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Massenbewegungen mit Fließverhalten

2   Arten von schnellen Massenbewegungen

2.2   Massenbewegungen mit Fließverhalten

2.2.1 Trockener (oder nicht verflüssigter) Strom [Dry (or non‐liquefied) sand, silt, gravel or debris flow] 

Hier  handelt  es  sich  um  eine  langsam  oder  schnell  ablaufende  fließähnliche  Massenbewegung.  Die  Substanz  besteht  dabei  aus  losem  trockenen  oder  feuchten,  sortierten  oder  unsortierten  granularem  Material,  ohne  überschüssigen  Porenwasserdruck. Das Material des Stroms kann aus Sand, Schluff, Kies oder Schutt  bestehen. Trockenes granulares Material tendiert bei einem Reibungswinkel welcher  knapp unter dem natürlichen Böschungswinkel liegt, zu seichtem Gleiten auf ebenen  hangparallelen  Flächen.  Die  Bewegung  von  trockenem  granularem  Material  wird  aufgrund der hangparallelen Scherbänder (Gleitflächen) fließähnlich (laminares Fließen). 

Durch das Fehlen von Porenwasserdruckänderungen tendiert die Bewegung langsam  abzulaufen, da die Differenz zwischen dem Scherwiderstand und der Beanspruchung klein  ist und der potentielle Energieverlust weitgehend durch die Reibungsarbeit kompensiert  wird. Beispiele für diesen geomorphologischen Prozess sind Sandrutschungen auf der  Leeseite von Sanddünen oder auch Rutschungen im Hangschutt. 

2.2.2 Hangmure

[Sand, silt, debris flowslide] 

Sehr  schnelle  bis  extrem  schnelle  Fließbewegung  von  sortierten  oder  unsortierten,  gesättigten  granularem  Material  auf  mäßig  steilen  Gefällen.  Dabei  tritt  ein  Porenwasserdrucküberschuss  oder  eine  Verflüssigung  des  Materials  der  Massenbewegung auf. Das Material reicht dabei von losem Sand zu losem Schutt, Löss  und Schluff. Das Ereignis kann auch unter Wasser stattfinden. Lose gesättigte granulare  Böden können sich vollständig oder teilweise beim Beginn des Prozesses oder danach  verflüssigen. Die interne Struktur der Masse kollabiert, wenn ein signifikanter Anteil des  Materials  einen  Feuchtigkeitsgehalt  über  dem  Feuchtigkeitslimit  besitzt.  Nach  einer  anfänglichen Deformation oder als Resultat eines Erdbebens kollabiert die metastabile  Struktur  und  das  Material  verflüssigt  sich  mit  einer  dramatischen  Reduktion  der  Festigkeit. Der Porenwasserdruck in der verflüssigten Zone steigt ungefähr bis zum Wert  der totalen Spannung. Daraus resultiert ein sehr kleiner Wert der effektiven Spannung  (Bishop, 1973). Hangmuren mit nicht plastischem Material können voll gesättigt sein, mit  einer Verflüssigung über die gesamte Stärke der Masse. Hangmuren aus Schluff oder Löss  können weitgehend  ungesättigt sein,  wobei  hier  die  Verflüssigung  in  einer dünnen  gesättigten basalen Schicht auftritt. In diesem Fall ist der detaillierte Mechanismus der  Massenbewegung  von  verflüssigten  granularen  Hangmuren  oft  schwer  mittels  Oberflächenbeobachtungen  zu  quantifizieren,  da  die  verflüssigten  Zonen  mit  trockenerem Material überlagert sind. Verflüssigung kann auch bei anderen Typen von  Massenbewegungen, wie bei Schutt Murgängen, Schutt Lawinen und Bergstürzen eine 

Rolle  spielen,  jedoch  nicht  spontan  am  Beginn  des  Prozesses,  aber  während  der  Bewegung entlang des Pfades (Sassa, 1985).  

