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Identifikation von Vorgaben und Entwicklung von Regelungsalternativen

Im Dokument 21/2016 (Seite 152-156)

5 Ökonomische Auswirkungen eines Wegfalls der Heizwertklausel für die

5.2 Identifikation von Vorgaben und Entwicklung von Regelungsalternativen

5.2.1 Direkte Adressaten der Heizwertklausel

Primäre Adressaten von § 8 Abs. 3 KrWG sind Abfallerzeuger und -besitzer. Bei einem Wegfall der Heiz-wertklausel richtet sich die Pflichtensituation nunmehr nach § 8 Abs. 1 KrWG mit den (in Kapitel 1.2.2 und 0 im Detail dargestellten) Konsequenzen:

Bei der Wahl zwischen verschiedenen Verwertungsarten hat diejenige Verwertungsmaßnahme Vorrang, die den Schutz von Mensch und Umwelt nach der Art und Beschaffenheit des Abfalls unter Berücksichtigung der in § 6 Abs. 2 Satz 2 und 3 KrWG festgelegten Kriterien am besten ge-währleistet.

Die Kriterien von § 6 Abs. 2 Satz 2 und 3 KrWG lauten:

Für die Betrachtung der Auswirkungen auf Mensch und Umwelt nach Satz 1 ist der gesamte Lebenszyklus des Abfalls zugrunde zu legen. Hierbei sind insbesondere zu berücksichtigen 1. die zu erwartenden Emissionen,

2. das Maß der Schonung der natürlichen Ressourcen, 3. die einzusetzende oder zu gewinnende Energie sowie

4. die Anreicherung von Schadstoffen in Erzeugnissen, in Abfällen zur Verwertung oder in daraus gewonnenen Erzeugnissen.

Die Pflicht nach § 8 Abs. 1 KrWG steht allerdings unter dem Vorbehalt der technisch Möglichkeit und der wirtschaftlichen Zumutbarkeit.

Es ist also diejenige Verwertungsmaßnahme auszuwählen, die im konkreten Fall (Optimierung im Einzelfall) den Schutz von Mensch und Umwelt unter Berücksichtigung der in § 6 Abs. 2 Satz 2 und 3 KrWG genannten Kriterien am besten gewährleistet. Sofern mehrere Verwertungsmaßnahmen inso-fern gleichwertig sind, besteht für den Abfallerzeuger und -besitzer nach § 8 Abs. 1 Satz 2 KrWG ein Wahlrecht. Die Erstellung einer formellen Lebenszyklusanalyse verlangt § 8 Abs. 1 KrWG nicht. Wir gehen aber davon aus, dass für einen Gleichrang bzw. einen Vorrang der energetischen Verwertung gegenüber der stofflichen Verwertung unter Geltung des neuen KrWG vor dem Hintergrund der Prio-ritätenfolge in § 6 Abs. 1 KrWG ein erhöhter Begründungsaufwand erforderlich sein wird (siehe aus-führlich Kapitel 3.4).

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5.2.2 Entwicklung von Regelungsalternativen

In Absprache mit den Auftraggebern wurden im Rahmen dieser Untersuchung zwei Alternativen zu-grunde gelegt:

Die Heizwertklausel wird vollständig beibehalten (status quo).

Die Heizwertklausel wird ersatzlos gestrichen.

5.2.3 Relevante Akteursgruppen

Nach der Leistungsbeschreibung war der Erfüllungsaufwand für die folgenden Akteure zu ermitteln:

Wirtschaft (erzeugende Wirtschaft und Entsorgungswirtschaft) Behörden

Bürgerinnen und Bürger.

5.2.4 Relevante Abfallströme

Als Ergebnis unserer Untersuchung ist ein Wegfall der Heizwertklausel für folgende Abfallströme (ggf.

Teilfraktionen) relevant:

Gewerbeabfall Altreifen Sperrmüll

Bau- und Abbruchabfälle

Gefährliche Abfälle der chemischen Industrie.

