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Fixierungskraft: Dislokationstest

3.1 Methode

3.1.3 Fixierungskraft: Dislokationstest

Zur Ermittlung der Fixierungskraft der Prothesen wurde ein statischer Dislokationstest durch-geführt. Dazu wurden die Prothesen proximal in ein Gefäßmodell implantiert und sukzessive in 5 g Schritten quasi-statisch belastet (Abbildung 3.4 A & B). Nach jedem Gewichtsinkre-ment wurde das Gewicht 20 s konstant gehalten. Bei Eintritt einer visuell beobachteten

A Diese Länge ist konservativ angegeben. Die Strecke zwischen AAA-Beginn und dem letzten Anliegen der Prothese wurde nicht berücksichtigt, welches in einer Unterschätzung der Fixierungslänge von bis nahezu einer Voxelgröße (max. 5 mm) führen kann. Prä-operativ wurde eine Halsdurchmesseränderung von > 4 mm zwi-schen einem CT-Abstand von 5 mm als Beginn des Aneurysmas gewertet 113.

wegung des Stentgrafts wurde die Last für 1 min konstant gehalten. Dislozierte die Prothese in diesem Zeitraum nicht vollständig, wurde die Belastung weiterhin erhöht. Diese Prozedur wurde durchgeführt bis eine vollständige Dislokation der Prothese eintrat. Das Endgewicht wurde in die Dislokationskraft umgerechnet (FDislokation=mg).

FDislokation

Fixierungslänge Gefäß

Prothese Ballonkatheter

A B

C

Kalkplaques

D

Abbildung 3.4: Schematischer Aufbau des Dislokationstests (A). In humane Aorta implantierte Talimed Prothese (B). Innenfläche eines humanen Gefäßes mit Verkalkungen (C), Silikonersatzgefäße mit unter-schiedlichen Durchmessern. Der proximale Gefäßabschnitt eines Aneurysmamodells (rechts) wurde für die Bestimmung der Fixie-rungskraft im Kreislaufmodell verwendet (D).

Es wurden folgende Fixierungsparameter variiert:

• das Gefäßmaterial,

• die Fixierungslänge,

• das ÜbermaßB,

• Prothesengeometrie und

• der systemische Druck innerhalb des Gefäßes.

B Die Komprimierung des Stents in Bezug auf den unbelasteten Durchmesser DStent ist relevant für die Fixierung im Gefäß. Das Übermaß wurde daher definiert durch

(

DStent DGefäß

)

DStent

[ ]

%

und nicht, wie in der Literatur üblich, auf den Gefäßdurchmesser DGefäß bezogen. Um einen Vergleich mit der Literatur zu ermöglichen, wurden die Werte bezogen auf den Gefäßdurchmesser im Nachfolgenden ebenfalls in Klammern im Text angegeben.

Gefäßmaterial

Als Gefäßmaterial wurden humane Leichenaorten (Alter 57±11 Jahre; n=3), porcine Aorten (n=4) und Silikonrohre als Gefäßersatzmaterial (n=3; Abbildung 3.4 D) verwendet. Die hu-manen Aorten simulierten den Zustand im Patienten. Die porcinen Aorten wurden als Modell für eine gesunde Aorta eingesetzt. Anhand der Silikonrohre (Chlorosil, Shore-Härte 35A, Otto Bock, Duderstadt) wurde es möglich, definierte Übermaße zu erreichen. Zudem konnten die Versuche ohne Verschleiß des Gefäßes beliebig häufig wiederholt werden. Das gleiche Sili-kon wurde ebenfalls als Material für das Aneurysmamodell im Kreislaufsystem verwendet (Anhang D).

Die humanen Gefäße wurden direkt nach Entnahme aus dem Körper verwendet und mit Rin-gerlösung (Ringer-Tabletten, Merck, Darmstadt) feucht gehalten. Eine der drei humanen Aorten wies ateriosklerotische Verkalkungen auf (Abbildung 3.4 C). Die porcinen Aorten wurden nach Schlachtung der Tiere entnommen und bis zum Testbeginn eingefroren. Wäh-rend der Versuchsdurchführung wurden auch diese mit Ringerlösung befeuchtet. Die Wand-stärke des Silikonrohres betrug 1,5 mm. Der Tangentenmodul des Silikons betrug E=1,5 N/mm². Dieser Wert entsprach dem einer Aorta eines älteren Patienten 116.

Inwieweit die Verwendung von Silikon als Gefäßmaterial zu Abweichungen in der Dislokati-onskraft, d.h. zu einem systematischen Fehler, im Vergleich zur Verwendung humaner oder porciner Gefäßen führt, wurde mit Hilfe eines Vertrauensbereichs um die Messgröße Y beur-teilt (DIN 1319-1)

(

ME

)

ME SF

(

ME

)

SF

ME t u y Y y t u y

y − ⋅ ≤ ≤ + ⋅ . (3.1)

Der Student-Faktor tSF wurde durch das Vertrauensniveau (68%) und der Anzahl der geteste-ten Gefäße bestimmt (DIN 1319-3). Die Messunsicherheit u(yME) um das Messergebnis yME

wurde durch den einfachen Standardfehler der einzelnen Gefäßmessungen eines jeden Mate-rials ausgedrückt. Der durch die Verwendung unterschiedlicher Gefäßmaterialien entstandene systematische Fehler wurde als relevant angesehen, wenn der Mittelwert inklusive des einfa-chen Standardfehlers der Dislokationskräfte bei Silikongefäßen außerhalb des Vertrauensbe-reiches der Dislokationskräfte bei humanen oder procinen Gefäße lag.

