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2. Public Private Partnerships

2.5 Verschiedene Realisierungsvarianten von PPP-Projekten

2.5.2 Vorstellung der einzelnen PPP-Modelle

2.5.2.2 Leasingmodell

Unter demselben Vorzeichen ist das Erwerbermodell grundsätzlich auch für die Sanierung von Bestandsgebäuden geeignet, die bis zum Ende der Betriebsphase im Eigentum des Auftragnehmers stehen.

Ziel des Modells, dessen englische Bezeichnung DBLOT-Modell (Design, Built, Lease, Operate, Transfer) lautet,215 ist die Überlassung eines vom privaten traggeber zu errichtenden Gebäudes zur Nutzung durch den öffentlichen Auf-traggeber in einem definierten Zustand über einen definierten Zeitraum. Zu die-sem Zweck wird ein Gebäude anhand der Vorgaben des öffentlichen Auftrag-gebers errichtet oder saniert. Auf einen Erwerb bzw. Eigentumsübergang, wie er beim Erwerbermodell im Vordergrund steht, wird dabei nicht abgezielt, ledig-lich auf eine Überlassung durch den Auftragnehmer.216

Die Finanzierung des Projektes erfolgt durch den Privaten mit Eigen- oder Fremdkapital auf eigene Rechnung und im eigenen Namen und ist indes nicht eigens Gegenstand des Vertrages der beiden Parteien. Während der Nutzungs-phase zahlt der öffentliche Auftraggeber dem privaten Auftragnehmer ein perio-disches Entgelt, welches Bestandteile zur Deckung der Investitions- und Finan-zierungskosten ebenso enthält wie Anteile zur Deckung der Kosten im Rahmen des Gebäudebetriebes. Da allerdings nicht unmittelbar auf einen Erwerb des Ob-jektes abgezielt wird, decken erstere Entgeltbestandteile regelmäßig über die Vertragslaufzeit nicht die gesamten Investitions- und Finanzierungskosten ab.

Stattdessen findet meist lediglich eine Teilamortisierung bis zum kalkulierten Restwert des Objektes statt.217

211 Vgl. Hügel (2006), Teil A, Rn. 8.

Regelmäßig erhält der öffentliche Auftraggeber

212 Vgl. Schilling (2004), vor § 535 BGB, Rn. 50.

213 Vgl. Hügel (2006), Teil A, Rn. 9.

214 Vgl. BMVBW (2003b). S. 94.

215 Vgl. Weber/Alfen/Maser (2006), S. 61.

216 Vgl. hierzu und zum Folgenden BMVBW (2003b), S. 94 ff.

217 Durch den Immobilien-Leasing-Erlass - Vollamortisationserlass für Immobilien, BStBl. I 1972, S. 188 -, der dem Auftragnehmer finanziell unattraktive Bedingungen voraussetzt, um wirtschaftlicher Eigentümer der Immobilie zu sein, tritt die Vollamortisation heute

43 dabei eine Option zum Erwerb nach Ablauf der Vertragslaufzeit zu diesem - bereits bei Vertragsabschluss - kalkulierten Restwert oder zur Vertragsverlän-gerung, wobei die Anschlusszahlungen dann über 75 % der marktüblichen Ver-gleichsmiete betragen sollte, da ansonsten eine „günstige Mietverlängerungs-option“ vorliegt, was eine wirtschaftliche Zurechnung des Leasinggutes zum Leasingnehmer zur Folge hätte.218

Eine Verpflichtung zum Erwerb des Objektes am zeitlichen Ende des Vertrages analog zum Erwerbermodell liegt beim Leasingmodell jedoch nicht vor. Ver-zichtet der öffentliche Auftraggeber auf eine ggf. eingeräumte Kauf- oder Nut-zungsverlängerungsoption, so hat er das Gebäude zu räumen und dem Auftrag-nehmer zur weiteren Nutzung zu überlassen. Ein Übergang des zivilrechtlichen Eigentums ist somit explizit nicht Ziel des Vertrages.