Mit Blick auf Gewerbeabfälle und Bau- und Abbruchabfälle wurde in Abstimmung mit den Auftragge-bern auf eine Untersuchung der ökonomischen Auswirkungen verzichtet, weil die aktuell geplante Ge-wAbfV insofern ein eigenständige Regelungsregime enthalten wird, welches in jedem Fall als eine Spe-zialregelung im o.g. Sinne anzusehen ist. Bei allen Projekten, die bereits auf den Weg gebracht sind, um de lege ferenda die Hierarchie zu konkretisieren, und die damit als faktische Folge den Heizwert ablösen, wirkt sich die hier untersuchte finale Streichung des Heizwertes als nicht mehr kausal aus.

Die Erfüllungskosten für die neue GewAbfV werden gerade im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens evaluiert.

5.2.5 Vorgaben und Prozesse

Für die verbliebenen drei nach unserer Untersuchung betroffenen Abfallströme (Altreifen, Sperrmüll und gefährliche Abfälle der chemischen Industrie) wurden folgende Vorgaben und Prozesse als für den Erfüllungsaufwand relevant identifiziert:

Erzeuger und Besitzer von Abfällen

a) Aufwand zur Erfüllung der Pflicht zur Ermittlung des optimalen Verwertungsweges Die Pflicht tritt an die Stelle des bisherigen Wahlrechts und entsteht somit nach Gesetzesände-rung als direkte Folge eines Wegfalls der Heizwertregelung für die Erzeuger und Besitzer der drei betroffenen Abfallströme (grundsätzlich Gesamtmenge).

b) Aufwand durch Kosten für modifizierte Entsorgung

Kosten für die modifizierte Entsorgung können dort entstehen, wo für Erzeuger und Besitzer von Abfällen nach Gesetzesänderung eine klare rechtliche Zuweisung der drei Abfallströme zur stoff-lichen statt zur energetischen Verwertung besteht. Um den Aufwand für diese Pflicht abschätzen zu können, war in einem ersten Schritt zu klären, von welchem Anteil einer Verschiebung jeweils

154 realistischerweise ausgegangen werden kann. Hierzu haben wir jeweils den Anteil an der Gesamt-menge der Abfälle abgeschätzt, für die eine der drei möglichen folgenden Gründe vorliegen dürfte:

Auch bei Anwendung der Prüfung nach § 8 Abs. 1 KrWG ist davon auszugehen, dass die energeti-sche Verwertung vorrangig oder zumindest gleichrangig zur stofflichen Verwertung ist;

Die Erfüllung der Pflicht ist technisch nicht möglich; oder Die Erfüllung der Pflicht ist wirtschaftlich unzumutbar.

Unsere diesbezüglichen Abschätzungen finden sich in folgender Tabelle. Die Abschätzungen wurden beim Expertentreffen vorgestellt; die während des Expertentreffens sowie im Anschluss abgegebenen Kommentare hierzu haben wir berücksichtigt.

Gesamtmenge (gerundet)

Energetische Verwertung nach Betrach-tung weiter-hin nicht nachrangig

Stoffliche Verwertung technisch unmöglich

Stoffliche Verwertung wirtschaft-lich unzu-mutbar

Verbleibender Anteil für echte rechtliche Zu-weisung zu stofflicher Ver-wertung

Altreifen 100% = 200.000 t 25% 25% 10% 40% = 80.000 t

Gefährli-che Ab-fälle aus der chemi-schen In-dustrie

100% = 500.000 t 60% 10% 10% 20% = 100.000 t

Sperrmüll 100% = 800.000 t 70% 10% 10% 10 % = 80.000 t

Die Kosten für die Entsorgung bestehen zunächst aus Kosten für die erforderliche neue Auftrags-vergabe (einmalige Kosten). Sie können außerdem erhöhte Entsorgungskosten umfassen, wenn die Kosten der stofflichen Verwertung die der energetischen übersteigen (laufende Kosten).

