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4   Der DAN‐Code

4.2   DAN3D

Dabei sind die beiden Gewichtungsfaktoren   und   umgekehrt proportional zu den  relativen Abständen zwischen den rechts und links benachbarten Bezugssäulen. Diese  Faktoren  sind  wiederum  von  einem  in  DAN3D  vom  Benutzer  einzugebenden  Glättungsfaktor   abhängig. Diese Gewichtungsfaktoren ergeben sich wie folgt: 

      [ 4.44 ] 

 

Die x‐Koordinaten beziehen sich dabei auf die einzelnen Bezugssäulen   und   ist der  momentane mittlere Abstand zwischen allen Bezugssäulen. Die Bezugssäulen an den  beiden  Enden  der  Massenbewegung  werden  nur  über  die  direkt  angrenzende  Bezugssäule gemittelt. Weitere Details zu diesem Glättungsmechanismus können aus  Mancarella und Hungr (2010) entnommen werden. 

4.2

DAN3D

4.2.1 Einleitung

DAN3D  ist  ein  geotechnisches  Programm,  das  auf  einem  numerischen  Modell  zur  dynamischen Analyse von schnellen Massenbewegungen, wie Murgänge und Berg‐ bzw. 

Felsstürze,  basiert.  Entwickelt  wurde  die  Software  von  Oldrich  Hungr  und  Scott  McDougall (2006). DAN3D entspricht weitgehend dem Berechnungsansatz von DAN‐W  (Hungr,  1995),  berücksichtigt  aber  zusätzlich  die  Topographie.  Durch  diese  Berücksichtigung kann die Ausbreitung und Morphologie der Sturzmasse in ihrer Endlage  in Voraussagen besser abgeschätzt werden. Die folgenden Erläuterungen basieren auf  veröffentlichten Manuals zu DAN3D von Hungr (2004 und 2010). 

4.2.2 Eingabe

Das Programm stützt sich auf die benutzerdefinierte Eingabe der Topographie sowie  rheologischer und geophysikalischer Parameter. Die Einspielung der Topographie erfolgt  in Form von sogenannten ASCII Grid Files (*.grd). 

4.2.2.1 Grid Files

Die  Grid  Files  sind  im  Wesentlichen  digitale  Höhenmodelle  (DHM)  mit  einer  gitterförmigen  Anordnung  einzelner  Knoten,  denen  Höhen  zugeordnet  sind.  Das  Programm benötigt für den Modellaufbau des Geländes und der Abbruchmasse folgende  drei Grid Files: 

Path Topography file: Dieses Grid File beinhaltet die Topographie des Geländes in  dem das Sturzereignis stattfindet. Es handelt sich somit um die Geländeoberfläche  vor dem Sturzereignis, jedoch abzüglich der Sturzmasse, sodass die Abbruchfläche 

offengelegt ist. Das Grid File kann aus einem XYZ‐Datensatz mittels der Software  Surfer (Golden Software, Inc.) und deren spreziellen Grid‐Funktion, in das richtige  Format (*.grd) gebracht werden. 

Source Depth file: Dieses Grid File enthält die Absturzmasse zum Zeitpunkt t=0. 

Abbildung 8 veranschaulicht wie die Abbruchmasse beim Einspielen der Grids in  DAN3D auf das Gelände des Path Topography files draufgesetzt wird. Beide Grid  Files  benötigen  die  gleiche  Anzahl  an  Knotenpunkten,  sowie  gleiche  XY‐

Koordinaten. Den Knoten des Source Depth files werden nur an der Abbruchstelle  Z‐Werte ungleich null zugeordnet. 

Erosion Map file: Dieses Grid File wird dazu benötigt, um jedem Knoten seine  Materialeigenschaft zuzuordnen (siehe Abbildung 9). Falls Berechnungen mit nur  einem Material durchgeführt werden kann dieses Grid File entfallen, da DAN3D  jedem Knoten automatisch die Eigenschaften des Materials #1 zuordnet. Das  Erosion Map file muss ebenso viele Knoten wie die Dateien zuvor besitzen.  

  Abbildung 8: Darstellung eines Querschnitts der in DAN3D initialisierten Absturzmasse und wie  diese im Source Depth File abgespeichert ist (nach Hungr, 2010).  

