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4. GRUNDZÜGE UND ÖKONOMISCHE PROBLEME DES MAROKKANISCHEN AGRARSEKTORS MAROKKANISCHEN AGRARSEKTORS MAROKKANISCHEN AGRARSEKTORS

4.8 Landwirtschaftliche Produktion

4.8.1 Entwicklung der landwirtschaftlichen Produktion

Um die Entwicklung der landwirtschaftlichen Produktion darzustellen, benutzen wir als Massstab das bereits verwendete Aggregat "landwirtschaftliches

Bruttoinlandprodukt zu konstanten Marktpreisen von 1960". Dieser von der LW erzielte Bruttoproduktionswert erreichte im Durchschnitt der Jahre 1960-62 2,6 und im Durchschnitt der Jahre 1975-77 3,7 Milliarden DH. In der Zwischenzeit ist er zwar Schwankungen unterworfen gewesen (vgl. Tab. 4.18), erzielte jedoch eine

durchschnittliche jährliche Wachstumsrate von 2,43 %. Diese Zahl liegt aber unter derjenigen des gesamten Bruttoinlandprodukts von 4,3%. (Referenzperiode für beide Wachstumsraten ist 1960-62/1975-77.) Der Agrarsektor hat somit eine

unterdurchschnittliche Entwicklung erfahren. Misst man diese Entwicklung - mit Berücksichtigung des Bevölkerungswachstums - am landwirtschaftlichen

Bruttoinlandprodukt pro Kopf, so sieht sie noch schlechter aus (s. Tab. 4.18, 6. und 7. Kolonne). Der erwähnte Indikator beträgt im Durchschnitt der Jahre 1960-62 215,8 und im Durchschnitt der Jahre 1975-77 lediglich 210,2 DH. Dies bedeutet für die gesamte Periode einen Rückgang von 2,6 % oder 0,2 % pro Jahr.

Tabelle 4.18: Entwicklung des landwirtschaftlichen Bruttoinlandprodukts pro Kopf.

Konstante Marktpreise von 1960, 1960-1977, in DH und als Indexreihe

Quelle: Tab. 4.1 und 4.2 sowie eigene Berechnungen

Ein für die Beurteilung der Produktionsentwicklung und somit auch der Einkommenslage der marokkanischen Bauern noch präziseres Mass ist das landwirtschaftliche Bruttoinlandprodukt pro Beschäftigten im Agrarsektor. Dieser Indikator, der die durchschnittliche Arbeitsproduktivität in diesem Sektor angibt, beträgt für 1960 1'477 DH und für 1977 1'667 DH (siehe Tab. 4.19). Wir haben somit für die. gesamte Periode eine Wachstumsrate von 13 % oder 0,72 % im Durchschnitt pro Jahr. Dies ist im nationalen wie im internationalen Vergleich eine sehr geringe Produktivitätssteigerung.

Tabelle 4.19: Entwicklung des landwirtschaftlichen Bruttoinlandprodukts (LBIP) pro Beschäftigten im Agrarsektor, in konstanten Markpreisen von 1960, 1960-1977

Quelle: Zusammengestellt nach Tab. 4.2 und 4.10 sowie eigenen Berechnungen

4.8.2 Struktur der landwirtschaftlichen Produktion

4.8.2.1 Grobstruktur der landwirtschaftlichen Produktion

Die landwirtschaftliche Produktion Marokkos ist grösstenteils pflanzlicher Herkunft, wie dies zahlenmässig in Tab. 4.20 wiedergegeben ist. Im Mittel der Jahre 1961-65 entfielen rund 73 % auf pflanzliche und 27 % auf viehwirtschaftliche Erzeugnisse.

Diese Grundstruktur hat sich inzwischen kaum wesentlich verändert. Der Anteil des Pflanzenbaus an der gesamten Agrarproduktion ist zwar geringfügig

zurückgegangen, beträgt jedoch auch 1978 ca. 66 %.

Tabelle 4.20: Zusammensetzung der landwirtschaftlichen Produktion, bewertet zu konstanten Durchschnittspreisen von 1961-65, 1961-78, in Mio DH und in %

1) Bewertet zu laufenden Marktpreisen, deshalb der sehr grosse Betrag

Quelle: Errechnet nach:

- Marokko- Weltbank 1977, 2. Teil, Tab. 7.2 - MARA: Plan 1981-85, Vol. II, Tome I, S. 34

Diese Produktionsstruktur hat offensichtlich schwerwiegende Folgen, die v.a. darin bestehen, dass das Land, wie wir es unten für einige Produkte zahlenmässig belegen werden, ein grosses und zunehmendes Defizit an tierischen Produkten aufweist. Dies bedeutet entweder Verzicht und damit Fehlernährung (Mängel an tierischen Proteinen und bestimmten Vitaminen, s. Pkt. 6.1.1) oder Deckung durch kostspielige Importe (s. Pkt. 10).

