• Keine Ergebnisse gefunden

Abgrenzung, Definition und Heizwert

Im Dokument 21/2016 (Seite 143-146)

4 Ökologische Auswirkungen eines Wegfalls der Heizwertklausel für die Bewirtschaftung

4.19 Gefährliche Abfälle aus der chemischen Industrie

4.19.1 Abgrenzung, Definition und Heizwert

143

4.18.4 Auswirkungen eines Wegfalls der Heizwertregelung auf die rechtliche Zuweisung

von Batterien

Betroffenheit des Abfallstroms bei Wegfall der Heizwertklausel

A: keine Änderung zu erwarten X

B: klare rechtliche Zuweisung zur Vorbereitung zur Wiederverwendung bzw. zum Recycling aufgrund der gesetzlichen Vorgabe des § 8 Abs. 1 KrWG

C: energetische Verwertung unterhalb der Heizwertgrenze von 11.000 kJ/kg zu er-warten

D: ökologischer Gleichrang zwischen Vorbereitung zur Wiederverwendung bzw.

Recycling und energetischer Verwertung zu erwarten

Prognose und Begründung der zu erwartenden Betroffenheit:

Es tritt aus rechtlichen Gründen keine Änderung ein, weil eine Spezialregelung existiert, die heute und nach einem angenommen Wegfall der Heizwertregelung die Grundpflichten unter dem Aspekt der Hierarchie jeweils unverändert vollständig und erschöpfend ausfüllt.

144 Abgrenzung und Definition

§ 3 Abs. 5 KrWG bestimmt:

„Gefährliche Abfälle sind Abfälle, die durch Rechtsverordnung nach § 48 Satz 2 oder auf Grund einer solchen Rechtsverordnung bestimmt worden sind. Nicht gefährlich im Sinne dieses Gesetzes sind alle übrigen Abfälle.“

Maßgeblich für die Einstufung ist die AVV, die das Europäische Abfallverzeichnis umsetzt und Ge-fährlichkeitskriterien festsetzt. Hier bestimmt § 3 Abs. 1 Satz 1 AVV, dass die in der Anlage zur Ver-ordnung mit einem Sternchen (*) gekennzeichneten Abfälle gefährlich sind. Die Prüfung auf gefah-renrelevante Eigenschaften ist dann nicht erforderlich, wenn die Abfallart einem „absolut“ gefährli-chen Abfallschlüssel zugeordnet werden kann. Bei den sogenannten Spiegeleinträgen ist eine Prü-fung auf die gefahrenrelevanten Eigenschaften hingegen notwendig. Über eine Novelle der AVV mit überarbeiteten, an die Veränderungen im europäischen Gefahrstoffrecht angepassten Gefährlich-keitskriterien wurde im Herbst 2015 zwischen Bundesregierung und Bundesrat Einigkeit erzielt. Die Neufassung wird vermutlich Anfang 2016 in Kraft treten.

Die in diesem Kapitel diskutierten gefährlichen Abfälle der chemischen Industrie umfassen eine Viel-zahl verschiedener, sehr heterogener einzelner Abfallströme. Beispielhaft wurden im Rahmen der in Fußnote 28 genannten Erhebung als Teil von (VCI 2015) von den VCI-Mitgliedern die fünf jeweils mengenmäßig größten Abfallströme an relevanten gefährlichen Abfällen abgefragt, mit nachstehen-den Nennungen:

06 05 02* Schlämme aus der betriebseigenen Abwasserbehandlung, die gefährliche Stoffe ent-halten

06 03 15* Metalloxide, die Schwermetalle enthalten 06 08 02* gefährliche Chlorsilane enthaltende Abfälle 07 01 01* wässrige Waschflüssigkeiten und Mutterlaugen

07 01 03* halogenorganische Lösemittel, Waschflüssigkeiten und Mutterlaugen 07 01 04* andere organische Lösemittel, Waschflüssigkeiten und Mutterlaugen 07 01 07* halogenierte Reaktions- und Destillationsrückstände