2.2.3 Mure (Murgang) [Debris flow] 

Sehr schneller bis extrem schneller Fluss von Feststoff‐Wassergemischen (Feststoff zu  Wasser etwa 1:1) in einer steilen Rinne. Geprägt ist das Ereignis von starker Erosion  entlang des Fließpfads. Diese Art der Massenbewegung ist in gebirgigen Gebieten ein weit  verbreitetes  gefährliches  Phänomen.  Der  Murgang  tritt  oft  periodisch,  in  bereits  ausgebildeten  Pfaden  auf,  üblicherweise  in  Schluchten  und  Entwässerungsrinnen. 

Murgänge treten oft simultan mit intensiven Regenereignissen auf. Der Auslöser (Trigger)  kann eine Gleitung, eine Schutt Lawine, ein Felssturz über einen steilen Abhang, oder eine  spontane Instabilität einer steilen Bachsohle sein. Beginnt sich das Material in einer  steilen  Rinne zu bewegen, wird der anstehende talwärts liegende gesättigte  Boden  überfahren  bzw.  komprimiert.  Durch  diese  schnelle  Belastung  steigt  der  Porenwasserdruck sprunghaft an, der Boden kann nicht drainieren und verflüssigt sich. 

Dieser Vorgang geschieht oft sehr rasch und entwickelt sich zu einem zyklischen Prozess,  sodass er als Stoßbelastung charakterisiert werden kann (Sassa, 1985). Unter solchen  Bedingungen kann sich sogar grobblockiges Material verflüssigen (flüssigkeitsähnliches  Verhalten), oder zumindest eine signifikante Erhöhung des Porenwasserdrucks erfahren. 

Das Sohlmaterial wird dadurch in wachsendem Ausmaß erodiert. Mit dem Anstieg der  Erosion wird der steile Abhang mehr und mehr untergraben und weiteres Bodenmaterial  dem Fluss hinzugefügt. So kommt es, dass der Großteil der beim Murgang beteiligten  Masse, normalerweise von der Erosion des Pfades stammt und das Ausgangsvolumen  nicht relevant ist. Das Ausmaß der Massenbewegung ist primär von der Charakteristik der  Rinne abhängig und kann mit empirischen Mitteln abgeschätzt werden (Hungr, 2005). 

Murgänge können aus einem Schwall, oder mehreren, bestehen. Die Schwalle von Schutt  Murgängen bilden steile Fronten und ihre Spitzenausstöße (m³/s) bauschen sich dadurch  auf  (Hungr,  2010).  Der  hohe  Ausstoß  ist  verantwortlich  für  die  große  Tiefe  des  Fließereignisses, der hohen Stoßbelastungen und der Fähigkeit große Felsbrocken zu  transportieren. Die Anhäufung der Gesteinsbrocken an der Front des Ereignisses lagert  sich  schnell  in  Form  von  Deichen  ab,  während  sich  das  feinere  Material  weiter  hangabwärts bewegt. Auf diese Weise können sich eventuell sogar Schwalle von voll  entwickelten  Schutt  Murgängen  in  Schwalle  von  Schutt  Fluten  verwandeln. 

Zusammenfassend  sollte  die  Definition  eines  Schutt  Murgangs  (aber  auch  eines  Schlammstroms) laut Hungr (2013) zwei Kriterien enthalten: 

1. Der Spitzenausstoß eines Schwalls (m³/s) eines Murgangs ist dreimal größer als  der einer Überschwemmung 

2. Die Konzentration des Feststoffvolumens ist zu mehr als 60 Prozent an der Spitze  des Schwalls 

2.2.4 Schlammstrom [Mud flow] 

Sehr  schnelle  bis  extrem  schnelle  schwallende  Fließbewegung  von  gesättigten,  plastischen Boden in einer steilen Rinne. Durch die starke Erosion von Material und  Wasser auf dem Fließpfad, ist der Wassergehalt der bewegten Masse signifikant höher als  der des Ausgangsmaterials. Ein Schlammstrom besitzt einen Plastizitätsindex größer 5%. 

