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5.2 Ergebnisse der Modellanwendung

5.2.6 Maximale Flexibilität (Szenario S4)

In Szenario S4 steigt die E-PKW-Durchdringungsrate auf 100 %. Weiterhin sinkt die Mindestreichweite nochmals auf nun 50 km. Es wird nun an allen Netzknoten kostenminimal geladen, wobei auch ins Netz rückgespeist werden kann. Aufgrund des extrem hohen Ladebedarfs der E-PKW kann im S4-Referenzszenario trotz Engpassmanagementmaßnahmen des VNB der Energiebedarf der E-PKW in einzelnen Stunden nicht gedeckt werden. Das Engpassmanagement-Modell findet daher an 24 Tagen des Jahres keine Lösung. Daher wird der in Abschnitt 4.1.4 vorgestellte Peakshaving-Algorithmus angewen-det, um Gleichzeitigkeitseffekte zu reduzieren. Der tägliche Maximalbezug wird um 70 % reduziert, sodass das Engpass-management-Modell lösbar wird. Nach Optimierung des E-PKW-Lastgangs durch das C2V-Modell ist das Engpassma-nagement-Modell in Szenario S4 auf Anhieb lösbar, sodass keine Spitzenlastkappung notwendig ist.

Abbildung 5.26 zeigt, dass weiterhin bevorzugt Überschussstrom geladen wird. In der ersten Wochenhälfte greift die Ein-schränkung des Lastverschiebepotenzials. Sobald kein Überschussstrom verfügbar ist – im Beispiel hier am Montag und Dienstag – wird Netzstrom geladen, um die Restriktion für alle 3,5-tägigen Intervalle zu erfüllen. Dieser Netzstrombezug erfolgt zu Zeiten niedriger Marktpreise. Steht jedoch ausreichend Überschussstrom zur Verfügung, wird wie auch in Sze-nario S3 selbst in Zeiten negativer Preise aufgrund der für den Spotbezug anfallenden NNE bevorzugt Überschussstrom geladen. Die kostenminimierende Ladestrategie setzt also ebenso einen Anreiz zum Laden abgeregelter Energie.

Aufgrund der NNE gibt es keine Anreize für Arbitragegeschäfte, welche ausschließlich den Strommarkt betreffen. Arbit-ragegeschäfte zur Erlöserzielung können dennoch beobachtet werden, indem überschüssige EE-Abregelung geladen und über den Strommarkt verkauft wird. Hierzu wird oft bereits vor den Phasen, in denen Abregelung stattfindet, ins Netz zurückgespeist (hier z. B. in der Nacht von Freitag auf Samstag). Dadurch wird die freie Batteriekapazität erhöht, sodass möglichst viel kostenfreier Überschussstrom während der folgenden Abregelungsperiode geladen werden kann. Da die

Zeiten, in denen Erneuerbare abgeregelt werden, für das Rückspeisen gesperrt sind (vgl. Abschnitt 4.2.1), sind die zeitli-chen Möglichkeiten und damit auch die Erlöspotenziale für das Rückspeisen begrenzt.

In Szenario S4 wird ebenso wie in S3 an Netzknoten ohne Abregelung nicht rückgespeist. An Netzknoten mit EE-Abregelung wird ins Netz zurückgespeist, jedoch aufgrund der kostenminimalen Ladestrategie punktueller als in S3, d. h.

auf Zeiträume mit hohen Marktpreisen begrenzt. Da sich die Anzahl der E-PKW gegenüber S3 etwa vervierfacht, die EE-Abregelung jedoch leicht abnimmt, kann zudem an einzelnen Netzknoten mit EE-EE-Abregelung eine Reduktion der maxi-malen Ladeleistung pro Fahrzeug beobachtet werden. In Szenario S4 werden viele Ladevorgänge bei kostenminimalem Laden weiter auf das Wochenende und in die Nachtstunden hinein verlagert (Abbildung 5.27).

Abbildung 5.26: Fahrplan für eine Beispielwoche am Netzknoten Sylt in Szenario S4.

Abbildung 5.27: Fahrplan für eine Beispielwoche für zwei Netzknoten sowie gesamt Schleswig-Holstein (SH) in Szenario S4.