Auch beim Leasingmodell trägt der private Auftragnehmer die wesentlichen Risiken der Planungs- und Bauphase, analog zum Erwerbermodell.219

Aufgrund der Gestaltung der Leistungsbeziehung trägt der private Auftrag-nehmer in aller Regel über die Betriebsphase hinweg das Risiko der plötzlichen Verschlechterung bzw. des plötzlichen Untergangs des Objektes, also die allge-meine Sach- und Preisgefahr. Diese Risikoverteilung folgt dem Leasingerlass des Bundesministers für Finanzen vom 23.12.1991, wonach für eine regelmäßig angestrebte Zuordnung des wirtschaftlichen Eigentums des Objektes beim Lea-singgeber (Auftragnehmer) notwendig ist, dass dieser Träger der Sach- und Preisgefahr ist. Dementsprechend verfügt der Leasingnehmer (öffentliche Auf-traggeber) über Minderungsansprüche bei Beschädigung, Zerstörung oder Allerdings begründen sie sich bei diesem Modell nicht durch vertragliche Planungs- und Baupflichten des Auftragnehmers, sondern vielmehr aus seiner Pflicht zur Be-reitstellung und Nutzungsüberlassung einer Immobilie zu einem bestimmten Zeitpunkt in einem bestimmten Zustand. Unbeschadet dessen besteht die Mög-lichkeit individueller Vereinbarungen zur Kostenanpassung oder Ausschluss von Schadensersatzansprüchen des Auftraggebers, sofern vom Auftragnehmer nicht beinflussbare Ereignisse eintreten, die eine zeitliche und/oder im Kostenrahmen bleibende Fertigstellung unmöglich machen.

beim Immobilien-Leasing in den Hintergrund; vgl. BMVBW (2003b), S. 97. So weist Kroll darauf hin, dass es für einen Leasingnehmer unsinnig sei, einerseits die vollen Investitionskosten des Privaten zu decken, und anschließend noch einmal den Restwert der Immobilie zu zahlen; vgl. Kroll (2005), S. 22.

218 Vgl. Sabel (2006), S. 35 bzw. Teilamortisationserlass für Immobilien, BStBl. I 1992, S.

219 13. Vgl. zur hier vorgestellten Risikoverteilung beim Leasingmodell ausführlich BMVBW (2003b), S. 96 ff.

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fristig ausgeschlossener Nutzungsmöglichkeit des Objektes, sofern er sich für diese nicht verantwortlich zeichnet.

Bei einem herkömmlichen Immobilien-Leasing tritt der Auftragnehmer - also der Leasinggeber - i.d.R. alle Mängel-, Garantie- und Schadensersatzansprüche gegenüber den Herstellern und Lieferanten aus der Planungs- und Bauphase an den Leasingnehmer ab und haftet in Konsequenz nur noch subsidiär für deren Risiko der Insolvenz, Liquidation oder Unauffindbarkeit. Damit kann der Lea-singnehmer während der Betriebsphase gegenüber dem Leasinggeber keine Mängel- oder Schadensersatzansprüche geltend machen.220 Allerdings kann sich der Leasinggeber dem Risiko seiner Hersteller und Lieferanten nicht vollständig entziehen und haftet subsidiär.221

Das Finanzierungsrisiko liegt durch seine vorfinanzierende Stellung beim pri-vaten Auftragnehmer, wobei gewisse Preisrisiken wiederum individualvertrag-lich geregelt auf den Auftraggeber übergehen können.

Im Gegensatz dazu liegen bei einer PPP-Lea-singvereinbarung nach dem hier beschriebenen Modell mit den vertraglich fi-xierten umfassenden FM-Leistungen des Auftragnehmers die Gewährleistungs-risiken entgegen des typischen Leasinggeschäftes bei ihm und somit beim Lea-singgeber. Dies ist als wesentlicher Unterschied zum klassischen Immobilien-Leasing zu betrachten.

222

Das Verwertungsrisiko, insbesondere das Restwertrisiko und das einer wirt-schaftlich sinnvollen Weiternutzung, trägt - sofern keine Vollamortisation einbart wurde - der Auftragnehmer, wobei die Risiken steigen, je kürzer die ver-traglich vereinbarte Laufzeit im Verhältnis zur gewöhnlichen Nutzungsdauer des Objektes ist. Zwar verfügt der Auftraggeber i.d.R. über ein Recht zum Kauf oder der Weiternutzung des Objektes am Ende der Vertragslaufzeit, ist in der Aus-übung dessen aber frei.223

220 Vgl. BGH, NJW 1998, S. 1637.

Da bei Ausübung des Kaufrechtes durch den Auftrag-geber der Auftragnehmer dessen Bonitätsrisiko ausgesetzt ist, werden oftmals über die Vertragslaufzeit Zusatzzahlungen vereinbart, wodurch der Leasingneh-mer beim Leasinggeber ein Guthaben anspart, welches im Falle der Kaufoption aufgelöst wird und dementsprechend die Bonitätsrisiken des Leasinggebers sen-ken. Eine solche Regelung erscheint aufgrund der Bonität der öffentlichen Hand allerdings unnötig.

221 Vgl. auch Sabel (2006), S. 18, der zusätzlich darauf hinweist, dass eine Abwälzung der Sach- und Preisgefahr beim Leasing dem Grundgedanken eines Mietvertrages wider-spricht.

