• Keine Ergebnisse gefunden

Weitere mögliche Massnahmen des Bundes

6 Diskussion

6.4 Weitere mögliche Massnahmen des Bundes

Abbildung 4 Wirkung der Massnahmen des Bundes auf das inklusive Arbeitsumfeld

6.4 Weitere mögliche Massnahmen des Bundes

Aktuell adressieren die bestehenden Massnahmen nur einen Teil der aufgezeigten Herausfor-derungen oder Nachteile, die sich für Arbeitgebende durch die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen ergeben. Daraus erschliesst sich ein Potenzial, zusätzliche zu entwickeln.

Bei organisatorischen Anpassungen zur Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen oder der Beschäftigung von Personen mit Leistungsbeeinträchtigungen in Positionen mit hoher Be-lastung gilt es, Lösungen zu finden, die insofern einmalig sind, als sie sich nur auf das jeweilige Unternehmen oder gar nur auf eine spezifische Stelle ausrichten. Diese lassen sich nur schwer durch allgemein wirkende staatliche Massnahmen adressieren. Deshalb ist in diesem Kontext ganz besonders auf die Motivation und Mitwirkungsbereitschaft der Arbeitgebenden zu setzen und damit auf entsprechend persuasive Massnahmen.

Zum Ausgleich möglicher finanzieller Nachteile – bzw. zur Ergänzung persuasiver Instrumente – liessen sich entsprechende finanzielle Anreizsysteme schaffen, die auch bei Einzelfällen zur Anwendung kommen könnten. Die Bedeutung solcher Massnahmen tritt aus der Schilderung von Dietl über ihren Beratungsalltag deutlich hervor und auch Inclusion Handicap (2017, S.

124) fordert Anreizsysteme für die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen. Solche

Massnahmen, welche die Interviewpartnerinnen und -partner als zweckmässige Erweiterung der bestehenden Massnahmen erachten, umfassen:

¨ allgemeine Prämienvergünstigungen für Versicherungen,

¨ Steuererleichterungen,

¨ finanzielle Belohnungen für die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen oder das Erstellen von barrierefreien Rahmenbedingungen sowie

¨ Rückvergütungen für Kunden, welche einen Auftrag an ein Unternehmen vergeben, das Menschen mit Behinderungen beschäftigt.

Die letzte Massnahme könnte auch zur Entschärfung kundenbezogener Herausforderungen in den entsprechenden Unternehmen beitragen. Denn durch den Einbezug von Kunden in Mass-nahmen könnten diese vermehrt für die zugrundeliegenden Schwierigkeiten sensibilisiert wer-den und dank ihres Verständnisses die kunwer-denbezogene Herausforderung für das Unternehmen kleiner werden lassen. Zudem könnte die allgemeine Bekanntmachung der Rechte von Men-schen mit Behinderungen und des daraus resultierenden Gleichstellungsauftrags die gesell-schaftliche Wahrnehmung so beeinflussen, dass dadurch ein gesellgesell-schaftlicher Druck auf Arbeitgebende zur Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen resultiert. Damit liesse sich das Label ‹iPunkt+› leichter fördern, dass sich momentan gemäss Leicht-Miranda auch aufgrund des mangelnden gesellschaftlichen Drucks nur zaghaft verbreite.

Weitere Vorschläge für inklusionsfördernde Massnahmen aus den Interviews mit Arbeitgeben-den betreffen hauptsächlich die Sensibilisierung dieser. Es handelt sich um die folgenArbeitgeben-den:

¨ Regelmässige Befragungen von Arbeitgebenden zur Inklusion von Menschen mit Behinde-rungen

¨ Verpflichtende ‹Schnupperwochen› für Unternehmen, während denen Menschen mit Behin-derungen in ein Unternehmen inkludiert werden

Die letztgenannte Massnahme könnte dazu beitragen, negative Vorurteile gegenüber Mitarbei-tenden mit Behinderungen zu mindern – nicht nur die der Arbeitgebenden, sondern auch jene ihrer Teams, sofern eine kurzfristige Inklusion auch wirklich umgesetzt wird. Laut Dietl seien es nicht selten die Teammitglieder, die eine längerfristige Inklusion von Menschen mit Behin-derungen in einem Betrieb verhindern. Eine weitere durch eine Evaluation des IVG vorgeschla-gene Massnahme zur Sensibilisierung von Arbeitgebenden ist der Ausbau von fallunabhängigen Angeboten der kantonalen IV-Stellen (Geisen et al., 2016, S. 94).

Was Unternehmen selbst vor allem tun, um ihrerseits andere Arbeitgebende zur Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen zu bewegen, ist das Mitteilen ihrer Erfahrungen. Ein solcher Austausch könnte gefördert werden.

Der Wunsch der befragten Behindertenorganisation nach einem besseren Diskriminierungs-schutz für Angestellte mit Behinderungen in der Privatwirtschaft sowie das Vorsehen von Sank-tionen bei Nichteinhaltung der Vorgaben der UN-BRK oder bei Diskriminierung wird auch durch die Empfehlungen der SMRK geteilt (Kälin & Locher, 2016, S. 8). Die befragte Behin-dertenorganisation als Arbeitgeberin sowie Inclusion Handicap (2017, S. 124) würden zudem Quotenregelungen für die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen für die Privatwirt-schaft begrüssen. Diese werden heutzutage oftmals diskutiert und sind eine international ver-breitete Form der Zwangsmassnahmen. Eine solche erachten jedoch alle anderen Interviewpartnerinnen und -partner nicht (unbedingt) als wünschenswert und/oder bezweifeln deren Wirkung. Dietl teilt diese Skepsis, insbesondere weil sie befürchtet, dass diese zu einem schlechten Umgang mit Angestellten mit Behinderungen führe. Dass Quotenregelungen nur vordergründig eine einfache Lösung für die Förderung der Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen und in der Realität nicht einfach durchsetzbar sind, zeigen Erfahrungen aus anderen Ländern. Eine Quote für die Privatwirtschaft wurde in der Frühjahrssession 2019 des Nationalrates von einer Minderheit der vorbereitenden Kommission zur Weiterentwicklung der IV vorgeschlagen. Bei der Abstimmung dazu wurde diese jedoch eindeutig abgelehnt (Schwei-zer Bundesversammlung, 2017). Ob eine Zwangsmassnahme die gewünschte Wirkung erreicht, solange sie auf einen so grossen Widerstand stösst, ist äusserst fraglich, zumal diese eine Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen in der Arbeitswelt fördern und nicht deren Beschäftigung zu einem Muss machen sollen.

Aus der Diskussion geht hervor, dass die staatlichen Massnahmen grösstenteils mit den Erfah-rungen, Herausforderungen und Ansichten der befragten Arbeitgebenden übereinstimmen.

Aufgrund der weiter bestehenden Nachteile für Arbeitgebende findet sich allerdings noch Po-tenzial für weitere Massnahmen des Bundes. Aus verschiedenen Quellen lassen sich Möglich-keiten zur weiteren Förderung eines inklusiven Arbeitsumfelds ermitteln, wobei Vorschlägen aus dem Arbeitsmarkt besondere Beachtung zukommen sollte, da dieser sie aufnehmen soll, damit ein inklusives Arbeitsumfeld entsteht.