In Szenario S4 betragen die jährlichen Gesamtladekosten je Fahrzeug im Durchschnitt über alle Netzknoten 519 €. Die Marktbezugskosten haben mit 43 € weiterhin einen Anteil von 8 % an den gesamten Ladekosten. Durch das Rückspeisen können Erlöse von durchschnittlich 8 €/Jahr erzielt werden. Im Vergleich zum S4-Referenzszenario können trotz kosten-minimaler Ladestrategie die Marktbezugskosten nur um 46 % reduziert werden, was zwei Prozentpunkte unterhalb des Kostenreduktionspotenzials in Szenario S1 liegt. Die Gesamtladekosten sinken um 10 % (Abbildung 5.28).

Abbildung 5.28: Mittelwerte der durchschnittlichen jährlichen Gesamtladekosten je Netzknoten und deren Bestandteile in Szenario S4.

Im S4-Referenzszenario liegen die Marktbezugskosten bei durchschnittlich 77 €/E-PKW und die Gesamtladekosten bei 576 €/E-PKW jährlich. Wie auch schon in den Szenarien zuvor variieren sie je nach Netzknoten (Abbildung 5.30). Die jährlichen Marktbezugskosten können in Szenario S4 durch die kostenminimierende Ladestrategie auf 6 – 48 €/E-PKW, bzw. durchschnittlich 43 €/E-PKW, reduziert werden. Die Erlöse aus V2G betragen je nach Netzknoten 0 – 81 €/E-PKW (durchschnittlich 8 €/E-PKW) und die Gesamtladekosten 250 – 554 €/E-PKW (durchschnittlich 519 €/E-PKW) pro Jahr (Abbildung 6.8). Netzknoten mit viel EE-Abregelung weisen weiterhin die geringsten Ladekosten auf (Abbildung 5.30).

Durch Berücksichtigung der V2G-Erlöse steigen die durchschnittlichen, verbleibenden Marktbezugskosten pro Jahr ge-genüber Szenario S3 um 2 € auf 35 €/E-PKW. An insgesamt 13 Netzknoten übersteigen die Erlöse durch V2G die Kosten für den Bezug über die lokalen Märkte in Höhe von bis zu 75 €/E-PKW/Jahr. Die Teilnahme am Handel an lokalen Märkten führt dadurch bei 6 % des E-PKW-Bestands in Schleswig-Holstein zu negative Kosten (Abbildung 5.29). Durch Berück-sichtigung der V2G-Erlöse verbleiben im Durchschnitt über alle Netzknoten mit Überschussstrom jährliche Marktbezugs-kosten in Höhe von -9 €/E-PKW. Im Vergleich zum S4-Referenzszenario können die Kosten überkompensiert werden.

Dieses Kostenreduktionspotenzial fällt 9 % geringer aus als in Szenario S3 (Abbildung 6.7).

Abbildung 5.29: Durchschnittliche jährliche Ladekosten sowie EE-Anteil über die kumulierte Anzahl aller E-PKW in den Szenarien S1 – S4, sortiert nach Gesamtladekosten.

-100 0 100 200 300 400 500 600

Referenz Gesteuert

EUR/E-PKW/Jahr

Sonstige Strompreisbestandteile Marktbezug

V2G

S1 S2

S3 S4

Wenn nur die von Einspeisemanagement betroffenen Netzknoten berücksichtigt werden, liegen die jährlichen Gesamtla-dekosten im Mittel bei 401 €/E-PKW und damit 26 % unterhalb des S4-Referenzszenarios. Im Durchschnitt über alle E-PKW in Schleswig-Holstein liegen die Marktbezugskosten bei 45 €/E-PKW, die Erlöse durch V2G sinken gegenüber S3 auf 4 € und die Gesamtladekosten bleiben mit 536 €/E-PKW in etwa auf demselben Niveau wie in Szenario S3.

Abbildung 5.30: Räumliche Verteilung der durchschnittlichen jährlichen Gesamtladekosten in Szenario S4 (unten) im Vergleich zum S4-Referenzsze-nario (oben).

Die Maximal-Ladestrategie im S4-Referenzszenario resultiert in EE-Anteilen von 0 – 41 % (Abbildung 5.32). Im Durch-schnitt über alle Netzknoten liegt der EE-Anteil bei 4 %. An Netzknoten mit EE-Abregelung beträgt der Mittelwert des EE-Anteils 17 %. In Szenario S4 nimmt der durchschnittliche EE-Anteil am Ladestrom gegenüber Szenario S3 ab. Er liegt nun bei durchschnittlich 14 % und beträgt je nach Netzknoten zwischen 0 – 95 % (Abbildung 5.29, Abbildung 5.31). Der mittlere EE-Anteil der Netzknoten mit Überschussstrom fällt mit 60 % rund 5 Prozentpunkte geringer aus als in Szenario S3. Durch das kostenminimale gesteuerte Laden wird in Szenario S4 etwa 6 Mal so viel Überschussstrom wie im Refe-renzszenario geladen. Auf Bundeslandebene liegt der durchschnittliche EE-Anteil bei 11 %.

