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2.1 Tumortherapie beim Hund

Die Tumortherapie beim Hund besteht im Wesentlichen aus drei Säulen: die Tumor-chirurgie, Chemo- und Radiotherapie. Diese Therapieoptionen können beim Hund einzeln oder auch in Kombination angewendet werden. Die Tumorchirurgie wird pri-mär bei lokalen, nicht-metastasierenden, nicht infiltrativ wachsenden oder Tumoren früheren Stadiums angewendet und ist dabei in der Regel kurativ (GILSON 1998).

Diese wird, ebenso wie die Chemotherapie, auch zu palliativen bzw. zytoreduktiven Zwecken angewendet, um eine tumorspezifische Symptomatik zu verringern und die Lebensqualität zu verbessern (GILSON 1998). Zusätzlich können im Anschluss an eine Chirurgie Chemotherapeutika im Rahmen einer adjuvanten Therapie eingesetzt werden, mit dem Ziel verbliebene Tumorzellen oder Mikrometastasen zu eliminieren.

Die alleinige Chemotherapie wird beim Hund in der Regel bei nicht resezierbaren Tu-moren oder bei neoplastischen Veränderungen des lymphatischen sowie hämato-poetischen Systems angewendet (SIMON et al. 2006). Im Gegensatz zu der Chemo-therapie des Menschen werden beim Hund deutlich geringere Dosierungen von Chemotherapeutika eingesetzt, weshalb eine kurative Behandlung nur selten erreicht wird. Sie beschränkt sich somit in der Regel auf eine Verlängerung der Lebenszeit bei einer allgemein guten Lebensqualität unter der Therapie (ROWELL et al. 2011, BILLER et al. 2016). Als dritte Option in der Tumortherapie des Hundes wird insbe-sondere bei soliden Tumoren wie z. B. Mastzelltumoren eine Radiotherapie ange-wendet. Des Weiteren wird die Bestrahlung auch bei unsauberen Wundrändern bzw.

nicht vollständig resezierbaren Tumoren eingesetzt (KRY u. BOSTON 2014).

2.2 Warburg-Effekt

Unter normoxischen Bedingungen erfolgt die Energiegewinnung in nicht-neoplas-tischen Geweben über die Oxidation von Glucose über Pyruvat zu Acetyl-CoA (RACKER 1974). Die Verstoffwechselung von Pyruvat in Mitochondrien wird dabei durch das Enzym Pyruvatdehydrogenase (PDH) katalysiert. Das dabei entstandene

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Acetyl-CoA wird in den Zitratzyklus eingeschleust und zur weiteren Energiegewin-nung verwendet. Im Gegensatz dazu erfolgt die Energieproduktion in den meisten neoplastischen Geweben mittels der „aeroben Glykolyse“. Dieser sogenannte Warburg Effekt wurde bereits 1926 von Otto Warburg beschrieben, der schon zur da-maligen Zeit eine Störung im mitochondrialen Energiemetabolismus vermutete (WARBURG et al. 1926). Bei der „aeroben Glykolyse“ erfolgt die Energiegewinnung über die zytosolische Vergärung von Pyruvat zu Laktat, auch in Anwesenheit von Sauerstoff. Während der Karzinogenese kommt es zu einer Aktivierung von hypoxia-inducible-factor 1 alpha (HIF-1α) und in dessen Folge zu einer gesteigerten Exprimie-rung von Glukosetransportern sowie der AktivieExprimie-rung der PDK. Die Heraufregulation von Glukosetransportern stellt die Aufnahme von ausreichend Glukosenmolekülen sicher (SEMENZA et al. 1994). Des Weiteren wird PDH durch PDK inhibiert und eine Glykolyse ermöglicht (KIM et al. 2006; LUM et al. 2007). Im Zuge der gesteigerten Laktatproduktion kommt es zu einer Azidifikation des umliegenden Gewebes, welche zunehmend toxisch auf die normalen Zellen wirkt und somit eine Expansion der tumorösen Zellen ermöglicht (GATENBY u. GILLIES 2004). Die Azidifikation sowie die HIF-1α Induktion fördert die Angiogenese und stellt somit eine ausreichende Glu-koseversorgung des veränderten Gewebes sicher. Die damit einhergehende gestei-gerte Sauerstoffverfügbarkeit führt in den Tumorzellen nicht zu einer Revidierung des Energiemetabolismus hin zur Glukoseoxidation (WARBURG et al. 1926;

MICHELAKIS et al. 2008). Neben den bisher beschriebenen Vorgängen hat eine verminderte Zellatmung in den Mitochondrien eine verminderte Produktion von reaktiven Sauerstoffspezies (ROS) zur Folge. Im Verlauf der normalen Zellatmung und Alterung, reichern sich ROS im Mitochondrium an, die ihrerseits die Mitochon-drienmembran depolarisieren, spannungsabhängige Kanäle öffnen und somit pro-apoptotische Faktoren (z. B. Cytochrom C) freisetzen. In diesem Zuge kommt es zu einer Aktivierung von Caspase 9 und im weiteren Verlauf zum Zelltod. Dieser Mecha-nismus wird in Tumorzellen auf Grund der verminderten Zellatmung und somit aus-bleibenden ROS Produktion verhindert, welches eine Apoptoseresistenz nach sich zieht (PLAS u. THOMPSON 2002; KIM u. DANG 2005).

