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5.2 Ergebnisse der Modellanwendung

5.2.3 Geringe Flexibilität (Szenario S1)

Das Engpassmanagement-Modell ist sowohl mit dem E-PKW-Lastgang nach Maximal-Ladestrategie als auch mit der durch das C2V-Modell optimierten Nachfrage lösbar, sodass kein Peakshaving erforderlich ist. Abbildung 5.7 stellt exemp-larisch den resultierenden Fahrplan des Aggregators am Netzknoten bei Sylt3 – einem Knoten mit EE-Abregelung – wäh-rend einer Woche dar. Der Fahrplan beinhaltet die Ladeleistung aus EE-Abregelung und Marktbezug, sowie den resultie-renden durchschnittlichen SOC der E-PKW Flotte. Aufgrund der Ladestrategie, möglichst viel EE-Abregelung zu nutzen, wird so viel wie möglich Überschussstrom geladen. Die untere Grenze für den zulässigen SOC führt dazu, dass in der gezeigten Woche am Dienstag und Mittwoch auch Netzstrom geladen werden muss. Da die EE-maximierende Ladestrate-gie jedoch keine Marktpreise berücksichtigt, findet der Marktbezug nicht notwendigerweise zu Zeiten geringer Marktpreise statt. Die Ladeleistung wird entweder durch die Obergrenze zur Vermeidung zusätzlicher Netzbelastung (hier z. B. am Dienstag), das technische Maximum (hier z. B. am Freitag), oder durch den verfügbaren EE-Strom bestimmt.

3 Netzknoten im äußersten Nordwesten Schleswig-Holsteins, dem u. a. die Nachfrage der Insel Sylt zugeordnet wird. Im Folgenden wird dieser Netz-knoten auch als „NetzNetz-knoten Sylt“ bezeichnet.

Abbildung 5.7: Fahrplan für eine Beispielwoche am Netzknoten Sylt in Szenario S1.

Gerade an Netzknoten ohne EE-Abregelung, wie bspw. bei Kiel, wird kostenminimal geladen. Dadurch ergeben sich un-terschiedliche Ladeprofile. Abbildung 5.8 zeigt den Verlauf der durchschnittlichen Ladeleistung je Fahrzeug für eine bei-spielhafte Woche der Netzknoten bei Sylt, Kiel und zum Vergleich für ganz Schleswig-Holstein. Da sich die meisten E-PKW an Netzknoten ohne oder mit geringer EE-Abregelung befinden, ist das durchschnittliche Ladeprofil für ganz Schles-wig-Holstein sehr ähnlich zu dem bei Kiel. Insgesamt ist eine starke Veränderung des durchschnittlichen Ladeprofils im Vergleich zum S1-Referenzszenario des Sofortladens nach Maximal-Ladestrategie zu beobachten. An Netzknoten mit EE-Abregelung, hier am Beispiel Sylt dargestellt, erfolgt das Laden zu Zeiten mit EE-Abregelung mit höherer Leistung. An Netzknoten in Wochen ohne EE-Abregelung wird nach der kostenminimalen Ladestrategie optimiert. Die Ladevorgänge verlagern sich von den Abend- in die Nachtstunden sowie auf das Wochenende. Ursache hierfür sind die geringeren Markt-preise (vgl. Abbildung 5.9). Die Restriktion zur Vermeidung zusätzlicher Netzbelastung bei Bezug über die lokalen Märkte spiegelt sich in einer geringeren maximalen Ladeleistung in den Bezugs-Plateaus wider.

Abbildung 5.8: Fahrplan für eine Beispielwoche für zwei Netzknoten sowie gesamt Schleswig-Holstein (SH) in Szenario S1.

Abbildung 5.9: Jahresdurchschnitt der stündlichen Marktpreise (eigene Darstellung basierend auf EPEX Spot (2015)).