Fixierungslänge

Die untersuchten Fixierungslängen betrugen 5, 10, 15 und 20 mm ohne Einbeziehung der Baresprings. Die Auszugversuche erfolgten lediglich an porcinen Aorten. Das Übermaß wur-de dabei annährend konstant gehalten mit 48,8±6% (96%). Jede einzelne Implantationslänge wurde mindestens fünf Mal getestet.

Übermaß und Prothesengeometrien

Das Übermaß wurde zwischen 4-60% (4-150%) variiert. Das breite Testintervall resultierte aus der Beschränkung der vorliegenden Prothesen- und Gefäßgeometrien. Zur Beurteilung des Einsflusses des Übermaßes auf die Dislokationskraft erfolgte die statistische Auswertung zunächst ausschließlich unter Einsatz von Silikonaorten. Getestet wurden vier unterschiedli-che Prothesentypen der Firma Medtronic® mit unterschiedliunterschiedli-chen Durchmessern und proxima-len Geometrieformen (rohrförmig oder konisch, Anhang B). Die verwendeten Prothesen wiesen keine Haken auf und bestanden aus einem Exoskelett. Jede einzelne Parameterkonfi-guration wurde mindestens drei Mal getestet.

Systemischer Druck

Der systemische Druck hat nicht nur Einfluss auf die an dem Stentgraft wirkende Strömungs-kraft, sondern ebenfalls auf die Fixierung des Stentgrafts. Daher wurden Dislokationstests bei konstanter Fixierungslänge von 20 mm und konstantem Übermaß von 20% (25%) unter Vari-ation des inneren systemischen Drucks (0, 50, 80, 100, 120, 170, 215 und 380 mmHg) durch-geführt. Der systemische Druck wurde mit Hilfe eines Ballonkatheters auf die Fixierungszone aufgebracht (Abbildung 3.4). Der Druck wurde anhand einer Druckspritze (basixCompak, Merit Medical Systems Inc., Utah, USA) erzeugt und mit einem Drucksensor (MX860, Me-dex Inc., OH, USA) überprüft. Zu einer möglichen Übertragung der Dislokationskräfte auf die Migrationsergebnisse (Kapitel 3.1.6) wurden für diese Dislokationstests silikonbeschichtete Prothesen verwendet (Anhang B). Als Gefäßmodell wurde der proximale Anteil eines Siliko-naneurysmas verwendet (Abbildung 3.4 D, rechts).

Aus der Steigung von Dislokation- und Normalkraft (Druck mal Oberfläche plus Radialkraft) wurde der spezifische Reibkoeffizient µ für die Reibpaarung „Stentgraft / Gefäß“ bestimmt, welcher für spätere Berechnungen verwendet wurde (Kapitel 5.3.2).

Der systemische Druck trägt nur im leckagefreien Fall vollständig zur Fixierung der Prothese bei. Eine Leckage im Fixierungsbereich kann durch die entstehende Schmierung oder bei starken Leckagen, durch einen entstehenden Gegendruck zwischen Gefäß und Graft, zu einer Reduzierung der Fixierungskomponente führen. Zur Abschätzung des Einflusses einer Lecka-ge wurde der systemische Druck ebenfalls durch eine Wassersäule induziert (80 und 160 mmHg, jeweils n=5). Bei einer mangelhaften Abdichtung des Stentgrafts am Gefäß, verursacht durch das Übermaß, strömt das Fluid zwischen Stentgraft und Gefäß vorbei, so dass der Effekt einer Leckage simuliert wurde.

Testmatrix

Die einzelnen Testvarianten sind mit deren jeweiligen Anzahl (Messwiederholungen) in Tabelle 3.2 aufgeführt. Die Analyse des Einflusses der Fixierungslänge erfolgte zunächst ausschließlich an porcinen Aorten (n=72). Die Untersuchung des Übermaßes und des syste-mischen Drucks erfolgte ausschließlich an Silikonaorten (n=53). Dadurch sollte sichergestellt werden, dass andere Einflüsse die Messergebnisse nicht veränderten. Zur Aufstellung einer Funktion zur Berechnung der Fixierungskraft f(Übermaß, Fixierungslänge, Druck) wurde eine nichtlineare Regressionsanalyse über alle Gefäßmodelle durchgeführt.

Tabelle 3.2: Anzahl der Versuche der einzelnen Variablen eingeteilt nach den Gefäßmodellen. * Variable wurde zunächst nur an einem Gefäß-modell betrachtet.

Gefäßmodell Humane

Aorten Porcine

Aorten Silikonaorten

Gefäßmaterial 26 66 55 Fixierungslänge 14 72* 53

Übermaß 14 72 53*

Prothesengeometrie 0 40 53

Systemischer Druck 0 0 47*