07 01 08* andere Reaktions- und Destillationsrückstände

07 02 04* andere organische Lösemittel, Waschflüssigkeiten und Mutterlaugen 07 02 07* halogenierte Reaktions- und Destillationsrückstände

07 02 08* andere Reaktions- und Destillationsrückstände

07 04 03* halogenorganische Lösemittel, Waschflüssigkeiten und Mutterlaugen 07 04 04* andere organische Lösemittel, Waschflüssigkeiten und Mutterlaugen 07 05 01* wässrige Waschflüssigkeiten und Mutterlaugen

07 05 03* halogenorganische Lösemittel, Waschflüssigkeiten und Mutterlaugen 07 05 04* andere organische Lösemittel, Waschflüssigkeiten und Mutterlaugen 07 05 07* halogenierte Reaktions- und Destillationsrückstände

07 05 08* andere Reaktions- und Destillationsrückstände 07 05 10* andere Filterkuchen, gebrauchte Aufsaugmaterialien 07 05 13* feste Abfälle, die gefährliche Stoffe enthalten

07 07 01* wässrige Waschflüssigkeiten und Mutterlaugen

07 07 03* halogenorganische Lösemittel, Waschflüssigkeiten und Mutterlaugen 07 07 04* andere organische Lösemittel, Waschflüssigkeiten und Mutterlaugen 07 07 08* andere Reaktions- und Destillationsrückstände

13 02 05* nichtchlorierte Maschinen-, Getriebe- und Schmieröle auf Mineralölbasis 13 05 03* Schlämme aus Einlaufschächten

145 15 01 10* Verpackungen, die Rückstände gefährlicher Stoffe enthalten oder durch gefährliche Stoffe verunreinigt sind

15 02 02* Aufsaug- und Filtermaterialien (einschließlich Ölfilter a. n. g.), Wischtücher und Schutzkleidung, die durch gefährliche Stoffe verunreinigt sind

16 03 05* organische Abfälle, die gefährliche Stoffe enthalten

16 05 07* gebrauchte anorganische Chemikalien, die aus gefährlichen Stoffen bestehen oder sol-che enthalten

16 07 08* gebrauchte organische Chemikalien, die aus gefährlichen Stoffen bestehen oder solche enthalten

19 08 11* Schlämme aus der biologischen Behandlung von industriellem Abwasser, die gefährli-che Stoffe enthalten

19 08 13* Schlämme, die gefährliche Stoffe aus einer anderen Behandlung von industriellem Ab-wasser enthalten

20 01 17* Fotochemikalien Klärschlamm

Mutterlaugen

verunreinigtes Dichlorpropan Destillationsrückstände kontaminiertes Abwasser

Ferner wurden zahlreiche 17 XX XX*-Abfallschlüssel (Bau- und Abbruchabfälle, einschließlich Aushub von verunreinigten Standorten) genannt.

Nach (VCI 2015) ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass es sich bei der o.g. Aufzählung nur um eine exemplarische Schnellabfrage bei den Mitgliedsunternehmen handelt (siehe Fußnote 28 oben) und in diesem Rahmen auch jeweils nur die fünf mengenmäßig relevantesten Hauptströme an ge-fährlichen Abfällen abgefragt wurden. Insofern handelt es sich bei dieser Auflistung keinesfalls um eine abschließende Liste.

Heizwert

Der spezifische Anteil der gefährlichen Abfälle mit einem Heizwert > bzw. < 11.000 kJ/kg wird statis-tisch nicht im Detail erhoben. Eine VCI-interne Erhebung aus 2015 legt eine Aufteilung von 57,1 % in 2011 bzw. von 59,7 % in 2012 für den Anteil > 11.000 kJ/kg nahe. Für den Anteil < 11.000 kJ/kg liegt der Wert bei 42,9 % in 2011 bzw. bei 40,3 % in 2012.