In Szenario S1 können im Mittel über alle Netzknoten hinweg jährliche Gesamtladekosten von 524 € pro Fahrzeug und Jahr realisiert werden. Die Marktbezugskosten machen dabei nur 42 € bzw. 8 % der gesamten Ladekosten aus. Weiterhin werden die Ladekosten mit dem S1-Referenzszenario verglichen, in welchem zwar Überschussstrom zum Laden verwendet wird, jedoch nach Maximal-Ladestrategie geladen wird. Obwohl die Marktbezugskosten um 46 % geringer ausfallen als im S1-Referenzszenario, sinken die Gesamtladekosten von zuvor 575 € um nur rund 9 % (Abbildung 5.10).

Abbildung 5.10: Mittelwerte der durchschnittlichen jährlichen Gesamtladekosten je Netzknoten und deren Bestandteile in Szenario S1.

Dabei zeigen sich große Unterschiede je nach Knoten. Im S1-Referenzszenario kann je nach Verfügbarkeit überschüssiger EE-Strom geladen werden. Die verbleibende elektrische Nachfrage der E-PKW wird durch Strombezug über die lokalen Energiemärkte gedeckt. Dadurch ergeben sich je nach Netzknoten für das gesamte Jahr Kosten für den Marktbezug in Höhe von 52 – 79 €/E-PKW bzw. Gesamtladekosten in Höhe von 478 – 585 €/E-PKW. Durch die Optimierung des Aggregators sinken die jährlichen Kosten für den Bezug des Ladestroms über den Strommarkt auf 10 – 54 €/E-PKW (Abbildung 6.7), die Gesamtladekosten auf 337 – 555 €/E-PKW (Abbildung 6.8). Wenngleich die mittleren jährlichen Marktbezugskosten an den Netzknoten mit Überschussstrom mit 31 €/E-PKW 14 € unterhalb derer der E-PKW an den Netzknoten ohne Ein-speisemanagement liegen, liegen sie an 3 Netzknoten bis zu 9 €/E-PKW darüber (Abbildung 6.7). Im Vergleich zum S1-Referenzszenario wird damit eine Kostenreduktion um 55 % erzielt. Die durchschnittlichen Gesamtladekosten betragen an den Netzknoten mit Überschussstrom 431 €/Jahr und fallen damit 20 % geringer aus als im Fall des Ladens nach Maximal-Ladestrategie. Netzknoten im Norden Schleswig-Holsteins, an der Ostsee in der Nähe der Insel Fehmarn, sowie an der Nordsee z. B. bei Friedrichskoog und Brunsbüttel weisen die geringsten Ladekosten auf. Die höchsten Ladekosten entste-hen u. a. in Städten wie Lübeck, Flensburg und Kiel (Abbildung 5.11).

0 100 200 300 400 500 600

Referenz Gesteuert

EUR/E-PKW/Jahr

Sonstige Strompreisbestandteile Marktbezug

Abbildung 5.11: Räumliche Verteilung der durchschnittlichen jährlichen Gesamtladekosten in Szenario S1 (unten) im Vergleich zum S1-Referenzsze-nario (oben).

Da sich an den Netzknoten mit den höchsten Ladekosten auch die meisten Fahrzeuge befinden, fallen die durchschnittlichen Ladekosten für alle Fahrzeuge Schleswig-Holsteins betrachtet unabhängig von deren Zuordnung zu Netzknoten etwas hö-her aus. Die Marktbezugskosten liegen auf Bundeslandebene bei durchschnittlich 43 €/E-PKW, die Gesamtladekosten bei 537 PKW. Rund 21 Tausend bzw. 10 % aller Fahrzeuge weisen jährliche Gesamtladekosten von weniger als 500 €/E-PKW auf (Abbildung 5.29).