4.8.2.2 Pflanzliche Produktion

Gesamthaft gesehen hat die pflanzliche Produktion seit der Unabhängigkeit zugenommen. Der Rhythmus dieses Wachstums ist jedoch von Zeitperiode zu Zeitperiode unterschiedlich gewesen. So betragen die realen durchschnittlichen jährlichen Wachstumsraten 2,6 % für 1951-55/1961-65 und 3,3 % für 1961-65/1971-75. Diese sehr globalen Zahlen dürfen jedoch nicht über die unterschiedliche

Entwicklung der einzelnen pflanzlichen Erzeugnisse hinwegtäuschen. Tab. 4.21 zeigt im Einzelnen die volumenmässige Entwicklung der wichtigsten dieser Produkte für die Zeitperiode 1970/71-1977/78. Bezüglich der Zusammensetzung der pflanzlichen Produktion kann nach einer Studie des Landwirtschaftsministeriums, die sich auf den Durchschnitt der Periode 1969-1974 bezieht, Folgendes festgehalten werden:

a) Der überwiegende Teil der pflanzlichen Produktion entfällt auf den Getreideanbau (Hartweizen, Weichweizen, Gerste, Mais, Sorgho, Reis und sonstige Getreide).

Sein durchschnittlicher Anteil an der gesamten Anbaufläche beträgt ca. 78,2%

und derjenige an den Gesamterträgen ca. 49,2 %. Dabei ist Gerste mit 33,4 % der gesamten Anbaufläche bei weitem das wichtigste Produkt der

marokkanischen Landwirtschaft, gefolgt von Hartweizen (ca. 25 %).

b) Die zweitwichtigste Produktgruppe umfasst die primären Baumkulturen

(Zitrusfrüchte (v.a. Orangen, Clementinen, Zitronen und Pampelmusen), Oliven und Weinbau) und die sekundären Baumkulturen (Mandeln, Feigen). Ihr Anteil an der gesamten Anbaufläche beträgt 9,1 % im Durchschnitt.

Tabelle 4.21: Volumenmässige Entwicklung der wichtigsten pflanzlichen Erzeugnisse, in 100 Doppelzentner, 1970/71 - 1977/78

a) Tomaten, Kartoffeln, Frischgemüse und sonstige Gemüse b) nach "office de Commercialisation et d’exportation" (OCE) c) Schätzung

d) Nur Tomaten und Kartoffeln

Quelle: MARA: Statistiques agricoles

c) An dritter Stelle kommen die Leguminosen (Pferdebohnen, Kichererbsen, Erbsen, Linsen und sonstiges). Ihr Anteil an der gesamten Anbaufläche beträgt 8,6 % im Durchschnitt.

d) Im vierten Rang steht der Gemüsebau (Tomaten, Kartoffeln, Frischgemüse und sonstige Gemüse), mit einem durchschnittlichen Anteil an der gesamten

Anbaufläche von 2 % und an den Gesamterträgen von 4.1%.

e) An 5. Stelle kommen die "cultures industrielles" ('industrielle Kulturpflanzen:

Zuckerrohr, Zuckerrüben und Baumwolle), mit einem mittleren Anteil an der Anbaufläche von ca. 1,47 % und an den Gesamterträgen von 16,6 %.

f) Schliesslich sind noch die Ölsaaten zu erwähnen (Sonnenblumen, Erdnüsse und Leinsamen). Ihr mittlerer Anteil an der Anbaufläche beträgt ca. 0,63 % und an den Gesamterträgen 0,3 %.

4.8.2.3 Tierische Produktion

Die tierische Produktion hat seit der Unabhängigkeit eine von Zeitperiode zu Zeitperiode sehr unterschiedliche Entwicklung erfahren. So ist sie in den Jahren 1951/55-1961/65 zurückgegangen, und zwar im Durchschnitt um etwa 1,2 % pro Jahr. In den nachfolgenden Jahren hatte sie sich dann aber erholt und sogar durchschnittlich um 2 % pro Jahr zugenommen. Wie sich diese Entwicklung im Einzelnen für die verschiedenen tierischen Erzeugnisse, v.a. in den 70-er Jahren vollzogen hat, zeigt Tab. 4.22.

Tabelle 4.22: Viehbestand und Volumen der tierischen Produktion, 1971 - 78

1) Ausgenommen traditioneller Sektor, 2) Kuh-, Schaf- und Ziegenmilch

Quellen:

MARA: Statistiques agricoles

Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Länderkurzbericht Marokko 1980. Wiesbaden 1980, S. 18 ff.

4.8.3 Selbstversorgungsgrad

Nach der kurzen Besprechung der Entwicklung und Struktur der landwirtschaftlichen Produktion soll nun diese zur inländischen Nachfrage in Bezug gesetzt werden. Dies erfolgt durch die Berechnung des Selbstversorgungsgrades. Tab. 4.23 gibt diesen für die wichtigsten Produkte des täglichen Konsums der marokkanischen Bevölkerung an:

Tabelle 4.23: Selbstversorgungsgrad bei den wichtigsten Nahrungsmitteln, 1960-1979, in %

Quelle: MARA: Plan 1981-85, Vol. II, Tome I, S.295

Mit Ausnahme des Zuckers hat sich der Selbstversorgungsgrad bei allen anderen in Tab. 4.23 dargestellten Agrarprodukten verschlechtert. Dies kann nicht als Erfolg für die marokkanische Agrarpolitik gewertet werden, vor allem wenn man bedenkt, dass nach der Unabhängigkeit der Landwirtschaft die erste Priorität in sämtlichen

Entwicklungsplänen eingeräumt wurde (vgl. Kapitel 5).