• Keine Ergebnisse gefunden

2.2 Zellkonzepte

2.2.2 Metallisation Wrap Around

Betrachtet man eine konventionelle Solarzelle, so ist es naheliegend zu versu-chen, deren Kurzschlussstrom zu steigern, indem man die abschattenden Busbars von der Zellvorderseite an die Kante der Zellr¨uckseite verlegt. Die elektrische Verbindung der Busbars zu den Kontaktfingern, die auf der Zellvorderseite ver-bleiben, wird erreicht, indem die Kante metallisiert wird (siehe Abbildung 2.3).

Eine solche Zellstruktur wird Metallisation Wrap Around (MWA) genannt. Das MWA-Konzept ist schon lange bekannt. Die erste Realisierung einer MWA-Zelle geht auf das Jahr 1965 zur¨uck [37]. Bei neueren Ver¨offentlichungen wird meist mit der Metallisierung ebenfalls der Emitter um die Kante gezogen und so ein Kurzschluss verhindert [38, 39]. Bei einigen ¨alteren Realisierungen wurde dieser Kurzschluss alternativ durch eine isolierende Schicht verhindert [40, 41].

Die Motivation, ein solches Zelldesign zu w¨ahlen, liegt im zu erwartetenden Anstieg des Kurzschlusstroms durch die verringerte Abschattung. Falls ein Zellde-sign gew¨ahlt wird, bei dem der Emitter um die Kante herum gezogen wird, kann dieser in der Busbarregion Elektronen auch auf der Zellr¨uckseite einsammeln. Dies kann zu einer weiteren Erh¨ohung des Kurzschlussstroms beitragen [38]. Wird nur eine Kante der Zelle metallisiert, k¨onnen die Zellen so in einem Modul verschaltet werden, dass die Widerstandsverluste in den Verbindern vernachl¨assigbar wer-den [42].

Durch die Platzierung der Busbars am Rand der Zelle entstehen jedoch sehr lange

Abbildung 2.3: Schematische Darstellung des Aufbaus einer Metallistation Wrap Around (MWA) Solarzelle. Bei diesem Zellkonzept befinden sich die Busbars an der Kante auf der R¨uckseite der Zelle. Die Verbindung zu den Kontaktfingern auf der Zell-vorderseite wird erreicht, indem die Kante der Zelle metallisiert wird. Gelb: Emitter, Rot: Basiskontakt

Kontaktfinger, die zu hohen Serienwiderst¨anden f¨uhren. Deshalb scheint dieses Zellkonzept f¨ur Wafergr¨oßen ¨uber 12.5× 12.5 cm2 ungeeignet [43]. F¨ur Majo-rit¨aten existiert in der Busbarregion kein Kontakt, so dass sie lateral aus der Basisregion zum n¨achsten Basiskontakt fließen m¨ussen. Bei großz¨ugiger Dimen-sionierung der Busbarregionen und hohem spezifischem Widerstand des Substrats entstehen daher in der Busbarregion hohe Serienwiderst¨ande, die den Wirkungs-grad der Zelle herabsetzen [44].

MWA-Solarzellen mit Dickfilmmetallisierung Der Herstellungsprozess f¨ur MWA-Zellen folgt in weiten Teilen dem f¨ur konventionelle Zellen (siehe Ab-schnitt 1.1.2). Es ergeben sich jedoch zwei neue Herausforderungen: Einerseits muss die Kante der Zelle zuverl¨assig metallisiert werden, andererseits muss eine sehr gute Leitf¨ahigkeit der Finger erreicht werden. Da sich die L¨ange der Finger bei diesem Zellkonzept im Vergleich zum konventionellen Zelldesign verdoppelt, ist die Metallisierung der Kontaktfinger besonders wichtig, um niedrige Serienwi-derst¨ande erreichen zu k¨onnen.