Die Grenze zwischen einem Schutt Murgang und einem Schlammstrom ist nicht eindeutig  deklariert. Es wird vorgeschlagen, den Plastizitätsindex des Materials als entscheidenden  Parameter heranzuziehen. Schutt Murgänge transportieren primär gröberes, granulares  Material, welches nur einen kleinen Anteil an Schluff und Ton enthält. In Regionen mit  sedimentären, vulkanischem oder metamorphem Gestein und starker Verwitterung, kann  das Material einen signifikanten Feingehalt und messbare Plastizität enthalten (Bull,  1964). Charakteristisch für diesen Fließtyp ist, dass er langsamer als ein Murgang abläuft  aber  dafür  länger  in  einem  flüssigen  Zustand  verharrt.  Der  Neigungswinkel  im  Ablagerungsbereich ist niedriger. Schlammströme treten vor allem bei Vulkanen unter  stratosphärischen  Bedingungen  auf,  da  dort  feinkörnige  Ablagerungen  von  pyroklastischem Material und Asche vorherrschen. Die erforderliche Menge von Wasser,  die für die Erzeugung des Stroms erforderlich ist, kann von starkem Niederschlag, oder  von  einer  Eis‐  bzw.  Schneeschmelze  durch  vulkanische  Hitze  stammen.  Einer  der  katastrophalsten Schlammströme der jüngsten Zeit ereignete sich im November 1985, am  5389 m hohen Nevado del Ruiz in Kolumbien. Auslöser war eine kleine Eruption, welche  die Eiskappe des Gipfels zum Schmelzen brachte. Das Ereignis zerstörte die Stadt Armero  und forderte 23.000 Todesopfer (Pierson, 1990). 

2.2.5 Hochwasser mit fluviatilen Feststofftransport [Debris flood] 

Sehr schneller Fluss von Wasser, stark beladen mit Schutt, in einer steilen Rinne. Der  Spitzenausstoß (m³/s) ist vergleichbar mit dem einer Überschwemmung mit Wasser. Die  Sohle  der  Rinne  kann  dabei  massiv  durch  Erosion  ausgewaschen  werden.  Dieser  Sedimenttransport  kann  Transportraten  weit  über  dem  von  normalen  Geschiebebewegungen bei Rollbewegungen oder Saltation erreichen. Auch wenn eine  große Menge von Sedimenten transportiert wird, verharrt der Spitzenausstoß ungefähr in  der gleichen Größenordnung wie bei einer Überschwemmung mit Wasser (Costa, 1984). 

Im Gegensatz zu Murgängen entwickeln Schutt Fluten nicht so hohe Aufprallkräfte und  die potentielle Beschädigung von Bauwerken und Anlagen ist begrenzt. Während die  Ableitung eines Murgangs in einer steilen Rinne auf wenige Quadratkilometer beschränkt  ist,  können  Schutt  Fluten  in  größeren  Einzugsgebieten  auftreten.  Aufgrund  der  Verschleppung des Wassers erstreckt sich die Ablagerung der Flut weiter hangabwärts als  bei einem Murgang und die Ablagerung erfolgt auf einer niedrigeren Hangneigung. Diese  Neigung beträgt oft weniger als 5°. Die Unterscheidung zwischen einem Flut‐ und einem 

Murgang‐Schwall ist von großer praktischer Bedeutung, aufgrund ihres unterschiedlichen  Zerstörungspotentials. Aber auch beim Entwurf von schützenden Maßnahmen müssen  unterschiedliche Strategien angewendet werden. 

