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4 Partizipative Demokratie in der Dominikanischen Republik

4.3 Erfahrungen der Bürgerbeteiligung der ressourcenarmen Bevölkerung in der

4.3.3 Individuelle Indikatoren der Bürgerbeteiligung der ressourcenarmen Bevölkerung

4.3.3.3. Informationsniveau

Die dritte Hypothese statuierte einen limitierenden Einfluss des niedrigen Informationsniveaus auf die Partizipation der ressourcenarmen Bevölkerung im Rahmen von Open Government Bürgerbeteiligungsmechanismen. Unter dem Informationsniveau wird das Wissen über die Existenz und die Funktionsweise der Mechanismen verstanden. Alle Experten sind sich darüber einig, dass fehlende Informationen die Partizipation der ressourcenarmen Bevölkerung bei Bürgerbeteiligungsmechanismen im Rahmen von Open Government limitieren. Liranzo und Barinas betonten insbesondere das Informationsniveau bezüglich der Funktionsweise der Mechanismen, während alle anderen Experten sowohl in der Funktionsweise wie auch im Wissen über die Existenz der Mechanismen einen Indikator sehen, der die Beteiligung der ressourcenarmen Bevölkerung limitiert. Für Liranzo ist ein informierter Bürger der Ausgangspunkt der Partizipation:

„Ein Bürger, der nicht informiert ist, ist ein Bürger, der nicht partizipieren kann.”29

„Ein informierter Bürger ist ein Bürger, der sich beteiligen will.“30

28 „Tiene que haber un beneficio para que el ciudadano participe.“ (Liranzo, 35:54)

29 „Porque un ciudadano que no esta informado, es un ciudadano que no puede participar.“ (Liranzo, 16:00)

30 „Un ciudadano informado es un ciudadano que quiere participar.“ (Liranzo, 01:07:21)

Barinas ist der Ansicht, dass es dem Dominikanischen Staat noch nicht gelungen ist, die Informationen bezüglich Open Government sachgerecht für die ressourcenarme Bevölkerung aufzuarbeiten. Die Verwaltungsangestellte Lizardo sieht in der generellen Informiertheit über die Open Government Thematik das grösste Problem, das die Partizipation der ressourcenarmen Bevölkerung verhindert:

„Die grösste Herausforderung sind die Kenntnisse und die Frage, wie wir erreichen können, dass sie über diese Themen Bescheid wissen.“31

Acht der zehn befragten Experten32 machen unter anderem das niedrige bis inexistente Informationsniveau über die Existenz der Mechanismen dafür verantwortlich, dass sich die ressourcenarme Bevölkerung nicht bei Bürgerbeteiligungsmechanismen im Rahmen von Open Government beteiligt. Nach Auffassung Lizardos wissen diese Personen nicht über die Möglichkeiten Bescheid, die sie zur Beteiligung in der öffentlichen Verwaltung haben. Die Open Government Thematik ist laut Lizardo in der ressourcenarmen Bevölkerung sehr unbekannt, weshalb sich ihre Organisation momentan in diesem Bereich engagiert und Zusammenkünfte in den betroffenen Gemeinschaften organisiert, um ihnen das Thema näher zu bringen. Auch Potentini betonte, dass das Wissen über die Existenz der Open Government Mechanismen in der Dominikanischen Republik im Allgemeinen und bei der ressourcenarmen Bevölkerung im Speziellen noch sehr wenig verbreitet ist. Nach Auffassung Fiallos sind sich diese Personen lediglich über ihr Wahlrecht bewusst, aber nicht darüber, dass sie noch zusätzliche Partizipationsmöglichkeiten haben.

