Der Gastransfer zwischen Wasser und Atmosphäre durch die Phasengrenzewird durch ein
KonzentrationsgefällezwischendenbeidenPhasenverursacht.DabeitretenzweiT
ransport-mechanismen auf: Molekulare Diusion und turbulente Konvektion. Der Transport durch
turbulente Konvektion ist über groÿe Strecken sehr eektiv.Turbulenzen können die W
as-seroberächenichtdurchdringen,dadiefreieWeglängederTurbulenzenbeiAnnäherungan
die Wasseroberäche immer kleiner wird. Bei Annäherung an die Phasengrenze wird
des-halbderTransportdurchmolekulare Diusionüberwiegen.Dieser Bereich wirdmolekulare
Grenzschicht genannt und ist fürGasezwischen 20und 200m dick.
Diusion ndet immer dann statt, wenn die Konzentrations- oder Teilchenzahldichte
von Ort zu Ort verschiedenen ist. Erst wenn ein völliger Ausgleich aller T
eilchenzahldich-tenstattgefunden hat, ist der Vorgang beendet. Beschrieben wird diemolekulare Diusion
durch das erste und zweite Ficksche Gesetz. Das erste Fiksche Gesetz (Gleichung 2.2)
be-sagt,daÿ dieFluÿdichte~|dertransportierten TeilchenindieentgegengesetzteRichtungwie
dieKonzentrationsdierenz C zeigt.DerProportionalitätsfaktorwirdDiusionskonstante
genannt undhat die Einheit [D]= m
2
s :
~|= Drc: (2.2)
Wird davon ausgegangen, daÿ keine Teilchenquellen oder Senken vorhanden sind, gilt
dieKontinuitätsgleichung:
dc
dt
= r~|: (2.3)
Die Kontinuitätsgleichung 2.3 und das erste Ficksche Gesetz (2.2) ergeben das zweite
FickscheGesetz für instationäre Diusion:
dc
dt
= r~|=Dr 2
c: (2.4)
Das totale Dierential dc
dt
kann in einen partiellen und einen substantiellen Teil
aufge-spaltenwerden:
1
dc
Die Transportgleichung (2.4) ergibt sichdamit zu:
@c
@t
=Dc ~urc: (2.6)
Der partielle Term derTransportgleichung berücksichtigt dieÄnderung der
Konzentra-tion aufgrund dermolekularen Diusion, der substantielle Term beschreibt die
Konzentra-tionsänderung aufgrund der Bewegung desMediums mit dem Geschwindigkeitsfeld ~u. Die
Dierentialgleichung 2.6beschreibt dasTransportproblem vollständig, wenndas
Geschwin-digkeitsfeld ~u gegeben ist. Durch die Linearität in der Konzentration der Gleichung sind
dieLösungenskalierbar,d.h.esläÿtsicheinekonzentrationsunabhängige
Transfergeschwin-digkeit k denieren, die den Stotransport beschreibt. Die Transfergeschwindigkeit ergibt
sich ausdem Verhältnis zwischen derFluÿdichte ~| und demKonzentrationsunterschied c
zwischen derWasseroberäche und einerReferenztiefe (c=c
Oberäche
wobeij =j~|j gilt.Das zurvollständigenBeschreibung benötigteGeschwindigkeitsfeld ~u
inder Transportgleichung (2.6) ist Lösung derNavier-Stokes-Gleichung für inkompressible
Flüssigkeiten:
dabeiist : kinematische Zähigkeit
p: Druck
%: Dichte
~
f: Summe derangreifendenKräfte
Wegendes Terms (~ur)~u=r(r~u) r(
) ist die Navier-Stokes Gleichung, im
Gegensatz zurTransportgleichung 2.6, nicht mehr linear.Wäre das Geschwindigkeitsfeld ~u
derStrömungbekannt,wäredasTransportproblemvollständiggelöst.DaineinemTermder
Navier-Stokes-GleichungdasGeschwindigkeitsfeld~uquadratischauftritt,istdieseallgemein
nicht mehr analytisch lösbar. Exakte Lösungen der Navier-Stokes-Gleichung sind nur für
solcheFällegelungen,beidenen sichdieGleichungen aufgrunddervorgeschriebenen
Rand-lassen[Prandtl etal. 1969 ].