2.2.6 Erdstrom [Earth flow] 

Schnelle  oder  langsame,  intermittierende  fließähnliche  Massenbewegung  von  plastischem, tonhaltigem Boden. Es tritt eine Kombination von Gleiten auf mehreren  diskreten Scherflächen und von internen Scherverformungen auf. Längere Perioden von  Stillstand wechseln sich mit dem Auftreten von schnelleren Phasen ab. Erdströme treten  in plastischen und gemischten Böden auf, deren Konsistenz Nahe an der Ausrollgrenze  zwischen halbfest und plastisch, liegen (Keefer und Johnson, 1983). Materialien mit  diesen Eigenschaften verformen sich leicht, verlieren jedoch während der Deformation  nicht  ihre  Festigkeit.  Dadurch  bewegen  sich  Erdströme  eher  langsam  und  treten  intermittierend  auf.  Die  schnellste  Spitzengeschwindigkeit  eines  Erdstoms  liegt  laut  Hutchinson (1974) bei 0,13 m/s. Für gewöhnlich werden jedoch die Geschwindigkeiten  bei  dieser  Form  der  Massenbewegung  in  Meter  pro  Stunde,  während  einer  Beschleunigungsphase und ansonsten in Meter pro Jahr beobachtet (Bovis, 1985). Der  intermittierende Charakter der Bewegung tritt vor allem in Regionen mit aridem Klima  auf. Die Erdströme treten dabei auf Hängen mit Neigungswinkeln mit weniger als 12° auf  und  variieren  in  ihrer  Länge  zwischen  einigen  Dutzend  Metern  bis  zu  mehreren  Kilometern (Varnes und Savage, 1996). Die Bewegung startet mit einer Rotationsgleitung  oder Gleitung durch eine temporäre Erhöhung des Porenwasserdrucks. Das Material  verbleibt zunächst in einem plastischen Zustand (Flüssigkeitsindex < 0,5). Beim Versagen  von mehreren Scherflächen erhalten diese eine fließähnliche Morphologie. Wenn sich  dieses Material talwärts bewegt, wird der stabile Untergrund streckenweise überschoben  bzw. komprimiert. In diesem Bereich steigt wiederum der Porenwasserdruck infolge der  Auflast an und die Bewegung setzt sich fort. In dieser Weise entsteht ein zyklischer  Prozess  (Hutchinson  und  Bhandari,  1971).  Die  fließähnlichen  Bewegungen  variieren  jedoch auch in ihrer Kinematik. Während ruhigen Phasen der Bewegung kann sich die  Bewegung  nur  auf  die  hauptsächliche  Scherzone  beschränken,  analog  zu  einem  translatorischen Gleiten. Beim Auftreten einer Beschleunigungsphase entwickeln sich  hingegen  zahlreiche  Scherverformungen  in  der  plastischen  Masse.  Die  Gefahrenbeurteilung  über Gebiete  in  denen  Erdströme  vorkommen,  beruht  auf  der  Vorhersage von der Wahrscheinlichkeit einer Reaktivierung des zyklischen Prozesses und  der Abschätzung von den auftretenden Geschwindigkeiten, da diese von sehr langsam bis  schnell reichen können. 

 

2.2.7 Torfstrom [Peat flow] 

Schnelle Fließbewegung von verflüssigtem Torf, aufgrund eines undrainierten Versagens. 

Torf ist ein leichtes, organisches Material mit variierendem Grad an faseriger Textur. 

Durch die organischen Fasern und den mineralischen Körnern hat Torf einen hohen  drainierten Reibungswinkel, oft größer als 30°. Ein hoher Wassergehalt und die extreme  Kompressibilität macht das Material anfällig auf einen dramatischen Festigkeitsverlust  während  undrainierter  Belastung.  Wenn  eine  Massenbewegung  startet  und  dabei  Torfschichten komprimiert werden, tritt ein extremer Verlust der Festigkeit auf und das  Material beginnt zu fließen.  

