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Maßnahmen mit Bezug zum Eintragspfad „Kanalisationssysteme“

Im Dokument 05/2017 (Seite 141-146)

4 Umsetzung der überregionalen Maßnahmen in MoRE

4.2 Beschreibung der Maßnahmen

4.2.2 Maßnahmen mit Bezug zum Eintragspfad „Kanalisationssysteme“

Nach Fuchs et al. (2014a) stellen die Kanalisationssysteme einen bedeutenden Eintragspfad insbesondere für Schadstoffe dar. Aus diesem Grunde wurden die folgenden Maßnahmen

„Erhöhung der klärtechnischen Wirksamkeit im Misch- und Trennsystem“ (Abschnitt 4.2.2.2),

„Neubau von Speichervolumen im Mischsystem“ (Abschnitt 4.2.2.3) und „Reduzierung der versiegelten Flächen“ (Abschnitt 4.2.2.4) am Beispiel der Schwermetalle umgesetzt. Auf besonderen Wunsch der Länder wurde zusätzlich die Maßnahme „Erhöhung des

Anschlussgrades der Bevölkerung an bestehende kommunale Kläranlagen“ (Abschnitt 4.2.2.1) für die Nährstoffe umgesetzt.

4.2.2.1 Erhöhung des Anschlussgrades der Bevölkerung an bestehende kommunale Kläranlagen

Der Anschlussgrad der Bevölkerung an Kläranlagen beschreibt den prozentualen Anteil der Bevölkerung, deren Abwasser in der Kanalisation gesammelt und in kommunalen Kläranlagen behandelt wird. Grundsätzlich sind in Deutschland der Anschlussgrad der Bevölkerung an die Kanalisation mit 96,6 % und an kommunale Kläranlagen mit 95,7 % (2010) sehr hoch (StaBu 2013c). Allerdings sind deutschlandweit 0,9 % (2010) der Bevölkerung zwar an die Kanalisation aber nicht an kommunale Kläranlagen angeschlossen (sogenannte Bürgermeisterkanäle). In diesem Fall wird das bspw. in Kleinkläranlagen vorgeklärte Wasser direkt in die Vorflut eingeleitet. Es ist davon auszugehen, dass der partikuläre Anteil der Einträge bereits in kommunalen Kläranlagen mitbehandelt wird.

Ziel dieser Maßnahme ist es, durch weitere Erhöhung des Anschlussgrades der nur an Kanalisation angeschlossenen Bevölkerung an kommunale Kläranlagen, eine Reduktion des Stoffeintrags in die Gewässer zu erreichen. Der Grund für die Eintragsreduzierung liegt in der vollständigen Behandlung des Abwassers in Kläranlagen mit höherer Reinigungsleistung. Die an Kleinkläranlagen4 angeschlossenen Einwohner (ohne Anschluss an eine öffentliche

Kanalisation) bleiben bei dieser Maßnahme unberücksichtigt, da ein Anschluss an Kläranlagen in der Praxis eher auszuschließen ist.

Wie bereits erläutert, lag für diese Maßnahme der Fokus in der Betrachtung der Nährstoffeinträge.

In der Gesamtbetrachtung ist der Anteil der an Bürgermeisterkanäle angeschlossenen

Bevölkerung sehr gering, kann aber regional z.T. stark schwanken. Den mit Abstand größten Anteil der Bevölkerung mit Anschluss an diese Art der Teilkanalisation verzeichnet Thüringen mit ca. 20 % (2010) (StatBu 2013). Handlungsnotwendigkeiten bestehen daher eher regional.

Kriterium für die Umsetzung der Maßnahme in MoRE war, dass der Anschluss der Bevölkerung an bestehende kommunale Kläranlagen erfolgt. Räumliche Bezugseinheit für diese Maßnahme sind die AU. Ist also in einem AU keine kommunale Kläranlage vorhanden, wird die

Maßnahme dort nicht umgesetzt.

