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Identifikation des geltenden Rechtszustands und Auflösung von

Im Dokument 21/2016 (Seite 45-49)

3 Herangehensweise/Methodik

3.2 Identifikation des geltenden Rechtszustands und Auflösung von

3.2.1 Identifikation des geltenden Rechtszustands

Für jeden untersuchten Abfallstrom wurde (siehe jeweils stoffstromspezifische Unterkapitel 4.x.2) der Bestand der relevanten Regelungen zur Beantwortung folgender Aspekte recherchiert:

Für welche der genannten Abfallströme gilt allein die fünfstufige Abfallhierarchie nach dem KrWG?

Für welche Abfallströme bestehen

▸ Spezialgesetzliche (bzw. verordnungsrechtliche) Regelungen

▸ Vollzugshinweise und/oder

▸ Freiwillige Selbstverpflichtungen der Wirtschaft?

Hierbei wurde/n

Bundesrecht und freiwillige Selbstverpflichtungen durch eigene Recherche identifiziert;

Landesrecht durch eine internetbasierte Suche in den Landesrechtssammlungs-Portalen mit ge-eigneten Suchbegriffen identifiziert und zusätzlich eine Abfrage bei obersten Landesbehörden durchgeführt.

3.2.2 Auflösung von Normkonkurrenzen bei Bestehen spezialgesetzlicher Regelungen

Soweit Regelungen für spezifische Abfallströme identifiziert wurden, war in einem zweiten Schritt das Verhältnis dieser Spezialvorgaben zur allgemeinen Hierarchie nach dem KrWG zu klären. Hierbei sind wir von folgenden Auslegungskriterien ausgegangen:

Zunächst war im Einklang mit dem Wortlaut von § 8 Abs. 3 KrWG zu klären, inwieweit eine spezi-elle Verordnungsregelung im Sinne von § 8 Abs. 2 KrWG vorliegt, die eine ausdrückliche Rege-lung des Vorrangs oder Gleichrangs der energetischen Verwertung für den betroffenen Stoffstrom enthält. Soweit diese Verordnung bereits vor Inkrafttreten des KrWG bestand, haben wir auch in Betracht gezogen, mit welcher Ermächtigungsgrundlage die Verordnung erlassen wurde und in-wieweit die spezielle Verordnung unter der Geltung des KrWG modifizierend auszulegen ist (siehe hierzu Kapitel 1.2.3 unter „Keine Festlegung des Vorrangs oder Gleichrangs in einer Rechtsver-ordnung nach Absatz 2“). Soweit eine spezielle VerRechtsver-ordnung vorliegt, die ggf. auch unter der fünf-stufigen Abfallhierarchie uneingeschränkt gilt, ist § 8 Abs. 3 KrWG nach seinem Wortlaut bereits heute nicht anzuwenden; vor und nach einem angenommenen Wegfall der Heizwertklausel gel-ten damit jeweils ausschließlich die Vor- bzw. Gleichrangregelungen der speziellen Verordnung.

Für alle verbleibenden Fälle, in denen das Vorliegen einer Rechtsverordnung mit Vorrang- oder Gleichrangregelung nach § 8 Abs. 2 KrWG im o.g. Sinn nicht bejaht werden konnte, haben wir fol-gende weitere Analyse vorgenommen:

Der Anwendungsbereich der Heizwertklausel nach dem KrWG befasst sich im Kern mit der Ausge-staltung der Verwertungsgrundpflicht von Erzeugern und Besitzern aller Abfälle im Geltungsbe-reich des KrWG im Kontext der Abfallhierarchie, in deren Rahmen angesichts des Wortlauts „aus-gehend von der Abfallhierarchie…“ (§ 6 Abs. 2 KrWG) materiell eine gewisse Lenkungswirkung des Gesetzgebers mit Blick auf die Prioritätenreihenfolge des § 6 Abs. 1 KrWG erfolgt.

46 Zur Klärung der Frage, ob bei der Spezialregelung insofern eine Normkonkurrenz vorliegt, haben wir daher untersucht, inwieweit die Spezialregelung für diese Grundpflichten für Erzeuger/Besit-zer der spezialgesetzlich betroffenen Abfälle eine erschöpfende Regelung trifft, so dass für die Geltung der allgemeinen Abfallhierarchie nach KrWG kein Platz mehr verbleibt. Hierbei haben wir untersucht:

Ausdrückliches Vorliegen einer Vorrang- oder Nachrangregelung auch außerhalb der Gren-zen des § 8 Abs. 2 KrWG (namentlich, wenn entweder keine Verordnung vorliegt, sondern ein Gesetz oder wenn in der Spezialregelung eine Festlegung der Abfallhierarchie im Sinne eines Vorrangs der stofflichen Verwertung (§ 6 Abs. 1 Nrn. 2 und 3) vorgegeben wird). In diesen Fällen überschneiden sich unseres Erachtens im Grundsatz die Normbefehle aus der Rangregelung des § 8 KrWG und die der Rangregelung der Spezialregelung; es kann nur eine der beiden Vorgaben gelten. Wiederum haben wir geprüft, ob die Spezialregelung be-reits vor Inkrafttreten des KrWG bestand und inwieweit sie deswegen unter der Geltung des KrWG modifizierend auszulegen ist;

