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Die Durchf¨ uhrung des Versuchs

3. Experimenteller Aufbau 20

3.6. Die Durchf¨ uhrung des Versuchs

Bei den zu untersuchenden Filmen kommt es auf Grund der Pinningkr¨afte (siehe Kapitel 2.1.2) auf die Vorgeschichte des Films im ¨außeren Magnetfeld an. Deshalb ist vor jedem Versuchsdurchlauf sicherzustellen, daß sich die Probe im gleichen, definierten Zustand be-findet. Dies wird auf folgendem Wege erreicht:

Zuerst wird die Probe, ausgehend von einer Probentemperatur unterhalb der kritischen Temperatur, ¨uber die kritische Temperatur erw¨armt, im Falle von YBa2Cu3O7δ auf 120 K und im Falle von MgB2 auf 50 K. Dadurch verlieren die Proben ihre supraleitende Eigen-schaft und das remanente Feld wird entfernt. W¨ahrenddessen wird der Magnet entma-gnetisiert, indem man immer kleiner werdende, abwechselnd positive und negative Str¨ome durch die Spulen schickt.

Wenn diese Prozesse abgeschlossen sind, wird die Probe im Nullfeld auf die Solltemperatur abgek¨uhlt. Nach Erreichen einer stabilen Temperatur, das heißt, daß sich die gemessene Temperatur in 90 s nicht mehr als 0.1 K ver¨andert, wird noch weitere 5 min gewartet, um Meßwertverf¨alschungen zu vermeiden.

Jetzt wird das ¨außere Magnetfeld angelegt, indem es mit einer Rate von 5 mT/s auf seinen Sollwert hochgefahren wird, wodurch im supraleitenden Film Abschirmstr¨ome induziert werden. Es dringt zwar etwas vom magnetischen Fluß am Rand der Probe ein, jedoch ist der innere Bereich der Probe feldfrei. Mit einem fokussierten Laserpuls wird die nun im Supraleiter herrschende makroskopische Stromverteilunggest¨ort und die daraus re-sultierende Flußdynamik untersucht. Wie schon in Kapitel 3.4 erw¨ahnt, werden in der hier vorliegenden Arbeit zwei verschiedene Foki verwendet. Zum einen wird die kritische Stromverteilungim Supraleiter mit einem Punktfokus von mindestens 50µm Breite am Probenrand gest¨ort, wodurch eine Flußlawine ausgel¨ost wird, zum anderen wird der La-serpuls mit einer Zylinderlinse zu einer Linie von ebenfalls 50µm Breite fokussiert. Damit kann innerhalb weniger Nanosekunden im Innern der Probe ein Magnetfeld entlang des Fokus angelegt werden.

Jeder Probenzustand, daß heißt vor und nach jeder Magnetfeld¨anderungsowie vor, nach und auch w¨ahrend der Umverteilungder Abschirmstr¨ome, wird durch eine magnetooptische Aufnahme der momentanen Flußverteilungim Supraleiter, sowohl mit dem Laserpuls als auch mit der Kaltlichtquelle als Beleuchtung, dokumentiert. Das erste Bild jeder Messung mit Laserbeleuchtung, das nach Abk¨uhlen der Probe jedoch vor Anlegen des Magnetfelds aufgenommen wird, dient als Referenzbild f¨ur die Bildverarbeitungder nun in der Messung folgenden Aufnahmen. Dazu wird der Intensit¨atswert jedes Pixels der zu bearbeitenden Bilder auf die jeweils gemessene Pulsenergie normiert und durch den Wert des ebenfalls mit der Referenzlaserenergie normierten ersten Bildes geteilt. So werden sowohl r¨aumliche Intensit¨atsschwankungen aufgrund des Laserprofils als auch die Energieschwankungen von Puls zu Puls in den Aufnahmen ber¨ucksichtigt, was eine deutliche Qualit¨atssteigerung der Bilder zur Folge hat.