Geringere Ladekosten gehen mit einem höheren EE-Anteil einher (Abbildung 5.29). Bei dem durchschnittlichen Anteil des genutzten Überschussstroms am Ladestrom zeigen sich deutliche regionale Unterschiede. Im S1-Referenzszenario kann im Mittel über alle Netzknoten ein EE-Anteil von 4 % erreicht werden (Abbildung 5.32). Der Anteil schwankt dabei zwischen 0 und 40 %. An Netzknoten mit EE-Abregelung wird bereits ohne optimierte Ladesteuerung ein durchschnittli-cher EE-Anteil von 17 % erzielt. Mit der EE-maximierenden Ladestrategie steigt der EE-Anteil auf 0 – 88 %. Besonders im Norden und Westen Schleswig-Holsteins können hohe EE-Anteile beobachtet werden (Abbildung 5.12). Im Mittel über alle Netzknoten liegt der EE-Anteil bei 12 % und damit etwa 8 Prozentpunkte höher als im S1-Referenzszenario. Bei

ausschließlicher Betrachtung der Netzknoten mit Überschussstrom kann ein mittlerer EE-Anteil von 52 % beobachtet wer-den. Auf Bundeslandebene fällt der durchschnittliche EE-Anteil aufgrund der höheren Fahrzeug-Dichte in dicht besiedelten Gebieten geringer aus. Im S1-Referenzszenario liegt er bei 2 %. Nach Optimierung mit der EE-maximierenden Ladestra-tegie fällt der EE-Anteil mit 6 % drei Mal höher aus als im Referenzszenario.

Abbildung 5.12: Räumliche Verteilung des durchschnittlichen EE-Anteils in Szenario S1 (unten) im Vergleich zum S1-Referenzszenario (oben).

Die durchschnittlichen jährlichen THG-Emissionen des Ladestroms sinken aufgrund der Ladesteuerung in Szenario S1 von 80 auf 71 g CO2/km (Abbildung 6.13). Die Maximal-Ladestrategie des S1-Referenzszenarios führt an den Netzknoten ohne EE-Abregelung zu THG-Emissionen von 83 g CO2/km. An den 27 Netzknoten, an denen sowohl Einspeisemanagement auftritt als auch Fahrzeuge zugeordnet sind, liegen die THG-Emissionen mit durchschnittlich 69 g CO2/km 17 % unterhalb der Emissionen der Netzknoten ohne EE-Abregelung. Die Streuung reicht dabei von 50 – 83 g CO2/km. Aufgrund der Ladesteuerung des Aggregators sinken die THG-Emissionen in Szenario S1 über alle Netzknoten betrachtet um 11 % auf 71 g CO2/km. Ist keine EE-Abregelung vorhanden, gehen die THG-Emissionen durch die kostenminimierende Ladestra-tegie um 3 g CO2/km zurück. An den Netzknoten mit Überschussstrom sinken sie um 42 % auf durchschnittlich 40 g CO2/km. Im günstigsten Fall werden hier Emissionen von 10 g CO2/km erreicht.

Das Potenzial zur Reduktion der abgeregelten Energiemengen ist gering. Im Fall ohne E-PKW werden während des ge-samtem Jahres 2.684 GWh abgeregelt und 1.096 GWh aus Schleswig-Holstein exportiert. Durch die zusätzliche Strom-nachfrage durch E-PKW von 454 GWh/Jahr reduziert sich im S1-Referenszenario die abgeregelte Energiemenge um nur 20 GWh. Die exportierte Energiemenge reduziert sich um 39 %. In Szenario S1 können weitere 19 GWh/Jahr Überschuss-strom vermieden werden, die Exporte erhöhen sich wiederum leicht um 3 % gegenüber dem S1-Referenzszenario. Bei der Vermeidung von EE-Abregelung zeigt sich eine starke Konzentration auf küstennahe Standorte (Abbildung 5.13), welche durch die resultierende räumliche Verteilung der Abregelung bedingt ist (vgl. Abbildung 5.2).

Abbildung 5.13: Netzknoten, an denen EE-Abregelung in Szenario S1 reduziert wird.

Aufgrund des Verhältnisses von jährlicher Fahrleistung zu Batteriekapazität ergeben sich durchschnittlich 31 äquivalente Vollzyklen/E-PKW/Jahr an allen Netzknoten. Der durchschnittliche SOC aller Fahrzeuge liegt in Szenario S1 bei 81 % und variiert zwischen 80 – 81 % je Netzknoten.