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121 mens, da damit sowohl das herausragende Produkt- wie das (imaginierte) spezifische Kunden- und

Mitarbeitermerkmal beschrieben werden kann. Persönlichkeit wird hier binär in der Ausprägung ja/nein gefordert, jedoch unterschlagen, um welche Persönlichkeiten es sich handelt. Sie sollen

"Profil" und "Ecken und Kanten" haben, was nichts anderes heißt, als dass diese Persönlichkeiten eben Persönlichkeit haben sollen. Der inhaltliche Gehalt des Anforderungskriteriums "Persönlich-keit" liegt auf der Hand, vielleicht ließe sich dieser Begriff analog zu dem im Theorieteil als Schlüs-selqualifikation für jede erfolgreiche Tätigkeit bezeichnen, sein Wert als spezielle Anforderung in einem speziellen Unternehmen ist ausgesprochen dünn. Überdies wird durch die Kommunikation dieses Merkmals suggeriert, zumindest die Teilnehmer dieses Programms - immerhin sind das seit 1998 fast alle neu eingestellten Absolventen einer Hochschule bis zu einer Berufserfahrung von drei Jahren - seien durchweg "Persönlichkeiten mit Profil, Ecken und Kanten", was kaum evaluiert geschweige denn von einem so großen Personenkreis im Ernst behauptet werden kann. Dem bi-nären Anforderungsprofil "Persönlichkeit" genügt jeder Mensch; welche Persönlichkeit die BMW Group genau präferiert (und ob es einer Karriere in diesem Unternehmen überhaupt förderlich ist,

"Ecken und Kanten" zu haben), verrät der Internet-Auftritt an dieser Stelle nicht.

"Kommunikativität" schließlich, das dritte Element des Anforderungsprofils, bedeutet, sich gene-rell aufgeschlossen anderen Menschen (im Unternehmenskontext: den eigenen internen Kollegen und internen/externen Kunden und Lieferanten) gegenüber zu verhalten, d.h. eventuell soziokultu-relle und nationale Ressentiments fallenzulassen. Im Bewerbungskontext kann dies als Auswahl-kriterium betrachtet werden, demzufolge "kommunikativen" Bewerbern vor "nicht-kommunikativen"

Bewerbern bei gleicher Eignung höhere Chancen im Auswahlprozess zugesprochen werden.

Kommunikativität lässt sich im Rahmen von Personalauswahlverfahren relativ leicht beobachten, wobei die Bedeutung der speziellen Bewerbungssituation, die für alle anderen beobachtbaren Kri-terien gilt, auch hier zur Geltung kommt. Die Bewerbungssituation freilich korrespondiert im Falle von Kommunikativität mit dem Beobachtungsziel, da der Bewerber ja gerade darin beobachtet werden soll, wie kommunikativ er sich in einer Situation ihm unbekannten Personen gegenüber verhält - und genau eine solche Situation ist ein Interview oder ein AC. Die hier als Auswahlkriteri-um veröffentlichte Kommunikativität macht Sinn, da die Bewerber so im Vorfeld Komplexität redu-zieren können, indem sie für sich klären, ob sie sich für kommunikative Menschen halten und sich nach dem Ergebnis dieser Klärung bei dem Unternehmen bewerben - oder eben nicht. Diese Selbstselektion ist für beide Seiten, Bewerber und Unternehmen, gleichermaßen wünschenswert.

Setting: Hotel, "Face-to-Face"-Interview (KI) Beteiligte: Personalberater, Forscher (als Bewerber)

Aktion: nach Vorgabe Datum: 07.06.2000

"Natürlich ist das, was ich jetzt von Ihnen gesehen habe, nur ein kleiner Ausschnitt Ihrer Per-sönlichkeit, und Sie sind vielleicht normalerweise ein ganz anderer Mensch, aber Sie haben ei-ne Stunde lang eiei-ne Chance gehabt, und die haben Sie eben nicht genutzt!"

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Die letzte hier genannte Rubrik, "Technik", bietet dem Besucher wiederum Bekanntes, nämlich einen Link zum Punkt "Innovation" auf der Konzern-Website unter. Innovation bedeutet für die BMW Group, wie aus der Gleichsetzung der Begriffe geschlossen werden kann, in erster Linie technische Innovation. Überdies entsteht durch die alleinige Platzierung dieses Themas der Ein-druck, dass jegliche technische Beschäftigung im Unternehmen gleichzeitig innovativ ist. Potentiel-len Bewerbern wird das Thema durch diese Verknüpfung eingängig vermittelt, denn hiermit macht das Unternehmen eine qualitative Aussage über die berufliche Tätigkeit bei der BMW Group, die durchaus als Bewerberwerbung gedeutet werden kann. Die Beschäftigung mit innovativen Themen kann als klarer Attraktor potentieller Bewerber gelten, denn wer würde nicht die Neu- und Weiter-entwicklung bestehender Arbeitsgebiete der Bewahrung des Status quo vorziehen?

