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Mögliche weitere Auswirkungen eines Wegfalls der Heizwertklausel

Im Dokument 21/2016 (Seite 165-168)

6.1.1 Wegfall der „faktischen“ Bedeutung der Heizwertklausel

Im Laufe des Projekts deutlich geworden, dass die Heizwertklausel auch außerhalb ihres gesetzlich bestimmten Anwendungsbereichs eine Rolle spielt. Diese Rolle – und entsprechende Konsequenzen eines Wegfalls der Heizwertklausel – können bei der Analyse im Rahmen der Kapitel 4 und 5 dieses Berichts naturgemäß nicht berücksichtigt werden. Dieses Kapitel dient dazu, diese Aspekte zumin-dest im Überblick darzustellen.

Die hier so genannte faktische Bedeutung der Heizwertklausel betrifft namentlich folgende Konstella-tionen:

„Orientierungswert“ – Heizwert als gesetzlich anerkanntes Kriterium bzw. als gesetzliche Wer-tung kann an verschiedenen Stellen außerhalb der eigentlichen gesetzlichen Funktion argumen-tativ verwendet werden, zumal dort, wo weitere gesetzliche Maßstäbe aktuell nicht vorliegen. Bei Wegfall der Heizwertklausel werden insofern von manchen Stakeholdern durch das Fehlen eines bisher vorhandenen leicht nachprüfbaren Kriteriums Schwierigkeiten bei der Orientierung erwar-tet, denen ein erhöhter Begründungsaufwand für Entscheidungen und ggf. auch Diskussionen mit Behörden entsprechen können.

„Verhindernde Funktion“ – In diesem Zusammenhang wird außerdem angenommen, dass die Heizwertklausel in ihrer aktuellen Fassung tendenziell niederkalorische Abfälle von der energeti-schen Entsorgung ausschließt. Dem entsprechend könnte ein Wegfall der Heizwertklausel auch für eine gewisse Öffnung der energetischen Verwertung für niederkalorische Abfälle führen. Auf diesen Aspekt hat auch die Bundesregierung (BReg) in der Begründung zum KrWG hingewiesen (BT 17/6052 S. 80, Verhinderung niederwertiger energetische Verwertungsverfahren).

„Signalfunktion“ – Die Heizwertklausel kann insgesamt pars pro toto für den auf Einzelfallopti-mierung und flexible Lösungen setzenden deutschen Ansatz bei der Umsetzung der Abfallhierar-chie gesehen werden. Es wird befürchtet, dass die Abschaffung der Heizwertklausel entsprechend als Signal (etwa an Vollzugsbehörden) gewertet werden könnte, dass nunmehr eine strengere Ausrichtung an die Abfallhierarchie gewünscht ist.

„Auswirkung auf die Getrennterfassung von Bioabfällen“: öffentlich-rechtliche Entsorgungsträ-ger (örE) argumentieren mit Blick auf eine fehlende Organisation der Getrennterfassung von Bio-abfällen teilweise damit, dass die betreffenden Abfälle nach physikalischer Vorbehandlung das Kriterium der Heizwertklausel erreichen. Dieser Argumentation würde die Grundlage entfallen.

6.1.2 Generelle weitere Entwicklung

Des Weiteren sind uns eine Reihe weiterer erwarteter bzw. befürchteter Entwicklungen genannt wor-den, die sich aus einem Wegfall der Heizwertklausel ergeben könnten, die aber in unseren Kapiteln 4 und 5 nur teilweise berücksichtigt werden konnten. Teilweise stehen diese Entwicklungen allerdings auch in Zusammenhang mit weiteren erwarteten gesetzlichen Änderungen wie der Reform der Ge-wAbfV und dem WertstoffG:

Erwartet wird ein wichtiger Anreiz zur Getrennthaltung (BDE 2015) sowie eine verstärkte Rolle von Sortieranlagen (ITAD 2015), bezüglich letzterem gleichzeitig auch eine Entregionalisierung und Konzentration auf große Entsorger, die die Kapazitäten zum Aufbau der entsprechend erfor-derlichen Anlageninfrastruktur haben;

Erwartet wird ein Zunehmen der Zuordnung von Abfällen zur ASN 191212 (ITAD 2015).

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6.1.3 Vorschläge der befragten Behörden und Experten

Für die folgenden Abfallströme besteht nach Auffassung der befragten Behörden das Erfordernis ei-ner ergänzenden Regelung, weil die aktuellen gesetzlichen Rahmenbedingungen mit Blick auf die allgemeinen Vorgaben der Abfallhierarchie zusätzlicher Anreize bedürfen:

Berlin: Es besteht Handlungsbedarf, für klimarelevante wichtige Abfallströme (wie Reifen, Ge-werbeabfälle) detaillierte konkrete Anforderungen an die Hochwertigkeit der Verwertung fest-zulegen.

