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Dem double overhand grip bzw. hook grip steht der mixed grip gegenüber. Diese Griffhaltung erlaubt es in der Regel, einen festeren Griff an die Hantelstange zu bekommen. Bei dieser Griffhaltung wird eine Hand (zumeist die nicht dominante Hand) supiniert und die Stange somit im Untergriff gefasst, während die andere Hand in der Obergriff-Position bleibt (Rippetoe 2015, S. 114–115).

Abbildung 13: links = overhand grip: Der Daumen wird auf die bereits geschlossenen Finger gelegt. rechts = hook grip: Der Zeige- und Mittelfinger umschließen den Daumen (Pratt et al., 2020, S.3)

Seite | 29 Diese gegengleiche Griffhaltung resultiert in zwei Drehmomente, welche einander entgegengesetzte wirken und dadurch ein herausrollen der Stange aus der Hand verhindern (Pratt et al. 2020, S. 1). Jedoch wird hier der feste Griff auf Kosten anderer Strukturen erreicht. Denn der mixed grip geht mit einer sehr hohen Zugspannung auf die Bizepssehne des supinierten Armes einher. Auch kann es zu übermäßigen Verdrehungen im Bereich der Hüfte kommen, was die gesamte Bewegung aus der Balance bringen könnte (Jukic et al. 2021, S. 2).

2.4. Hilfsmittel

Je nachdem, worauf der Fokus im Training gerichtet wird, bzw. bei welchem Wettkampf man aktiv teilnimmt, können auch unterschiedliche Hilfsmittel in Anspruch genommen werden. Zu den gängigen Utensilien, welche auch regelmäßig in Fitnessstudios zu finden sind, gehören spezielle Zughilfen und der Gewichthebergürtel.

2.4.1. Zughilfen

Will man große Lasten mit einer symmetrischen Armposition bewegen, so empfiehlt es sich auf sogenannte Zughilfen zurückzugreifen. Diese stellen vor allem eine Erleichterung für all jene

Athletinnen und Athleten dar, welche kleine Hände oder kurze Finger haben und somit aus anatomischer Sicht nicht in der Lage sind, den hook grip zu verwenden. Bei solchen Zughilfen handelt es sich um spezielle Bänder, welche zuerst an den Handgelenken befestigt, und dann um die Hantelstange geschlungen

werden (Abb. 14). Durch die dadurch bessere Fixierung der Langhantel in der Hand, spielt die Griffkraft eine kleinere Rolle und es können größere Lasten gehoben werden (Coswig et al. 2015, S. 3399).

Abbildung 14: Gängige Variante einer Zughilfe,

(https://www.workoutuni.com/best-weight-lifting-straps/)

Seite | 30 Die logische Konsequenz, welche sich daraus ergibt, ist die Tatsache, dass ein gewisser Anteil der Haltearbeit von den Fingern bzw. dem Unterarmen an die Zughilfen übergeben wird und somit der Trainingseffekt für die Muskulatur des Unterarmes geringer ausfällt (Valério et al. 2019, S. 2).

Die Verwendung solcher Zughilfen ist bei offiziellen Kraft-Dreikampf Wettkämpfen nicht erlaubt. Daher eignen sie sich vorwiegend für Athletinnen und Athleten, welche nicht vorhaben, an offiziellen Wettkämpfen teilzunehmen, aber trotzdem mit sehr schweren Lasten trainieren wollen (Rippetoe 2015, S. 114–115).

2.4.2. Gewichthebergürtel

Bei einem Gewichthebergürtel (Abb. 15) handelt es sich um einen breiten, sehr steifen Gürtel, welcher einen großen Teil des Abdomens und des unteren Rückens umschließt. Obwohl es zwar keine klare Evidenz dafür gibt, dass ein solcher Gürtel die Verletzungsgefahr minimiert, wird er trotzdem sehr häufig verwendet. Ein Gewichthebergürtel bewirkt, dass die Muskelsteifigkeit der Rückenstrecker zunimmt.