Elektronische Medien: "Was für ein Unternehmen ist die BMW Group?"

Die unternehmensexterne Wahrnehmung des soziokulturellen Status quo der BMW Group fokus-siert sich auf ein ausgesprochen klar und hochtechnifokus-siert wirkendes Unternehmen, in dem technik-begeisterte Mitarbeiter innovative Produkte für techniktechnik-begeisterte Kunden entwickeln. Dabei soll ein hohes Maß an geschäftsmäßiger Professionalität erreicht und Technik nicht als Selbstzweck, sondern als (luxuriöse) Selbstverständlichkeit für den modern denkenden, hart arbeitenden und finanziell überaus liquide ausgestatteten Menschen benutzt werden. Technik als "Spielerei" oder als bloßes Luxusobjekt, um den eigenen Sozialstatus zu heben, ist dem Unternehmen BMW sei-nem Internet-Auftritt nach fremd. Um dieses Bild abzurunden, engagiert sich BMW auch finanziell bei den Freizeitaktivitäten dieser Zielgruppe und unterstützt etwa internationale Golf- und Tennis-veranstaltungen, aber auch - denn Technik ist, wie gesagt, eben kein Selbstzweck - Kunst, um sich der Zielgruppe nicht nur als Hochtechnologie-Lieferant, sondern auch als Medium zu empfehlen, über das die Zielgruppe ihren distinguierten Geschmack ausleben kann.

Über den Menschentyp, den das Unternehmen am passendsten für eine Zusammenarbeit an-sieht (und der, konsequent gedacht, im Unternehmen auch am meisten auffindbar sein müsste), geben besonders die Personalseiten Auskunft: leistungsbereite Individualisten, die wissen, was sie erreichen wollen, aber trotzdem Freude am Leben (und natürlich, wie es der Slogan der Marke BMW nennt: "Freude am Fahren") haben. Damit lässt sich der elektronische Auftritt der BMW Group im Sinne von CI durchaus als Identität der Elemente "Mensch im Unterneh-men"/"Produkt"/"Mensch außerhalb des Unternehmens" begreifen.

3.2.2. Print-Medien

Im folgenden sollen Print-Medien der BMW Group analysiert werden, aus denen sich, ähnlich wie beim Internet-Auftritt, kulturrelevante Informationen über Unternehmen und Mitarbeiter herauskris-tallisieren lassen. Diese Medien, deren Wirkung ebenfalls auf die gesellschaftliche Umwelt des Unternehmens gerichtet ist, haben freilich unterschiedliche Zielgruppen: die

Unternehmensbro-123 schüre "BMW - Stationen einer Entwicklung"144 richtet sich an Interessenten des Unternehmens, die Personalbroschüre "Einsteigen bei BMW. Zukunft gestalten"145 speziell an Bewerber und das

"BMW Magazin"146 wird vierteljährlich exklusiv an Neukunden versendet. Zusätzlich soll der unter dem Titel "Strictly Personal" publizierte "Job Letter"147 analysiert werden, ein doppelseitig bedruck-tes DIN A3 Hochglanz-Medium, das in der zweiten Jahreshälfte 1999 an ca. 6.500 Hochschulab-solventen, besonders "Young Professionals" der Fachrichtungen Ingenieurswissenschaften und Informatik, versendet wurde, die sich zu diesem Zeitpunkt in einer Bewerberdatenbank eines Per-sonaldienstleisters befanden.

Unternehmensbroschüre "BMW - Stationen einer Entwicklung"

Die rund 100 Seiten starke Broschüre "BMW - Stationen einer Entwicklung", die im Herbst 2000 in einer neuen Form auf den Markt kam, hatte zum Zeitpunkt des Feldaufenthaltes eine jährliche Auf-lage von 20.000 Exemplaren und wurde (Stand: 14.03.2000), in der Regel gemeinsam mit dem aktuellen Geschäftsbericht im Auftrag der Abteilung "Presse und Öffentlichkeitsarbeit/Produkt und Technik" an Interessenten als allgemeine Unternehmensbroschüre versendet. Über den Leserkreis gibt es zwar kein statistisches Profil, jedoch lassen sich sowohl an allgemeinen Informationen inte-ressierte Personen (z.B. Schüler, Studenten) subsumieren wie auch Bewerber, die sich anhand der Broschüre auf konkrete Gespräche mit Personalentscheidern vorbereiten oder sich durch die ent-haltenen Informationen generell über die BMW Group als potentiellen Arbeitgeber informieren wol-len.