 

  Abbildung 9: Schematische Darstellung einer Erosion Map File. Im Hintergrund hinterlegt sind die  zugehörigen Höhenlinien des Geländes. Die zentralen Knotenpunkte (Grid nodes) besitzen dabei  die Eigenschaften des Materials #2, während die umgebenden Knotenpunkte die Eigenschaften  des Materials #1 besitzen (nach Hungr, 2010).  

 

4.2.2.2 Kontrollparameter

Des Weiteren fordert DAN3D die Eingabe von Systemparametern. Diese fundamentalen  Parameter  müssen  beim  Anlegen  einer  neuen  DAN3D‐Berechnung  mittels  eigener  Eingabemaske festgelegt werden (siehe Abbildung 10). Dabei sind alle Daten die das  Projekt  beschreiben,  wie  der  Projektname,  Angaben  zum  Datensatz,  Name  des  Bearbeiters und das Bearbeitungsdatum, optional. Das spezifische Gewicht des Wassers  ist mit 9.81 kN/m³ definiert. Alle weiteren physikalischen Größen beziehen sich ebenfalls  auf das internationale metrische Einheitensystem SI, wie Meter (m), Kilonewton (kN) und  Kilopascal (kPa).  Mit  der  Eingabe  zu  No.  Of  Materials  wird  die  Anzahl  der  unterschiedlichen  Materialien  bzw.  Rheologien,  die  für  die  Berechnung  verwendet  werden, festgelegt. Es können im Materialeditor bis zu 20 verschiedene Materialien  definiert  werden.  Die  No.  of  Particles  gibt  die  Anzahl  der  Partikel  an  in  die  die  Abbruchmasse zerteilt wird. Die Eingabe verlangt einen Wert zwischen 400 und 2000. Um  die Präzision der Berechnung gewährleisten zu können gilt, umso höher die Anzahl der  Partikel, desto geringer sollte der Zeitschritt während der numerischen Analyse sein (Time  Step). Der Time Step wird in Sekunden angegeben und bewegt sich in dem Wertebereich  von 0,05 und 0,1. Ein niedrigerer Zeitschritt ergibt genauere Ergebnisse, jedoch wird die  Analyse  dadurch  rechnungsintensiver.  Die  Erosion  der  von  der  Absturzmasse  überstrichenen Fläche kann durch eine verhältnismäßige Zunahme des Volumens pro  Zeitschritt  und  Partikel,  proportional  zur  zurückgelegten  Strecke,  simuliert  werden  (Hungr,  Reference1).  Eine  prozentuelle  Erosionsrate  lässt  sich  direkt  im  Programm 

errechnen (siehe Abbildung 10). Dieser Berechnung liegen die Eingaben der Volumen der  Absturz‐ und Ablagerungsmasse, sowie die Länge der erodierbaren Strecke zugrunde.  

  Abbildung  10:  Eingabefenster  der  Kontrollparameter  (Control  Parameters).  Rechts  ist  die  Eingabemaske zur Berechnung der Erosionsrate (Erosion Rate Calculator) dargestellt. 

 

4.2.2.3 Materialeigenschaften

Im nächsten Schritt werden im Material Editor die einzelnen Materialien definiert. Jedem  Material wird eine Rheologie und diverse physikalische Eigenschaften zugeordnet (siehe  Abbildung  11).  Die  Materialnummer  dient  zur  Identifikation  der  unterschiedlichen  Materialien im Erosion Map File. DAN3D erlaubt die Auswahl aus folgenden Rheologien  für den basalen Scherwiderstand: 

 Frictional 

 Plastic 

 Newtonian 

 Bingham 

 Plastic 

Die Grundgleichungen auf welchen die einzelnen Rheologien basieren, sind in Kapitel  4.1.5 erklärt. Jede Rheologie benötigt andere physikalische Größen für die Berechnung  des Widerstandes.  So  ist es nach  Auswahl einer Rheologie nur möglich,  Werte mit  dunkelblauer Schriftfarbe zu definieren. Die Berechnungen dieser Arbeit wurden mit den  am häufigsten verwendeten Rheologien, der Frictional Rheology (Reibungsrheologie) und  der  Voellmy  Rheology  durchgeführt.  In  Abbildung  11  ist  zu  sehen,  dass  die  Reibungsrheologie die Eingabe eines Reibungswinkels in Grad und eines dimensionslosen  Porenwasserdruckkoeffizienten für das Material erfordert. Dieser Koeffizient ergibt sich  aus dem Verhältnis des Porenwasserdrucks zu den totalen Normalspannungen auf der 

