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IV. Diskussion

6. Microarray-Entwicklung zur Detektion neuer Lipasen

Seit Einführung der Microarray-Technologie (Shena et al., 1995) wurde diese zunächst bevorzugt für Untersuchungen in der Genexpression eingesetzt, z.B. für Expressionsstudien von Organismen unter verschiedenen Umweltbedingungen (Khodursky et al., 2000; Wei et al, 2001; Conway und Schoolnik, 2003).

Nach Etablierung dieser Technik fanden Microarrays auch zunehmend Einzug in Felder der mikrobiellen Ökologie und somit auch in die Metagenomik (Cook und Sayler, 2003; Sebat et al., 2003; Zhou, 2003; Gentry et al., 2006; Xu, 2006). Etablierte Techniken sind der Einsatz von Oligonukleotidarrays zur Detektion bestimmter Spezies in Umweltproben (Small et al., 2001; Lehner et al., 2005; Loy et al., 2005) oder der Nachweis bestimmter Gene, zum Beispiel des Schadstoffabbaus (Rhee et al., 2004), Gene des Stickstoffzyklus (Taroncher-Oldenburg et al., 2003) oder Virulenzgene (Bruant et al., 2006; Hamelin et al., 2006). Auch PCR-Produktarrays wie sie in dieser Arbeit verwendet wurden, konnten zur Detektion von Genen des Stickstoffkreislaufs (Wu et al., 2001) und antimikrobiellen Resistenzgenen (Call et al., 2003) erfolgreich eingesetzt werden. Jedoch wurde bei diesen Arbeiten nur das Vorhandensein der Zielgene nachgewiesen, niemals die kompletten Gene aus Umweltproben isoliert.

Zur Isolierung neuartiger Gene wie in dieser Arbeit wurden Microarrays bislang noch nicht verwendet. Bei der Detektion neuartiger Gene aus komplexen Habitaten wie dem Boden traten jedoch noch vermehrt Probleme auf. Zunächst sollte prinzipiell über eine Erhöhung der Zielgene auf dem Array nachgedacht werden, was in der Konstellation jedoch durch das Vorhandensein ausreichender DNA-Proben bzw. Klone für die Amplifzierung limitiert sein dürfte (Gentry et al., 2006). Hier sollte in Zukunft stärker versucht werden, auf längere Oligonukleotide zu setzen, da diese unabhängig vom Vorhandensein des Wirtsorganismus synthetisiert werden können und somit unlimitiert zur Verfügung stehen. Bei einem Oligonukleotidarray zur Detektion von Genen des Kohlenwasserstoffabbaus und der Schwermetallresistenz wurden bereits 1662 Oligonukleotide auf einem Spot erfolgreich benutzt (Rhee et al., 2004).

Bei der Verwendung von Oligonukleotiden sind jedoch Lipasegene zunächst nicht die optimale Zielgruppe, da die Enzyme dieser Gruppe, abgesehen von den Bereichen des oxyanion holes und des katalytischen Pentapeptides kaum konserviert sind (Jäger et al., 1999), wodurch die Varietät im GC-Gehalt enorm hoch ist. Dies bereitete bereits bei Versuchen mit kurzen Oligonukleotiden (18-21 bp) Probleme (Leggewie, 2005).

Auffallend war im Rahmen dieser Arbeit auch die niedrige Frequenz von detektierten Genen, im Boden direkt konnten gar keine Gene detektiert werden. Aus Anreicherungskulturen, die nach drei Anreichungsschritten nur noch aus wenigen Individuen bestanden und Mischungen von fünf Isolaten aus einem Diesel-Biofilm (Pathak, 2006) konnten am verlässlichsten vorhandene Gene detektiert werden. Dies ist wahrscheinlich auf das schlechte Detektionslimit von Microarrays im Zusammenhang mit Anwendungen in komplexen mikrobiellen Habitaten zurückzuführen (Cook und Sayler, 2004). Für die Verwendung von DNA aus Bodenproben wurden 50 ng DNA eines einzelnen Genoms als Minimalmenge gefunden, um mittels PCR-Produktarrays spezifische Gene detektieren zu können (Cho und Tiedje, 2002). Die in dieser Arbeit eingesetzten DNA-Mengen beliefen sich auf etwa 2-4 µg markierte DNA pro Ansatz, so dass ein einzelner Organismus wenigstens 1/40 bis 1/80 der untersuchten Population ausmachen müsste, um zuverlässig detektiert zu werden. Die Tatsache, dass in Mischkulturen somit nur die Gene mit der höchsten Verbreitung detektiert werden können, deckt sich auch mit anderen Untersuchungen (Sebat et al., 2003). Insbesondere für Untersuchungen in Bodenproben, die aus bis zu mehreren tausend verschiedenen Organismen bestehen können (Torsvik et al., 2002), sind Microarrays momentan also noch nicht das Mittel der Wahl (Zhou und Thompson, 2002). Das Detektionslimit membranbasierter Systeme kann in diesem Zusammenhang bis zu 100fach sensitiver sein (Voordouw et al., 1993).

