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Die 28. livländische Provincial-Synode

Vereins der Gustav-Adolf-Stiftung in Nürnberg,

4. Die 28. livländische Provincial-Synode

im Jahre 1862.

(Niief an einen Amtsbcudel in Kurland.) Von

W. Schwartz,

Oberpastol in Dorpat.

E s Wal sehr schön von Eurem General-Superintendcnten, den Tennin für Eure Synode so anzusehen, daß sie mit der unsern nicht zusammentraf.

S o lange eine regelmäßige gegenseitige Beschickung der Synoden noch ein pium, äesiäoriuin bleibt, muß man sich wenigstens dessen freuen, daß ein freies sich unter einander Besuchen möglich gelassen wird; käme es wirklich zu einem solchen, es läge ein Segen an gegenseitiger Anregung und F5r>

derung darin, der nicht hoch genug anzuschlagen wäre. Dieses M a l haben wir nur vergeblich auf Gäste aus Eurer Mitte gehofft; darum will ich versuche», D i r schriftlich ein Bild unserer letzten Synode zu entwerfen; daß ich es so spät erst thue, hat seinen guten Grund in dem Synodalbcscklusse von 1860, solche „grüne" Berichte nicht vor dem Erscheinen des gcdruck-ten Synodal-Protokolls zu veröffentlichen. D a mir aber daran liegt, D i r ein möglichst vollständiges Bild von dem Habitus unserer Synode über-Haupt und damit eine» Ersatz für Sclbstgeschcmtes uud Erlebtes zu geben, so laß mich etwas weiter zurückgreifen auf die Gefahr hin, Deine Geduld einer starken Probe zu unterweifen.

Als Vorhof für die Provincial-Synode dient die Sprengels - Synode, welche wir in unserm Kreise gewöhnlich ein paar Monate vor der ersteren meist bei einem Amtsbruder auf dem Lande halten. Dort werden unter dem Vorsitze des Propstes die schon vorher den eiuzclnen Sprengelsglicdern zur Bearbeitung zugewiesenen unerledigt gebliebenen Synodal'Thcmata durch-gesprochen und das Resultat zu Protokoll genommen, etwaige Arbeiten vor-getragen, Desiderien vorgebracht und discutirt, Syuodal-Thcmate aufgegeben, Amtserfahrungen ausgetauscht, die erforderliche« Einzahlungen gemacht u, s. w.

Uns Städtern, die wir vielmehr als unsere Amtsbrüder auf dem Lande an die Scholle gebunden, daneben vielleicht auch schwerfälliger im Fahren sind als I h r , s,>M)reu diese Synoden anßer ihrer sachlichen Bedeutung noch einen besondern lieblichen Gewinn: wir treten unsern landischm Amts»

Die 28. livländ, Piovincial>Synode. 9 7

brüdcrn persönlich näher, gewinnen durch eigne Anschauung einen Einblick in ihre amtlichen und häuslichen Freuden uud Leiden und festigen und stärken dadurch die Geineinschaft unter einander.

So findet uns die herannahende Synodalzeit mehr oder weniger gc-rüstet auf das ernste Werk, das wir zu treiben haben. Da'unsere Synode immer an einem Mittwoch eröffnet wird, so haben wir am Sonntage vor-her unter dem Vorgefühl des Bevorstehenden Gelegenheit, unsern Gemeinden die Abreise anzuzeigen und ihre herzliche Fürbitte für uns in Anspruch zu nehmen. Nun geht es an die Reise, welche meist in größerer Gesellschaft gemacht wird; unser Dorpat liefert bei seinen sechs im Amte befindlichen Pastoren und bei der theologischen Facultät. die wenigstens durch ein Glied immer vertreten ist. ein ganz hübsches Contingent. M i r ist die Reise im-mer höchst anregend und erquicklich gewesen; Gedachtes und Erlebtes, Theo»