In den fehlenden Informationen über die Funktionsweise der Open Government Bürgerbeteiligungsmechanismen sehen alle befragten Experten einen Indikator für die ausbleibende Beteiligung der ressourcenarmen Bevölkerung. Sowohl Lizardo wie auch Pimentel sehen in den Computerkenntnissen, die für die Beteiligung der Onlinemechanismen vorausgesetzt werden müssen, einen limitierenden Faktor. Liranzo betonte, dass es an Kenntnissen mangelt, die die Beteiligung bei komplexen Formen wie dem E-Procurement und dem Bürgerhaushalt ermöglichen. Del Rio de Blas argumentierte, dass die optimale Nutzung der Bürgerbeteiligungsmechanismen erschwert wird durch mangelnde Informationen bezüglich den Zielen der Bürgerbeteiligung. Perez ist der Meinung, dass Informationen eine notwendige, aber keine hinreichende Voraussetzung für die Partizipation der ressourcenarmen Bevölkerung darstellen. Er fordert eine weiterreichende Transformation, indem die Bürger ermächtigt werden:

31 „El principal desafío es el conocimiento y como nosotros llegamos a que ellos conozcan estos temas.“

(Lizardo, 13:56)

32 Pimentel, Fiallo, Del Rio de Blas, Perez, Potentini, Toribio, Perez, Lizardo

„Mehr als es ihnen nur zu erklären, geht es darum, sie dazu zu befähigen. (...) wenn du es ihnen jetzt erklärst, kann dies nicht genug sein. Es geht mehr darum, das Land zu transformieren, die politische Struktur zu transformieren, das öffentliche Leben zu modernisieren.“33

Dieser Transformation des Bürgerverständnisses, die die reine Information übersteigt, stimmen auch Dotel, Pimentel und Lizardo zu. Letztere bemerkte diesbezüglich:

„Wir wollen eine aktivere, keine passive, Bürgerschaft. Wir wollen eine ermächtigte Bürgerschaft mit mehr Kenntnissen.“34

Einige Experten 35 erwähnten den Einfluss des grundlegenden politischen Informationsniveaus. Nach Auffassung Liranzos weisen grundsätzlich alle Dominikaner aufgrund der ausgewogenen Berichterstattung der traditionellen Medien ein gutes politisches Informationsniveau auf. Laut Liranzo fehlt es den Dominikanern jedoch an kritischem Denkvermögen, dass sie dazu befähigt, die erhaltenen Informationen entsprechend zu verarbeiten. Perez hingegen ist der Ansicht, dass Dominikaner ein sehr tiefes politisches Informationsniveau aufweisen, welches aus der boulevardesken Berichterstattung der Massenmedien resultiert. Perez wie auch Dotel sehen in der starken Beeinflussung der Medien durch Regierung und Unternehmen ein Problem. Fiallo und Pimentel sehen das Problem in einem grundlegenden Unwissen über die Funktionsweise des Staates und fehlenden Kenntnissen der Rechte. Fiallos Ansicht nach kennen die Dominikaner ihre Rechte nicht. Als Beispiel erwähnte Fiallo die Bürgerinitiative, die 4% mehr Bildungsausgaben forderte. Aus Unkenntnis der Verfahrensweise organisierten die Bürger einen Protest zur Aufmerksamkeitsgewinnung jener, die das notwendige Wissen und die Informationen besitzen. Laut Pimentel ist die ressourcenarme Bevölkerung nicht hinreichend instruiert bezüglich ihrer Rechte und nicht befähigt zur Beteiligung bei den Mechanismen.

Die Ergebnisse aus den Experteninterviews weisen darauf hin, dass das allgemeine niedrige politische Informationsniveau sowie die fehlenden Informationen über die Existenz und die Funktionsweise der Open Government Bürgerbeteiligungsmechanismen die Beteiligung der ressourcenarmen Bevölkerung limitieren. Die Ergebnisse weisen auf eine Annahme der dritten Hypothese hin.

33 „Pero lo mas que enseñarles es habilitarles la posibilidad de que la hagan. No es enseñarles, porque ahora mismo usted enseña y no hay manera en que esto sea suficiente. Es realmente transformar el país, transformar la estructura política, modernizar la vida publica.“ (Perez, 18:57)

34 „Queremos una ciudadanía mas activa, no tan pasiva. Queremos una ciudadanía mas empoderada, con mas conocimientos.“ (Lizardo, 23:34)

35 Liranzo, Perez, Dotel, Fiallo, Piementel