Prinzipiell l¨asst sich eine Metallisierung der Kante im Labormassstab erreichen, indem man das Druckbild der Finger und des Busbars etwas gr¨oßer als die tats¨achliche Wafergr¨oße w¨ahlt [38]. Der Pastenauftrag im ¨uberstehenden Bereich des Druckbilds f¨uhrt zu einer Metallisierung der Kante. Eigene Erfahrung mit die-ser Drucktechnik lassen es jedoch zweifelhaft erscheinen, ob diese Metallisierung in einer industriellen Umgebung anwendbar w¨are. Variierende Wafergr¨oßen und -dicken w¨urden eine st¨andige Anpassung der Druckparameter erfordern, so dass wahrscheinlich ein separater Prozessschritt zur Metallisierung der Kante (z.B.

mittels Rollendruck) notwendig werden w¨urde.

Die beste ver¨offentlichte MWA-Zelle mit Siebdruckmetallisierung erreicht einen

2.2. ZELLKONZEPTE 25 Wirkungsgrad von 17 % (10×10 cm2, Cz-Si), wobei dieser durch einen relativ niedrigen F¨ullfakor von 73.6 % limitiert ist. Ein direkter Vergleich konventioneller Referenzzellen mit MWA-Zellen zeigt, dass aufgrund des Anstiegs des Serienwi-derstands durch die verl¨angerten Finger und des damit verbundenen Abfalls des F¨ullfaktors bei einer Zellgr¨oße von 10×10 cm2 kein Gewinn durch das MWA-Zellkonzept zu erwarten ist [38].

Da der Serienwiderstandsbeitrag der Finger quadratisch mit deren L¨ange an-steigt, scheint das MWA-Konzept mit Dickfilm-Metallisierung f¨ur großfl¨achige Solarzellen (A ≥ 10 ×10 cm2) ungeeignet, sofern nicht durch einen zus¨ atzli-chen Prozessschritt die Fingerleitf¨ahigkeit verbessert wird (z.B. mehrfach Sieb-druck [45], SiebSieb-druck in Gr¨aben [46] oder galvanisches Verdicken der Kontakte [47]).

Im Rahmen dieser Arbeit hergestellte MWA-Zellen mit Siebdruckmetallisierung wiesen h¨aufig Kurzschl¨usse im Bereich der metallisierten Kante auf, so dass ma-ximal ein Wirkungsgrad von 15.7 % (100 x 97 mm2, Cz-Si) erreicht wurde.

M¨oglicherweise tragen Mikro-Risse im Bereich der Kante zur Bildung von Kurz-schl¨ussen bei. Einen deutlichen Hinweis darauf, dass die Zellkante ein f¨ur die Bildung von Kurzschl¨ussen kritischer Bereich ist, liefern auch Untersuchungen der pn-Isolation von konventionellen Zellen. Hier f¨uhrt das Trennen des pn- ¨ Uber-gangs von der Zellvorderseite zu besseren Parallelwiderst¨anden als das Trennen von der R¨uckseite [48]. Dies kann nur durch die Existenz von Kurzschl¨ussen im Bereich der Kante erkl¨art werden.

