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Modell und Hypothesen zur Untersuchung der Indikatoren der Bürgerbeteiligung der

2. Theoretische Grundlagen zur partizipativen Demokratietheorie

2.7 Modell und Hypothesen zur Untersuchung der Indikatoren der Bürgerbeteiligung der

Die vorherigen Kapitel haben gezeigt, dass Bildung und Einkommen eine starke Korrelation mit politischer Partizipation aufweisen und die Gründe für die unbefriedigende Partizipation der Personen mit niedrigem Einkommens- und Bildungsniveau grundsätzlich und im Rahmen von Open Government noch unzureichend analysiert wurden. Aus dieser Erkenntnis leitet sich die Forschungsfrage ab, die den limitierenden Einfluss weiterer individueller Indikatoren bei einem gegebenen Niveau an Ressourcen untersucht und Verbesserungsvorschläge eruiert.

Die Forschungsfrage setzt sich aus zwei Teilfragen zusammen, wobei die erste Teilfrage anhand von vier Hypothesen analysiert und die zweite Teilfrage aufgrund mangelnder Forschungsergebnissen anhand eines explorativen Vorgehens analysiert wird. Die Methode des Experteninterviews ermöglicht ein Vorgehen ohne Hypothesen, bei dem die Experten direkt nach Verbesserungsvorschlägen gefragt werden. Als Voranalyse soll zudem der

Ist-Zustand der Entwicklung der Bürgerbeteiligung und der Beteiligung der ressourcenarmen Bevölkerung bei Open Government Mechanismen erhoben und dargestellt werden.

Die Hypothesen zur Beantwortung der ersten Teilfrage leiten sich aus den bisher gefundenen Indikatoren auf Individualebene ab, die die Bürgerbeteiligung beeinflussen. Die Analyse konzentriert sich auf vier individuelle Indikatoren der politischen Partizipation, die sowohl in den spezifisch auf die ressourcenarme Bevölkerung fokussierten wie auch in allgemeinen Studien gefunden wurden. Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass die Abwesenheit jener Faktoren einen limitierenden Einfluss auf die Beteiligung der ressourcenarmen Bevölkerung ausübt. Die qualitative Methode des Experteninterviews erlaubt eine grundsätzlich breite Definition der Indikatoren, sodass das ganze Spektrum eines Indikators untersucht werden kann.

Klatt und Walter (2011) haben in ihrer Analyse der Partizipation der ressourcenarmen Bevölkerung gezeigt, dass Personen nicht teilnehmen aufgrund des fehlenden Vertrauens in die Möglichkeit, selber Politik beeinflussen zu können. Winhoven et al. (2015) haben belegt, dass sich Bürger insbesondere bei Mechanismen der Kollaborativen Verwaltung nicht beteiligen, da sie nicht an eine korrekte Umsetzung ihrer Ideen glauben. Bei Analysen, die die Partizipation der gesamten Bevölkerung untersuchten, bestätigten mehrere Autoren die Relevanz des Vertrauens in die Effektivität der Massnahmen (Milbrath & Goel, 1977; Barnes

& Kaase, 1979; Brady et al., 1995, S. 271; Hadjar & Becker, 2007), wobei Hadjar & Becker (2007) das Vertrauen in die Effektivität der Massnahmen als direkte Folge des Bildungsniveaus ansehen. Krishna (2002, S. 437) bestätigte in seiner Untersuchung der Gesamtbevölkerung das Vertrauen in demokratische Institutionen, welches seines Erachtens insbesondere in jungen Demokratien eine wichtiger Indikator für die Bürgerbeteiligung darstellt. Daraus leitet sich die erste Hypothese ab:

H1: Das fehlende Vertrauen in das politische System limitiert die Partizipation der

ressourcenarmen Bevölkerung bei Open Government

Bürgerbeteiligungsmechanismen.

Das Vertrauen in das politische System wird als übergeordneter Begriff, der das Vertrauen in die Effektivität der Massnahmen, die Möglichkeit der Beeinflussung und das Vertrauen in demokratische Institutionen beinhaltet, untersucht. Ausgehend von den bisherigen Erkenntnissen kann davon ausgegangen werden, dass fehlendes Vertrauen in das politische System ein Indikator dafür ist, dass sich die ressourcenarme Bevölkerung nicht beteiligt.

