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Modellbildung und Beschreibung

4 ERGEBNISSE

4.5 Kristallstruktur des 66.3-kDa-Proteins

4.5.4 Modellbildung und Beschreibung

Zur Ermittlung der dreidimensionalen Struktur wurden verschiedene Datensätze verschiedener Kristalle des 66.3-kDa-Proteins gesammelt und ausgewertet. Das erste Modell konnte mit den Daten eines Schwefel-SAD-Experiments (S-SAD) bei einer Wellenlänge von 1,700 Å errechnet werden und lieferte mit einer maximalen Auflösung von 2,40 Å ein gutes Röntgenkristallstrukturergebnis (Modell 3FBX) (Lakomek et al. 2009a).

Es soll hier kurz auf die Struktur des 66.3-kDa-Proteins eingegangen werden, da die anschließend durchgeführten funktionellen Analysen auf dieser Struktur aufbauen.

Die ausführliche Beschreibung der Kristallisation mit anschließender Strukurbildung ist Gegenstand der Dissertation von Frau Dr. rer. nat. Kristina Lakomek (Lakomek 2009).

Abb. 4.14: Röntgenstrukturmodell

Abb. 4.14 zeigt in (A) wie mehrere, nebeneinander angeordnete β-Faltblattstränge ein β-Faltblatt bilden. (B) und (C) zeigen eine α-Helixstruktur von oben bzw. von der Seite betrachtet. Dabei sind die unterschiedlichen Aminosäureseitenketten gut zu erkennen. Abbildung modifiziert nach Lakomek et al.

(2009b, S. 226).

Die aus dieser Elektronendichtekarte gewonnene Struktur des Kristalls enthielt 520 der 594 Aminosäuren des 66.3-kDa-Proteins (AS 63-238 und AS 249-592). Dabei waren β-Faltblatt- und α-Helixstrukturen der Aminosäurekette klar zu erkennen (vgl.

). Zusätzlich zeigten sich an den fünf Asparaginseitengruppen der Aminosäuren 93, 115, 236, 441 und 520 des 66.3-kDa-Proteins verschiedene N-Acetylglukosamin-Motive (vgl. Abb. 4.17). Zusätzlich enthielt der Kristall ein vom Protein oktaedrisch gebundenes Natrium-Ion (vgl. Abb. 4.20), 294 Wassermoleküle und einzelne weitere Moleküle aus den Medien für die Aufreinigung und Kristallisation, wie z. B. ein Xenon-Atom in einer hydrophoben Tasche des Proteins.

Abb. 4.14

Auf Grund der Elektronendichte war davon auszugehen, dass das Cystein an Position 249 in den prozessierten Formen des 66.3-kDa-Proteins in ca. 50% der Fälle als oxidiertes Cystein vorlag, also als Cysteinsulfonsäure. Ob dies in vivo ebenfalls der Fall ist, bleibt offen.

Im Verlauf konnten drei weitere Datensätze gesammelt werden (Lakomek et al.

2009b), von denen einer eine noch bessere Auflösung mit 1,8 Å bot und vier weitere Aminosäuren des 66.3-kDa-Proteins beinhaltete (Modell 3FGR). Die anderen beiden Datensätze waren deshalb interessant, weil das Modell 3FGW eine weniger prozessierte Form des 66.3-kDa-Proteins darstellte, während das Modell 3FGT eine weitere, zu dem Modell 3FGR verschiedene, prozessierte Form des gleichen Proteins darstellte (vgl. Kap. 4.5.5). Somit war davon auszugehen, dass es sich um unterschiedliche Intermediate des 66.3-kDa-Proteins handelte, die während dessen langsamer autokatalytischer Prozessierung entstanden waren.

Tab. 4.5: Übersicht der verschiedenen Modelle mit ihren Eigenschaften Tab. 4.5

Die Tabelle zeigt eine Übersicht der verschiedenen Datensätze und die daraus abgeleiteten Modelle des 66.3-kDa-Proteins mit den jeweiligen Kristallisationsbedingungen und Besonderheiten des Modells. Die enthaltenen Aminosäuren sind je nach Zugehörigkeit zum N-terminalen bzw.

C-terminalen Fragment des 66.3-kDa-Proteins nach Subunit A bzw. B aufgeteilt. Tabelle modifiziert nach Lakomek et al. 2009a S. 4).

Modell Name: 3FBX 3FGR 3FGW 3FGT

Gelfiltration + + - -

Kristallisations-bedingungen Xenonbegasung Xenonbegasung Kaliumiodid nativ

Methode S-SAD Molekularer

Ersatz

Eigenschaft prozessiert prozessiert unprozessiert prozessiert

Die Informationen aus dem Kristall, die mittels SAD-Phasierung mit einer Auflösung von 2,4 Å ermittelt wurden, dienten als Suchmodell für bereits aufgelistete Modelle.