Abbildung 5.31: Räumliche Verteilung des durchschnittlichen EE-Anteils in Szenario S4 (unten) im Vergleich zum S4-Referenzszenario (oben).

Über alle Netzknoten betrachtet bleiben die durchschnittlichen jährlichen THG-Emissionen auf dem Niveau des Szenarios S3. An den Netzknoten ohne EE-Abregelung liegen die durchschnittlichen THG-Emissionen je Fahrzeug im S4-Referenz-szenario bei 80 g CO2/km (Abbildung 6.13). An Netzknoten mit EE-Abregelung belaufen sich die THG-Emissionen auf 49 – 83 g CO2/km, wobei sowohl der Median als auch der Mittelwert bei 69 g CO2/km liegen. Durch die kostenminimie-rende Ladesteuerung in Szenario S4 sinken die THG-Emissionen über alle Netzknoten um 10 % auf 72 g CO2/km, wobei die größten Einsparungen durch die Nutzung von Überschussstrom erzielt werden. An Netzknoten ohne EE-Abregelung gehen die THG-Emissionen durch die Ladesteuerung nur um 3 g CO2/km zurück. An Netzknoten mit EE-Abregelung können in Szenario S4 THG-Emissionen zwischen 9 – 80 g CO2/km beobachtet werden, der Median bzw. der Mittelwert beläuft sich hier auf 40 bzw. 42 g CO2/km. Trotz kostenminimaler Ladestrategie kommt es an keinem Netzknoten zu einer Erhöhung der THG-Emissionen der E-PKW-Flotten.

Bereits ohne Ladesteuerung können im S4-Referenzszenario 162 GWh/Jahr EE-Abregelung und somit rund vier Mal so viel wie im S3-Referenzszenario vermieden werden. Durch den Anstieg der elektrischen Nachfrage durch E-PKW von 13 TWh/Jahr im Fall ohne E-PKW auf nun 17 TWh/Jahr wird Schleswig-Holstein vom Stromexporteuer zum -importeur. Im

S4-Referenzszenario werden nun 2.445 GWh/Jahr importiert, rund die doppelte Menge der Energieexporte im Referenz-szenario ohne E-PKW. Durch die kostenminimierende Ladestrategie können weitere 343 GWh/Jahr Überschussstrom ver-mieden werden. Die Menge der abgeregelten EE sinkt somit um 13 % im Vergleich zum S4-Referenzszenario und um rund 19 % im Vergleich zum Fall ohne E-PKW. Außerdem können die Stromimporte leicht reduziert werden und liegen nun bei 2.209 GWh/Jahr. Die geographische Verteilung der Reduktion der EE-Abregelung in Szenario S4 ist Abbildung 5.33 zu entnehmen. Wie auch in Szenario S3 kann an einzelnen Netzknoten bis zum Drei- bis Vierfachen der elektrischen Nachfrage der E-PKW an EE-Abregelung vermieden werden.

Abbildung 5.32: Boxplots des Anteils der genutzten EE-Abregelung am Ladestrom für alle Knoten mit EE-Abregelung. Links: Referenzszenarien S1 – S4. Rechts: Szenarien S1 – S4. Unteres Ende der Boxen: 0,25-Quartil, oberes Ende: 0,75-Quartil. Strich in den Boxen: Median (0,5-Quartil). Die roten Punkte stellen die einzelnen Werte für die Netzknoten mit EE-Abregelung dar, die roten Rauten die Mittelwerte für die Netzknoten mit EE-Abregelung. Die blauen Punkte stellen zusätzliche Werte für die Netzknoten ohne EE-Abregelung dar. Die schwarzen Rauten repräsentieren die Mittelwerte für alle Netzknoten. Die Antennen bilden alle außerhalb der Box liegende Werte ab.

Abbildung 5.33: Netzknoten, an denen EE-Abregelung in Szenario S4 reduziert wird.

Die jährlichen äquivalenten Batterievollzyklen liegen je nach Netzknoten zwischen 22 – 44 und betragen im Durchschnitt 24. Die V2G-Funktion wird also leicht weniger genutzt als in Szenario S3. Der durchschnittliche SOC aller E-PKW-Flotten sinkt abermals auf nun 52 % und beträgt je nach Netzknoten 48 – 53 %.