222 Vgl. dazu die Ausführungen unter Abschnitt 2.5.2.1.

223 Vgl. Weidenkaff (2009), vor § 535 BGB, Rn. 37 u. Rn. 67.

45 Die Vertragslaufzeit eines Leasingmodells ist analog des Erwerbermodells rela-tiv lang, meist 25 bis 30 Jahre, gleichsam unkündbar.224 Spätestens nach Ablauf von 30 Jahren besteht jedoch aufgrund des Charakters des Vertrages ein außer-ordentliches Kündigungsrecht gem. § 544 BGB. Dies qualifiziert die bei PPP anzutreffenden Leasing-Geschäfte als Arten des Finanzierungsleasings, die sich durch einen längerfristigen Zeitraum des Vertrages - sog. Grundmietzeit - aus-zeichnen, innerhalb dessen das Leasinggeschäft unkündbar ist.225 Beim sog.

Operate-Leasing hingegen handelt es sich meist um kurzfristige Verträge ohne festgelegte Grundmietzeit, die ein Kündigungsrecht enthalten.226 Die Leasing-raten beim Operate-Leasing decken die Investitionskosten des Leasinggebers grundsätzlich nicht, so dass eine mehrfache Vermietung des Leasingobjektes zur Amortisation der Kosten zwingend notwendig ist. Beim Finanzierungsleasing dagegen wird während der Grundmietzeit eine Teil- oder Vollamortisation der Anschaffungs- und Herstellungskosten des Leasinggebers erreicht.227

Ist der Auftraggeber zivilrechtlicher Eigentümer des Grundstückes und soll dieses Eigentumsverhältnis beibehalten werden, so besteht die Möglichkeit, den privaten Auftragnehmer mit einem Erbbaurecht gem. § 1 Abs. 1 ErbbauVO aus-zustatten, damit dieser das zivilrechtliche Eigentum am Gebäude erhalten kann.228 Dieses sollte jedoch zwingend die maximale Vertragsdauer von 30 Jahren überschreiten, da im Falle einer Nichtausübung der Kauf- oder Verlänge-rungsoption durch den öffentlichen Auftraggeber dem privaten Auftragnehmer ansonsten mit Verlust des Erhalts des zivilrechtlichen Eigentums keine Alterna-tive zur weiteren Verwertung des Objektes bzw. der Amortisierung seiner Kos-ten zur Verfügung steht. Das Erbbaurecht sollte daher auf mindesKos-tens 50 bis 60 Jahre ausgedehnt sein.229

Auch beim Leasingmodell kann die Forfaitierung mit Einwendungs- und Ein-redeverzicht zur Anwendung kommen.

Der zivilrechtliche Erwerb des Eigentums am Gebäude über einen „Scheinbestandteil“ scheidet indes durch die eingeräumte Kaufoption analog zum Erwerbermodell aus.

Ein Sale-and-lease-back-Geschäft stellt eine Sonderform des Finanzierungslea-sings dar. Der Leasingnehmer ist zunächst zivilrechtlicher Eigentümer des Lea-singobjektes, überträgt das Eigentum jedoch auf den Leasinggeber, um es

224 Vgl. auch hierzu die Ausführungen unter Abschnitt 2.5.2.1.

225 Vgl. Glaubig (1993), S. 10 f.

226 Vgl. Wieland (1976), S. 7.

227 Vgl. Tacke (1989), S. 13.

228 Vgl. hierzu und zum Folgenden BMVBW (2003b), S. 101 f.

229 So auch Seibel (1999), S. 198. Die Option Leasingmodell über ein Erbbaurecht wird wei-ter nicht betrachtet, vgl. auch Fn. 189.

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mittelbar im Anschluss von diesem wieder zu leasen.230

Auch beim Leasingmodell handelt es sich aus juristischer Beurteilung um einen Typenkombinationsvertrag.

Ziel ist regelmäßig ein Barwertvorteil und Freisetzung von Liquidität, wobei diese bei der öffentlichen Hand meist zur Entlastung des Haushaltes dient. Es kommt indes kein typisches Dreiecksverhältnis Leasingnehmer-Leasinggeber-Hersteller/Lieferanten zustan-de, dementsprechend kann auch keine Überwälzung von Mangel- und Gewähr-leistungsansprüchen an den Leasinggeber ggü. den Herstellern und Lieferanten erfolgen, welche allerdings wie beschrieben bei PPP-Verträgen und deren um-fassenden FM-Leistungen ohnehin in dieser Form nicht auftritt.