"Dynamik", "Innovation" und "Ästhetik" werden in diesem Medium als Werte präsentiert, die

"den Charakter von BMW" bestimmen und "Marke und Unternehmen unverwechselbar" (3) ma-chen. Benutzt man zu diesen Begriffen die analogen Adjektive, so kann man den Anspruch von BMW darin zusammenfassen, dass, zumindest für den Automobilsektor gesprochen, ausschließ-lich dieses Unternehmen und ausschließausschließ-lich diese Produkte in Verknüpfung schnell (dynamisch), neu/schlau (innovativ) und schön (ästhetisch) sind. Trennt man Unternehmen und Marken, so lässt sich Innovation als exklusiver Wert des Unternehmens identifizieren, Ästhetik als ausschließlich für die Produkte reserviert und Dynamik für beide anteilsmäßig gleich geltend bestimmen. Mit der pro-pagierten Dynamik des Unternehmens BMW ist in der Broschüre auch der Begriff "Mobilität" (5, 24) verknüpft, was, im Sinne geistiger Mobilität, auch als Voraussetzung für die Innovation des nehmens gelten kann. Konkret bietet die Broschüre einen Überblick über die Historie des Unter-nehmens BMW, wobei insbesondere die technischen Leistungen der BMW Produkte zur Geltung gebracht und, losgelöst von ihrer Funktionalität, geradezu heldenhaft überhöht werden. Stellvertre-tend seien Begriffe und Begriffskombinationen genannt wie "der geniale Tüftler", "bislang

144 BMW AG, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit (Hg.): BMW - Stationen einer Entwicklung. Mün-chen 1997.

145 BMW AG, Personalmarketing (Hg.): Einsteigen bei BMW. Zukunft gestalten. 3. Auflage. Mün-chen 1999.

146 BMW AG (Hg.): BMW Magazin. Ausgaben 1-4/1999.

147 BMW AG (Hg.): Strictly Personal. München 1999.

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reichte Höhen", "einsamer Weltrekord" (16), "BMW ist dabei, sich die Welt zu erobern", "Meister-leistung" (17), "ein geniales Konzept fürs ganze Jahrhundert" (19), "ewiger Weltrekord" (21) oder auch "Beginn einer Legende" (23), die in die Mystifikation der Konzernprodukte - "BMW 328 - ein Mythos von einem Sportwagen" (29) gipfeln. Die Bildersprache freilich ist, analog zum Internet-Auftritt kühl, technisiert und sehr puristisch gehalten: kalter Stahl und blitzendes Chrom vor betont blauem oder grauem Hintergrund.

Abbildung 13: Puristisch-technisiertes Bildmotiv in der BMW Unternehmensbroschüre Quelle: BMW - Stationen einer Entwicklung, 76f.

Der Konnex zur Unternehmenskultur der BMW Group ist in der Unternehmensbroschüre nun be-sonders augenfällig. Bereits auf den ersten Seiten, nach der Explikation der drei oben genannten Werte, wird unter dem Motto "Vom historischen Erbe zur Persönlichkeit" die Unternehmenshistorie mit den Produkten verknüpft:

"Die besondere Faszination von BMW wird nicht allein durch die Produkte und ihre Technik be-stimmt, es ist auch eine mehr als achtzigjährige Geschichte, die über weite Strecken von Erfin-dern, Pionieren und genialen ErfinErfin-dern, Pionieren und genialen Konstrukteuren geschrieben wurde. In ihren Taten verkörpert sich der Geist von BMW: Immer wieder das scheinbar Unmög-liche wagen, neue Türen aufstoßen, neue Grenzen überwinden - das hat dieses Unternehmen über Jahrzehnte geprägt und ihm den unverkennbaren Charakter gegeben. Nicht immer wurde BMW von einer Woge des Erfolgs getragen, aber stets war die kreative Energie stark genug, um auch schwierige Situationen zu meistern. Das entscheidende Merkmal der so gewachsenen Unternehmenskultur ist es, nicht in Problemen, sondern in Lösungen zu denken."

(BMW - Stationen einer Entwicklung, 11)

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