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3. Einleitung

3.3 Methylen-Tetrahydrofolat-Reduktase (MTHFR)

Das MTHFR-Gen ist auf Chromosom 1 (1p36.3) lokalisiert (Goyette et al., 1995). Es befindet sich auf dem Minus-Strang und umfasst eine Sequenz von 21197 Basen. Bisher sind beim Menschen 10 proteinkodierende Tran-skripte des Gens bekannt, wobei insgesamt 27 verschiedene Exons identi-fiziert wurden. Die Hauptvariante des MTHFR-Gens umfasst 11 kodierende Exons, die ein Transkript von 8378 bp ergeben (Abbildung 1) (Yates et al., 2016 (a)).

10 Abbildung 1: Intron/Exon-Schema des MTHFR-Gens

Die Exons 1-11 sind als schwarze Querbalken dargestellt. Die Positionen der beiden unter-suchten Einzelnukleotid-Polymorphismen rs1801131 (Exon 8) und rs1801133 (Exon 5) sind mittels roten Pfeilen markiert.

3.3.2 MTHFR-Protein: Struktur, Vorkommen, Aufgaben

Das MTHFR-Gen kodiert für das Enzym 5,10-Methylentetrahydrofolat-Reduktase. Das Protein hat eine Länge von 656 Aminosäuren und ein Molekulargewicht von 74597 Da (Yates et al., 2016, (a)). Es existieren jedoch mindestens zwei Enzymisoformen mit Molekulargewichten von 70 kDa und 77 kDa (Millar et al., 2000). Das Enzym besitzt eine Schlüsselrolle im Ein-Karbon-Metabolismus. MTHFR reduziert 5,10-Methylentetrahydrofolat irreversibel zu 5-Methylentetrahydrofolat. 5-Methylentetrahydrofolat stellt den Großteil des zirkulierenden Folats dar (Botto und Yang, 2000). 5-Methylentetrahydrofolat ist als Cofaktor an der de novo-Synthese von Nukleotiden, der Synthese von S-Adenosyl-Methionin, der Remethylierung von Homocystein zu Methionin und der Methylierung von DNA, Proteinen, Neurotransmittern und Phospholipiden beteiligt (Botto und Yang, 2000).

Defekte der MTHFR können zu aberranter DNA-Synthese (Greenblatt et al., 1994), erhöhtem Umsatz von Neurotransmittern (Greenblatt et al., 1994;

Bottiglieri et al., 2000) sowie aberranter DNA-Methylierung (Zeisel, 2009) führen. An seiner Beteiligung an dieser Vielzahl von Prozessen wird die Bedeutsamkeit des MTHFR-Proteins auch für die Entwicklung, Reifung und Funktion des Gehirns ersichtlich (del Río Garcia et al., 2009; Dror und Allen, 2008).

11 3.3.3 MTHFR-Defizienz

Die MTHFR-Defizienz ist eine angeborene, autosomal rezessive Störung des Folsäuremetabolismus aufgrund von Mutationen im MTHFR-Gen (Fattal-Valevski et al., 2000). Bisher konnten über 50 Mutationen im MTHFR-Gen identifiziert werden, die zur MTHFR-Defizienz führen (Watkins und Rosenblatt, 2012). Diese reduzieren die Aktivität der MTHFR in unterschied-lichem Ausmaß, wodurch es unter anderem auch zu einer verminderten Remethylierung von Homocystein zu Methionin und somit zur Hyperhomocysteinämie, Homocystinurie und zu erniedrigten Plasma-Methioninkonzentrationen kommt (Whitehead, 2006). Der klinische Schwere-grad der Erkrankung korreliert mit der Enzymrestaktivität und dem Erkrankungsalter (Whitehead, 2006). Phänotypisch sind daher sehr unterschiedliche Ausprägungen dieses Krankheitsbildes möglich. Schwere Verläufe manifestieren sich schon im ersten Lebensjahr. Zu den Symptomen gehören schwerwiegende Entwicklungsverzögerungen, mentale Retardierung, epileptische Anfälle, Bewegungs- und Gangstörungen und Thrombosen. (Goyette et al., 1995; Whitehead 2006; Watkins und Rosenblatt, 2012). Bei milderer Ausprägung der Defizienz sind jedoch auch bis ins Erwachsenenalter asymptomatische Verläufe möglich (Watkins und Rosenblatt, 2012). Eine erhöhte Homocysteinkonzentration stellt zudem einen Risikofaktor für vaskuläre Erkrankungen wie Arteriosklerose (Fanapour et al., 1999; McCully, 1969) und koronare Herzkrankheit (Clarke et al., 1991;

Blom und Smulders, 2011) dar.

3.3.4 Polymorphismen

Bislang wurden mehrere tausend Einzelnukleotidpolymorphismen im MTHFR-Gen identifiziert, die meisten in nicht kodierenden Genabschnitten (Yates et al., 2016 (a)). Bei einer Studie an über fünfhundert Probanden verschiedener Ethnien fanden sich insgesamt 14 nichtsynonyme Varianten, wovon bei 11 die Frequenz des selteneren Allels (minor allele frequency, MAF) bei unter 1% lag (Marini et al., 2008). Drei nichtsynonyme Polymorphismen rs1801131, rs1801133 und rs2274976 kommen mit einer MAF von >1 % vor (Cariaso und Lennon, 2012, (a), (b)).

