um die Kreuzungspunkte beider Fäden innerhalb des Stoffs zu platzieren, muss das Verhältnis der Fadenspannung von Unter- und Oberfadenspannung günstig gewählt werden. Aufgrund der un-terschiedlichen Eigenschaften von Baumwoll- und Edelstahlfaden konnte kein optimales Verhält-nis von Ober- zu Unterfadenspannung gefunden werden. Der Metallfaden liegt deshalb an den Kreuzungsstellen beider Fäden vollständig auf der dem Polymer zugewandten Seite. Die Folge sind eventuelle Kontaktschwierigkeiten an den Stellen, an denen der Baumwollfaden den Edel-stahlfaden umschlingt.

Die Naht des Baumwollfadens liegt primär auf der Außenseite des Sensor. Diese ist im Einsatz als Fußsohle hohen Belastungen ausgesetzt. Es besteht daher die Gefahr, dass der Baumwollfaden bei längerem Einsatz am Roboterfuß reißt und somit der Sensor zerstört wird.

Den oben beschriebenen Schwächen können mithilfe eines Austausches des Baumwollfadens durch ein reißfesteres Nylongarn sowie durch Schmierung der Metallführungen zur Reduzie-rung der Metall-Metallreibung im Nähmaschinengehäuse entgegengewirkt werden. Zusätzlich ist es empfehlenswert die Fertigung des Prototypen von Fachpersonal mit modernen, industriellen Nähmaschinen durchführen zu lassen.

Beim zusammenheften von Polymer- und Dämpfungsschichten wurde die Naht aus Platzgründen unmittelbar neben den Randtaxelzeilen und -spalten platziert. Spätere Untersuchungen zeigten jedoch, dass diese Baumwollnaht aufgrund der vielen Stiche bereits Druckspannungen in das Polymer einbringt und damit den Wertebereich der nahegelegenen Taxel stark verändert. Dies wirkt sich negativ auf die Sensitivität der betroffenen Taxel aus und erschwert eine einheitliche Modellierung erheblich. Da dieser Effekt bei dem kleineren Prototypen aus[64]nicht festgestellt wurde, ist es daher empfehlenswert zwischen Heftnaht und erster Randtaxelzeile bzw. -spalte einen Mindestabstand von 5 mm−10mmzu fordern.

4.4 Modellierung der Taktilität

Im diesem Abschnitt wird ein Sensormodell aufgebaut. Mit dem Sensormodell soll die Druckver-teilung auf der gesamten Sensorfläche ermittelt werden. Zusätzlich werden mit dem Sensormo-dell unerwünschte Effekte, die im Aufbau und im Herstellungsprozess des Sensor begründet sind, kompensiert.

Je nach Wertebereich werden die Pressungseinheiten N/cm2 undkPa verwendet. Zur Umrech-nung der beiden Einheiten gilt

1 N

cm2 =10 kPa (4.4)

4.4.1 Eigenschaften der Widerstandsmatrix

Bild 4.7 zeigt das unbelastete Widerstandsfeld für jeden Taxel auf gesamten Sensorfläche.

Die Widerstandswerte der unbelasteten Taxel bewegen sich zwischen 20kΩund 320kΩ. Des Wei-teren kann ein unterschiedliches Widerstandsniveau für jede Spalte der Taxelmatrix beobachtet werden. Diese große Spreizung der Widerstandswerte sowie die verschiedenen Widerstandsni-veaus der Sensorspalten sind auf die unterschiedlichen Kontaktbedingungen zwischen den Edel-stahlfäden und der Polymerschicht zurückzuführen.

24 4 Aufbau und Modellierung des taktilen Sensors

5 10 15 20 25 30

Taxel-Spaltenindex 5

10

15

20

Taxel-Zeilenindex

0kΩ 50kΩ 100kΩ 150kΩ 200kΩ 250kΩ 300kΩ 350kΩ

Bild 4.7:Unbelastetes Widerstandsfeld der gesamten Sensorfläche der taktilen Fußsohle.