In der vorliegenden Arbeit wurden in erster Linie zeitaufgel¨oste Messungen zur magne-tischen Flußdynamik in YBa2Cu3O7δ- aber auch in Mg B2-Filmen gemacht. Dabei wur-den jeweils zwei unterschiedliche Untersuchungsmethowur-den angewandt. Mit Hilfe eines fs-Laserpulses, der mittels einer Zylinderlinse auf eine Linie fokussiert wurde, konnte inner-halb weniger Nanosekunden ein Magnetfeld an innere Bereiche des Supraleiters angelegt werden (Kapitel 4.2). Die zweite Methode bestand in der lokalen St¨orungder Abschirm-str¨ome des Supraleiters im Magnetfeld durch einen zum Punkt fokussierten fs-Laserpuls (Kapitel 4.3). Die dabei entstandenen Flußdynamiken liefen im Nanosekundenbereich ab.

Durch die im Kapitel 3.4 beschriebene Pump-Probe-Technik und die in Kapitel 2.2.2 er-w¨ahnte hohe Zeitaufl¨osungvon 62 ps, die nur durch die Dynamik des Eisengranatfilms beschr¨ankt war war es m¨oglich, zu einem nahezu beliebigen Zeitpunkt nach Ausl¨osen der Flußdynamik eine Momentaufnahme der Flußverteilungim Supraleiter zu gewinnen.

4.1. Stand der Forschung

Bereits 1967 wurden ungew¨ohnlich schnelle, magnetische Flußumverteilungen in supralei-tendem Nb magnetooptisch beobachtet. Wertheimer et al. detektierten damals gerad-linig ins Innere gerichtete, fingerf¨ormige Flußverteilungen von ca. 1 mm Breite [Wer67].

Die Ausbreitungsgeschwindigkeit des magnetischen Flusses bestimmten sie zu 5100 m/s.

Dabei spielte die Dicke ihrer untersuchten Proben, die bei mehreren zehntel Millimetern lag, eine große Rolle. Je d¨unner n¨amlich ihre Proben waren, desto schneller wanderte die Flußfront im Supraleiter.

1991 entdeckten Leidereret al. ein dendritenartiges Eindringen von magnetischem Fluß in d¨unnen YBa2Cu3O7δ-Filmen [Br¨u92a, Br¨u92b, Lei93, Buj93, Her94]. Bei dieser magne-tooptischen Beobachtungmit einer Videokamera bildete sich in der Zeit zwischen zwei Vi-deobildern (20 ms) eine dendritenartige Flußstruktur vom Rand des Supraleiters in dessen Inneres hinein aus. Der Film wurde zuvor im Nullfeld auf 1.8 K abgek¨uhlt und anschlies-send ein Magnetfeld von 60 mT an ihn angelegt. Auf Grund der großen W¨armekapazit¨at von YBa2Cu3O7δ k¨onnen solche Flußlawinen eigentlich nur unterhalb von 1 K spontan entstehen [Zie96]. Die Autoren nannten daher H¨ohenstrahlungoder sonstige Radioaktivi-t¨at als m¨ogliche Ausl¨oser dieser Lawine.

Zur weiteren Untersuchungdieser Erscheinungwurden dann die Lawinen gezielt mittels Nd:YAG-Laserpuls ausgel¨ost. Dies f¨uhrte zu der Erkenntnis, daß die Ausbreitungsge-schwindigkeit der Flußkan¨ale in den YBa2Cu3O7δ-Filmen um zwei bis drei Gr¨ oßenord-nungen ¨uber denen liegen, die 1967 von Wertheimeret al. in Nb gemessen wurden [Lei93].

Zwar waren die YBa2Cu3O7δ-Proben mit einer Dicke von 300 nm deutlich d¨unner, als die Nb-Proben von Wertheimeret al., weshalb eine h¨ohere Ausbreitungsgeschwindigkeit nicht

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uberraschte, jedoch lagdiese im Mittel bei (5¨ ±2)·104m/s und somit eine Gr¨oßenordnung uber der Schallgeschwindigkeit in YBa¨ 2Cu3O7δ [Kim90]. Dieses Ph¨anomen kann damit nicht ausschließlich auf der Ausbreitungvon Phononen beruhen.