Der Zielwert für den maximal zu erreichenden Anschlussgrad an kommunale Kläranlagen auf Ebene der AU wurde auf 100 % festgesetzt. Wenn dieser Zielwert bisher nicht erreicht ist und sich eine kommunale Kläranlage im AU befindet, werden die nur an Kanalisation

angeschlossenen Einwohner zu 100 % an bestehende kommunale Kläranlagen im betreffenden AU angeschlossen. Sofern mindestens eine kommunale Kläranlage ≥ 2.000 EW im AU

vorhanden ist, werden die Einwohner bevorzugt dort angeschlossen. Sonst erfolgt der Anschluss an die kleinen kommunalen Kläranlagen (< 2.000 EW).

Diese Maßnahme ist an zwei Eintragspfade in MoRE gekoppelt:

• Kanalisationssysteme und

• kommunale Kläranlagen.

Durch die Erhöhung des Anschlussgrades an kommunale Kläranlagen sollte sich eine

Verringerung der Einträge über Kanalisationssysteme, speziell über den Teilpfad der nur an Kanalisation angeschlossenen Bevölkerung ergeben. Gleichzeitig ist eine Erhöhung der Einträge über Kläranlagen zu erwarten, die jedoch aufgrund der höheren Reinigungsleistung kommunaler Kläranlagen geringer ausfallen sollte.

Um zu beurteilen, ob die Umsetzung der Maßnahme in der Gesamtbetrachtung

eintragsmindernd wirkt, wird die Summe der urbanen Eintragspfade Kanalisationssysteme und Kläranlagen vor und nach Umsetzung der Maßnahme verglichen.

4.2.2.2 Erhöhung der klärtechnischen Wirksamkeit im Misch- und Trennsystem

Regenbecken im Misch- und Trennsystem speichern einen Teil des Niederschlagsabflusses (Speicherwirkung). Dadurch werden Abflussspitzen reduziert und die Einleitung aus dem Entwässerungssystem in das Gewässer findet verzögert statt. Zusätzlich zu diesem

hydraulischen Rückhalt erfolgt über Sedimentation ebenfalls ein stofflicher Rückhalt. Dadurch wird der Entlastungsabfluss in das Gewässer mechanisch gereinigt. Der Stoffrückhalt in

4 Kleinkläranlagen, deren Reinigungsleistung dauerhaft den Anforderungen nach dem Stand der Technik entsprechen.

Regenbecken kann durch Nachrüstung mit entsprechenden Einbauten im Becken (z. B.

Schrägklärer) und Nachschaltung von Bauwerken wie Bodenfilter deutlich erhöht werden.

Schrägklärer und Bodenfilter sind in Deutschland bereits vielerorts im Einsatz. Der Umfang des derzeitigen Einsatzes ist jedoch nicht bekannt. Aus diesem Grund wird angenommen, dass er in der Ausgangssituation gleich Null ist.

Die übergeordnete Maßnahme „Erhöhung der klärtechnischen Wirksamkeit im Misch- und Trennsystem“ wird so in der Modellierung mit MoRE in zwei Einzelmaßnahmen umgesetzt:

• Nachrüstung von Durchlaufbecken (RÜB): Verringerung der Oberflächenbeschickung durch geeignete Einbauten wie Schrägklärer und

• Nachschaltung von Retentionsbodenfiltern (RBF): Behandlung (erhöhter

Feststoffrückhalt) eines Teils des Mischwasserüberlaufs durch Bau von RBF zwischen Entlastungsbauwerk und Vorfluter.

Im Rahmen des Vorhabens wurden die beschriebenen Maßnahmen exemplarisch im Mischsystem umgesetzt.

Sowohl durch den Einbau von Schrägklärern als auch die Nachrüstung von RBF wird die Sedimentationsleistung der Becken erhöht. Diese Optimierung ist sinnvoll in Durchlaufbecken und wurde in der Modellierung auch nur für diese berücksichtigt.

Bisher wird in der Modellierung ein Feststoffrückhalt bei bestehenden Durchlaufbecken und RKB von 20 % berücksichtigt (Fuchs et al. 2013c). Der Anteil der Durchlaufbecken an den Regenbecken wird in Deutschland zwischen 37 % und 50 % angenommen (s. Abschnitt 3.5.2.9).

Beim nachgeschalteten RBF, wurde zusätzlich angenommen, dass ein Volumenanteil von 50 % des Mischwasserüberlaufs im Filter behandelt wird.