MWA-Solarzellen mit stromlos abgeschiedenen Metallkontakten Auf den ersten Blick scheint die stromlose Metallisierung f¨ur das MWA-Zellkonzept sehr geeignet. Der Herstellungsprozess k¨onnte exakt dem f¨ur konventionelle Zel-len folgen (siehe Abschnitt 1.1.3), wenn sowohl die Kante der Zelle als auch ihre Busbarregionen frei von Siliziumnitrid w¨aren. In der Praxis ist dies jedoch nicht der Fall. Normalerweise wird beim Herstellungsprozess mit stromloser Metalli-sierung das SiNx mittels Low Pressure Chemical Vapor Deposition (LPCVD) abgeschieden. Dieser Prozess ist nicht gerichtet. W¨ahrend der Abscheidung wer-den die Wafer R¨ucken an R¨ucken geklammert, so dass ihre R¨uckseite weitestge-hend frei von SiNx bleibt, da nur wenig von den Prozessgasen zwischen die Wafer gelangt. Nichtsdestotrotz lagert sich stets im Randbereich und an der Zellkan-te etwas SiNx ab. Bei der Herstellung von MWA-Zellen w¨urde SiNx an diesen Stellen erst eine Diffusion und anschließend die Metallabscheidung an der Kante und an den Busbars maskieren. Das ¨ubersch¨ussige SiNx mit einfachen, industriell einsetzbaren Mitteln wieder zu entfernen (z.B. durch Plasma¨atzen), ohne dabei das SiNx auf der Zellvorderseite anzugreifen, ist nicht m¨oglich. Eine m¨ogliche, jedoch vergleichsweise aufw¨andige L¨osung stellt die Ablation des SiNx mit einem kurzwelligen Laser dar.

Siliziumnitrid kann auch mittels Plasma Enhanced Chemical Vapor Depositon

(PECVD) hergestellt werden. Dies ist ein gerichteter Prozess, so dass dabei die Abscheidung fast ausschließlich auf der Vorderseite der Wafer erfolgt. Eine sehr d¨unne Schicht SiNx, die trotzdem an der Kante und am Rand der R¨uckseite ent-steht, k¨onnte wahrscheinlich toleriert werden. Allerdings bleiben bei der PECVD meist mikroskopisch kleine Stellen (“Pin-holes”), insbesondere bei texturierten Wafern, unbeschichtet [49]. Bei der stromlosen Metallisierung lagert sich Metall in diesen Pin-holes ab, was die Abschattung erh¨oht. Die PECVD ist deshalb al-lenfalls bedingt f¨ur die Zellherstellung mit stromloser Metallisierung geeignet.

M¨oglicherweise k¨onnte eine dichte Siliziumnitridschicht selektiv auf der Vorder-seite der Wafer gesputtert werden. Diese Abscheidemethode sich jedoch in der Photovoltaik in der Entwicklungsphase und wird industriell erst seit kurzem ein-gesetzt [50].

Bei im Labormassstab hergestellten Zellen wurde meist die Randregion, in der sich SiNx auf der Zellr¨uckseite abgeschieden hatte, abgetrennt. Industriell w¨urde dies jedoch zu einem inakzeptablen Verlust an Zellfl¨ache f¨uhren.

Mit stromlos metallisierten MWA-Zellen konnte experimentell bei kleinen Zell-fl¨achen (A = 25 cm2) ein h¨oherer Wirkungsgrad als mit konventionellen Zellen erreicht werden (17.5 % statt 16.9 %, Cz-Si) [39]. Bei gr¨oßeren Fl¨achen (A = 100 cm2) war dies jedoch nicht mehr der Fall.

Unabh¨anging von der Art der Metallisierung ist das MWA-Zellkonzept nur f¨ur relativ kleine Zellfl¨achen (A ≤ 100 cm2) geeignet. Um das Design sinnvoll f¨ur gr¨oßere Zellen verwenden zu k¨onnen, w¨are es notwendig, die Leitf¨ahigkeit der Finger zu verbessern. Der vermeintliche Vorteil des Konzepts besteht darin, dass die Prozessierung der MWA-Zellen auf den ersten Blick keinen Mehraufwand im Vergleich zur Herstellung konventioneller Zellen mit sich bringt. Im Detail w¨aren jedoch, zumindest f¨ur eine industrielle Umsetzung, zus¨atzliche Prozessschritte notwendig, um eine zuverl¨assige Metallisierung zu erreichen.

Auff¨allig ist ebenfalls, dass, obwohl das Zellkonzept seit langem bekannt und sehr naheliegend ist, (dem Autor) noch keine Bem¨uhungen bekannt sind, es industriell f¨ur den Massenmarkt einzusetzen.