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3.1 Methode

3.1.7 Migrationsprognose

In diesem Studienabschnitt wurde überprüft, ob auf Grundlage eines Fixierungs- und Be-lastungskraftsmodells eine Migration von Stentgrafts in der Klinik erklärt bzw. vorhersagt werden kann. Der Einfluss der Morphologieänderung des Aneurysmas über den Untersu-chungszeitraum auf diese Kräftebilanz und somit auf die Migration wurde mitberücksichtigt.

Es wurde keine Abhängigkeit der Implantationsdauer untersucht.

Dazu wurden klinische Fälle mit und ohne Migration bertachtet. Die Fixierungskraft wurde jedem patientenspezifischen Fall durch den in Kapitel 3.1.3 ermittelten Zusammenhang zwi-schen Kraft und implantationsbedingten, geometrizwi-schen Daten zugewiesen. Die Belastung

wurde in Abhängigkeit der Implantationsituation mittels des Impulssatzes berechnet (Kapitel 3.1.5). Die Differenz beider Kräfte diente als Migrationskriterium. Die Güte dieses Kräftebi-lanzansatzes wurde verglichen mit der Prognosefähigkeit eines rein geometriebasierten Mo-dells in Verbindung mit der Krankengeschichte des Patienten.

Patientenspezifische Daten

Die Patientendaten (n=16) wurden für den ersten post-operativen und den letzten prä-migrativen oder, bei Ausbleiben einer Migration, für den ersten und letzten post-operativen Untersuchungszeitpunkt bestimmt. Eine 2D-Datenerfassung der Aneurysmageometrie ist bislang Standard, deren Genauigkeit ist in der Literatur jedoch umstritten 6,54. Daher wurde ein 3D-Verfahren mit semi-automatischer Bestimmung der Geometriedaten entwickelt und eine Analyse über mehrere Untersuchungszeiträume durchgeführt (Matlab14®, Mathworks, Massachusetts und Amira™ 3.0, Mercury Systems Inc., Chelmsford; Abbildung 3.10). Eine Beschreibung der einzelnen Arbeitsschritte und Angaben zur Genauigkeit dieses Verfahrens und deren Konsquenz im Vergleich zur 2D-Auswertung finden sich im Anhang E. Die Erstel-lung und Auswertung der 3D-Daten erfolgte ohne Kenntnis des Migrationsstatus der Patien-ten.

Abbildung 3.10: Schema zur Bestimmung der 3D Geometriedaten der einzelnen Aneurysmen.

Die betrachteten Parameter sind in Tabelle 3.3 aufgeführt. Die Geoemtrie des Aneurysmas verändert sich nach EVAR deutlich. Um die Veränderung der proximalen Fixierungssituation in Abhängigkeit des Weiterwachsens oder Schrumpfens des Aneurysmas zu untersuchen, wurde der Zusammenhang zwischen der proximalen Durchmesseränderung und dem maxima-lem Aneurysmadurchmesser bzw. –volumen sowie zwischen der proximalen Fixierungslänge analysiert.

Tabelle 3.3: Untersuchte Parameter auf ihre Migrationsrelevanz

Parameter Definition

Bluthochdruck 41 Systolischer Blutdruck > 140 mmHg; binär

AAA-Status 59

Δ∅max < 5 mm schrumpfend; 5 mm < Δ∅max < 5 mm stabil;

Δ∅max>5 mm wachsend bezogen auf den prä-operativen maximalen Durchmesser; ordinal: 0-schrumpfend, 1-stabil und 2-wachsend Proximale

Durchmesserände-rung [mm] Durchmesseränderung bezogen auf das CT direkt nach dem Eingriff Übermaß [%] Komprimierung des Stents in Bezug auf den unbelasteten

Durch-messer Proximale Fixierungsfläche

[mm²] Proximale Fläche im obersten Graftsegment der Prothese

Aprox.-dist. [mm²] Differenz der proximalen und distalen Querschnittsfläche in den

Fixierungsbereichen Proximale Fixierungslänge

[mm]D Fixierungslänge vom Beginn der Prothese bis ausschließlich zum Beginn des Aneurysmas entlang der Schwerpunktslinie.