Sohle der bewegten Masse und bewegt sich im Wertebereich von 0 bis 0,5. Die Voellmy  Rheology  benötigt  für  die  Berechnung  einen  dimensionslosen  Reibungskoeffizienten  sowie  einen  Turbulenzkoeffizienten  welcher  in  m/s²  angegeben  wird.  Der  Turbulenzkoeffizient definiert den Turbulenzterm der basalen Widerstandsgleichung des  Voellmy‐Modells. Nähere Erläuterungen hierzu sind Kapitel 4.1.5 zu entnehmen. Der  Internal Friction Angle beschreibt die Größe der inneren Reibung des Materials und wird  ebenfalls in Grad angegeben. Dieser Koeffizient wird für die Herleitung der tangentialen  Spannungskoeffizienten in Fall‐ und Streichrichtung (kx und ky), nach von Savage und  Hutter (1989) entwickelten Formeln, benutzt. DAN3D beruht darauf, dass der Widerstand  gegen interne Scherverformungen aller Partikel proportional zu den Normalspannungen  aufgrund dieser ist. Standardmäßig ist der interne Reibungswinkel mit 35 Grad festgelegt  und  entspricht  dabei  trockenem,  in  Stücke  gebrochenem  Stein.  Die  maximale  Erosionstiefe wurde für die Berechnungen dieser Arbeit nicht limitiert, daher wurde ein  nie erreichbarer Wert von 100 m maximaler Tiefe angegeben. 

  Abbildung 11: Eingabemaske zum definieren der Materialeigenschaften (Material Editor) 

 

4.2.3 Analyse

Wenn  alle  Eingaben  mit  korrekten  Werten  durchgeführt  und  in  ihrer  Größe  übereinstimmende Grid Files eingelesen wurden, kann die Analyse gestartet werden. Die  Run Control Box dient zur Steuerung und liefert dem Benutzer nach jedem Time Step  aktualisierte  Daten  während  der  Berechnung  (siehe  Abbildung  12).  Die  Zeitspanne 

zwischen zwei Aktualisierungen kann in den Optionen festgelegt werden. Die Elapsed  Time  gibt  die  Systemzeit (h:m:s)  an  seitdem  die  Berechnungen  gestartet  wurden,  während die Model Time die verstrichenen Sekunden der aktuellen Simulation misst. Die  maximale Geschwindigkeit der sich zu jedem Zeitschritt am schnellsten bewegenden  Partikel wird in m/s angezeigt und auch die durchschnittliche Überlagerungshöhe der  Sturzmasse wird angezeigt. Die Verschiebungen des Zentrums der Masse gegenüber der  Initialisierungsposition zum  Zeitpunkt t=0 werden für  jede  Koordinatenachse einzeln  dargestellt, sowie als zurückgelegte Strecke in der ebenen Horizontalen. Im Systemplot ist  die aktuelle Position des Zentrums der Masse als rotes Kreuz ersichtlich (Abbildung 13),  während das schwarze Kreuz das Zentrum der Masse zum Zeitpunkt t=0 markiert. Die  Kubaturen  der  Initialisierungsmasse  und  der  aktuellen  Absturzmasse  werden  in  m³  angezeigt. Falls keine Erosion in der Berechnung berücksichtigt wird, sind diese beiden  Kubaturen stets ident.  

 

Abbildung 12: Fenster zur Steuerung der Simulation (Run Control Box). In dieser Anzeige werden  zu jedem Zeitschritt Informationen über den laufenden Prozess aktualisiert. 

 

Über die Run Control Box kann die Berechnung auch jederzeit über einen Pause‐Button  angehalten werden um diverse Änderungen vorzunehmen. In den Optionen gibt es unter  anderem die Möglichkeit die Zeitschritte für die Berechnungen zu kalibrieren oder die 

Anzahl der  Zeitschritte  bis  zu  einer  Bildschirmaktualisierung zu  ändern.  Es  ist auch  zwischen verschiedenen Arten des Systemplots am Bildschirm wählbar. Diese gliedern  sich folgendermaßen: 