Hessen: Regelungsbedarf wird am ehesten beim Gewerbeabfall gesehen

Hamburg: Für Abfallströme, die hygienisch bedenklich sein könnten (z.B. 18 01 04), aber nicht als gefährliche Abfälle eingestuft sind, sollte eine energetische Verwertungspflicht (ggf.

noch Überlassungspflicht) bundesweit eingeführt werden

Niedersachsen: Gemischte Gewerbeabfälle und Baustellenabfälle, die dementsprechend Ge-genstand der geplanten Novelle der Gewerbeabfallverordnung sind

Rheinland-Pfalz: Kunststoffe im Hinblick auf die gesamte Kette der Abfallhierarchie (Vermei-dung: Diskussion der Kunststofftüten, Littering, Mikroplastik – Wiederverwen(Vermei-dung: nicht be-kannt, ob es da echte Wiederverwendung gibt; vielleicht die Nutzung von ehemaligen Fässern für Produkte als Regentonnen, - Recycling: da würde sicher noch mehr möglich sein, statt ein-fach nur Ersatzbrennstoff herzustellen – thermische Verwertung: Belastung mit Flammschutz-mitteln – Abgrenzung sowohl zur Beseitigung als auch zum Recycling – Beseitigung: Zerstörung von POP.

Schleswig-Holstein: Für gewerbliche Mischabfälle und für unbelastetes Altholz sollte in den Regelungen (GewAbfV, AltholzV) konkret der Vorrang der stofflichen Verwertung normiert wer-den.

In der Verpackungsverordnung (bzw. künftig dem Wertstoffgesetz) sollte die Quote für die werk-stoffliche Verwertung hochgesetzt werden.

Thüringen: Gemischte Siedlungsabfälle; entsprechende Gesetzesvorhaben des BMUB – Gewer-beabfallverordnung, Wertstoffgesetz - sind in der Diskussion.

Interessant ist insofern, dass sich die rechtlichen Rahmenbedingungen für einige der genannten Ab-fallströme in der Diskussion befinden; namentlich für Abfälle aus dem Bereich der GewAbfV sowie des Wertstoffgesetzes.

Aus dem Kreis der konsultierten Verbände kam der Vorschlag, das Heizwertkriterium als Spezialrege-lung bzw. als weitere ÜbergangsregeSpezialrege-lung mit Blick auf besonders betroffene Abfallströme weiterzu-führen (VCI 2015). Neben den in Kapitel 4.19.1 genannten Abfallarten betrifft dies nach der Erhe-bung des VCI folgende nicht gefährliche Abfälle:

02 01 06 tierische Ausscheidungen, Gülle/Jauche und Stallmist (einschließlich verdorbenes Stroh), Abwässer, getrennt gesammelt und extern behandelt

07 01 99 Abfälle a. n. g.

07 02 12 Schlämme aus der betriebseigenen Abwasserbehandlung mit Ausnahme derjenigen, die unter 07 02 11 fallen

07 02 13 Kunststoffabfälle 07 07 99 Abfälle a. n. g.

15 01 01 Verpackungen aus Papier und Pappe

167 15 01 02 Verpackungen aus Kunststoff

15 01 06 gemischte Verpackungen

15 02 03 Aufsaug- und Filtermaterialien, Wischtücher und Schutzkleidung mit Ausnahme derje-nigen, die unter 15 02 02 fallen

18 01 09 Arzneimittel mit Ausnahme derjenigen, die unter 18 01 08 fallen

19 08 12 Schlämme aus der biologischen Behandlung von industriellem Abwasser mit Ausnahme derjenigen, die unter 19 08 11 fallen

19 08 99 Abfälle a. n. g.

19 09 02 Schlämme aus der Wasserklärung

20 01 32 Arzneimittel mit Ausnahme derjenigen, die unter 20 01 31 fallen 20 01 38 Holz mit Ausnahme desjenigen, das unter 20 01 37 fällt

20 03 01 gemischte Siedlungsabfälle hausmüllähnliche Betriebsabfälle

Weiterhin wurde Altöl als Beispiel eines Abfallstroms genannt, für den eine Stärkung des Recyclings durch gesetzgeberische Mittel angezeigt wäre (BVA 2015). Hier soll aktuell ein Forschungsvorhaben beim Umweltbundesamt die Robustheit der Datenlage und die tatsächliche Entsorgungssituation klä-ren, um daraus Rückschlüsse für zukünftige Initiativen ziehen zu können.

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