Die Widerstandswerte der einzelnen Spalten steigen von den Randtaxel zur Mitte des Sensor hin an. Die sehr geringen Werte am Rand der Sensorfläche sind auf die ungünstig positionierten Heftnähte zurückzuführen. Der Anstieg des gemessenen Widerstandes zur Sensormitte hin ist im zunehmenden Abstand zur Heftnaht begründet. Mit steigendem Abstand der Taxelposition zu den Heftnähten sinkt der Anpressdruck, den die Heftnähte auf die drei Schichten ausübt. Gleichzeitig steigt der Kontaktwiderstand zwischen Edelstahlfaden und Polymer.

Weitere quasistatische und dynamische Versuche zur Analyse des Wiederstandkennfeldes wurden mithilfe des in Kapitel 3 vorgestellten Prüfstandes durchgeführt. Bild 4.8 zeigt den Zeitverlauf der Widerstände drei verschiedener Taxel bei quasistatischen und dynamischen Lastwechseln sowie die aufgebrachte Druckspannung.

Die in Orange dargestellte, anliegende Druckspannung ist für alle drei abgebildeten Taxel auf-grund des kleinen Prüfkopfes mit einem Flächeninhalt von 3.1cm2 nahezu identisch. Im oberen Plot wurde eine quasistatische, sinusförmige Lastkurve aufgebracht. Die in blau dargestellten Wi-derstandsverläufe der drei Taxel zeigen die bereits beschriebenen, unterschiedlichen Widerstands-niveaus im lastfreien Zustand. Mit steigender Belastung sinken alle drei Widerstände erwartungs-gemäß auf ähnliche Werte ab. Die Widerstandsabnahme bei Erhöhung der Last ist stark degressiv.

Der untere Plot zeigt einen dynamischen Lastwechsel. Dabei wurde der Sensor mit einem Pres-sungssprung beaufschlagt. Die ebenfalls sprungähnliche Antwort der drei Widerstandsverläufe lässt auf eine sehr schnelle Dynamik schließen. Nach dem Lastwechsel ist ein negativer Drift in den Widerständen zu beobachten.

Beide Plots zeigen für die Widerstände im Lastbereich sehr glatte Verläufe und in Bereichen nied-riger oder keiner Last eine deutlich höhere Rauschamplitude. Des Weiteren sind unterschiedli-che Ruhewiderstandniveaus zwisunterschiedli-chen den verschiedenen Messungen, dargestellt in Bild 4.7 und Bild 4.8, festzustellen. Die Messungen wurden an unterschiedlichen Tagen im Zeitraum von März bis Juni 2017 durchgeführt. Über diesen Zeitraum ist ein stetige Zunahme der Ruhewiderstände festzustellen. Mögliche Ursachen könnten Unterschiede in der Luftfeuchtigkeit, der Temperatur oder zunehmender Verschleiß sein.

4.4 Modellierung der Taktilität 25

Bild 4.8:Zeitverlauf der Widerstände verschiedener Taxel bei langsamer und stetiger Be- und Entlastung oben sowie sprunghafter Entlastung unten.

4.4.2 Widerstand-Pressungsmodell

Um mithilfe der gemessenen WiderständeRdie DruckverteilungPauf der Sensorfläche zu ermit-teln wird ein zeitinvariantes, exponentielles Modell der Form

P=aebR+cedR (4.5)

verwendet. a, b, c undd sind dabei frei wählbare Modellparameter. Die Modellstruktur wurde in [22] und [64] mit kleineren Sensorprototypen mit bis zu 8×8 Taxel validiert und erprobt.

Spezifische Vorteile der in Gleichung (4.5) dargestellten Modellstruktur für den in dieser Arbeit aufgebauten Prototypen werden im Folgenden dargestellt.