Hadjar & Becker (2006) erachten das politische Interesse als direkte Folge der Bildung und des sozialen Status und Indikator, der sich positiv auf die politische Partizipation auswirkt.

Hutter et al. (2011) bestätigten die Relevanz des politischen und allgemeinen Interesses an den Plattformen der Open Government Mechanismen für die Bürgerbeteiligung. Die Analyse von Schäfer (2010, S. 140-143) zeigte, dass sich politisch Interessierte und Kompetente grundsätzlich häufiger beteiligen. Der Einfluss des politischen Interesses wurde bei mehreren Analysen der Gesamtbevölkerung bestätigt (Brady et al., 1995, S. 271; Milbrath & Goel, 1977; Barnes & Kaase, 1979; Hadjar & Becker, 2007). Die zweite Hypothese untersucht den limitierenden Einfluss des politischen Interesses auf die politische Partizipation:

H2: Das fehlende politische Interesse limitiert die Partizipation der ressourcenarmen Bevölkerung bei Open Government Bürgerbeteiligungsmechanismen.

Das politische Interesse wird als allgemeines Interesse an der Politik und dem damit verbundenen Interesse an den Themen der Bürgerbeteiligungsmechanismen definiert.

Ausgehend von den bisherigen Untersuchungen kann angenommen werden, dass fehlendes politisches Interesse ein Indikator dafür ist, dass sich die ressourcenarme Bevölkerung nicht beteiligt.

Neben den zeitlichen Ressourcen, kognitiven Fähigkeiten und dem politischen Talent betont Bödeker (2012) den Einfluss der Informationen auf die politische Partizipation der ressourcenarmen Bevölkerung. Wijnhoven et al. (2015) fanden ebenfalls einen Einfluss des Informationsniveaus auf die Beteiligung bei Open Government Mechanismen. Brady et al.

(1995) machen unter anderem das fehlende Wissen der Personen mit geringem sozioökonomischen Status für deren (Nicht-)Partizipation verantwortlich und eine in Indien durchgeführte Analyse der Bürgerbeteiligung der Gesamtbevölkerung auf Gemeindeebene ist zum Schluss gekommen, dass Informationen einen ausschlaggebenden Faktor für die politische Partizipation darstellen (Krishna, 2006). Die dritte Hypothese lautet:

H3: Das niedrige Informationsniveau limitiert die Partizipation der ressourcenarmen Bevölkerung bei Open Government Bürgerbeteiligungsmechanismen.

Unter dem Informationsniveau soll sowohl das Wissen über die Existenz der Mechanismen wie auch die Informationen über die Funktionsweise der Mechanismen verstanden werden. Es kann angenommen werden, dass ein niedriges Informationsniveau ein Indikator dafür ist, dass sich die ressourcenarme Bevölkerung nicht beteiligt.

Ein weiterer Faktor, der insbesondere bei Formen der Bürgerbeteiligung im Rahmen von Open Government relevant ist, ist der technologische Zugang. Es wird kritisiert, dass Personen ohne technologischen Zugang nicht partizipieren können und sich der Digital Divide – insbesondere zwischen arm und reich – zusätzlich verstärkt (Perlot, 2008, S. 109-110). Es stellt sich die Frage, inwiefern das Ausmass der Bürgerbeteiligung der

ressourcenarmen Bevölkerung durch den technologischen Zugang bestimmt ist. Daraus lautet sich die vierte Hypothese ab:

H4: Der fehlende technologische Zugang limitiert die Partizipation der

ressourcenarmen Bevölkerung bei Open Government

Bürgerbeteiligungsmechanismen.

Es kann angenommen werden, dass der technologische Zugang eine Limitation für die Bürgerbeteiligung darstellt und ein Indikator dafür ist, dass sich die ressourcenarme Bevölkerung nicht beteiligt.

Abbildung 1 bildet die abhängige Variable Partizipation der ressourcenarmen Bevölkerung bei Open Government Bürgerbeteiligungsmechanismen und die vier unabhängigen Variablen Vertrauen in das politische System, politisches Interesse, Informationsniveau und technologischer Zugang sowie die vier Hypothesen ab.

Abbildung 1: Die individuellen Indikatoren der Bürgerbeteiligung der ressourcenarmen Bevölkerung

3. Methodisches Vorgehen und Datenerhebung zur Analyse des