logisches und Weltliches, Ernstes und Humoristisches wird ausgetauscht und läßt es selten bis zum lioriuitare kommen. S o ging es auch dieses M a l , als ich am Montag, den 13, August Nachmittags felbvicrt die Fahrt nach Wolmar antrat. Wieder nach Wolmar? fragst D u gewiß, und ich ant-Worte: Allerdings, Seit dem Jahre 1857 haben wir immer in Wolmar getagt; die Majorität der Pröpste entscheidet über de» Versammlungsort und ist sich nun aus nahe liegenden Gründen 6 Jahre hindurch gleich ge-blieben trotz unseres Protestes. Uns läge Walk bequemer, Fellin brächte uns eher Gäste aus Esthland, wie 1855 geschah, Wenden vielleicht Gäste aus Kurland. Es steht zu hoffen, daß all das auch wieder einmal billige Berücksichtigung finde» werde. Uebrigens hat das häufige Zusammentreten in Wolmar auch seine Annehmlichkeiten: wir finden dort ein geräumiges und gutes Sihungslocal, auf der Müsse saubre Bewirthung, und treten als Iahresgäste auch zu den Bewohnern der guten Stadt in ein näheres, trau-lichcrcs Verhältniß. Es giebt dort Quartiere, die Jahr aus Jahr ein von denselben Gästen bewohnt werde», i» denen man mit Freuden empfangen, mit ernsten Mienen entlassen wird. Ucberhaupt verdiene» die lieben Wol-marenser den besten Dank für die fteuudlichc und herzliche, Bereitwilligkeit, mit welcher sie den Fmudlingcu ihre beste» Stube» eiuräumen, sich selbst oft knapp behelfen und den Wünschen ihrer Gäste bercilwillig entgegenkomme!!.

A m Dienstag Niichmitla,^ bc! guter Zeil lrafe» wir mm in Wolmar ein; ein tüchtiger Regeuguß empfing uus auf dem Mm'klplal) und erweckte trübe Ahnungen für die bevorstehenden Tage; die gingen jedoch nicht in

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«w W. Schwartz,

Erfüllung; wir hatten meist klares und schönes Wetter. Unser Vierblatt trennte sich mm: den Einen zog es dahin, wo recht Viele zusammen wohnte», den Andern in die Stille, der Dritte hielt es mit dem lusäiuru tenusrs deati; der Vierte war jung und elastisch genug, um sich überall wohl zu fühlen. Durch die Fürsorge eines früher angekommenen Amts»

brudcrs fand ich mit ihm ein freundliches und sauberes Unterkommen; zwei jüngere Freunde schlossen sich uns an. Kaum war der Reiscstaub abge»

schüttelt, so begaben wir uns ins Pastorat zur Meldung bei unserem Bi>

schof. I h n fanden wir nicht, denn er conferirte uoch mit den Pröpsk»,

»dafür wurde aber Gniß und Kuß mit manchem Amtebrudcr ausgetauscht, den man ein Jahr lang und drüber nicht gesehen hatte; da gab es von mancherlei Freud und Leid zu berichten. Eine angenehme Mitgäbe wartete unser; auf der vorigen Synode war beschlossen worden, die bis dahin nur im Manuskript vorhandenen Protocolle van 1834—1841 auf Kosten der Synodalen drucken zu lassen; das war geschehen und wir empfingen nun ein stattliches Heft, das noch an demselben Abend durchblättert wurde und uns jungen Pastoren genug Stoff zum Nachdenken und zum Dank darbot.

Noch war es in der Stadt etwas leer an Pastoren; aber während des Abends kam es von allen Seiten hcrangcklingclt, nnd als wir uns am Mittwoch früh im Local der K> eisschule versammelten, stellte sich heraus daß die Synode wieder recht zahlreich besucht war. Uebcrhaupt waren 88 livländische Pastoren anwesend; dazu kamen 5 Gäste und 2 Candidaten.