Basierend auf der Ausbreitungeiner thermo-magnetischen Schockwelle konnte Maksimov erstmals 1994 theoretisch diese großen Ausbreitungsgeschwindigkeiten erkl¨aren. Er ging wie Mints bei den magnetischen Flußspr¨ungen [Min81] davon aus, daß der thermische Dif-fusionskoeffizient sehr viel kleiner als der magnetische ist [Mak88, Mak94] und errechnete eine eindimensionale Ausbreitungsgeschwindigkeit von 104105m/s. Damit lager schon recht nahe an den experimentell bestimmten Werten.

Auch in d¨unnen Nb-Filmen wurden von Herminghaus et al. 1994 [Her94] und Dur´an et al. 1995 [Dur95] dendritenf¨ormige Flußlawinen beobachte. Es gen¨ugte aber im Gegen-satz zu den YBa2Cu3O7δ-Filmen, die Probe unter 5.8 K abzuk¨uhlen und ein Magnetfeld anzulegen, um die Lawinen auszul¨osen. In dem erst vor einem guten Jahr entdeckten Supraleiter MgB2 [Nag01] zeigten in einer ¨ahnlichen Vorgehensweise Johansen et al. dar-uberhinaus, daß die Probe nicht nur unter eine gewisse Temperatur abgek¨¨ uhlt, sondern auch mindestens ein gewisses ¨außeres Magnetfeld BLawine angelegt werden muß [Joh01].

Bolz schließlich untersuchte die dendritischen Flußstrukturen in YBa2Cu3O7δ genauer [Bol02] und entdeckte, daß die Dendriten mit nahezu konstanter Geschwindigkeit in den Supraleiter eindrangen. Er konnte auch eine reziproke Abh¨angigkeit der Geschwindigkeit von der Probendicke best¨atigen. Dar¨uberhinaus machte er noch weiterf¨uhrende Beobach-tungen bez¨uglich der Form und Gr¨oße der Strukturen und deren Abh¨angigkeiten.

Bass et al. versuchten 1997 die Entstehungder dendritischen Flußstrukturen theoretisch dadurch zu erkl¨aren, daß das Eindringen des magnetischen Flusses in den Supraleiter durch eine Erh¨ohungdes ¨außeren Magnetfeldes imflux-flow-Regime abl¨auft [Bas97]. Die zur La-wine n¨otige positive R¨uckkopplung, also das lokale Aufheizen der Probe, r¨uhrt dann von der nichtlinearen Diffusions des magnetischen Flusses mit temperaturabh¨angigem Diffusi-onskoeffizienten her. Im Falle von Nb wird die Flußfront bei einer Ausbreitungsgeschwin-digkeit von 10 m/s dann instabil, und eine Lawine bildet sich aus.

Es wurden auch Simulationen zur Flußdynamik durchgef¨uhrt. Aranson et al. zum Bei-spiel beschrieben 2001 das makroskopische System aus Supraleiter und fließenden Str¨omen durch die Maxwell-Gleichungen [Ara01]. Zus¨atzlich ber¨ucksichtigten sie wegen der Ener-giedissipation bei der Flußdynamik die W¨armediffusionsgleichung. Unter Zuhilfenahme einiger Vereinfachungen konnten sie einen Hauptflußkanal durch einen lokalen W¨armepuls ausl¨osen. Dieser Kanal verlief senkrecht zu den Abschirmstr¨omen und spaltete sich dann in der N¨ahe der Probenmitte in einzelne Kan¨ale auf. Jedoch war es ihnen nicht m¨oglich, den experimentell beobachteten, dendritischen Charakter der Flußstrukturen zu reproduzieren.