Maßgaben / Instrumente, die für Erzeuger und Besitzer der spezialgesetzlich betroffenen Ab-fälle eine eindeutige Lenkungswirkung mit Blick auf die bevorzugte Entsorgungsstufe haben, d.h. detaillierte Vorgaben für die Erzeuger und Besitzer, die die Grundpflichten unter dem Aspekt der Hierarchie vollständig und erschöpfend ausfüllen und von denen seitens der Normen Wertungen mit Blick auf die bevorzugte Behandlungsart bzw. Lenkungswirkungen ausgehen. Indizien hierzu können sein:

Verpflichtungen zur Getrennthaltung oder getrennten Sammlung bzw. zur Trennung von Abfällen

Diese stellen aus rechtlicher Sicht selbst zwar noch keine Vorentscheidung im Sinne der Abfallhierarchie (wie etwa die Zuweisung zu Recyclingverfahren) dar, sind aber nach unserer Auffassung ein klares Indiz dafür, dass der Gesetzgeber durch das verbindlich vorgegebene Getrennthaltungsgebot und die hierdurch zwangsläufig generierten „sau-beren“ und damit hochwertig recycelbaren Fraktionen die Grundlage für ein hochwerti-ges und wirtschaftlich sich weitgehend selbst tragendes Recycling schaffen will;

Verpflichtungen zu bestimmten Vorbehandlungsschritten sowie zur getrennten Behand-lung verschiedener gewonnener Fraktionen; ggf. mit VorrangregeBehand-lungen

Soweit mit Blick auf die Bewirtschaftung eines komplexen Abfallstroms detaillierte Vor-gaben an die Vorbehandlung spezialgesetzlich geregelt sind (ein Beispiel hierfür wären die Vorgaben der AltfahrzeugV), war hier im Detail zu untersuchen, inwieweit sich mit Blick auf die Pflichten der Erzeuger und Besitzer ausdrückliche Rangregelungen mit Blick auf die bei der Vorbehandlung entstehenden Fraktionen identifizieren lassen und/oder bzw. eine Lenkung mit Blick auf eine bevorzugte Behandlungsart deutlich wird;

Quotenregelungen

Auch Quoten können ein Indiz für einen entsprechenden Lenkungswillen des Normge-bers der Spezialregelung sein, wenn die jeweilige Quote über allgemeine, politische Zielvorgaben hinausgeht und sich im Kontext mit dem jeweiligen Regelungskonzept auf einen hinreichend konkreten oder zumindest konkretisierbaren Personenkreis bezieht;

Dies ist insbesondere dort der Fall, wo die Quote direkt oder indirekt an die betroffenen Erzeuger und Besitzer bzw. an die betroffene Entsorgungswirtschaft adressiert ist und

47 unter Berücksichtigung der spezifischen Bedingungen der Bewirtschaftung des spezial-gesetzlich betroffenen Abfallstroms von einer Auswahlentscheidung mit Blick auf die Form der Verwertung ausgegangen werden kann. Unseres Erachtens spricht eine Quote, die zwischen „Verwertung“ und „Recycling“ (bzw. „stofflicher Verwertung“) unter-scheidet, stark dafür, dass der Gesetzgeber die Bedingungen der Bewirtschaftung des speziellen Abfallstroms berücksichtigt hat. Die auf Grundlage dieser Berücksichtigung getroffene Ausdifferenzierung von (normverbindlichen) Prioritäten lässt unseres Erach-tens einen klaren Lenkungswillen des Normgebers erkennen, der inhaltlich dem der all-gemeinen Abfallhierarchie nach KrWG entspricht.

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob die allgemeine Hierarchie nach KrWG für den Fall bzw. in dem Moment gilt, bei dem die an einen bestimmten Erzeuger/Besit-zer von Abfällen gerichtete Quote, die etwa auf ein Kalenderjahr ausgerichtet, erreicht wird, sofern nicht bereits die gesetzliche Regelung hierüber Aufschluss gibt. Hierzu sind grundsätzlich zwei – methodologisch zulässige – Betrachtungsweisen denkbar:

Nach der einen Position könnten die dynamische Hierarchieregelung des KrWG und die konkrete Spezialquotenregelungen parallel gelten, mit einer subsidiären Geltung der §§ 6-8 KrWG mit voller Hierarchieanwendung einschließlich der Heiz-wertregelung. Hierfür würde das Argument sprechen, dass ansonsten ab Erfüllen der Quote keine weitere recyclingorientierte Lenkungswirkung mehr bestünde und damit die eigentlich erwünschte umfassende Lenkungswirkung der Hierarchie nur unzureichend verwirklicht würde. Zudem könnten die unter die Spezialregelung fallenden Abfallerzeuger und -besitzer hinsichtlich der Bewirtschaftung des nach der Quotenerfüllung verbleibenden Restabfallstroms möglicherweise unangemes-sen gegenüber den alleine nach dem KrWG verpflichteten Erzeugern und Besitzern privilegiert werden, für die der allgemeine Recyclingvorrang gilt. Andererseits könnte sich eine etwaige „Privilegierung“ auch und gerade durch materialspezifi-sche sachliche Gründe rechtfertigen lassen.