Wir gehen davon aus, dass zusätzliche Informationspflichten, insbesondere Fälle, wie sie in (Destatis 2006, S. 9-11) aufgeführt sind, für die Wirtschaft durch einen Wegfall der Heizwertklau-sel nicht auftreten, da sich an der Struktur der behördlichen Überwachung durch die Streichung der Heizwertregelung nichts ändert.

Entsorger

c) Aufwand durch Beschaffung anderweitiger Brennstoffe (Verbrenner)

Dieser Aufwand kann der Abfallverbrennungswirtschaft dort entstehen, wo eine bisher der Ver-brennung oder MitverVer-brennung zugeführte Abfallmenge nach Gesetzesänderung rechtlich ein-deutig der stofflichen Verwertung zugewiesen wird und die entsprechende Abfallmenge daher nicht mehr zur Verfügung und mit Aufwand durch Import oder durch andere – teurere – Einsatz-materialien ersetzt werden muss. Diese Kosten sind eher indirekter Natur. 30

30 Dem insofern entstehenden Aufwand wären grundsätzlich diejenigen Auswirkungen gegenüberzustellen, die sich für die Recyclingbranche durch die Verfügbarkeit der entsprechenden Menge Abfälle auf dem Markt ergibt, die nunmehr

155 Behörden

d) Aufwand durch Vollzug der Abfallhierarchie durch abfallrechtliche Maßnahmen

▸ Feststellung / Überprüfung der Entscheidung von Abfallerzeugern / -besitzern über die op-timale Entsorgung nach § 8 Abs. 1 KrWG sowie

▸ Durchsetzung der Abfallhierarchie mit den Mittel des abfallrechtlichen Vollzugs (z.B. ordnung nach § 62 KrWG, Maßnahme der allgemeinen Überwachung nach § 47 KrWG, An-ordnung von Nachweis- und/oder Registerführung im Einzelfall nach § 51 Abs. 1 KrWG etc.)

e) Aufwand durch Vollzug der Abfallhierarchie durch immissionsschutzrechtliche Maß-nahmen

▸ Feststellung / Überprüfung der Entscheidung von Abfallerzeugern / -besitzern aus dem Be-reich des BImSchG über die optimale Entsorgung nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 BImSchG i.V.m. § 8 Abs. 1 KrWG

▸ Durchsetzung der Abfallhierarchie gegenüber Abfallerzeugern / -besitzern aus dem Bereich des BImSchG mit den Mittel des immissionsschutzrechtlichen Vollzugs (z.B. nachträgliche Anordnung nach § 17 BImSchG)

Bürgerinnen und Bürger

Für Bürgerinnen und Bürger ergeben sich durch einen Wegfall der Heizwertklausel nach unserer Auf-fassung keine Vorgaben/Prozesse im Sinne der Methodik der Gesetzesfolgenabschätzung. Für sie tritt unberührt von einer Gesetzesänderung an Stelle der differenzierten Verwertungsgrundpflicht mit den Elementen der Abfallhierarchie die Überlassungspflicht (§ 17 KrWG). Indirekte Effekte erwarten wir bei der Bewirtschaftung der drei hier relevanten Abfälle nicht. Ob und in welchem Maße ein Umlegen von Entsorgungskosten in die Verbraucherpreise erfolgt und insofern weitere Kosten entstehen, ist von einer Reihe von Einflussfaktoren abhängig, u. a. von der Wettbewerbsintensität auf den jeweiligen Märkten. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass sich die Verbraucherpreise durch eine Streichung der Heizwertregelung signifikant ändern.

rechtlich der Vorbereitung zur Wiederverwendung bzw. dem Recycling zugewiesen sind. Diese Auswirkungen stellen nach unserer Einschätzung in erster Linie wirtschaftliche Chancen dar (deren Realisierung den Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft reduzieren würden), ggf. wären hier aber auch Kosten für Investitionen in Anlageninfrastruktur zu be-rücksichtigen. Eine belastbare Analyse hierzu war im Rahmen dieses Vorhabens nicht möglich.

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Im Dokument 21/2016 (Seite 152-156)