Mithilfe des exponentiellen Ansatzes lässt sich das stark degressive Verhalten der Widerstands-verläufe unter Last abbilden und auflösen. Auch der Einfluss unterschiedlicher Ruhewiderstände, die abhängig von der Zeit und der Taxelposition sind, und die größere Rauschamplitude werden verringert, da das Modell große Werte auf Null abbildet. Die in Bild 4.8 dargestellten Sprun-gantworten zeigen eine sehr schnelle Dynamik, weshalb auf eine explizite Dynamikmodellierung verzichtet werden kann.

4.4.3 Hysterese des taktilen Sensors

Das taktile Sensorkonzept zeigt eine nichtlineare Hysterese zwischen Be- und Entlastung. Dabei liegt der Belastungspfad der Hysterese immer oberhalb des Entlastungspfades (Bild 4.15). Auf dem Entlastungszweig wird der gleiche Widerstand bei einer niedrigeren Pressung erreicht. Diese Druckspannung erreicht nur 70 %−80 % Prozent der Pressung des Belastungspfades.

26 4 Aufbau und Modellierung des taktilen Sensors

5 10 15 20 25 30

Widerstand in[kΩ]

0 10 20 30 40

Druckspannungin[N cm2]

5 10 15 20 25 30

Widerstand in[kΩ]

0 2 4 6 8

Pressungsdifferenzin[N cm2]

Belastung Entlastung Differenz

Messpunkte

Bild 4.9: Hysterese des Taxels(10, 15)beim Be- und Entlasten links sowie die Differenz zwischen Be- und Entlastungszweig der Hysterese rechts.

Dieses Verhalten lässt sich mit den viskoelastischen Eigenschaften des Polymeres erklären. Da-bei dehnt sich die durch den Belastungszweig komprimierte Polymerschicht des Sensors Da-bei der Entlastung langsamer aus, als sie bei der Belastung komprimiert wurde. Die Folge ist, dass der Abstand der leitenden Kohlenstoffadditive im Polymer bei gleicher Pressung auf dem Entlastungs-zweig geringer ist, als beim Belasten. Dadurch kann ein niedrigerer elektrischer Widerstand er-reicht werden kann.

Ein nichtlineares Hysteresemodell zwischen elektrischem Widerstand und anliegender Druck-spannung ist für die Bestimmung und Klassifizierung der Kontakte nicht essentiell und zusätzlich numerisch sehr teuer. Daher wird im Rahmen dieser Masterarbeit keine explizite Modellierung der Hysterese durchgeführt. Eine Variante der Hysteresemodellierung mithilfe des Preisach-Modells beschreibt[51], an der sich für das taktile Sensorkonzept orientiert werden kann.

4.4.4 Drift des taktilen Sensors

Neben der Hysterese ist vor allem im lastfreien Zustand ein negativer Drift der Widerstände zu be-obachten. Bild 4.10 zeigt den Drift vier verschiedener Taxel über einen Zeitraum von 20 Minuten seit der letzten Belastung.

Wie auch die Hysterese ist der Drift auf auf die Eigenschaften des Polymeres zurückzuführen.

In der logarithmischen Darstellung beschreiben die vier Widerstandsverläufe nahezu parallele Geraden. Die Y-Verschiebung ist auf die unterschiedlichen Ruhewiderstände zurückzuführen. Die Parallelität der Verläufe lässt auf ein einheitliches Potenzgesetz für die Driftkoeffizienten aller Taxel schließen. Unter Last ist der Widerstandsdrift nicht sichtbar. Größere Widerstände als die Ruhewiderstände werden durch die exponentielle Struktur des Pressungsmodells auf NullkPa abgebildet. Analog zur Hysteresemodellierung ist eine dynamische Modellierung des Drifts zur Erkennung und Klassifizierung von Kontakten nicht erforderlich. Daher wird auf diese zugunsten der Numerik ebenfalls verzichtet.