Der Rückhalt von Feststoffen durch Einbau von Schrägklärern kann bis zu 60 % betragen (Fuchs et al. 2013a). Der Rückhalt in Durchlaufbecken erhöht sich damit zur angenommenen

Ausgangssituation um 40 %. Damit werden auch die an den Feststoffpartikeln gebunden Stoffe größtenteils zurückgehalten und gelangen nicht in die Oberflächengewässer. Auch RBF weisen einen sehr hohen Feststoffrückhalt auf (95 %). RBF sind als Einheit obligatorisch zweistufige Konstruktionen aus einem Becken zur Entfernung von Grobstoffen mit einem nachgeschalteten bewachsenen und sohlgedichteten Bodenfilter. Obligatorische Vorstufe des RBF sind

Durchlaufbecken im Misch- und Trennsystem.

Die Wirksamkeit der beschriebenen Maßnahmen wird in der Literatur häufig nur bezogen auf den Feststoffrückhalt angegeben (Fuchs et al. 2013a). Manchmal finden sich auch Angaben zur Wirksamkeit auf die feine Feststofffraktion (< 63 µm) (Fuchs et al. 2013c), die bekanntermaßen besonders hoch mit Schadstoffen belastet ist. Da die vorliegenden Informationen nicht

ausreichen, um allgemeine stoffspezifische Annahmen zu treffen, wurde auf die Feststoff-Rückhalte zurückgegriffen und diese für die vorwiegend partikulär gebundenen Stoffen angenommen.

4.2.2.3 Neubau von Speichervolumen im Mischsystem

Regenbecken im Mischsystem (RÜB) speichern, wie bereits beschrieben, einen Teil des Mischwasserabflusses (Speicherwirkung). So kann dieser nach einem Niederschlagsereignis einer Kläranlage zugeführt werden. Durch Erhöhung des Volumens von RÜB wird generell die Einleitung des Mischwasserabflusses und die damit verbundenen Stoffflüsse aus dem

Entwässerungssystem in das Gewässer verringert.

Die in Deutschland verbauten RÜB beliefen sich im Jahr 2010 in der Summe auf ca.

12.307.000 m³ (FDZ 2013d). Bei einer versiegelten Fläche im Mischsystem von ca. 6.800 km² ergibt sich ein mittleres Speichervolumen von ca. 18 m³/ha. Nach Brombach und Michelbach (1998) entsprechen 23,3 m³/ha einem Ausbaugrad von 100 %. Verglichen damit beträgt der derzeitige Ausbaugrad ca. 80 %. Somit besteht im Mittel in Deutschland ein Potenzial von 20 % in Hinblick auf die Erreichung eines vollständigen Ausbaugrades. Die räumliche Verteilung ist Abbildung 50 zu entnehmen. Auf Ebene der AU liegt demnach besonders im südlichen und westlichen Teil Deutschlands das spezifische Speichervolumen meistens über einem Wert von 23 m³/ha, teilweise jedoch auch zwischen 11 und 23 m³/ha und in wenigen Ausnahmefällen unter 10 m³/ha. Im restlichen Teil Deutschlands (Osten und Norden) liegt das Speichervolumen i.d.R. unter 10 m³/ha.

Der Schwerpunkt der Maßnahmenwirkung ist in vereinzelten Gebieten zu erwarten, die noch einen niedrigen Ausbaugrad aufweisen und gleichzeitig vom Mischsystem geprägt sind.

Abbildung 50: Spezifisches Speichervolumen der Regenüberlaufbecken im Mischsystem in Deutschland

Kriterium für die Ausweisung dieser Maßnahme ist die Annahme, dass nach Brombach und Michelbach (1998) bei einem Speichervolumen von 23,3 m³/ha ein 100 %iger Ausbau vorliegt.

