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D¨ unne supraleitende Schichten im senkrechten homogenen Magnetfeld 9

2.1. Supraleitung

2.1.3. D¨ unne supraleitende Schichten im senkrechten homogenen Magnetfeld 9

starken Feldlinienverbiegungen und somit zu einer Feld¨uberh¨ohung. Diese Feldbeeinflus-sungl¨aßt sich ganz allgemein durch einen Entmagnetisierungstensor berechnen. F¨ur ein externes Feld parallel zu den Hauptachsen der Probe reduziert sich dann dieser Tensor zu einem Entmagnetisierungsfaktor m. Dieser Entmagnetisierungseffekt ist, wie links in Abbildung 2.6 schematisch dargestellt, in der Meißner-Phase am gr¨oßten. Das effektive Feld am Probenrand ist dann um 1/(1 −m) gegen¨uber dem externen Feld ¨uberh¨oht [Bra93b, Sch94], so daß schon f¨ur sehr kleine Felder Bc1 uberschritten wird. Sobald in der¨ Shubnikov-Phase magnetischer Fluß vom Rand her eindringt, nimmt die Entmagnetisie-rungab (siehe Abbildung2.6 rechts).

Abbildung 2.6.: Feldlinienverbiegungen am Rand d¨unner supraleitender Schichten:

An den R¨andern kommt es zu Feld¨uberh¨ohungen. Links befindet sich die gesamte Probe in der Meißner-Phase. Rechts ist schon ein Teil des magnetischen Flusses in den Supraleiter eingedrun-gen (vergleichbar mit Abbildung 2.5a).

Im Rahmen des Bean-Modells kann die Flußverteilungauch f¨ur einen d¨unnen, unendlich langen Steg analytisch hergeleitet werden. Die Dicke d dieses Steges muß kleiner als die

3Die halbe Dicke der Filme, die in dieser Arbeit verwendet wurden, war bei allen kleiner oder gleich der Londonsche Eindringtiefe [f¨ur YBa2Cu3O7−δ istλcL= 500800 nm und f¨ur MgB2istλcL= 140 nm,λabl spielt bei der verwendeten Geometrie keine Rolle(siehe Kapitel 3.5)].

Londonsche Eindringtiefe und sehr viel kleiner als die Stegbreite sein. Die Stromdich-te j wird dann entsprechend der Geometrie so modifiziert [Bra93a, Bra93b, Zel94], daß sie innerhalb der Stegdicke d als konstant angenommen wird, also zur zweidimensionalen Stromverteilungwird. Diese modifizierte Stromdichte wird sheet current (J = d·j) g e-nannt.

Zus¨atzlich nimmt man noch einen weiteren Strom an, der im Inneren der Probe fließt. Er kompensiert die Streufelder des konstanten, kritischen Stromes, der in den ¨außeren Be-reichen, in denen das Feld eingedrungen ist, fließt. Dieser sogenannte Meißner-Strom ist kleiner als der kritische Strom und verschwindet zur Probenmitte hin. Magnetooptisch konnte der Meißner-Strom an Defekten in der supraleitenden Schicht nachgewiesen werden [Baz96, Eis99a, Eis99b, Eis01]. An solchen Defekten k¨onnen die Abschirmstr¨ome nicht mehr parallel zum Probenrand sondern nur noch um den Defekt herum fließen. Dieser

ver-¨anderte Stromverlauf wirkt sich ebenfalls auf die magnetische Flußverteilung in der Probe aus. Liegt der Defekt noch vor der Flußfront im Gebiet der Meißner-Str¨ome, bildet sich ein Ringstrom als Abschirmstrom aus. Durch diesen Ringstrom um den Defekt wird im sonst feldfreien Gebiet ein Magnetfeld induziert, obwohl dort von außen noch kein magne-tischer Fluß eingedrungen ist (siehe weißer Kreis in Abbildung 2.7 Mitte). Erreicht die Flußfront durch Erh¨ohen des ¨außeren Magnetfelds den Defekt, wird dieser komplett mit magnetischem Fluß gef¨ullt, was zu einer Konzentration des Flusses im Defekt f¨uhrt (siehe weißer Kreis in Abbildung2.7 rechts). Sitzt der Defekt am Probenrand, so dringt dement-sprechend gleich mit Anlegen des ¨außeren Feldes magnetischer Fluß in den Supraleiter ein (siehe schwarze Kreise in Abbildung2.7).

