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5.2 Ergebnisse der Modellanwendung

5.2.5 Hohe Flexibilität (Szenario S3)

In Szenario S3 steigt die E-PKW-Durchdringungsrate auf 23 %, die Batteriekapazität ist mit 105 kWh größer und die ma-ximale Ladeleistung je Fahrzeug mit 13,7 bzw. 15,3 kW höher als in den zuvor untersuchten Fällen. Zudem kann nun auch in das Netz rückgespeist werden. Das Engpassmanagement-Modell ist dennoch weiterhin lösbar, sowohl mit dem E-PKW-Lastgang nach Maximal-Ladestrategie als auch mit der optimierten Nachfrage, sodass kein Peakshaving erforderlich ist.

Der beispielhafte Fahrplan am Netzknoten bei Sylt zeigt, dass so viel wie möglich Überschussstrom geladen wird (Abbil-dung 5.20). In S3 wird vor den Phasen, in denen Abregelung stattfindet, ins Netz zurückgespeist (hier z. B. in der Nacht von Freitag auf Samstag). Dadurch sinkt der SOC und die freie Speicherkapazität wird erhöht, sodass möglichst viel Über-schussstrom während der folgenden Abregelungsperiode geladen werden kann. Da jedoch die EE-maximierende Ladestra-tegie keinen Anreiz setzt, die Anzahl der Lade- und Entladevorgänge oder der Wechsel zwischen Netzbezug und -einspei-sung gering zu halten, kann es hier zu häufigen Wechsel zwischen Rückspei-einspei-sung und Netzstrombezug kommen (hier am Dienstag und Mittwoch). Sowohl der Netzbezug über den lokalen Markt als auch die Wechsel zwischen Bezug und V2G sind nicht nur unnötig, sondern verursachen auch Kosten. Die Ursache hierfür ist, dass die EE-maximierende Ladestrategie

keine Kosten berücksichtigt. Die mit der EE-maximierenden Ladestrategie in Szenario S3 verbundenen Kosten sind daher nur begrenzt aussagekräftig.

Wenn an einem Netzknoten in einer Woche keine Energie abgeregelt wird, wird kostenminimal geladen. Die Rückspeise-funktion kommt dabei allerdings nicht zum Einsatz. Selbst auftretende negative Marktpreise (vgl. Abbildung 5.20) sind nicht ausreichend, um die NNE in Höhe von 9,2 €-ct/kWh zu kompensieren.

Abbildung 5.20: Fahrplan für eine Beispielwoche am Netzknoten Sylt in Szenario S3.

Da an den Netzknoten ohne EE-Abregelung kein V2G zum Einsatz kommt, zeigt sich hier ein ähnliches Ladeverhalten wie in Szenario S2. An Netzknoten mit EE-Abregelung kann aufgrund des Rückspeisens etwas häufiger Überschussstrom ge-laden werden. Das Muster der Verlagerung von Ladevorgängen bei kostenminimalem Laden in die Nachtstunden sowie auf das Wochenende kann auch in S3 beobachtet werden (Abbildung 5.21).

Abbildung 5.21: Fahrplan für eine Beispielwoche für zwei Netzknoten sowie gesamt Schleswig-Holstein (SH) in Szenario S3.

Die jährlichen Gesamtladekosten in Szenario S3 liegen im Mittel über alle Netzknoten bei 518 € pro Fahrzeug und Jahr und damit 6 € unterhalb der Kosten in S1. Der Anteil der Marktbezugskosten bleibt konstant bei 8 % bzw. 45 € der gesam-ten Ladekosgesam-ten. Zudem kommen nun durchschnittliche Erlöse in Höhe von 12 €/Jahr durch das Rückspeisen hinzu. Für den Marktbezug liegt das Kostenreduktionspotenzial im Vergleich zum S3-Referenzszenario bei 42 %. Die Gesamtlade-kosten können durch die Ladeoptimierung um durchschnittlich 10 % reduziert werden (Abbildung 5.22).

Abbildung 5.22: Mittelwerte der durchschnittlichen jährlichen Gesamtladekosten je Netzknoten und deren Bestandteile in Szenario S3.

Im S3-Referenzszenario liegen die jährlichen Kosten für den Marktbezug bei 52 – 80 €/E-PKW bzw. bei durchschnittlich 77 €/E-PKW. Die Gesamtladekosten betragen durchschnittlich 575 €/E-PKW. Die Bandbreite liegt bei 475 – 586 €/E-PKW (Abbildung 5.23, Abbildung 6.8). Durch die Optimierung des Aggregators sinken die Marktbezugskosten (ohne V2G-Erlöse) auf 12 – 56 €/E-PKW/Jahr und damit um 42 %. Für rund 33 Tausend Fahrzeuge an 20 Netzknoten (und damit 9 % aller E-PKW in Schleswig-Holstein) kompensieren die Erlöse durch V2G die Marktbezugskosten (Abbildung 5.29), sodass im Extremfall negative Gesamtbezugskosten in Höhe von 74 €/E-PKW/Jahr resultieren. Wenn die Erlöse durch V2G mit-berücksichtigt werden, verbleiben im Durchschnitt über alle Knoten jährliche Marktbezugskosten in Höhe von 33 €/E-PKW, an den Netzknoten mit Überschussstrom sind es durchschnittlich -17 €/E-PKW und damit 86 € bzw. 125 % weniger als im S3-Referenzszenario (Abbildung 6.7).

Aufgrund der weiteren Strompreisbestandteile sind die Gesamtladekosten dennoch an allen Netzknoten positiv und belau-fen sich auf 262 – 558 €/E-PKW. Die Spannbreite erhöht sich somit nochmals gegenüber den zuvor betrachteten Szenarien.