Andererseits könnte auch vertreten werden, dass die Spezialregelung den speziel-len Abfallstrom unter dem Aspekt der Abfallhierarchie vollständig und abschlie-ßend regelt und damit die Anwendung der Heizwertklausel „gesperrt“ ist. Hierfür könnten Sachgründe sprechen, wenn etwa der nach Erfüllung der Quote noch vor-handene Restabfallstrom etwa unter Berücksichtigung der technischen oder wirt-schaftlichen Verhältnisse keinen weiteren hierarchiegesteuerten Maßnahmen mehr zugänglich ist.

Unseres Erachtens ist im Zweifel – unter Berücksichtigung der Umstände des Ein-zelfalls und vorbehaltlich anderweitiger klarer Hinweise des Normgebers – der zweiten Position zu folgen, weil die Pflichten von Erzeugern und Besitzern der Ab-fälle, einschließlich der Vorgabe von Quoten, tatsächlich die spezifischen Gege-benheiten des speziellen Abfallstroms berücksichtigen. Diese gelten grundsätzlich für die Bewirtschaftung der gesamten anfallenden Abfälle des Abfallstroms im An-wendungsbereich der jeweiligen Spezialregelung (und eben nicht für einen be-stimmten Prozentsatz, der in einer Quote deutlich wird), eben weil sich der Gesetz-geber bewusst ist, dass sich nicht alle Abfälle für die bevorzugte Entsorgungsart eignen. Gerade in abgestuften, differenzierten Quoten wird nach unserer Ansicht insofern im Zweifel eine eindeutige Wertung des Normgebers deutlich, die beab-sichtigte Lenkungswirkung auf die Bewirtschaftung des gesamten Abfallstroms zu erstrecken.

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Dabei ist zu konzedieren, dass sich die dynamisch wirkenden hierarchiegesteuer-ten Verwertungs- bzw. Recyclingpflichhierarchiegesteuer-ten des KrWG vor dem Hintergrund der in § 6 Abs. 2 KrWG genannten Kriterien als anspruchsvoller erweisen können, als die in der Regel statischen, quotengesteuerten Spezialregelungen. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn sich die ursprünglich als ambitioniert geltende Quotenvor-gabe durch den fortentwickelten technischen Fortschritt oder die Änderung wirt-schaftlicher Umstände als überholt und zu anspruchslos darstellt. Das Spannungs-verhältnis zwischen dynamischer Hierarchieanwendung des KrWG und statischer Quotenvorgabe könnte gegebenenfalls dadurch gelöst werden, dass die statischen Spezialregelungen kontinuierlich überprüft und ggf. dem Stand der Technik ent-sprechend angepasst werden.

3.2.3 Typen der Einordnungen von Spezialregelungen

Unter Berücksichtigung dieser Überlegungen haben wir folgende Typen von Spezialregelungen zu-grunde gelegt:

1. Bei der Spezialregelung handelt es sich um eine Verordnung im Sinne von § 8 Abs. 2 KrWG, die Aussagen über den Vorrang oder Gleichrang der energetischen Verwertung trifft

Folge: § 8 Abs. 3 KrWG ist nicht anzuwenden.

2. Die Spezialregelung ist keine Verordnung im Sinne von § 8 Abs. 2 KrWG, es finden sich aber direkte, wörtliche Aussagen über das „Rangverhältnis“ verschiedener Entsorgungsstufen („Vorrang“ / „Gleichrang“) und/oder

Maßgaben / Instrumente, die für Erzeuger und Besitzer von Abfällen eine eindeutige Len-kungswirkung mit Blick auf die bevorzugte Entsorgungsstufe haben (Rangregelungen; Ge-trennterfassungsvorgaben; Regelungen zu Vorbehandlung und Behandlung; Quoten, die sich an Erzeuger und Besitzer von Abfällen richten)

Folge: Weitere Untersuchung,

▸ ob / für welche Abfälle die Spezialregelung abschließend ist,

▸ die Hierarchie nach KrWG noch in bestimmten Fällen ergänzend gilt, und / oder

▸ ob die Spezialregelung im Licht der Hierarchie nach KrWG modifiziert auszulegen ist.

3. Die Spezialregelung erfüllt nicht die Kriterien für die Fälle 1) oder 2).

Folge: Elemente der Spezialregelung wurde im Überblick dargestellt, es wurde aber davon ausgegangen, dass die allgemeine Hierarchie nach KrWG weiterhin gilt.

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