Die 8 Adjuncten, welche sich unter uns fanden (am nächsten Sonntage wurde der 9, ordinirt) waren lebendige Zcxgen dafür, daß die Pastoren größerer Gemeinden oft unter schweren materiellen Opfern sich eine einge»

hendere Pflege und Besorgung derselben angelegen sein lassen, bis daß es zu einer an manchen Orten so dringend gebotenen Theilung der Gemeinden komme. 2m feierlichen Zuge ging es nun in die wohlbekannten Räume der festlich geschmückten und zahlreich besuchten Kirche. Pastor Vierhuf von Schluck hielt die bei uns zur Eröffnung des Synodal-Gottesdienstes gebrauch-liche Altanede und begrüßte die Synodalen mit Anlehnung an Ieremias 17, 5 bis 19 als „evangelische Männer, die ihre Mannesarbeit mit evangelischem Mllnnesmuth, mit Demuth und Treue z» treiben haben." Soll ich Dir Etwas von dem Eindruck sagen, den diese Rede auf mich machte, so muß ich hervorheben, daß bei allem Dank, mit welchem ich ihre feurige Lebendigkeit und ihren Ernst auf mich wirken ließ, mich zweierlei nicht befriedigte: einmal wurde der gewaltige

Die 28. livländ. Provinciol'Synllde.

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Text nicht in erforderlicher Weise benutzt und ausgebeutet, sondern diente mehr als bloßes Motto für die Rede; daun wurde die Kanzel an den Altar versetzt, die Rede schien mir diejenige Gebundenheit zu entbehren, welche auch von der freien Rede am Altare zu fordern ist. Die Synodal»

Predigt hielt, wie immer, der General - Superintendent selbst; in kurzer und eindringlicher Weise legte er auf Grund von 1. Timoth. 1 , 5 als Summe des göttlichen Gebots die Liebe aus ungefärbtem Glauben dar, zu dem wir mit einem Herzen, das durch das Blut Jesu Christi gereinigt, und mit einem Gewissen, das durch die Gemeinschaft mit I h m gut gemacht worden, zu gelangen haben. Es war das die kürzeste, abgerundetste und kräftigste Predigt, welche ich von unsere!» Bischof zu hören Gelegenheit gehabt; be>

sonders ergreifend war mir die Durchführung des Gedankens, wie der Mensch nimmer zum Frieden in Gott gelangen kann, so lange er noch eine Sünde in sich hegt, die er weder ernstlich erkennen noch aufrichtig be>

kennen will. S o kamen wir frisch in rechter Erbauung aus der Kirche und hörten am Nachmittage zum Beginn der Sitzungen aus dem kurzen Gruße und Gebete des Präses die in der Predigt angeschlagenen Seiten in der Mahnung wieder klingen: Seid fleißig zu halten die Einigkeit im Geist durch das Band des Friedens, welches ist die Liebe. Der Liebe, von wel-cher S t . Paulus 1 Korinth. 13 schreibt, bedurften wir für einen Theil »n-serer Verhandlungen dieses M a l mehr als sonst; das wüßten wir und lie>

hen es an brünstigem Seufzen um dieselbe nicht fehlen.

Ich komme nun zu der Darstellung der Synodal-Verhandlungen selbst, und will von denselben nur dasjenige hervorheben, was von allge-meinem Interesse ist, dabei das Zusammengehörige auch gleich zusammen fassen, ohne mich an die chronologische Aufeinanderfolge zu binden. Denn es würde mich zu weit führen, wollte ich es versuchen, D i r Tag für Tag M dem, was jeder an A n - und Aufregende!», an Spannende», und Er»

schöpfende»! mit sich brachte, zu schildern. A u die Spitze laß mich stellen, was in Sachen der Hcidenmission mitgetheilt und verhandelt wurde. Sie ist ja bei uus in ein erfreuliches und verheißungsvolles Stadium getreten; gc>

statte mir dabei, einen kurzen Rückblick a»f die Cütwickelnng dieser so crn>

strn Angelegenheit in unserer In'Iäüdischeu Kirche zu werfe». Sie wurde Wrst auf der Synode vou 1843 angeregt; schou im folgenden Jahre wurde von den Synodalen der wichtige Satz ausgesprochc», daß die Mis-sibnssach ein wesentlicher Theil des Lebens uusercr Kirche sei, und daran