Johansen et al. hingegen versuchten im gleichen Jahr die Bewegung einzelner Flußschl¨ au-che, nachdem ein ¨außeres Magnetfeld angelegt wurde, mit der Monte-Carlo-Methode zu simulieren [Joh01]. Es gelang ihnen, einige der experimentellen Beobachtungen zu repro-duzieren. So war es ihnen m¨oglich, die Existenz einer Grenztemperatur f¨ur die Lawinenent-stehungneben einigen weiteren Charakteristika der dendritischen Strukturen nachzuemp-finden. Jedoch sahen die Lawinen in der Simulation signifikant anders aus. So verzweigten sich die Dendriten, im Gegensatz zu den experimentellen Beobachtungen, nur rechtwinklig zueinander. Außerdem waren ihre Breite und L¨ange, sowie die magnetische Flußdichte in

den Dendriten sehr viel kleiner als als im Experiment.

4.2. Messungen mit Strichfokus in YBa

2

Cu

3

O

7−δ

Die untersuchten Prozesse der ausgel¨osten magnetischen Flußdynamik laufen in einigen zehn Nanosekunden ab. Da es aber mit herk¨ommlichen Stromquellen unm¨oglich ist, ein

¨außeres Magnetfeld innerhalb weniger Nanosekunden anzulegen, muß man andere Metho-den zu Hilfe nehmen. Freemannet al. beispielsweise erreichten diese schnelle ¨Anderungdes Magnetfeldes, indem sie ¨uber einen lichtelektrisch leitenden Schalter, einen sogenannten Austin-Schalter, der mittels fs-Laserpuls geschaltet wurde, einen Strom an eine Minia-turspule anlegen konnten [Fre92]. Der so erzeugte Magnetfeldpuls von 3 mT hatte eine Anstiegszeit von 1 ns und eine L¨ange von 10 ns.

Bei den Messungen dieser Arbeit war es aber nicht nur erforderlich, ein Magnetfeld m¨ og-lichst schnell anzulegen, sondern auch mindestens solange angelegt zu lassen bis die dyna-mischen Prozesse in der magnetischen Flußverteilung nach einigen hundert Nanosekunden zum Erliegen kamen. Dies wurde durch einen zur Linie fokussierten Laserpuls1 realisiert, der den Supraleiter in einem angelegten ¨außeren Magnetfeld lokal erw¨armt. Dabei l¨auft eine Vielzahl von Vorg¨angen ab, die wir uns nun etwas genauer ansehen wollen.

Wenn der Supraleiter im Nullfeld auf T0 gek¨uhlt wird, dringt nach Anlegen des Feldes etwas Fluß am Rand der Probe in Form von Flußschl¨auchen ein (Shubnikov-Phase). Das Innere der Probe ist jedoch im Meißner-Zustand und somit feldfrei (siehe Kapitel 2.1.3).

Wird nun der zum Strich fokussierte Laserpuls mitten auf die Probe eingestrahlt, wobei die Fokuslinie deutlich l¨anger ist als die Probe breit (siehe Abbildung 4.1a), so l¨auft im Supraleiter ein Prozeß ab, der, basierend auf eigenen Daten und denen von U. Bolz [Bol02], in folgende drei Abschnitte unterteilt werden kann:

0 fs≤t 150 fs: Innerhalb dieses Zeitraumes wird der supraleitende Film mit dem fokussierten Laserpuls durch das Substrat hindurch bestrahlt (siehe Abbildung4.1a).

Die Energie des Pulses wird vom Elektronengas absorbiert, wodurch Cooper-Paare aufgebrochen werden. Im Bereich des Laserfokus erh¨oht sich die Temperatur des Elektronengases Te, die Temperatur des GittersTG bleibt allerdings gleich.

150 fs t 40 ps: Wenn der Laserpuls vorbei ist, thermalisieren die

”heißen“ Elektro-nen und ¨ubergeben ihre Energie an das Gitter, was einen lokalen Temperaturanstieg des Gitters innerhalb der Fokuslinie zur Folge hat (siehe Abbildung 4.1b). Dieser Temperaturanstiegbewirkt sowohl eine Reduzierungder kritischen Stromdichte jc, als auch eine Absenkungdes Pinningpotentials [Min01].