Literaturübersicht

13 2.3 Dichloressigsäure

Bei Dichloressigsäure (DCA) handelt es sich um ein kleines Molekül (150 kDa), welches eine hohe orale sowie parenterale Bioverfügbarkeit aufweist und in die meisten Gewebe inklusive des Gehirns penetriert (ABEMAYOR et al. 1984;

STACPOOLE 1989). Über die Hemmung der PDK aktiviert DCA indirekt den Enzymkomplex der PDH, welcher die Oxidation von Pyruvat zu Acetyl-CoA katalysiert (WHITEHOUSE u. RANDLE 1973; WHITEHOUSE et al. 1974) und somit die tumorspezifischen Störungen revidiert. Untersucht wird die Wirkung von DCA seit mehreren Jahren bei verschiedenen Erkrankungen des Menschen. Hierzu zählen kongenitale Mitochondriendefekte (STACPOOLE et al. 2006; STACPOOLE et al.

2008), Diabetes (STACPOOLE et al. 1978) und pulmonale Hypertension (HADDAD et al. 2010). Des Weiteren liegt seit einiger Zeit der Interessenfokus auf der Untersuchung der Wirkung von DCA auf verschiedenen humanen Tumorzelllinien (Pankreas (CHEN et al. 2009), Kolon (SANCHEZ-ARAGO et al. 2010), Brust (SUN et al. 2010), Ovar (SAED et al. 2011), Endometrium (WONG et al. 2008), Neuroblastom (VELLA et al. 2012), Glioblastom (MICHELAKIS et al. 2010), T-Zell Lymphom (KUMAR et al. 2012)). Bei Hunden wurden bis auf pharmakokinetische Eigenschaften von DCA sowie zur Therapie der Laktatazidose bisher keine Studien über die Wirksamkeit bei Tumorerkrankungen veröffentlicht (LUKAS et al. 1980, PARK et al. 1982, MAISENBACHER et al. 2013). In der Studie von Maisenbacher et al. (2013) konnte gezeigt werden, dass die Hunde den Wirkstoff in niedrigen Konzentrationen sehr gut vertragen und dabei keine Nebenwirkungen auftreten.

Trotz vielversprechender Ergebnisse beim Menschen wird die Toxizität von DCA noch kontrovers diskutiert. So musste eine klinische Studie von Kaufmann et al.

(2006) an Patienten mit MELAS Syndrom nach Auftreten teilweise irreversibler peripherer Polyneuropathien abgebrochen werden, während in einer anderen Studie von Stacpoole et al. (2006) keine Toxizität und kein Auftreten einer peripheren Neuropathie nachgewiesen wurde.

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2.4 Zellkultur als Alternative zum Tierversuch

Gemäß §7a des Tierschutzgesetzes (Bundesgesetzblatt (BGBl. I), Neufassung 2006, zuletzt geändert 2015) dürfen Tierversuche zur Prüfung der Wirksamkeit und Unbe-denklichkeit von Arzneimitteln eingesetzt werden, jedoch ist zu prüfen, ob dieser Zweck nicht durch andere Methoden erreicht werden kann. Da Zellkulturen ein aner-kanntes in vitro Modell sind (BALLS et al. 2002), ist ein Tierversuch bei unzureichen-den Kenntnissen über eine Substanz somit ethisch nicht vertretbar. Zellkulturen eig-nen sich als eine potentiell unbegrenzt verfügbare Ressource sehr gut, um metabo-lische Prozesse, Protein- und Genexpressionen sowie Änderungen der Vitalität unter Einfluss von Substanzen zu untersuchen (BURDALL et al. 2003). Sie tragen in er-heblichen Maß dazu bei, die von Russell und Burch et al. (1959) definierten drei R´s (Reduction, Refinement and Replacement) umzusetzen und Schmerzen, Leiden so-wie Schäden von Tieren zu vermeiden. Darüber hinaus stellt die Zellkultur eine ein-fache, kostengünstige und effiziente Methode dar (DOKE u. DHAWALE 2015).

Material und Methoden

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