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wo

W. Vchwalh,

der Wunsch geknüpft, sie möge allmälig in derselben zu ihrem Rechte kom»

wen. Dieser Wunsch blieb nicht ohne Früchte, doch trug das Betreiben der Missionsaugelegenhcit längere Zeit hindurch ein mehr häusliches und privates Gepräge und war Sache eines Hausteins besonders geförderter und dafür angeregter Gemeindeglieder. Nach und nach wurden aber Stimmen laut, daß sie zu einer Gemcindesache gemacht und kirchlich genährt und ge>

pflegt werden sollte. So wurde auf der Synode von 1851 beschlossen, die Sache der Hcidenmission alljährlich an bestimmten Tagen zum Gegenstande der kirchlichen Betrachtung zu machen, und wurde das Epiphanlasfcst, in den Filialkirchen der zweite Pfingstfeicrtag, als der passendste Tag dazu ei-achtet. Noch einen Schritt weiter that die Synode von 1836: es solle nllsonntäglich im Kirchcngebct der Mission und der Bekehrung der Heiden gedacht werden. Hatte die Missionssache auf diese Weise einen festen und bleibenden Platz in unserm gottcödienstlichen und geistlichen Leben gewonnen, so lag ein weiterer Fortschritt nahe: unser Missions-Interesse mußte mit scineu Gebeten uud Gaben in den Dienst unser er Kirche sich stellen, es mußte aus einem allgemein evangelischen ein speciell lutherisches werden.

Diesen Fortschritt bezeichnet ein Syiwdalvortrag von 1857. I n demselben wurde ausgesprochen, wie die Missionssache nicht allein von der Synode aufgenommen sei, sondern auch bei den Gemeinden freudigen Anklang fiude;

es wurde aber auch darauf hingewiesen, wie die Mission erst dann recht gesegnet sein könne, wenn sie kirchlich - confessionell sei. Daraus ergab sich für uns die Verpflichtung, uns der Leipziger Lutherischen Missionsanstalt anzuschließen. Ucberhaupt war die Synode von 1857 von Bedeutung für die Missionssache: ein besonderes Missions-Comit6 war gebildet worden, das sich mit Leipzig und mit nnsern Nachbatprovinzen in Beziehung setzen, die Missionsbeiträge empfangen und weiter befördern, alljährlich auf der Synode Bericht über den Stand der Sache abstatten sollte u. s. w. Von da an hat die Missions-Angelegenheit einen festen und geordneten Gang bei uns gewonnen, und wenn auch mehre Gemeinden ihren früher einge»

gangenen Verbindlichkeiten gegen andere Missionsgesellschaften oder einzelne Missionäre getreu geblieben sind, so ist doch der bei weitem größte Theil unserer Einnahmen für Leipzig bestimmt. Ein Blick auf die Höhe dersel»

ben zeigt, so weit den Zahlen auch eine Beweiskraft inne liegt, daß die Theilnahme für die Mission von Jahr zu Jahr steige. I n diesem Mis>

sionsjahr (es läuft von Synode zu Synode) waren eingeflossen: für Leipzig

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3419 M l . , für Hcnuiannsburg 223 Rbl., für Bremen 32 Rbl., für Missionär Hahn 169 Rbl., für Basel 38 R b l . im Ganzen (mit Einschluß der nicht angeführten Kopeken) gegen 3888 Rbl. Aber noch eine andere Art der Betheiligung hat angefangen sich zn zeigen als Frucht dcö allsonn täglichen Gebets: der Herr möge Arbeiter in Seinen Weinbn-g senden.

