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Medienausstattung und -nutzung

3 Mobile Geräte und Anwendungen in der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen

3.1 Medienausstattung und -nutzung

Inzwischen sind mobile Medien fester Bestandteil in nahezu allen Familien. Kinder wachsen ganz selbstverständlich in einem vernetzten und digitalisierten Alltag auf und können sich in den meisten Fällen eine Welt ohne Internet gar nicht mehr vorstellen. Durch die Möglichkeit, sich mobil mit dem Freundeskreis auszutauschen, Fotos zu versenden, unterwegs zu telefonieren und zu chatten oder die eigene Meinung jederzeit online zu veröffentlichen, verändern sich auch die Sphären des Öffentlichen und Privaten. Die ge-sellschaftlichen Veränderungen, die sich dadurch ergeben, betreffen uns alle und erfordern einen vorauschauenden und nachhaltigen Umgang mit den Möglichkeiten der mobilen Mediennutzung, insbesondere im Hinblick auf Heranwachsende.

Was bedeutet es für Heranwachsende online zu sein? Was sind die Vorteile und Folgen des Mobilen? Welche Heraus- forderungen ergeben sich für die Medienerziehung? Wie können Eltern ihre Kinder bei den ersten Schritten im mobilen Netz begleiten?

3.1.1 Mobile Mediennutzung und der Zwang dabei zu sein

Diese zunehmende mobile Mediennutzung spiegelt sich auch in aktuellen Studien wider. Laut JIM-Studie 20152 verfügen nahezu alle befragten Haushalte über ein Handy, Smartphone, Computer bzw. Laptop und einen Internetzu-gang. Gegenüber 2014 ist der Besitz an Smartphones nur leicht gestiegen (von 94 auf 95 Prozent). Vergleicht man die Daten von 2013 und 2015 wird allerdings deutlich, wie schnell das Smartphone zum Alltagsbegleiter in Familien geworden ist: Innerhalb von zwei Jahren ist der Besitz um 14 Prozent gestiegen. Auch Tablet-PCs gehören immer häu-figer zur digitalen Grundausstattung in Familien: Über die Hälfte der Familien (58 Prozent) gibt an, über ein eigenes Gerät zu verfügen (2013: 36 Prozent, 2014: 48 Prozent).

Im Vergleich zu den JIM-Studien 2013 und 2014 besitzen weniger Familien einen MP3-Player (2013: 83 Prozent, 2014: 77 Prozent, 2015: 72 Prozent). Es kann vermutet werden, dass die multifunktionalen Smartphones diese Mediennutzung zumindest teilweise mit abdecken.

2 Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (mpfs) (Hrsg.) (2015): JIM-Studie 2015: Jugend, Information, (Multi-)Media. Basisstudie zum Medienumgang 12- bis 19-Jähriger in Deutschland. Stuttgart. Online: www.mpfs.de.

0 % 25 % 50 % 75 % 100 %

Handy /Smartphone Computer / Laptop Fernsehgerät Internetzugang Smartphone Digitalkamera Radiogerät Feste Spielkonsole MP3-Player/iPod DVD-Rekorder mit Festplatte / Set-Top-Box Externer DVD-Player (nicht PC) Tragbare Spielkonsole Tablet-PC Fernsehgerät mit Internetzugang E-Book-Reader Radiogerät mit Internetzugang

95 86 86 75 72 66 66 60 58 45

24 11

Geräte-Ausstattung im Haushalt 2015

Quelle: JIM-Studie 2015, Basis: alle Befragten, n=1.200.

99 98 97 96

Mobile Kommunikation fängt immer früher an und ist inzwi-schen auch in der Grundschule angekommen: 22 Prozent der 8-bis 9-Jährigen verfügen laut KIM-Studie 20143 über ein eigenes Handy, 10 Prozent der genannten Altersgruppe besitzen ein Smartphone. Insgesamt verfügen sie über eine weitreichende Ausstattung. 89 Prozent der Handys sind mit einer Kamera, 71 Prozent mit einem MP3-Player ausgestat-tet, 53 Prozent haben eine Bluetooth-Funktion, 42 Prozent verfügen über GPS und jedes zweite Kind kann auf das Internet zugreifen und Apps nutzen.4

Vor allem der Wechsel auf eine weiterführende Schule ist für viele Eltern ein Grund, ihren Kindern ein eigenes Handy zu geben. Dabei verbreitet sich die Nutzung von Smart- phones im Lauf der letzten Jahre immer weiter. Hatten 2013 noch 57 Prozent der Jugendlichen im Alter zwischen 12 und 13 Jahren ein eigenes Smartphone, so sind es 2014 bereits 81 Prozent und 86 Prozent im Jahr 2015. Bei den 14- bis 15-Jährigen sind es 2015 sogar 93 Prozent.5 Mit Smartphones steht auch das mobile Internet zur Verfügung. Wie 2014 ist das Handy bzw. Smartphone der

am häufigsten benannte Nutzungsweg des Internets. Mit 88 Prozent liegt es deutlich vor dem Internetzugang per Computer oder Laptop (74 Prozent).6