Daher wird er vorwiegend bei Übungen wie dem Deadlift und der Kniebeuge verwendet, da hier die Wirbelsäule gegen eine starke Flexion arbeiten muss (Durall und Manske 2005, S. 70)

Weiters scheint ein solcher Gürtel, sofern richtig angelegt, den intraabdominalen Druck zu erhöhen, was wiederum die Lendenwirbelsäule stabilisiert und somit Kompressionskräfte auf den einzelnen Wirbelkörpern minimiert (Harman et al.

1989, S. 186).

Auch wenn das genaue Ausmaß der zusätzlichen Stabilisation nur schwer abzuschätzen ist, so sorgt ein solcher Gürtel für ein permanentes taktiles Feedback. Dieses Feedback kann auch dazu führen, dass während der Bewegung Fehlhaltungen besser bemerkt werden und dadurch eine rasche Korrektur der Haltung eingeleitet werden kann (Durall und Manske 2005, S. 70).

Abbildung 15: Eng angelegt bewirkt ein Gewichthebergürtel einen höheren intra-abdominalen Druck und stabilisiert die Lendenwirbelsäule.

Seite | 31 2.5. Verletzungen

Das Wissen über die gängigsten Verletzungen in einer bestimmten Sportart ist besonders wichtig, wenn es darum geht, solche Verletzungen zu vermeiden. Nur wer die speziellen Merkmale einer Bewegung kennt und weiß, welche Strukturen welchen Belastungen (und vor allem wie hohen) ausgesetzt sind, der kann sein Training dementsprechend steuern und sicher gestalten.

Bei einem Blick in die einschlägige Fachliteratur fällt auf, dass der Deadlift im Zusammenhang mit Verletzungen oftmals in einer Kombination mit dem Squat (Kniebeuge) und der Bench Press (Bankdrücken) betrachtet wird. Das hat den Grund, dass diese drei Übungen in Kombination die drei Übungen des Kraft-Dreikampfs bilden.

Als Beispiel hierfür dient u.a. eine Studie von Strömbäck et al. (2018), welche herausfand, dass von 104 untersuchten, semiprofessionellen Kraft-Dreikämpfern, 87%

in den vergangenen 12 Monaten Verletzungen ausgesetzt waren. Die am häufigsten betroffenen Regionen waren hier die Schultern (36%), der unterer Rücken (35%) und die Knie (23%) (Strömbäck et al. 2018, S. 5). Diese hohe Zahl an Verletzungen, besonders im Bereich des unteren Rückens, lässt sich auf die Tatsache zurückführen, dass während des Deadlifts extreme Kompressionskräfte auf den unteren Rücken (besonders im Bereich des 4 und 5 Lendenwirbels) wirken (Cholewicki et al. 1991, S.

1182). Auch in anderen, artverwandten Sportarten sind ähnliche Verletzungsmuster keine Seltenheit. Denn auch im Bodybuilding, aber vorwiegend bei Strongman*

AthletInnen ist eine auffällig hohe Verletzungsrate im Bereich des unteren Rückens, der Schulter, des Knies und des Biceps brachii zu beobachten. Dies scheint den Grund zu haben, dass auch bei diesen Sportarten die drei Basisübungen (Bankdrücken, Kniebeuge & Kreuzheben) regelmäßig mit hohen Lasten durchgeführt werden. Dazu kommen noch spezifische Übungen, welche zwar in ihrem Bewegungsablauf unterschiedlich sind, aber dieselben Muskelgruppen beanspruchen (Winwood et al.

2014, S. 28–33).

*“Strongman als Wettkampfsport ist eine Disziplin der Schwerathletik, die im Gegensatz zum Kraftdreikampf oder dem Gewichtheben sowohl statische als auch dynamische, daneben aber auch kraftausdauerbetonte und maximalkraftbetonte Wettbewerbe vorhält.“ (https://www.strongman-austria.at/austrian-strongman-federation/)

Seite | 32 Grundsätzlich lässt sich sagen, dass Verletzungen im Bereich des Kraftsports zwei unterschiedlichen Schemata unterliegen. Entweder können sie einen akuten Charakter haben, oder auch durch chronische Überbeanspruchung hervorgerufen werden, wobei Letztgenanntes der gängigere Grund für Verletzungen zu sein scheint (Bengtsson et al. 2018, S. 1).