Ans unserem Dorpat ist ein Bote bereits nach Ostindien gezogen; unter den Nationalen aber regt es sich auch an vielen Orten mit dem Vcrlan-gen, in den Dienst der Mission zu trete». I n Beziehung auf sie und die ihnen zu gewährende Vorbildung lagen uns nun zwei Vorschläge zur Ent-scheidnng vor; der eine lautet auf Einrichtung einer vorbereitenden Missions-fchnle, welche mit der Küsterschulc zu Walk verbünden werden sollte, der andere auf Errichtung einer eigenen Missionsanstalt in Dorpat. Glaubte die Synode auch gegen beide Vorschläge sich vorläufig noch ablehnend ver-halten zu müssen, weil die Dringlichkeit und Nothwcndiglcit solcher Eiiirich-tungcn noch nicht vorhanden sei, so sprach sie doch einstimmig die Ansicht ane, man habe sich dem laut werdenden Wunsche, in den Mission5dic»st z»

treten, gegenüber nicht nnlhätig zu verhalte«, es sei vielmehr die Pflicht der Pastoren, jedes Gememdcglicd, welches sich »ach Aller, Gesinnung und Ga-bcn dazu tauglich erweise, ernstlich zu prüfen und ihm alle erforderliche Hilfe zu leisten, daß es die nöthige Bildung auf Schule oder Universität für ein ihm angemessenes lutherisches Missionsgebict erhalte. Reichen die Kräfte, welche dem einzelnen Pastor zu Gebote stehen, dazu nicht aus, so habe er sich an die Synode um Beihülfe zu wenden. Damit aber ein Ucberblick über die vorhandenen Personen und Kräfte gewonnen würde solle jeder Pastor über das, was sich in seiner Gemeinde für den Missions»

dienst regt und hervortritt, an unsern Missions > Bevollmächtigten Pastor S o l o l o w s k i in Ronncburg Bericht abstatten.

Nur erfreulicher Art war, was Pastor S o k o l o w s k i über den Stand der Dinge in Leipzig wie in Ostindien mittheilte. I n Bezug auf die leidige Kastenfragc hat man sich dahin geeinigt, daß nach dem Vorbilde des apo-stolischen Verhaltens in Bezog auf heidnische Einrichtungen beim Ucbertritt zum Chlistcnthume Alles an der Kaste fallen müsse, was dem Evangelium widerspricht,

D r . G r a u l , dessen bezügliche Schrift das Ihre zur Feststellung dieses Verhaltens gethan, hält sich in Erlangen ans and wird durch literarische Thätigkeit mit der Mission in Verbindung bleiben. Auf Beschluß der Sy>

1 V 2 W. Schwattz.

node sollen ihm von unsern Missionsgeldem 100 Rbl. jährlich als Zuschuß zu seiner Pension zukommen.

Große Freude machten uns die Nachrichten vom Missionär N e r l i n g . A m Sonntage Rogate ist er zu Riga ordinirt worden und hat dabei viel Theilnahme und Liebe erfahren; am 3. Pfingstfeiertage aber wurde er von dem Präsidenten des Missions-Collcgiimis D r . H a r l e ß unter Assistenz un-seres Amtsbrudcrs, des Professors D r . A. von O e t t i n g e n , zum Dienste unter den Heiden ausgerüstet. Von London aus hatte er an unsern Bischof und au Pastor S o k o l o w s k i lauter Liebes und Gutes geschrieben. Jetzt ist er begleitet von unsern Gebeten nach einer glücklichen Fahrt bereits in Madras angelangt.

Nicht minder erfreulich war der Bericht über die fünf Jünglinge von 1 7 — 1 9 Jahren, welche sich bei dem Pastor Hansen in Paistel für den Eintritt in den Missionsdienst gemeldet hatten und von diesem mit Hülfe des Sprengels »Vicars untcrnchtct werden. Die Prüfung, welche mit ihnen im Januar von den durch die Synode ernannten Examinatoren vorgenoin»

nlen worden, hatte ein befriedigendes Resultat ergeben und sie fnr die Quarta des Gymnasiums reif befunden; mancherlei Prüfungen, welche ihnen aus ihren Lebensverhältnissen erwuchsen, hatten sie in ihren» Entschlüsse nicht zu erschüttern vermocht; es wurde nur auf die obrigkeitliche Erlaubniß gewartet, damit sie nach Leipzig gehen und in die ihnen im Missionshause frcigehal»

tenen Plätze eintreten könnten. Wie wir jetzt zu unserem Leidwesen hiren, ist jene Erlaubniß nicht gewährt worden. Sie werden daher vorläufig im Januar «,. c iu das Dorpater Gymnasium zur weiteren Ausbildung für das Leipziger Missionesemmar eintretcn.