Internet-Flatrates unterstützen die Anwendungsmöglichkeit des mobilen Internets. Insgesamt drei Viertel der befragten Jugendlichen nutzt ein solches Angebot. Auch über die Hälfte (62 Prozent) der jüngeren Jugendlichen im Alter zwischen 12 und 13 Jahren hat bereits über eine Flatrate Zugang zum mobilen Internet.7

Das wirkt sich auch auf die Nutzungsdauer, die sie online verbringen, aus. Jugendliche im Alter zwischen 12 und 19 Jahren verbringen nach eigener Einschätzung etwa 208 Minuten durchschnittlich von montags bis freitags online (2013: 179 Minuten, 2014: 192 Minuten).8

Online zu sein bedeutet für Heranwachsende vor allem, sich auszutauschen, Spiele zu spielen, sich durch Videos usw. unterhalten zu lassen und nach Informationen zu su-chen. Die Kommunikation steht dabei aber mit 40 Prozent an erster und wichtigster Stelle.9

3 Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (mpfs) (Hrsg.) (2014): KIM-Studie 2014: Kinder + Medien, Computer + Internet. Basisuntersuchung zum Medienumgang 6- bis 13-Jähriger in Deutschland. Stuttgart. Online: www.mpfs.de.

4 KIM-Studie 2014, S. 45 – 47.

Smartphone-Besitzer 2011 – 2015

Quelle: JIM-Studie 2011–2015, Basis: alle Befragten.

Gesamt Mädchen Jungen

Mobile Geräte und Anwendungen in der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen

Das spiegelt sich auch in der Nutzung des mobilen Netzes über das Smartphone wider. Die wichtigsten Apps für Jugendliche sind die, mit denen sie sich mit ihrem Freun-deskreis austauschen können, entweder über Instant Messenger (91 Prozent) oder über Soziale Netzwerke (37 Prozent). Die beliebteste Messenger-App ist WhatsApp (90 Prozent), Facebook folgt mit 33 Prozent. An dritter Stelle folgen Kamera-Apps und Bilderdienste. Am häufigsten wird dabei Instagram genannt (30 Prozent). Die mobile YouTube-Anwendung gehört für 23 Prozent zu den wichtigs-ten Apps. Snapchat kommt auf 16 Prozent.10

Beschäftigen sich Jugendliche in ihrer Freizeit mit Medien, liegt das Handy bzw. Smartphone mit 89 Prozent auf Platz eins der beliebtesten, täglich genutzten Medien, gefolgt von der Internetnutzung (80 Prozent). Dem folgt das Abspielen von MP3-Dateien (60 Prozent). Radio (56 Prozent) und Fernsehen (52 Prozent) spielen bei der Medienbeschäf-tigung in der Freizeit weiterhin eine zentrale Rolle, liegen jedoch deutlich hinter der Smartphone- und Internetnut-zung.11

10 JIM-Studie 2015, S. 50.

11 JIM-Studie 2015, S. 11.

0 %

0 %

25 %

25 %

50 %

50 %

75 %

75 %

100 %

100 % Inhaltliche Verteilung der Internetnutzung 2015

Die wichtigsten Apps auf dem Smartphone 2015 – bis zu drei Nennungen

Quelle: JIM-Studie 2015, Basis: Internet-Nutzer, n=1.166.Quelle: JIM-Studie 2015, Basis: Befragte, die Apps auf dem Handy installiert haben, n=1.044.

Gesamt

12–13 Jahre

Soziale Netzwerke/

Communities 14–15 Jahre

Bilderdienste/

Kamera-Apps 16–17 Jahre 18–19 Jahre

Videoportale Mädchen

Instant-Messenger Haupt-/

Realschule

40 20 14 26

47 10 15 27

34

91 37

34

17 29

15

45 23

22 12

9 15 8

24

36 37

88 94

13 25

27

39 24 12 25

37 24 12 27

41 17 15 26

40 17 17 26

40 19 15

40 21 13 26

26 Jungen

Gymnasium

Spiele-Apps Musik-Apps

Spiele

Kommunikation Informationssuche Unterhaltung (z. B. Musik, Videos, Bilder)

gesamt Mädchen Jungen

Das Smartphone und das mobile Internet gehören zum festen Bestandteil der Jugendkultur. Dies gilt über alle Schulgrenzen hinweg und noch vor allen anderen Medien.