So hoch die physische Belastung während des Deadlifts (vor allem auf den Bereich der Lendenwirbelsäule) auch sein mag, so spricht trotzdem nichts gegen die regelmäßige Ausübung dieser. Selbst, wenn es Probleme oder Einschränkungen im Bereich der unteren Wirbelsäule geben sollte, kann durch das Treffen der entsprechenden Maßnahmen und Adaption der Übung diese bedenkenlos ausgeführt werden.

Als Beispiel hierfür kann auf die Durchführung mit der Sumo Technik oder die Verwendung einer Hex-Bar (Abschnitt 2.2.) verwiesen werden. Diese beiden Maßnahmen gelten generell als schonender und können die Wirbelsäule deutlich entlasten. In beiden Fällen reduziert sich der Lastarm zu Beginn der Bewegung, was zu einer Reduktion der auftretenden Scherkräfte in der Lendenwirbelsäule führt und diese somit entlastet wird (Swinton et al. 2011a, S. 2006).

Rein grundsätzlich ist Gewichtheben ein sehr sicherer und verletzungsarmer Sport, was auch von der Tatsache untermalt wird, dass die Verletzungsrate viermal geringer ist als bei anderen weitverbreiteten Sportarten wie Fußball oder dem American Football (Radenković & Nešić 2018, S. 2–3).

Um eine grobe Vorstellung davon zu bekommen, welche Kräfte während des Deadlifts auf unterschiedliche Strukturen des Körpers wirken, ist der Abschnitt 3.3. diesem Thema gewidmet. Er gibt einen Überblick über die wirkenden Kompressions- und Scherkräfte, sowie über auftretende Drehmomente, welche in der LWS wirken können.

Seite | 33 2.6. Anatomie der untersuchten Muskeln

Wie eingangs erwähnt, handelt es sich bei dem Deadlift um eine Übung, welche so gut wie den gesamten Körper fordert und somit eine Vielzahl an Muskeln innerviert. So ist es auch der Fall, dass während der Bewegung einige der muskulären Agonisten und Antagonisten zur gleichen Zeit aktiviert sind. Besonders zeigt sich diese Aktivität rund um das Knie- und Hüftgelenk. In diesen Bereichen sind sowohl die Flexoren als auch die Extensoren während des gesamten Bewegungsablaufs aktiviert und angespannt.

Als Beispiel hierfür sei z.B. die ischiocrurale Muskulatur (M. biceps femoris, M.

semitendinosus & M. semimenbranosus) genannt, welche das Knie während der konzentrischen Phase stabilisieren und für eine Extension der Hüfte sorgen, während der M quadriceps femoris das Kniegelenk streckt (Lee et al. 2018, S. 87).

Beim Deadlift sind neben den offensichtlich beteiligten Muskeln der unteren Extremitäten noch viele weitere Muskeln von großer Wichtigkeit. Besonders hervorzuheben ist hier die gesamte Lenden- und Rumpfmuskulatur, welche die Wirbelsäule gerade und stabil in Position hält und somit die wirkende Kraft durch den Rumpf überträgt. Diese Muskeln werden isometrisch kontrahiert, was bedeutet, dass sie zwar angespannt sind, sich aber nicht in ihrer Länge ändern und somit keine Bewegung hervorrufen. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, die umliegenden Knochen zu fixieren (Rippetoe 2015, S. 111).

Im nachfolgenden Abschnitt wird auf die anatomischen Eigenschaften einzelner Muskeln näher eingegangen. Konkret werden jene Muskeln hervorgehoben, welche für die elektromyographischen Untersuchung in dieser Studie herangezogen wurden.