Abgesehen vom Term der angreifendenKräfte und dem Term des Druckgradienten, ist
dieNavier-Stokes-Gleichung analog zurTransportgleichung 2.6, beziehungsweise dem
zwei-tenFickschen Gesetz (Gleichung 2.4). Die Nichtlinearität in derGeschwindigkeit der
Glei-chung rührtdaher,daÿ dieGeschwindigkeit selbstdietransportierende GröÿedesMediums
ist.UmeineNäherungslösungfürGasaustauschprozesseander freien,wellenbewegten W
as-seroberäche zu nden, wird ein Ansatz gewählt, in dem das Geschwindigkeitsfeld ~u und
die Konzentration in eine mittlere und eine uktuierende Komponente aufgeteilt werden
(Reynold's Approach):
Dem liegtzuGrunde,daÿbeieinem turbulentenVorgang 2
dieGeschwindigkeit bzw.die
Konzentration,ineinemPunkthäugnichtkonstantist,undzusätzlichFluktuationenhoher
Frequenzauftreten.Deruktuierende Teilwird alszeitlichmittelwertfrei(~u=0)
angenom-men. Das heiÿt, daÿ die Mittelungszeit groÿ im Vergleich zu den typischen Zeitkonstanten
des Systemssein muÿ. Eingesetzt in das2.Ficksche Gesetz (Gleichung 2.4) ergibt sich die
gemittelte Gleichung:
wobei~|dieSummedergemitteltenmolekulardiusivenundturbulentenFlüssedarstellt.
DieKlammerh::istehtfürdiezeitlicheMittelungderVariablen.DirektanderPhasengrenze
(z = 0) zwischen Wasser und Luft kann keine Turbulenz vorhanden sein, d.h. es gilt das
erste FickscheGesetz:
Anschaulich bedeutetdies,daÿdieFluÿdichte jausderSteigungdes
Konzentrationspro-lsanderWasseroberäche(z=0)berechnetwerdenkann,wennderDiusionskoezientD
bekannt ist.AusGleichung (2.7) und(2.10) kanndie Grenzschichtdicke z
Horace Lamb sagte im Jahre 1932: Wennicheinmal in denHimmel kommensollte, erhoe ich mir
AufklärungüberzweiDinge:QuantenelektrodynamikundTurbulenz.WasdenerstenWunschbetrit,bin
300
Abbildung 2.5:Denition der Grenzschichtdickez
als Dierenz zwischen Wasseroberäche
unddemSchnittpunktderTangenteandasKonzentrationsprolanderWasseroberäche
mit derKonzentrationimWasserkörper.Quelle:[Münsterer1996].
DieGrenzschichtdickegibtdieTiefederWasserschichtan,inwelchernurdiusiver
Trans-portstattndet. Abbildung 2.5zeigtanschaulich,wie dieGrenzschichtdicke z
alsDierenz
zwischen Wasseroberäche und demSchnittpunkt der Tangente andas
Konzentrationspro-lan der Wasseroberäche mit der Konzentration im Wasserkörper deniert werden kann.
AnalogdazuwirdeinecharakteristischeZeitt
alsVerhältniszwischenderGrenzschichtdicke
und derTransfergeschwindigkeit deniert:
t
welchedieZeitspanneangibt,diedasGasbenötigt umdieGrenzschicht zudurchqueren.
FürdenFalleinerstationären eindimensionalenStrömungläÿtsichGleichung 2.9weiter
vereinfachen. Wird die Wasseroberäche in die x/y-Ebene gelegt und sei die Strömung in
x-Richtung,gilt:
dh., Konzentrationsunterschiede existieren nur in z-Richtung (Tiefe) und nur die
x-ergibtsichfürdiegemittelte Gleichung2.9folgendeDierentialgleichung fürdie
wobeizdievertikaleKomponenteundw 0
dieGeschwindigkeitskomponenteindiese
Rich-tung ist.Das Äquivalent dieser Gleichung fürdasGeschwindigkeitsfeld lautet
@u
und heiÿtReynolds-Gleichung, wobei wdieGeschwindigkeitskomponente inz-Richtung
ist,also senkrecht zurWasserströmung undu dieKomponente inx-Richtung, alsoin
Rich-tung der Wasserströmung darstellt. Der turbulente Term hu 0
w 0
i wird Reynold's stress
ge-nannt.FürdenFalleinerstationärenStrömung gilt
@c
@t
=0bzw.