Gleichzeitig stellen Jugendliche aber auch fest, dass sie teilweise zu stark durch die Handynutzung beansprucht werden. 2014 stimmten mehr als die Hälfte der in der JIM-Studie Befragten der Aussage zu, zu viel Zeit mit dem Smartphone zu verbringen.12 Die Angst etwas aus dem Freundeskreis zu verpassen („Fear of missing out“ – FOMO) und so nicht an der Kommunikation innerhalb der Peergroup teilnehmen zu können, führte bei 55 Prozent auch dazu, sich zeitweise „genervt“ von den eintreffenden Nachrichten zu fühlen.13 Zu vergleichbaren Ergebnissen kommt die Studie „Mediatisierung mobil“. Bei vielen Heran-wachsenden wird die „Informationsflut“ als Stress empfun-den und führt zu einem unbedachten Umgang mit empfun-den eigenen Daten.14 48 Prozent der in dieser Studie befragten Kinder zwischen 8 und 14 Jahren geben hierbei an, dass

sie die Handynutzung bei Hausaufgaben stört und 42 Prozent bestätigen, dass sie durch den „Nachrichtenstress“

unüberlegt Daten weitergeben.

Auch wenn die ständige Erreichbarkeit manchmal Stress bedeutet: Ohne eigenes Smartphone bzw. ohne handy- basierten Onlinezugang fühlen sich Jugendliche von der Kommunikation innerhalb des Freundeskreises ausge-schlossen. Darüber hinaus hat das Handy für Heranwach-sende noch weitere und vor allem soziale Funktionen: Es ist Zeichen des Erwachsenwerdens und der Gruppenzu-gehörigkeit. Es unterstützt in der Organisation des Alltags und wird durch personalisiertes Zubehör wie Handyhüllen, Klingeltöne oder Hintergrundbilder zu einem modischen Begleiter und einem Statussymbol, das die eigene Identität ausdrückt. Auf das Handy zu verzichten, es abzuschalten oder wegzulegen, fällt vielen Kindern und Jugendlichen dementsprechend schwer.

12 In der JIM-Studie 2015 wurde diese Frage so nicht mehr gestellt.

13 JIM-Studie 2014, S. 53.

14 Knop, Karin; Hefner, Dorothée; Schmitt, Stefanie; Vorderer, Peter (2015): Mediatisierung mobil. Handy- und mobile Internetnutzung von Kindern und Jugendlichen. Schriftenreihe Medienforschung der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen LfM, Band 77. Leipzig: VISTAS Verlag, S. 149.

0 % 25 % 50 % 75 % 100 %

Medienbeschäftigung in der Freizeit 2015

Quelle: JIM-Studie 2015, *egal über welchen Verbreitungsweg, Basis: alle Befragten, n=1.200.

Handy / Smartphone Computer- / Konsolen- / Onlinespiele Musik-CDs / -kassetten

mehrmals pro Woche 89

Mobile Geräte und Anwendungen in der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen

Außerdem sind Kinder und Jugendliche in ihrem Alltag ständig von Smartphones, Tablets oder mobilen Spiele-konsolen umgeben: Sie beobachten Erwachsene, die ganz selbstverständlich mit Handys und Tablets umgehen, sehen Werbung für die neuesten Smartphone- oder Tablet- Modelle im Fernsehen, in Zeitschriften oder auf Plakaten und kommen mit anderen Gleichaltrigen im Freundeskreis, die ein eigenes Gerät besitzen, darüber ins Gespräch.

Die ständige Präsenz und der hohe Stellenwert von mobilen Geräten innerhalb der Gesellschaft und der Peer- group führt gerade bei Jugendlichen zu dem Wunsch, ein eigenes Gerät besitzen zu wollen, um dadurch Teilhabe und Anerkennung zu erfahren. Neben diesem gesellschaftlichen Druck steht bei vielen Jugendlichen zudem die Erfahrung im Vordergrund, ohne ein eigenes Handy nicht an allen Kommunikationsmöglichkeiten des Freundeskreises teilha-ben zu können und somit oftmals ausgegrenzt zu sein. In einem Alter, in dem die Peergroup und die Teilnahme an gemeinsamen Aktivitäten die mitunter wichtigste Bedeutung einnimmt, kann eine solche Angst vor Ausgrenzung für die Heranwachsenden zu einem echten Problem werden.

Eltern nehmen den Zwang „dabei zu sein“ meist wahr und sind deshalb häufig unsicher. Zwar möchten sie ihr Kind nicht ausgegrenzt wissen und ihm die Teilhabe am sozialen Leben der jeweiligen Altersgruppe ermöglichen, gleichzeitig stehen sie einer weiteren Mediatisierung des Alltags ihrer Kinder (neben Computer, Internet und z. B. Spielekonsolen) skeptisch oder ablehnend gegenüber und sehen vor allem die Gefahren der digitalen Medien im Vordergrund.

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