Prothesenwinkel [°] Prothesenwinkel zwischen proximalem und distalem Bereich ermittelt an den ersten und letzten drei Schwerpunkten der Prothese

Abknicken 92 Prothesenwinkel < 120° (binäre Angabe)

KrümmungsfaktorE Verhältnis der Prothesenhöhe entlang der CT-Achse zur Prothesen-länge

Patientenselektion

Die Patientenfälle, bei denen eine Migration der Prothese aus der proximalen oder distalen Verankerung auftrat, waren alle in der Untersuchung enthalten (n=5 bzw. n=3). Die Auswahl der Patienten, ohne Migration (n=8), sollte repräsentativ sein und erfolgte nach folgenden Gesichtspunkten: Vorraussetzung war ein Vorliegen von mindestens drei Nachuntersu-chungszeitpunkten. Zudem durften die Komplikationsrate (Endoleckagen, Platzierungsfehler, Gefäßverschluss, AAA-Status) und die Schwere der Vorerkrankungen (ASA-Klassifikation, Hypertension, Gefäßvorerkrankungen) des ausgewählten Patientenpools nicht signifikant von denen des gesamten Patientenpools abweichen.

D Diese Länge ist konservativ angegeben. Die Strecke zwischen AAA-Beginn und dem letzten Anliegen der Prothese wurde nicht berücksichtigt, welches zu einer Unterschätzung der Fixierungslänge von bis nahezu einer Voxelgröße (max. 5 mm) führen kann. Prä-operativ lag der Beginn des Aneurysmas bei einer Halsdurchmesser-änderung von > 4 mm innerhalb eines CT-Abstandes von 5 mm 113.

Fixierungskräfte

Die radiale Fixierungskraft des Stentgrafts wurde anhand der Parameter Übermaß, Fixierungs-länge und systemischer Druck im proximalen Bereich bestimmt. Grundlage dafür war die im Dislokationstest ermittelte Gleichung (3.12). Zur Abschätzung der Fixierungskomponente des systemischen Druckes wurden die Patienten in zwei Gruppen, mit und ohne Bluthochdruck, unterteilt. Den Patienten mit Bluthochdruck wurde ein systemischer Druck von 180 mmHg, denen ohne Bluthochdruck von 130 mmHg zugewiesen. Diese Werte entsprachen den gerun-deten, mittleren, klinischen Druckangaben dieser Patienten. Die Fläche, auf die der Druck wirkt, war durch die Fixierungslänge und den mittleren Fixierungsdurchmesser (über die Länge) vorgegeben.

Strömungskräfte

Die Strömungskraft wurde anhand des Impulssatzes berechnet (Kapitel 3.1.5). Dazu waren eine Abschätzung des Differenzdrucks zwischen Aneurysmasack psack und Stentgraftlumen psys sowie eine Bestimmung der Geometrie des implantierten Stentgrafts notwendig. Der Sackdruck wurde auf Grundlage der Patientenstudien von Ellozy et al. und Dias et al. gewählt

52,59:

• schrumpfendes Aneurysma → psack 25 mmHg

• stabiles Aneurysma → psack 0,5-facher systemischer Druck

• wachsendes Aneurysma → psack 0,75-facher systemischer Druck.

Der AAA-Status „Schrumpfend“ oder „Wachsend“ wurde durch eine Änderung des maxima-len Durchmessers um ±5 mm zugewiesen 59. Der systemische Druck wurde, wie bereits bei der Fixierungskraft, anhand des Bluthochdruckstatus den Patienten zugeordnet. Die Kraft, verursacht durch die Änderung des Volumenflusses, wurde vernachlässigt 120. Druckverluste, z.B. verursacht durch ein starkes Abknicken der Prothese, wurden nicht berücksichtigt.

Die Lumenquerschnitte für das proximale und die distalen Enden der Prothesen wurden basie-rend auf den 3D-Geometriedaten senkrecht zur Schwerpunktslinie ermittelt. Der Prothesen-winkel wurde zwischen Ein- und Ausflussschwerpunktsvektor der Prothese bestimmt (basie-rend auf den drei äußersten Schwerpunkten).

E Der Krümmungsfaktor der Prothese gibt Aufschluss über das Abknicken eine Stentgrafts.