@u
@t
=0,undGleichung2.15
kann überdie Tiefez integriert werden DasErgebnis ist einekonstanteImpulsstromdichte
j
den viskosenTransportund h u 0
w 0
i den turbulenten Transport
be-schreibt.Die Impulsstromdichte j
m
ist perDenition gleichderReibungskraft
(Schubspan-nung) ,welcheanderWasseroberächeangreift.DerImpulstransportwirdinderLiteratur
üblicherweise durch ein Gröÿe mit den Einheiten einer Geschwindigkeit, der sogenannten
Schubspannungsgeschwindigkeit u
welche ein Maÿ für den in den Wasserkörper eingetragen Impuls darstellt. Die
Schub-spannungsgeschwindigkeit kann als luftseitige oderwasserseitige Gröÿe angegeben werden,
dieüberdieDichten verknüpft sind:
u
da überdie Grenzschicht dieImpulserhaltung gilt. Das Prol derWindgeschwindigkeit
u(z) übereiner wellenbewegtenWasseroberäche hat einenlogarithmischen Verlaufund ist
Abbildung 2.6:Geschwindigkeitsprol(Impulstransport) und Konzentrationsprol
(Gasaus-tausch) in derGrenzschichtnach einerSkizze von[Jähne 1980]. DieRichtung der
Fluÿ-raten istdurchPfeile gekennzeichnet.
u(z)=u
Luft
1
ln
z
z
0
(2.19)
verknüpft. Dabei ist '0:42 dieKarmansche Turbulenzkonstante und z
0
dieeektive
Rauhigkeitder Wasseroberäche.
Um den Transport von Impuls,Wärme und verschiedener Gasemiteinander zu
verglei-chen, wird die dimensionslose Schmidtzahl Sc aus dem Verhältnis zwischen kinematischer
Viskosität desMediums und dermolekularen DiusionskonstantenD deniert:
Sc=
D
: (2.20)
BeidemTransportvonWärmeistanstellederSchmidtzahlScdiezuEhrenvon Ludwig
Prandtl benanntePrandtlzahl:
Pr=c
v
(2.21)
zu verwenden. FürWärme imWasserbeträgt Pr=7:0beieinerTemperatur von 20 Æ
C
(vgl.Abbildung 2.7).
Abbildung 2.7: Schmidtzahl-Löslichkeitsdiagramm für verschiedene üchtige Tracer, Impuls
undWärme,entnommen aus[JähneundHaussecker1998].DieRegionenfürden
was-serseitig, beidseitig und luftseitig kontrollierten Austauschprozeÿ sind markiert. An der
durchgezogenenLinieistderTransferwiderstandinbeidenPhasengleich.
Abbildung2.8: DasOberächenerneuerungsmodell,dasDiusionsmodellunddasFilmmodell
versuchen dieTransportvorgängein derviskosenGrenzschicht zubeschrieben. Diedabei
zuGrundeliegendenIdeensindschematischdargestellt.
In Abbildung 2.6 sind typischesGeschwindigkeitsprol (Impulstransport) und
Konzen-trationsprol(Gasaustausch)inderluft-undwasserseitigenGrenzschichtgezeigt.Jekleiner
diemolekulareDiusionskonstanteimVergleichzurViskositätist,d.h.jegröÿerdie
Schmidt-zahl,destodünneristdieGrenzschicht.DieviskoseGrenzschicht(Impulstransport), die
mo-lekulare Grenzschicht (Teilchentransport) unddiethermischeGrenzschicht (Wärmeleitung)
sindluftseitigähnlicherDicke,dadieSchmidtzahlendortalleindergleichenGröÿenordnung
(um1) liegen.
InderWasserseiteistdermolekulareTransporteinesgelöstenGasesumdenFaktor1000
langsamer als der Impulstransport, da sich hier die Schmidtzahlen um Gröÿenordnungen
unterscheiden(Abbildung2.7).DerHaupttransportwiderstandliegtalsofürschwachlösliche
Gaseinder Wasserseite. Aufgrundderhohen Löslichkeit von Impuls (1000) und Wärme
(4000) im Gegensatz zu Gasen (z.B. CO
2
: 0.6-1.7, siehe Abbildung 2.7) sind Impuls- und
Wärmetransportluftseitigkontrolliert, währendder molekulareTransportfür fastalleGase