1Die wirksame Breite des Fokus h¨angt nat¨urlich auch von der Energie des Laserpulses ab. Bei diesen Messungen lag sie ungef¨ahr bei 50µm.

Abbildung 4.1.: Veranschaulichung des Prozesses in einem supraleitenden Film nach lokaler Bestrahlung durch einen fs-Laserpuls (a) Der Supraleiter wird durch den fokus-sierten Laserpuls bestrahlt, wodurch die Cooper-Paare im Bereich der optischen Eindringtiefe 1 aufgebrochen und

”heiße“ Elektronen erzeugt werden. b) Die Elektronen thermalisieren und geben ihre Energie an das Gitter ab, wodurch dieses erw¨armt wird. c) Die Erw¨armung des Git-ters bewirkt, daß auch die letzten Cooper-Paare dissoziieren, wodurch die kritische Stromdichte jc gegen Null geht und magnetischer Fluß entlang der Linie vom Rand her in Probe eindringen kann. d) Nachdem die Fokuslinie mit Fluß gef¨ullt ist, dringt noch immer Fluß senkrecht zur Linie in die Probe ein.

40 ps t 60 ns: Wenn die Energiedichte des Lasers EP uls einen gewissen Schwell-wert2 ¨uberschreitet, sinkt die kritische Stromdichte jc so stark, daß innerhalb dieses

2Bisher ist noch nicht sicher, ob die Energiedichte EP uls so groß sein muß, daß die Probe ¨uber die

Zeitraumes magnetischer Fluß vom Probenrand her entlang der Fokuslinie in den Supraleiter eindringen kann (siehe Abbildung 4.1c).

Wie schon in Kapitel 2.1.5 er¨ortert, bewirkt die Bewegung von Fluß in einem Supra-leiter durch den Bardeen-Stephen-Mechanismus [Bar65] eine Erw¨armungdes Films, da Energie dissipiert wird. Das heißt, die Fokuslinie wird zus¨atzlich durch den ein-dringenden Fluß weiter aufgeheizt. Die Temperatur des GittersTG entlangder Linie liegt dann vermutlich ¨uber der kritischen Temperatur Tc, da sogar Sch¨aden an der Probe auftreten k¨onnen, wenn das ¨außere Magnetfeld eine gewisse St¨arke ¨ubersteigt und der Film d¨unn genug ist [Bol02].

Es dauert je nach Energie des Laserpulses mehrere zehn Nanosekunden bis der Fluß die Fokuslinie komplett ausf¨ullt. Dabei wird der Abschirmstrom in der Probe umver-teilt, bis in den durch die Laserbestrahlungneu entstandenen beiden Rechteckh¨alften zwei separate Abschirmstr¨ome gleichen Drehsinns entstanden sind. Die Abh¨ angig-keiten dieses Prozesses werden im n¨achsten Abschnitt genauer er¨ortert.

Je nach Laserenergie beginnt der Fluß, noch bevor die Fokuslinie komplett ausgef¨ullt ist, zus¨atzlich senkrecht zur Linie in die Probe einzudringen. Dabei muß zwischen zwei verschiedenen Arten des Eindringens unterschieden werden. Zum einen geschieht dies im flux-creep-Regime mit homogener Flußfront, zum anderen in Form von den-dritenartigen Flußlawinen. Im rechten Bild der Abbildung 4.2 sieht man am linken Rand schon Lawinen starten, obwohl die Fokuslinie noch nicht komplett ausgef¨ullt ist. Ob ¨uberhaupt Lawinen entstehen, h¨angt von der ProbentemperaturT0 und vom

¨außeren Magnetfeld ab (siehe Kapitel 4.2.2).