Einstufung der Verbrennung gefährlicher Abfälle als Verwertung oder Beseitigung

Inwieweit das für die Abgrenzung von Verwertung und Beseitigung maßgebliche Substitutionserfor-dernis von § 3 Abs. 23 KrWG im Bereich mit Blick auf gefährliche Abfälle zur Verbrennung in Sonder-abfallverbrennungsanlagen vorliegt, ist im Einzelfall zu entscheiden.

In der chemischen Industrie sind durch die Lieferung von Wärme als „Prozessdampf“ und Strom in der Regel in die Verbundstruktur von Industriestandorten integriert. Insofern wird nach Ansicht des VCI bei selbstgängig brennenden Abfällen das Kriterium der Substitutionswirkung von Primärres-sourcen (Ersatz von Brennstoffen) erfüllt; ähnlich wie die Mitverbrennung von dafür geeigneten Ab-fallströmen in anderen geeigneten Anlagen, in denen ein Rohstoff- und/oder Brennstoffersatz statt-findet (z.B. Zementwerke). Zusätzlich werde speziell bei der chemischen Industrie Öl und Gas nicht nur als Brennstoffe sondern in großem Umfang auch als Rohstoffe für die Produkte der chemischen Industrie eingesetzt; Abfälle würden daher mit Blick auf die Chemieindustrie somit nicht nur Pri-märbrennstoffe sondern auch Primärrohstoffe substituieren (VCI 2015). So betreibt die Branche zahl-reiche eigene Verbrennungsanlagen mit einer genehmigten Feuerungswärmeleistung von in Summe

146 ca. 650 MW (thermisch). Die dort behandelten Abfälle liegen in einer Größenordnung von insgesamt gut 0,5 Mio. Tonnen/Jahr. Der Anteil der in den vorgenannten Anlagen verbrannten Abfälle mit ei-nem Heizwert > 11.000 kJ/kg liegt bei knapp 70 % (Stand 2011; Quelle: VCI-Erhebung)

Letztlich wird die Frage der Substitution nach Auskunft (VCI 2015) in Ermangelung anderer Kriterien entscheidend entlang des Energiegehalts und damit des Heizwerts des betroffenen Abfalls ermittelt, wobei in der Vollzugspraxis offensichtlich die Grenze von 11.000 kJ/kg aus § 8 Abs. 3 KrWG insofern als Maßstab herangezogen wird. Berichtet wird andererseits aber auch, dass einzelne Behörden die Ansicht vertreten, feste gefährliche Abfälle seien grundsätzlich zu beseitigen, egal welchen Energie-inhalt sie aufweisen (VCI 2015). Diese Auffassung ist nach unserer Ansicht allerdings unzutreffend.

Nach § 3 Abs. 23 KrWG kommt es für die Annahme eines Verwertungsverfahrens allein darauf an, ob die Abfälle als Hauptergebnis des Verfahrens innerhalb der Anlage oder in der weiteren Wirtschaft

„einem sinnvollen Zweck“ im Sinne einer Substitution von Ressourcen oder eines Brennstoffersatzes zugeführt werden. Die Definition dient der Umsetzung von Art. 3 Nr. 15 AbfRRL, die wiederum maß-geblich aus der EuGH-Rechtsprechung abgeleitet worden ist. Nach dem insoweit grundlegenden Ur-teil des EuGH in der Rechtssache C-218/00 dürften für die Abgrenzung zwischen Verwertung und Be-seitigung „Kriterien wie der Heizwert der Abfälle, der Schadstoffgehalt der verbrannten Abfälle oder die Frage der Vermischung der Abfälle“ nicht herangezogen werden (s. auch Begründung der BReg in BT-Drs. 17/6052, S. 74 f.).

4.19.2 Rechtsregelungen und Auswirkungen auf die Bewirtschaftung des Abfallstroms

Im Dokument 21/2016 (Seite 143-146)