Die Umsetzung der Maßnahme „Neubau RÜB“ im Modell erfolgt auf Ebene der AU. Dabei wird ein Vergleich des aktuellen spezifischen Speichervolumens im Mischsystem mit dem Wert für den Vollausbau von 23,3 m³/ha durchgeführt. Ist das aktuelle spezifische Speichervolumen im AU kleiner als dieser Wert, wird angenommen, dass ein Neubau von RÜB auf 100 %

Ausbaugrad durchgeführt wird. Liegt das aktuelle spezifische Speichervolumen über dem Wert von 23,3 m³/ha, so wird keine Maßnahme durchgeführt. Weitere räumliche Anforderungen werden nicht berücksichtigt.

Die Maßnahme wirkt sich über die Wasserbilanz auf den Eintragspfad Oberflächenabfluss aus, sodass dadurch ein erhöhter Oberflächenabfluss und somit höhere Einträge über den

Eintragspfad Oberflächenabfluss zu erwarten sind. Zudem gibt es in der Realität eine

Rückwirkung auf Einträge über Kläranlagen, da durch die Maßnahme mehr Mischwasser zu kommunalen Kläranlagen transportiert wird, so dass die Wassermenge und somit die Einträge über kommunale Kläranlagen erhöht werden. Diese Erhöhung wurde im Rahmen des

Vorhabens nicht quantifiziert.

4.2.2.4 Reduzierung der versiegelten Flächen

Nach Frie und Hensel (2007) nimmt die Siedlungs- und Verkehrsfläche, darunter auch die versiegelte Fläche in Deutschland stetig zu. Dies bedingt u.a. eine Erhöhung der Abflussspitzen in Siedlungsgebieten. Aus diesem Grund wurde die Auswirkung einer Verringerung der

versiegelten Flächen modelliert. Diese Maßnahme bezieht sich auf die Entsiegelung der an Misch- und Trennkanalisation angeschlossenen versiegelten Flächen. Unter Entsiegelung wird hier die Verringerung der innerörtlichen Versiegelung (und somit der abflusswirksamen Fläche) durch:

• Abriss der vorhandenen Versiegelung und Umwandlung bspw. in vegetationsbedeckte Flächen und

• Änderung des Belags der versiegelten Fläche unter Nutzung von bspw.

Rasenpflastersteinen

verstanden. Im Modell ist diese Differenzierung allerdings nicht möglich. Durch die

Entsiegelung kann die natürliche Bodenfunktion teilweise wiederhergestellt werden und die Grundwasserneubildung nachhaltig unterstützt werden. So wird z. B. die Versickerung und Verdunstung von Niederschlagswasser erhöht, so dass der Abfluss von versiegelten Flächen in die Kanalisation reduziert wird. Gleichwohl mit der Verringerung der Abflüsse in die

Kanalisation verringern sich die in die Gewässer eingetragenen Frachten von versiegelten Flächen.

Derzeit kann keine Aussage über den tatsächlichen Anschluss von versiegelten Flächen an die Kanalisation gemacht werden. Deswegen werden ersatzweise die Anschlussverhältnisse der Einwohner für die versiegelten Flächen übernommen. Potenziell werden überall dort höhere Reduktionen erwartet, wo es einen relevanten Anteil an versiegelten Flächen gibt.

Die Umsetzung dieser Maßnahme im Modell erfolgt unterschieden in Räume innerhalb und außerhalb von Agglomerationen. Nach Auswertung einer eigenen Literaturrecherche werden in Agglomerationsräumen 5 %, in Räumen außerhalb von Agglomerationen 10 % Entsiegelung als Obergrenze angenommen. Räumliche Bezugsebene für die Umsetzung der Maßnahme im Modell sind die AU. Auf dieser Ebene wird die an Misch- und Trennsysteme angeschlossene versiegelte Fläche um die potentiell zu entsiegelnden Flächenanteile abgezogen. Die

tatsächliche Reduktion der Stoffeinträge ist dabei abhängig von den Gegebenheiten in dem AU (Verteilung von versiegelten Flächen in ländlichen und städtischen Gebieten, Verteilung Misch-/Trennsystem usw.).

Die Maßnahme wirkt sich über die Wasserbilanz auf den Eintragspfad Oberflächenabfluss aus, sodass dadurch ein erhöhter Oberflächenabfluss und somit höhere Einträge über den

Eintragspfad Oberflächenabfluss zu erwarten sind.

Im Dokument 05/2017 (Seite 141-146)