An die Mittheilungen und Verhandlungen über die Heidenmission schloß sich ein Vortrag des Pastors K ü g l e r , durch welchen er zur Mission unter den Juden anzuregen suchte. Nachdem er das geistliche Elend des Volks geschildert, wies cr auf die Stellen des A..und N. Testaments hin, welche die einstige Bekehrung Israel's klar uud gewiß verheißen; diese Bekehrung könne aber nicht von einer wunderbaren Aiisgießung des h. Geistes, sondern allein von dem gewissenhaften Gebrauch der der christlichen Kirche anver-trauten Gnadeuuiittel, naimntlich vmi der Predigt des Evangeliums erwartet werden. Nachdem er sodann in übersichtlicher Weise gezeigt, wie sich die Kirche dieser ihrer Liebespflicht bisher angenommen, uud welche Erfolge sie namentlich in England und Preußen a,uf diesem Gebiete erlangt, schloß er

Die 28. livlünd. Provincinl-Synode. 1 l ) 3

daran die Bitte an die Synodalen, sie »lochten anch ihrerseits Israel's Hoffnung in, Herzen tragen und stellte drei Anträge: 1) den Gemeinden die heilige Verpflichtung der christlichen Fürsorge anch für dieses Volk etwa am 10. Sonntage n. Trinit. besonders ans Heiz zn lege»; 2) die Noth desselben auch sonntäglich in der Fürbitte vor den Herrn zn bringen; 3 ) in den Missionsstundcn auch der Mission unter dm Juden zu denken, und darüber zu berathen, was in Zukunft zu thun wäre, damit das Iudcnvoll, das sichi auch unter uns immer mehr ausbreite, für die Wahrheit in Christo gewonnen würde. — Während die Synode auf die beiden erstgenannten Punkte um so bereitwilliger einging, als dieselben in Livland schon viclfäl»

tig erfüllt werden, würde der letzte Punkt den Sprcngels-Synoden zur Be-rathiing überwiese»; die vorgetragene Arbeit aber sollte als Material dazu durch den Druck veröffentlicht werden. — Für Euch, die ihr solchen Ueber-fluß an Kindern Israels habt, wird dieser Gegenstand von ganz besonderem Interesse sein, nnd I h r werdet am Besten darüber urtheilen können, ob jene Ansicht, welche auch der verehrte L. Harms mit so großer Entschieden-heit vertritt, berechtigt sei, es bedürfe zur Bekehrung der Jude», soweit sie inmitten einer christlichen Bevölkerung lebe», keiner besondern Missionsan-stalten, sie könnten ja, wenn sie nur wollten, das Evangelium aus der Predigt und dein Leben der Christen kennen lernen. M i r erscheint dies«

Ansicht als eine z» abstracte und durch die Erfahrung keineswegs gerecht-fertigte; denn abgesehen davon, daß viele Juden, die in der Christenheit leben, doch keine Gelegenheit haben, die Verkündigung des läutern Evan-geliums z» hören, giebt es bei ihnen so viele alte nnd festgewurzelte Vor-urtheile zu überwinden, daß es dazu eines besondern Eingehens anf ihre Anschauungen unk dazu wiederum einer besondern Ausrüstung bedarf, wie sie uns durch unsere theologische und praktische Vorbildung für das A m t nicht geboten wird; was aber die Macht des christlichen Lebens betrifft, so sind viele Christen viel mehr darauf bedacht, im Verkehr mit den Juden sich ihnen gleich zu stellen, als ihnen ein erwcckliches Vorbild zn geben.

Doch wäre es jedenfalls heilsam, den Christen das Gewissen in Bezog auf ihre ernste Pflicht gegenüber den Juden zu schärfen.

Ich kann meinen Bericht über die Missions-Angclcgenheit nicht

Ich kann meinen Bericht über die Missions-Angclcgenheit nicht