Im Durchschnitt liegen die jährlichen Gesamtladekosten mit 518 €/E-PKW 10 % unterhalb derer des S3-Referenzszena-rios. Werden nur die von Einspeisemanagement betroffenen Knoten berücksichtigt, sinken die jährlichen Gesamtladekos-ten um durchschnittlich 27 % auf 394 €/E-PKW. Bei Betrachtung auf Bundeslandebene liegen die MarktbezugskosGesamtladekos-ten nun bei durchschnittlich 46 €/E-PKW, die Erlöse durch V2G bei 6 € und die Gesamtladekosten bei 535 €/E-PKW.

-100 0 100 200 300 400 500 600

Referenz Gesteuert

EUR/E-PKW/Jahr

Sonstige Strompreisbestandteile Marktbezug

V2G

Abbildung 5.23: Räumliche Verteilung der durchschnittlichen jährlichen Gesamtladekosten in Szenario S3 (unten) im Vergleich zum S3-Referenzsze-nario (oben).

Der EE-Anteil verhält sich im S3-Referenzszenario so wie in den vorhergehenden Referenzszenarien. Je nach Netzknoten beläuft sich der EE-Anteil beim Laden nach Maximal-Ladestrategie auf 0 – 41 % (Abbildung 5.32). Durchschnittlich 4 % des Ladestroms kann aus Überschussstrom gedeckt werden. Bei reiner Betrachtung der von Abregelung betroffenen Netz-knoten sind es 17 %. Auch wenn der durchschnittliche EE-Anteil am Ladestrom in Szenario S3 weiter steigt, kann der maximale EE-Anteil trotz V2G gegenüber den zuvor analysierten Szenarien nicht wesentlich erhöht werden. Er liegt nun je nach Netzknoten zwischen 0 – 93 % (Abbildung 5.24). Der mittlere EE-Anteil beträgt 15 % und ist damit knapp zwei Prozentpunkte höher als in Szenario S2. An den Netzknoten mit EE-Abregelung ist jedoch eine deutliche Erhöhung er-kennbar. Hier können durchschnittlich 65 % der Ladeenergie aus Überschussstrom gedeckt werden und damit fast 4 Mal so viel wie im S3-Referenzszenario. Im Vergleich zum S3-Referenzszenario wird etwa vier Mal so viel Überschussstrom geladen. Auf Bundeslandebene liegt der durchschnittliche EE-Anteil bei 14 % und somit doppelt so hoch wie in Szenario S2 und etwa 8 Mal so hoch wie im S3-Referenzszenario.

Bei höherer E-PKW-Durchdringungsrate und V2G steigen die jährlichen THG-Emissionen in Szenario S3 leicht an. An den Netzknoten ohne EE-Abregelung bleiben die durchschnittlichen THG-Emissionen im S3-Referenzszenario konstant

bei 80 g CO2/km (Abbildung 6.13). Auch an den Netzknoten mit EE-Abregelung können beim Laden nach Maximal-Ladestrategie keine Änderungen gegenüber den S1- und S2-Referenzszenarien beobachtet werden. Ausgehend vom S3-Referenzszenario sinken die THG-Emissionen durch gesteuertes, bidirektionales Ladens um 10 % auf 72 g CO2/km, die Bandbreite reicht dabei von 12 – 80 g CO2/km. Auch in Szenario S3 sinken die THG-Emissionen der E-PKW-Flotten aller Netzknoten, selbst an Netzknoten, an denen aufgrund von V2G mehr Marktbezug erfolgt als zuvor.

Abbildung 5.24: Räumliche Verteilung des durchschnittlichen EE-Anteils in Szenario S3 (unten) im Vergleich zum S3-Referenzszenario (oben).

Im S3-Referenzszenario wird mit 39 GWh/Jahr etwa die doppelte Menge EE-Abregelung vermieden wie in den Referenz-szenarien S1 und S2. Die jährlich aus Schleswig-Holstein exportierte Energiemenge sinkt um 26 % auf 288 GWh. Auf-grund der Ladeoptimierung des Aggregators können gegenüber der Maximal-Ladestrategie weitere 103 GWh/Jahr Über-schussstrom vermieden werden. Dies entspricht einer Reduktion der EE-Abregelung um rund 4 % im Vergleich zum S3-Referenzszenario bzw. um 5 % im Vergleich zum Referenzfall ohne E-PKW. Gegenüber dem S3-S3-Referenzszenario erhö-hen sich die Exporte wieder um 23 %. Abbildung 5.25 zeigt die Verteilung der reduzierten EE-Abregelung in Szenario S3.

An einzelnen Netzknoten im Norden Schleswig-Holsteins kann dadurch das Drei- bis Vierfache der E-PKW-Nachfrage an EE-Abregelung vermieden werden.

Da die Batteriekapazität nun auf 105 kWh ansteigt, die Fahrleistung jedoch konstant bleibt, verringern sich bereits im S3-Referenzszenario die jährlichen äquivalenten Batterievollzyklen von zuvor durchschnittlich 31 auf nun 26 pro E-PKW.

Durch den Einsatz von V2G können die Vollzyklen auf bis zu 47 an einzelnen Netzknoten steigen, an anderen Knoten liegen sie bei 22. Der durchschnittliche SOC aller E-PKW-Flotten sinkt nochmals leicht auf 54 – 59 % und liegt im Durch-schnitt bei 56 %.

Abbildung 5.25: Netzknoten, an denen EE-Abregelung in Szenario S3 reduziert wird.