 Particle Plots 

o Thickness Plot  o Velocity Plot  o Volume Plot 

 Grid Plot  

o Thickness Plot  o Velocity Plot 

o Erosion Thickness Plot 

Generell kann zwischen Particle Plots und Grid Plots unterschieden werden. Die Particle  Plots beziehen sich auf die Anzeige jedes einzelnen Partikels, deren Anzahl in der Maske  der Control Parameter festgelegt wurde. Darstellbar sind dabei die Überlagerungshöhe in  m, die Geschwindigkeit in m/s oder das Volumen in m³ jedes Partikels. Die Grid Plots  beziehen sich wiederum auf die Daten der einzelnen Partikel, jedoch werden deren Werte  den gleichmäßig angeordneten Knoten in der Umgebung zugeordnet. Ebenso wie bei den  Particle  Plots  sind  die  Darstellungen  der  Überlagerungshöhe  in  m  und  der  Geschwindigkeit in m/s möglich. Der Velocity Plot, beim Grid Plot, bezieht sich aber nicht  nur auf Knoten mit aktiven Partikeln in ihrer Umgebung, sondern zeigt die maximale  Geschwindigkeit die jemals während der Berechnung am Knoten vorgeherrscht hat. Des  Weiteren gibt es beim Grid Plot die Möglichkeit, die Erosion in m darzustellen. Die in  Abbildung 13 zu sehenden transparent‐weiß gefärbten Knoten markieren die gesamte  überstrichene Fläche während der Berechnung. Diese Darstellung kann in den Optionen  deaktiviert werden. Die schwarzen sowie roten Linien wurden als Hintergrundbild in den  Systemplot geladen. Während die schwarzen Linien Höhenlinien darstellen, verweisen die  roten Linien auf den Absturzpfad des Großteils der Masse.     

 

Abbildung 13: Vergrößerung eines Systemplots aus DAN3D der die Höhen der Partikel zu einem  bestimmten Zeitschritt darstellt (Particle Plot – Thickness Plot) 

4.2.4 Ausgabe

Die Ausgabe der errechneten Daten erfolgt in selbst festlegbaren Zeitschritten. DAN3D  exportiert  zwei  ASCII‐Textdateien  die  alle  relevanten  Daten  zusammenfassen.  Diese  enthalten: 

output.txt:  Diese  Datei  enthält  die  maximale  Geschwindigkeit  (m/s),  durchschnittliche Überlagerungshöhe (m), x‐ und y‐Position des Zentrums der  Masse  (m)  und  die  aktuelle  Kubatur  der  bewegten  Masse  (m³)  zu  jedem  Zeitschritt. 

finaloutput.txt:  In  dieser  Datei  werden  alle  Eingabe‐  und  endgültigen  Ausgabeparameter  gespeichert.  Dies  sind  die  Endzeit  der  Simulation  (s),  die  endgültige  x‐  und  y‐Position  des  Zentrums  der  Masse  (m),  die  maximale  Geschwindigkeit des gesamten Absturzes (m/s), der Fahrböschungswinkel (grad)  und das Start‐ und Endvolumen (m³). 

Weitere  Ausgabedateien  sind  Grid‐Files,  welche  Daten  jedes  Zeitschritts  über  die  Ablagerungshöhe der sich bewegenden Masse, aktuelle Geschwindigkeitswerte, sowie die  maximale Ablagerungshöhe und die maximale Geschwindigkeit enthalten. Diese Grid‐Files  können dann mit Graphikprogrammen nachbearbeitet und aufbereitet werden um sie so  aussagekräftig  zu  visualisieren.  In  dieser  Arbeit  erfolgt  die  Bearbeitung  der 

Simulationsergebnisse  mit  dem  Programm  Surfer  (Golden  Software,  Inc.).  Dieses  Programm bietet zum Beispiel die Möglichkeit das digitale Höhenmodell des Geländes mit  der in DAN3D generierten Sturzmasse zu verschiedenen Zeitpunkten zu überlagern. Dies  ermöglicht den  Sturzprozess  und  den  Sturzpfad,  die  Geschwindigkeitsverteilung  des  Prozesses, die Ablagerungsmasse und vieles mehr dreidimensional darzustellen (siehe  Abbildung 14). 

  Abbildung 14: Graphische Darstellung der Ablagerungsmasse eines Felssturzes im Alpltal (siehe  Kapitel 6) aus Surfer (Golden Software, Inc.).   Die roten Linien markieren den Absturzpfad des  Großteils der bewegten Masse.