Die gewonnenen dreidimensionalen Strukturen aus den Modellen 3FBX und 3FGR stellen das grundlegende Modell des 66.3-kDa-Proteins dar (vgl. Abb. 4.17). Die weiteren Beschreibungen des 66.3-kDa-Proteins beziehen sich deshalb auf die Modelle 3FBX und 3FGR (vgl. Tab. 4.5).

Der Kristall enthält das 40- und 28-kDa-Fragment in äquimolaren Mengen, was die Komplexbildung von einem 40-kDa-Molekül mit einem 28-kDa-Molekül zu einem funktionalen Gesamtprotein belegt. Die dreidimensionale Verbindung der beiden Fragmente wird durch 37 Wasserstoffbrückenbindungen und zwei Salzbrücken stabilisiert (Lakomek et al. 2009a). Als weiteren Beleg für die Komplexbildung der beiden Fragmente können die Ergebnisse der Gelfiltration ebenso wie die chromatographische Aufreinigung an der Anionenaustauschersäule angesehen werden, denn hier eluierten die beiden Fragmente in der gleichen Fraktion wie die unprozessierte Proform des 66.3-kDa-Proteins.

Es konnten zwei Disulfidbrücken zwischen den Cysteinseitengruppen 147 und 157, bzw. 497 und 500 dargestellt werden. Diese Disulfidbrücken verbinden somit nicht

die Untereinheiten des 66.3-kDa-Proteins miteinander, sondern sind intramolekular gelegen (vgl. Abb. 4.15).

Abb. 4.15: Darstellung der Disulfidbrücken im 66.3-kDa-Protein

In (A) ist die Struktur des 66.3-kDa-Proteins in grau als Strichmodell dargestellt, alle Cystein- und Methioninseitenketten sind in gelb dargestellt. Als runde, gelbe Struktur sind alle Schwefelatome hervorgehoben, die mit schwarzen Pfeilen gekennzeichneten Stellen sind die Disulfidbrücken. In blau ist in der Mitte ein in der hydrophoben Tasche des Enzyms verbliebenes Xenonatom abgebildet, welches in mindestens 10% aller gebildeten Kristalle vorhanden war. Die Grafik in (B) zeigt die Vergrößerung der C-terminalen Disulfidbrücke. Abbildung aus Lakomek et al. (2009b, S. 224).

Die grundlegende Tertiärstruktur des 66.3-kDa-Proteins besteht aus zwei Schichten mit antiparallel angeordneten β-Faltblattstrukturen, die von mehreren α-Helices unter und über diesen Schichten flankiert werden (vgl. Abb. 4.16). Weitere α-Helices umgeben die beiden β-Faltblattschichten, so dass diese hufeisenförmig eingefasst sind, während eine Seite der β-Faltblattschichten weiterhin von außen zugänglich bleibt. Drei der fünf für das 66.3-kDa-Protein beschriebenen N-Glykane flankieren diesen Zugang zur potentiellen Substratbindungstasche. Zur besseren räumlichen Orientierung, welche Teile und Strukturen des Proteins von welchem Fragment gebildet werden, siehe Abb. 4.17.

Abb. 4.16: Grundlegende Struktur des 66.3-kDa-Proteins

(A) Die verschiedenen Regionen des Proteins wurden regenbogenfarben je nach ihrer Position in der Polypeptidkette vom N-Terminus (blau) bis zum C-Terminus (orange) gefärbt. (B) In der topologischen Darstellung stehen hellblaue Kreise für Helices unter oder über der anti-parallelen β-Faltblattebene, blaue Kreise zeigen Helices, die die Ebene flankieren und die hellblauen Sterne zeigen Helices die in Loops über, unter oder zwischen der zusammengedrückten Ebene angeordnet sind. Mit N(A), C(A), N(B) und C(B) sind die N- und C-Termini des 28- und 40-kDa-Fragments angegeben. Abbildung aus Lakomek et al. (2009a, S. 6).

Abb. 4.17: Cartoon-Modell des 66.3-kDa-Proteins (3FGR)

Abb. 4.17 zeigt einen Blick entlang der β-Faltblätter. Das 28-kDa-Fragment bzw. 40-kDa-Fragment ist in orange bzw. grau gefärbt. Die letzten vier C-terminalen Aminosäuren des 28-kDa-Fragments (G245-S248) sowie die beiden intramolekularen Disulfidbrücken sind im Kugel- und Stäbchenmodus dargestellt und farbig in orange bzw. braun abgebildet. Die fünf N-Glykane und die Asparaginseitengruppen, an denen sie befestigt sind, sind als dicke schwarze Linien gezeigt.

Abbildung aus Lakomek et al. (2009a, S. 6).