12 3.3.4.1 MTHFR SNP rs1801131

Der SNP rs1801131 befindet sich im Exon 8 des MTHFR-Gens auf der Position Chromosom 1:11854476 (Yates et al., 2016, (a)). Er führt zu einem Basenaustausch von Adenosin zu Cytosin an Position 1286 (c.1286A>C) des Transkripts. Es handelt sich dabei um einen nichtsynonymen Polymorphis-mus („missense“), wobei es im Protein zu einem Aminosäureaustausch von Glutamat zu Alanin an Position 429 des Proteins kommt (p.429Glu>Ala).

Durch den Austausch des sauren, polaren Glutamats durch das neutrale, unpolare Alanin ist eine Auswirkung auf die Proteinfunktion vorstellbar. Die globale MAF liegt bei 0,23 für das C-Allel (Cariaso und Lennon (a), 2012).

Dieser Polymorphismus führt zu einer Verminderung der Enzymaktivität, wo-bei CC-Homozygote stärker betroffen sind als Heterozygote (AC) (van der Put et al., 1998). Trotz Verminderung der Enzymaktivität konnten ein Anstieg der Homozysteinkonzentration oder ein Abfall der Folatkonzentration im Blut nicht konsistent nachgewiesen werden (van der Put et al., 1998). Der SNP rs1801131 wird mit einer Reihe von Erkrankungen assoziiert, wobei diesbe-züglich allerdings teilweise auch widersprüchliche Daten vorliegen. Für Träger des C-Allels konnte ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer Demenz vom Alzheimer Typ nachgewiesen werden (Cascalheira et al., 2009;

Mansoori et al., 2012). In einigen Studien konnten auch Assoziationen des Polymorphismus zur Schizophrenie (Kempisty et al., 2007; Sazci et al., 2003, Sazci et al., 2005) festgestellt werden. Eine Metaanalyse von zehn Studien stellte jedoch keinen signifikanten Zusammenhang zwischen dem c.A1286C Polymorphismus und der Diagnose einer Schizophrenie fest (Peerbooms et al., 2011).

Einige Studien berichteten über die Assoziation des Polymorphismus rs1801131 mit Bipolarer Störung (Jönsson et al., 2008; Ozbek et al., 2008;

Kempisty et al., 2007; Reif et al., 2005). Eine Metaanalyse dieser Studien bestätigte diesen Zusammenhang (Peerbooms et al., 2011). Außerdem konnte ein Einfluss des Polymorphismus auf die Entwicklung einer uni-polaren Depression nachgewiesen werden (Reif et al., 2005).

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Neben psychiatrischen Erkrankungen wurde der rs1801131 Polymorphismus unter anderem auch mit einem erhöhten Risiko für das Auftreten von Migräne (Stuart et al., 2012) in Verbindung gebracht.

3.3.4.2 MTHFR SNP rs1801133

Der SNP rs1801133 befindet sich im Exon 5 des MTHFR-Gens auf der Posi-tion Chromosom 1:11856378 (Yates et al., 2016, (a)). Er führt zu einem Basenaustausch von Cytosin zu Thymin an Position 794 des Transkripts (c.794C>T). Dabei handelt es sich ebenfalls um einen nichtsynonymen Polymorphismus („missense“), wobei es im Protein zu einem Aminosäure-austausch von Alanin zu Valin an Position 222 des Proteins kommt (p.222Ala>Val). Diese beiden Aminosäuren weisen eine hohe physikalisch-chemische Ähnlichkeit auf (unpolar, neutral). Die globale MAF liegt bei 0,32 für das T-Allel (Cariaso und Lennon (b), 2012). Diese Variante führt zur Bildung eines thermolabilen Enzyms mit verringerter Aktivität bei Körper-temperatur (Frosst et al., 1995). Heterozygote (Genotyp CT) haben eine um zirka 35% verminderte, TT-Homozygote eine um zirka 70% verminderte Enzymaktivität im Vergleich zu gesunden Homozygoten (Genotyp CC).

Durch den Abfall der Enzymaktivität kommt es zum Anstieg der Homocysteinkonzentration, insbesondere bei niedrigen Folsäurekonzen-trationen (Jacques et al., 1996). In untersuchten Populationen hatten TT-Homozygote um zirka 20% höhere Homocysteinkonzentrationen als CC-Homozygote. Aufgrund dessen wurde eine Vielzahl von Pathologien mit diesem Polymorphismus assoziiert. Der Polymorphismus rs1801133 als Risikofaktor für die Entstehung von psychiatrischen Störungen ist Gegenstand intensiver Forschung. In einer Reihe von Studien wurde ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer Schizophrenie für homozygote Träger des Minor Alleles (Genotyp c.794T) nachgewiesen (Arinami et al., 1997; Tan et al., 2004; Kunugi et al., 1998; Sazci et al.; 2003, Sazci et al.;

2005, Kempisty et al., 2006). Eine Metaanalyse von 19 Studien bestätigte diese Assoziation (Peerbooms et al., 2011).

Des Weiteren konnten in mehreren Studien erhöhte Risiken zur Entwicklung sowohl einer Bipolaren Störung als auch einer Unipolarer Depression (Kunugi et al., 1998; Tan et al, 2004; Kempisty et al., 2006) bei

TT-Homozy-14

goten festgestellt werden. Auch diese Zusammenhänge konnten in der Meta-analyse von Peerbooms bestätigt werden (Peerbooms et al., 2011).

Außerdem scheint der SNP auch Einfluss auf die neuronale Entwicklung zu haben. So wurde in mehreren Studien gezeigt, dass der Genotyp TT mit einem erhöhten Risiko für das Auftreten von Neuralrohrdefekten einhergeht (van der Put et al., 1995; Whitehead et al., 1995; Franchis et al., 1998;

Shields et al., 1999).

3.4 Disrupted in Schizophrenia 1 (DISC1)