Dies wird auf das Bindeverhalten der PCR-Produkte an den benutzten Glasoberflächen der Microarrays gegenüber porösen Membranen (Zhou und Thompson, 2002) und die generell höhere Probenmenge, die auf Membranen aufgetragen werden kann, zurückgeführt (Membran >1 µg/Spot, Chip 10-20 pg/Spot) (Cho und Tiedje, 2002).

Verglichen mit glasbasierten Microarrays können PCR-Reaktionen teilweise sogar 100 bis 10.000fach sensitiver sein (Zhou et al., 1997).

Vor diesem Hintergrund könnte bei der Verwendung einer geringen Anzahl an PCR-Produkten wie in diesem Fall die Verwendung membranbasierter Systeme für initiale Erprobungen zunächst wieder in Erwägung gezogen werden, zumal die Kosten hierbei niedriger sind als bei der Verwendung von Microarrays (Lucchini et al., 2001). Die Kosten für eine Hybridisierungsreaktion belaufen sich inklusive Slide und Markierungsfarbstoffen auf etwa 150-200 €. Membranbasierte Systeme könnten im Gegensatz zu Microarrayslides zudem mehrmals verwendet werden (Lucchini et al., 2001).

6.2. Identifizierung neuartiger Lipasegene

Im Rahmen dieser Arbeit wurden neuartige Genfragmente aus Umweltproben isoliert, deren niedrigste Sequenzähnlichkeit bei 78% zur Zielsequenz lag. Abhängig von den Hybridisierungsbedingungen kann die Grenze zur verlässlichen Detektion und Unterscheidung bei niedriger Stringenz bei 60-70% Ähnlichkeit liegen, bei höherer Stringenz bei 80-85% (Wu et al., 2001). Dies weist zwar einen brauchbaren Neuartigkeitswert zur Detektion neuartiger Enzyme auf, bereitet dann aber auch Probleme, diese aufgrund der niedrigen Sequenzhomologie nach der Detektion verlässlich amplifizieren zu können. Dies war auch bei einigen dektektierten Spots dieser Arbeit zu beobachten, wobei zwischen Signalstärke und Erfolg der Amplifizierung kein direkter Zusammenhang gefunden wurde. Hierbei ist auch zu bedenken, dass aufgrund des sehr hohen Anteils unbekannter Sequenzen in der hybridisierten Metagenom-DNA nicht immer verlässliche Rückschlüsse vom schwachen Aufleuchten eines Spots zum Vorhandensein eines Gens mit gleicher Funktion gezogen werden können (Zhou und Thompson, 2002; Gentry et al., 2006).

Für die amplifizierten Genfragmente sollten sich mittels Techniken wie inverser PCR (Triglia et al., 1988) oder linkerabhängiger Techniken (Yuanxin et al., 2003; Tan et al., 2005; Guo und Xiong, 2006) prinzipiell bei Kenntnis des inneren Sequenzbereiches die flankierenden Regionen isolieren lassen. Für Lipasen (Bradner et al., 2003; Luo et al., 2006) und andere Enzyme (Morris et al., 1995) aus Einzelorganismen wurde die genomic walking PCR erfolgreich zur Isolierung kompletter Gene eingesetzt. Nach Amplifikation eines Teilbereiches mit Hilfe degenerierter Primer konnte auch eine

Lipase aus metagenomischer DNA erfolgreich gewonnen werden, ohne diese über ein aktivitätsbasiertes Durchmustern einer Genbank zu finden (Bell et al., 2002). Für den hier gefundenen neuartigen Sequenzbereich [III.5.6] mit Homologie zur P. aeruginosa-Lipase LipA gelang dies jedoch nicht, was auf die allgemeinen Probleme der niedrigen Reinheitsqualität metagenomischer DNA zurückzuführen sein kann. Dies kann die Microarray-Hybridisierungen an sich bereits stören (Cook und Sayler, 2003), aber auch generell enzymatische Modifikationen behindern (Streit und Schmitz, 2004). Da die isolierten Fragmente aus den Dieselbiofilmisolaten alle Identitäten von über 98% zur Zielsequenz aufwiesen, wurde aufgrund mangelnder Sequenzneuheit darauf verzichtet, das komplette Gen zu amplifizieren.