231 Der Leasingvertrag selbst in Bezug auf die Pla-nungs- und Bauleistung des Privaten ist zivilrechtlich kein eigenständiger Ver-tragstyp, das BGB kennt ihn außerhalb der verbraucherkreditrechtlichen Rege-lungen gem. § 500 BGB nicht.232 Auf die Planungs- und Bauleistungen findet aber auch kein Werkvertragsrecht Anwendung, da nicht Planung und Errichtung des Gebäudes, sondern die Überlassung eines Gebäudes zur Nutzung Mittel-punkt des Vertrages ist. Der Auftraggeber ist im Rahmen dessen schon während der Planungs- und Bauphase berechtigt, seine Beschaffenheitsvorgaben und den vorgegebenen Zeitplan zu überprüfen. Während der Betriebsphase liegt der Ver-tragsart nach „in erster Linie“ ein Mietverhältnis nach §§ 535 ff. BGB vor,233 sowie in Bezug auf ggf. abgetretene Gewährleistungsansprüche werkvertrag-liches Leistungsstörungsrecht gem. §§ 633 ff. BGB. Da zwar wesentlicher tragszweck eine Nutzungsüberlassung gegen Entgelt ist und somit dem Ver-tragsverhältnis nach ein Mietvertrag vorliegt, bei einem Immobilien-Leasing je-doch die Finanzierungsfunktion in den Vordergrund rückt, liegt abweichend vom klassischen ein atypischer Mietvertrag vor.234 Analoges gilt für das Sale-and-lease-back-Geschäft.235

230 Vgl. Weidenkaff (2009), vor § 535 BGB, Rn. 44.

Zusätzlich stellt die Einräumung einer Kaufoption einen wesentlichen Unterschied des Leasings zum klassischen Mietvertrag dar.

Die reine Kaufoption lässt das Geschäft selbst jedoch nicht zum Kaufvertrag werden: Die bloße Befugnis, in Zukunft ein Kaufrecht ausüben zu können, kann

231 Vgl. hierzu und zum Folgenden BMVBW (2003b), S. 104 ff.

232 Vgl. Habersack (2003), S. 2; Löbbe (2003), S. 7.

233 Vgl. BGH, BGHZ 68, S. 123; BGH, BGHZ 71, S. 193 f.; BGH, BGHZ 81, S. 302 f.;

BGH, BGHZ 96, S. 106.

234 Vgl. BGH, NJW 1982, S. 106; BGH, NJW 1986, S. 179; BGH, NJW 1989, S. 1280; aus-führlich Büschgen (1998), § 5, Rn. 6 ff. Ein Unterschied zwischen Leasing und Miete liegt darin, dass die Leasingraten anders als Mieten kein Entgelt für eine garantierte Ge-brauchstauglichkeit sind, sondern nur zur Bereitstellung des Leasingobjekts inkl. Einräu-mung einer ungestörten Nutzungsmöglichkeit darstellen; vgl. Sabel (2006), S. 17 m.w.N.

235 Vgl. BGH, NJW 1990. S. 830 f.; Graf von Westphalen (1998), Rn. 1425; Büschgen (1998), § 17, Rn. 4.

47 einer schon vereinbarten Eigentumsbeschaffung nicht gleichgesetzt werden.236 Im Unterschied zum Kaufvertrag zielt das Leasingmodell nicht auf die Ver-schaffung des Eigentums am Objekt gegen Entgelt ab, vielmehr handelt es sich um ein Dauerschuldverhältnis in Gestalt einer temporären Gebrauchsüberlas-sung.237

Die zivilrechtliche Einordnung des Entgeltes erfolgt gemäß dessen Bestandteil.

So findet auf den Investitions- und Finanzierungsanteil Mietvertragsrecht nach

§§ 535 ff. BGB Anwendung, während auf den Anteil für das umfassende Faci-lity Management Werkvertrags- bzw. Dienstvertragsrecht, §§ 631 ff. BGB bzw.

611 ff BGB, Anwendung findet.

Die Verpflichtung des Auftraggebers bzw. Leasingnehmers zur Räumung und Übergabe im vertragsgemäßen Zustand am Ende der Laufzeit fällt unter den Mantel des Mietrechts nach §§ 535 ff. BGB. Wird vom öffentlichen Leasing-nehmer eine Kaufoption am Vertragsende ausgeübt, so wird das Mietverhältnis beendet, es kommt ein Kaufvertrag gem. §§ 433 ff. BGB zustande.

Das Leasingmodell eignet sich sowohl für Neubauten, als auch für zu sanierende Gebäude im Eigentum des Auftragnehmers. Durch die Variante Sale-and-lease-back eignet es sich zusätzlich insbesondere auch für bereits im Eigentum des öffentlichen Auftraggebers befindliche Gebäude.