Abbildung 2.7.: Flußverteilung um Defekte: Die magnetooptischen Aufnahmen erfolgten bei unterschiedlichen ¨außeren Magnetfeldern (von links nach rechts zunehmend) und gleicher Temperatur. Je heller die Bildbereiche sind, desto mehr Fluß ist dort lokalisiert. Die schwarzen Kreise markieren exemplarisch zwei Defekte am Rand des Supraleiters, die weißen einen weiter im Probeninneren. Links: Gleich beim Anlegen des Magnetfeldes wird der Defekt am Rand mit Fluß gef¨ullt. Um den Defekt im Probeninneren sind Meißner-Strom und Ringstrom noch so schwach, daß das induzierte Magnetfeld kaum zu sehen ist. Mitte: Der Ringstrom um den Defekt macht sich bemerkbar. Rechts: Der Defekt wurde von der Flußfront erreicht.

2.1.4. Die Dynamik der Flußwirbel

Die Bewegung der Flußwirbel wird entweder durch die LorentzkraftFL hervorgerufen, die auf Grund eines Transport- oder Abschirmstromes an einem solchen angreift, oder durch eine thermische Aktivierungder Flußschl¨auche ¨uber die PinningbarriereU0.

Ist die Lorentzkraft FL groß gegen¨uber allen anderen auf den Flußschlauch wirkenden Kr¨afte, d.h. wenn die Stromdichte j groß ist gegen¨uber der kritischen Stromdichte jc (j jc), kann man in Gleichung2.3 die PinningkraftFp vernachl¨assigen. Der Lorentzkraft FL wirkt dann eine zur Geschwindigkeit v proportionale Reibungskraft

Fff =ηv=j×B =FL

entgegen, wobei η eine viskose D¨ampfungder Geschwindigkeit des Flußschlauchs im Me-dium darstellt. Durch diese Bewegung wird ein lokales, elektrisches Feld verursacht, das proportional zu der Komponente der Stromdichte ist, die senkrecht zur FlußdichteB steht (j) [Bra92].

Diese Art der Flußbewegung wird Flußfließen oder auch flux-flow genannt. ρff = (B2/η) ist dabei der elektrischeflux-flow-Widerstand.

Unabh¨angig vom Modell, mit dem man den elektrischenflux-flow-Widerstand ρff berech-net, erh¨alt man immer die gleiche Abh¨angigkeit:

ρff(T)≈ρn B Bc2(T).

Dieser Widerstand setzt sich also aus dem Widerstand im normalleitenden Zustandρn, der FlußdichteB und dem zweiten kritischen Magnetfeld Bc2 zusammen und ist temperatur-abh¨angig [Tin64, Tin75, Bar65, Cle68, Hu72, Lar86].

Wenn die Kr¨afte, die auf den Flußschlauch wirken, allerdings gegen¨uber der Lorentzkraft FL nicht mehr zu vernachl¨assigen sind, wenn alsoj jc ist, kommt die zweite M¨oglichkeit der Flußbewegung zum Tragen.

Wie schon in Abschnitt 2.1.2 beschrieben, sind einzelne Flußschl¨auche oder auch ganze B¨undel von Flußschl¨auchen an Inhomogenit¨aten oder Defekte im Supraleiter gepinnt. Bei einer endlichen Temperatur k¨onnen die Flußschl¨auche auf Grund der thermischen Anre-gung die PotentialbarriereU0der Pinningzentren ¨uberwinden. Das hat sozusagen ein

”H¨ up-fen“ der Flußschl¨auche von Pinningzentrum zu Pinningzentrum zur Folge [And62, And64].

Diese Art der Vortexdynamik wird flux-creep oder auch Flußkriechen genannt. Die Lor-entzkraft erniedrigt die Potentialbarriere auf einer Seite, so daß sich die Flußschl¨auche entlang des Flußdichtegradienten bewegen. Je nach ¨außerem Magnetfeld und magneti-scher Vorgeschichte des Supraleiters bewegen sie sich dann in den Supraleiter hinein oder verlassen ihn. Durch diese Bewegung wird der Gradient der Flußdichte im Supraleiter und der induzierte Abschirmstrom j verkleinert.