2.2.8 Schutt Lawine [Debris avalanche] 

Sehr schnelle bis extrem schnelle oberflächige Massenbewegung von zum Teil bis voll  gesättigtem Schutt. Dieser Prozess kommt auf steilen Hängen vor und ist nicht auf  bestehende Rinnen beschränkt. Im Vergleich zu einem Schutt Murgang ist eine Schutt  Lawine ein einzelnes Ereignis, das überall auf steilen Hängen auftreten kann. In vielen  Fällen  tritt  zunächst  eine  Schutt  Lawine  in  einer  Rinne  auf  und  wird  durch  die  Destabilisierung und Erosion der Rinne zu einem Schutt Murgang. Schutt Lawinen starten  als Gleitprozess. Die Ablösemasse einer Schutt Lawine kann auch verflüssigbares Material  enthalten (Picarelli, 2008). In einem Steilhang kann der Verlust der Kohäsion, spontane  Verflüssigung  und  undrainierte  Belastung  simultan  während  einer  Massenbewegung  auftreten. Daher ist es in manchen Fällen schwierig eine Unterscheidung zwischen Schutt  Lawine und Schutt Hangmure zu treffen. Es wird vorgeschlagen den Begriff Hangmure nur  für Ereignisse zu nutzen, bei denen der dominante Mechanismus beim Versagen eine  spontane Verflüssigung, oder eine Verflüssigung durch Erdbeben ist. Durch starke Erosion  entlang des Sturzpfades können auch kleinere Volumen einer Ablösemasse zu vielen  tausenden Kubikmetern anwachsen. Eine qualitative Vorhersage über das Ausmaß einer  Schutt Lawine erfordert die Abschätzung der Dicke der erodierbaren Schicht und eine  Abschätzung der von der Lawine überstrichenen Fläche. Eine Schutt Lawine kann extrem  hohe Geschwindigkeiten erreichen. Selbst ein stark bewaldeter Hang wurde im Jahre  2011 in Seoul, Südkorea, von einer Lawine mit mehr als 20 m/s überfahren. 

2.2.9 Fels‐ und Bergsturz [(Ice), Rock avalanche] 

Für diese Art von Massenbewegung wird im deutschen Sprachraum oftmals der Begriff  Felsmassensturz (Poisel & Roth, 2004) verwendet, der sowohl Fels‐ als auch Bergstürze  umfasst. Diese allgemeine Bezeichnung soll für rasch ablaufende, massive, fließähnliche  Bewegungen von fragmentiertem Gestein verstanden werden. Dabei ist die gegenseitige 

Beeinflussung der Partikel beim Sturzprozess wesentlich. Diese Beeinflussung durch die  Interaktion zwischen den einzelnen Blöcken wirkt sich auch auf die Ausbreitung und  Reichweite  bei  Felsstürzen  kleinerer  Masse  aus.  Dabei  bewegt  sich  nach  Heim („Sturzstrom“,  1932)  bei  dieser  Art  der  Massenbewegung  der  Großteil  der  Gesteinsbrocken wie eine halb kohärente Fließmasse. Heim (1932) beschreibt dieses  Phänomen folgendermaßen: 

„In der stürzenden ungeheuren Trümmermasse verliert jeder Block seine Selbstständigkeit. 

… Es entsteht eine einheitliche Summenbewegung, ein gemeinsames Fließen der Masse. …  Die Bewegung wird zu einem gemeinsamen, einheitlichen, brausenden, knirschenden und  zermahlendem Strömen.“  

Im  Gegensatz  dazu  sollte  die  Bezeichnung  Stein‐  oder  Blockschlag  aufgrund  seiner  unabhängigen  rollenden,  fallenden  oder  springenden  Bewegung  diskreter,  einzelner  Gesteinsbrocken, vom Begriff Sturzstrom abgegrenzt werden. Hierbei hat die Interaktion  zwischen den Komponenten keinen maßgebenden Einfluss auf die Dynamik des Prozesses  (Kienholz, Zeilstra & Hollenstein, 1998). Der Ablagerungsbereich dieser Massenbewegung  bildet sich bei wiederholten Abgängen als Schutthalde am Fuß von Felswänden aus. Das  Verhalten ist dabei abhängig vom Volumen des Ereignisses und vom Mechanismus des  Versagens. 