60 nst: Auch wenn die Flußverteilungin der Fokuslinie ihren Endzustand erreicht hat, ist die Flußbewegung senkrecht zur Linie in die Probe hinein noch nicht zum Stillstand gekommen (siehe Abbildung 4.1d). Ist die Energiedissipation der Flußbe-wegung aber so gering, daß die W¨arme schnell genug an das Substrat abgegeben wird und die Probe sich wieder auf die urspr¨ungliche TemperaturT0 abk¨uhlen kann, wird die Bewegung des Flusses dadurch gehemmt und es stellt sich nach einigen hundert Nanosekunden eine neue metastabile Flußverteilungnach dem critical state-Modell ein. Auf Grund der geringen Filmdicke dkann die W¨armediffusion in der Filmebene vernachl¨assigt werden.

Im eben beschriebenen, dreistufigen Prozeß wird also die Probe, die sich in einem ¨außeren Magnetfeld befindet, durch den Strichfokus in zwei gleich große, rechteckige Probenh¨alften unterteilt. So entsteht an jedem Rechteck ein

”Probenrand“, an welchem vor dem Bestrah-len mit dem Laserpuls kein Feld anlag, sich aber durch den eindringenden Fluß innerhalb weniger Nanosekunden ein solches aufbaut. Auf diese Weise kann nun die Flußdynamik auf der Nanosekundenzeitskala untersucht werden, ohne daß st¨orende Effekte durch zu langsame Magnetfeld¨anderungen die Messungen beeinflussen.

Im folgenden Abschnitt gehe ich auf das Eindringverhalten des magnetischen Flusses ent-langder warmen Fokuslinie genauer ein.

kritische TemperaturTc erw¨armt wird, oder ob eine geringere Erh¨ohung der Probentemperatur (auf eine Temperatur unterhalbTc) ausreicht. Nach der Absch¨atzung in Kapitel 2.3 unter Einbeziehung der gemessenen Energiedichten der PulseEP ulsscheint aber eine Erw¨armung ¨uber die kritische Temperatur wahrscheinlich. Ich werde in Abschnitt 4.2.1 auf dieses Problem noch genauer eingehen.

4.2.1. Das Eindringverhalten des magnetischen Flusses entlang der Strichfokuslinie Wie oben geschildert, bewirkt die Bestrahlung des Supraleiters mit einem fs-Laserpuls eine lokale Erw¨armung, was in diesem Bereich eine Absenkung der kritischen Stromdichte jc zur Folge hat. Dadurch ist es m¨oglich, daß magnetischer Fluß entlang der erw¨armten Linie eindringen kann. In Abbildung 4.2 sind drei verschiedene magnetooptische Moment-aufnahmen gezeigt, die den eindringenden Fluß zu drei verschiedenen Zeiten darstellen3. Die Probe wurde dazu im Nullfeld auf 10 K gek¨uhlt und anschließend ein Magnetfeld von 19.4 mT angelegt.

t = 2.15 ns t = 4.82 ns t = 14.68 ns

Abbildung 4.2.: Eindringender Fluß entlang der Fokuslinie zu drei verschiedenen Zeiten: Zu sehen ist dreimal die gleiche Probe, bei welcher Momentaufnahmen des eindringenden Flusses zu verschiedenen Zeiten aber unter gleichen Anfangsbedingungen (T0 = 10 K ZFC, B = 19.4 mT) gemacht wurden. Der große, weiße Fleck in der linken, unteren Ecke ist ein l¨anglicher Defekt im Film.

In Abbildung4.3 sind zum besseren Vergleich der drei Momentaufnahmen die Intensit¨ ats-verteilungen entlang der Fokuslinie gezeigt. ¨Uber dem Ortxsind die von der CCD-Kamera ausgelesenen Helligkeitswerte in willk¨urlichen Einheiten aufgetragen.

Wie aus den magnetooptischen Aufnahmen 4.2 ersichtlich ist, dringt der magnetische Fluß nicht symmetrisch in die Probe ein. Zus¨atzlich bemerkt man auch in Abbildung4.3, daß die Maxima am rechten und am linken Rand der Intensit¨atsprofile nicht gleich hoch sind.

Das sollte, wenn das Magnetfeld in den Maxima den gleichen Wert hat, aber der Fall sein.

Die auftretende Asymmetrie ist nicht immer dieselbe. Der Fluß dringt manchmal von links schneller ein und manchmal von rechts. Auch das Verh¨altnis der Maxima variiert von Fall zu Fall. Probeninhomogenit¨aten k¨onnen f¨ur dieses Verhalten nicht der Grund sein, da der Laser in zwei aufeinanderfolgenden Messungen immer auf die gleiche Stelle fokussiert war, womit die Asymmetrie immer gleich sein sollte. Eine ungleichm¨aßige Ausleuchtung der Probe auf Grund schlechter Justage kann eine solche Asymmetrie ebenso wenig erkl¨aren,

3Je heller das Bild ist, desto mehr magnetischer Fluß ist an dieser Stelle im Supraleiter. Dies gilt f¨ur alle in dieser Arbeit gezeigten magnetooptischen Abbildungen.

da die Bilder, wie in Kapitel 3.6 beschrieben, so bearbeitet werden, daß derartige Inhomoge-nit¨aten herausgerechnet werden. Wahrscheinlich ist die von Puls zu Puls stark variierende r¨aumliche Energieverteilung des Lasers der Grund f¨ur die Asymmetrie. Unterst¨utzt wird diese Annahme dadurch, daß bei den Endzustandsbildern keine solchen asymmetrischen Intensit¨atsverteilungen mehr zu sehen sind.

Abbildung 4.3.: wurden die Profile entlang der x-Achse so verschoben, daß die Mit-te zwischen den FlußfronMit-ten bei al-len Profial-len bei 4.5 mm liegt und die Asymmetrie in der Eindringtie-fe sich nicht mehr bemerkbar macht.

Zur ¨ubersichtlicheren Darstellungwurden die Intensit¨atsprofile in der Abbildung4.3 par-allel zur x-Achse verschoben, so daß ihre jeweilige Mitte, bezogen auf die halben Maxima, bei 4.5 mm liegen. Die extreme Intensit¨atsschwankungbei ca. 8.5 mm kommt von einem Kratzer in der Eisengranatschicht (siehe auch die magnetooptische Abbildung in 4.8).

0 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 Lini-enfokus ¨uber der Zeit t: Die schwarzen und roten Punkte zeigen die Eindringtiefe vom linken bzw.

rechten Rand gesondert aufgetragen.

Man erkennt deutlich die im Text er¨orterte Asymmetrie. Die gr¨ u-nen Punkte stellen die zwischen den jeweiligen Werten gemittelten Ein-dringtiefen dar. Als

guide to the eye“ wurde an die gemittelten Daten eine Funktion der Form A·√

t+B angelegt.

Tr¨agt man nun die Eindringtiefen s des magnetischen Flusses ¨uber der Zeit t auf (siehe Abbildung 4.4), so lassen sich die gemittelten Eindringtiefen (sgemittelt= (srechts+slinks)/2) gut durch eine Wurzelfunktion anfitten (s ∼√

t+ konst.). Die Ableitungdieser Funktion stellt die Geschwindigkeit der Flußfront dar. Sie ist in Abbildung 4.5 eingezeichnet.

Abbildung 4.5.:

Geschwindigkeit v des entlang des Fokus eindringenden ma-gnetischen Flusses: Die Kurve ist die Ableitung des Fits aus Abbil-dung 4.4.

Die Eindringgeschwindigkeit h¨angt auch sehr von der Energie des Laserpulses ab. In [Bol02]

stellt der Autor ¨ahnliche Messungen vor, bei denen die Entwicklung des Flußprofils quer zur Fokuslinie in der Mitte einer vergleichbar dicken Probe von 330 nm untersucht wurde (siehe Abbildung4.6). Er kommt dabei auf deutlich kleinere Eindringzeiten von ca. 10 ns.

stellt der Autor ¨ahnliche Messungen vor, bei denen die Entwicklung des Flußprofils quer zur Fokuslinie in der Mitte einer vergleichbar dicken Probe von 330 nm untersucht wurde (siehe Abbildung4.6). Er kommt dabei auf deutlich kleinere Eindringzeiten von ca. 10 ns.