Größere  Fels‐  und  Bergstürze  tendieren  dazu,  unter  Verwendung  von  reinen  Reibungsmodellen für trockenes Gestein, in ihrer Mobilität der Masse unterschätzt zu  werden. Wenn Gesteinsmassen auf einen wassergesättigten Boden stürzen, oder diesen  überfahren, kommt es zu einem sprunghaften Anstieg des Porenwasserdrucks. Durch  diese rasche Belastung kann der Untergrund in einen fließähnlichen Zustand geraten und  bewegt sich mit dem Gestein talwärts. Dieser Effekt kann die Mobilität erhöhen. Laut  Heim  (1932)  steigt die Mobilität auch  mit dem Volumen.  Erläuterungen zu  diesem  Phänomen wurden schon von verschiedenen Autoren dargelegt, jedoch kann bis jetzt  keine als universell gültig angesehen werden (Hungr, 1990). Das heißt, dass sich noch  keine  eindeutige  Beziehung  zwischen  größerem  Volumen  und  steigender  Mobilität  etabliert hat. In zahlreichen Literaturen spricht man bei einem Volumen der mobilisierten  Masse von 100 bis 100.000 m³ Kubikmetern von einem Felssturz, darüber hinausgehend  von einem Bergsturz. 

2.2.9.1 Einfluss von Eis bzw. Schnee

Gletschereis ist oft in Lawinenereignisse auf Berghängen involviert. Dabei kann das Eis ein  Teil der bewegten Masse oder die gesamte bewegte Masse sein. Eine weitere Möglichkeit  ist, dass sich ein Fels‐ oder Bergsturz über die Oberfläche eines Gletschers oder in einer  mit Schnee befüllten Rinne bewegt. Lawinen die glaziales Eis als bewegte Masse oder als  Substrat  besitzen,  erreichen  außergewöhnliche  hohe  Mobilität  (Delaney  und  Evans,  2013). Das jüngste größere Versagensereignis war die Karmadon‐Kolka Eislawine im Jahre  2002 im Kaukasus. Bei diesem Prozess wurden 130 Millionen m³ von fragmentierten Eis 

über eine Distanz von 19 Kilometern mit Spitzengeschwindigkeiten von über 250 km/h  bewegt (Evans, 2009). 

Bei  einem  Fels‐  oder  Bergsturz,  auf  Eis  bzw.  Schnee,  sind  zwei  unterschiedliche  Bewegungsmechanismen denkbar. Zum einen kann die Absturzmasse über die Eis‐ bzw. 

Schneemassen  hinweggleiten.  In  diesem  Fall  verringert  sich  der  basale  Reibungswiderstand  durch  eine  rutschige  Schicht  deutlich.  Bei  diesem  „Huckepack‐

Transport“  (A.  Preh  und J.T.  Sausgruber  2014)  wird  der  Schnee  nicht  komplett  wegerodiert, sondern dient als Gleitfläche und die Mobilität wird deutlich erhöht.  Zum  anderen kann es durch Eingraben der Gesteinsmassen zu einer Vermischung mit dem Eis  kommen. Aufgrund der Bewegungsenergie kommt es zum Schmelzen der Eismassen und  zu  einem  Anstieg  des  Porenwasserdrucks  im  Untergrund.  Dadurch  kann  die  Sohle  wiederum einen fließähnlichen Zustand erhalten. 

Dient eine Schneeschicht als Gleitfläche kann im numerischen Programm DAN3D für die  Rückrechnung eines Ereignisses die Voellmy Rheologie für die Berechnung des basalen  Reibungswiderstands herangezogen werden. Dieser Ansatz (Voellmy, 1955) erweitert den  Reibungsterm um einen zusätzlichen Turbulenzterm (mehr dazu in Kapitel 4.1.5). Bei  Wahl eines niedrigen Reibungskoeffizienten und einem hohen Turbulenzkoeffizienten  wird der Reibungswinkel herabgesetzt und man simuliert auf diese Weise die erhöhte  Mobilität (siehe Tabelle 3).