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Die Landwirtschaft im XIX. Jahrhundert

Im Dokument BIBLIOGRAPHIC MICROFORM TARGET (Seite 29-33)

Die bisherigen Ausführungen schildern den Stand der Landwirtschaft gegen Ende des XVlll. Jahrhunderts.

Wenn

unsereGemeinden den Fortschritten, die sich

um

diese Zeit in anderenGegenden schonzeigten, nichtfolgten,soliegtdies wohl

zum

Teilan derSchwerfälligkeit, die

dem

Bauernstände eigen ist und an

dem

völligen Mangel angesteigerten Fach-kenntnissen,

zum

größten Teil jedoch an derniederen gesell-schaftlichenStellung und derGebundenheitdesBauernstandes.

Im Folgenden wollen wir versuchen, diezu Beginndes XIX.

Jahrhunderts in Angriff

genommene

und im zweiten Drittel desselben beendete Befreiung derBauernund diehierdurch be-1)1 Albus

=

12 Heller, 27 Albus

=

1 Steuergulden, 32 Al-bus

1 Taler.

2)Avenarius,a,a.O.p.124.

ij

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wirkten Fortschritte in derAusübungderLandwirtschaftkurz zuschildern.

DieersteAnregung zueinerEntlastungdes Bauernstandes gaben die durch diefranzösischeRevolution verbreiteten frei-heitlichenIdeen. Eine ErleichterungdesBauernstandes tratin einigen Ländern schon zur Zeit der Napoleonischen Kriege ein. So groß auchdasUnglückunddieSchmach war,welche durchsieüber Deutschland kam,sohatten dieseKriege doch aufderanderenSeitedasGute,daßdurchsieauch inPreußen dasschon von FriedrichII. aufden preußischen

Domänen

in Angriff

genommene Werk

der Bauernbefreiung aufs

Neue

mächtig angeregtund nachhaltiggefördertwurde. Im König-reiche Westfalen hatte Napoleon selbst die Leibeigenschaft durch dasEdikt

vom

12.Dezember 1808 teilweise beseitigt, und nach seinem Sturz sehen wir dieSache der hessischen Bauern imParlament zu Kassel durchMänneraus ihrerMitte vertreten.

DieErlangung der vollen persönlichen Freiheit war für die Bauern eineErrungenschaft von größter Bedeutung. Sie war nicht nur an sich von höchstemWert, sondernäußerte mittelbaraucheinesegensreicheWirkung insofern, alssieeine allmähliche

Hebung

auchdesgeistigen Lebens nach sich zog.

Zu

einerVerbesserungdeslandwirtschaftlichen Betriebes konnte sieallergingserstführen, nachdem auch noch dievielen Ver-pflichtungen der Bauern gegen Gutsherrn, Gemeinde und Nachbarn beseitigtwaren.

So lange nichtauch diefreieBenutzung desBodens er-reicht war, konnte der Einzelne unmöglich die Fortschritte nützen, welche

um

die

Wende

desXVIII. und XIX. Jahrhun-hunderts aufkamen und eine Steigerung der Bodenrente in sichere Aussichtstellten.

Pflanzenbau.

Zu

den wichtigsten dieser Fortschritte gehörte die Ein-führung des Kartoffelbaus und die desF'utterbaues auf

dem

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Ackerlande. Sie bedeuteten nicht nur eineErweiterung der Zahl der Kulturgewächse, sondern führten auch zu durch-greifenden Änderungen der bisherigen Wirtschaftsweise. Die

[

Kartoffel wurde von

dem

preußischen Kriegsrate v. Ditfurth aus der Provinz Sachsen in denKreis Rintelneingeführt. Nach dieserFrucht,dieanfänglich gartenmäßig angebautwurde, ent-stand in kurzerZeit, namentlich nachAblösung derZehnten und

dem

Entstehen derBrennereien, einederartigeNachfrage, daßsich ihrfeldmäßiger

Anbau

rasch immer mehrausbreitete.

I DieEinführungdes Futterbaues in bäuerlichen Besitzungen war den

Domänen

und größeren Güternzu verdanken. Auf denreicheren Böden baute

man

Rotkleeundfür diegeringeren undkalkhaltigen Böden unsererGemeinden zog

man

die Es-parsettevor.

Das kurhessische Gesetz

vom

23.6.1832, dieAblösung der ZehntenundDienste betreffend^), hatte dieAufhebungder

, Dreifelderwirtschaft imGefolge, an derenStelle zunächst die

I

Sechsfelderwirtschafttrat, die sichmeistens,wiefolgt,gestaltete:

I 1. Schwarzbrache,

2.

Roggenoder Kartoffel, 3.

*2 Gerste, 2 Gersteu. Hafer mit Kleeuntersaat, 4.

'2 Bohnen, '2Mäheklee, 5.

Roggen oderRoggen u. Weizen, 6.

Hafer.

Das Aufgeben deraltenDreifelderwirtschaft bedeuteteden erstenSchrittzu einergedeihlichenFortentwicklung der Land-wirtschaftundzurBegründungbäuerlichen Wohlstandes.

Wenn

auch zunächst dieErträgeanden einzelnen Feldfrüchten nur in geringem

Maße

Zunahmen,weil es nochanStallmistfehlte, so vermehrte doch schon die Einschränkungder Brache,der

Anbau

von Hülsenfrüchten und der Fruchtwechsel die Ein-künfte.

Mit der Einführung derStallfütterung und

dem Anbau

von Futtergewächsenauf

dem

Feldegingesnurlangsam

vor-1)Kurhessisches Gesetzvom23.Juni1832.

\ i

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wärts, da ihrdas Huterecht im

Wege

stand. Einmalnämlich begriffderBauerdie Vorteile, dieihm derFutterbau in Aus-sicht stellte,nichtso schnell und2.konnte ersichnurschwer entschließen auf ein Recht zuverzichten, das ihmbisherdie Sorge für dieUnterhaltung seinesViehbestandes fürmehrere Monate des Jahres

abgenommen

hatte. Endlich wurde der Fortschrittnochdadurch verzögert, daß es

dem

kurzsichtigen Neide derBauern schwerwurde, mit anzusehen,wiefremdes Vieh dieFelder beweidete,währenddas eigeneimStallestand.

Auch

der

Anbau

von Wurzelgewächsen

kam

vor

Beseiti-gung

desFlurzwangesnicht über seineAnfänge hinaus.

Man

baute die Runkelrübeund dieweißeWasserrübe. Die Runkel-rübe zog

man

in den etwa Morgen großen Hausgärten neben den nötigen Küchengewächsen,

um

sieim Winter den Zuchtsauen alsBeifutter geben zu können.

Den Samen

der Wasserrübesäete

man

auf Brachfelder,diedann, fallssiesonst

dem

Huterechte unterworfen waren, nicht beweidet wurden.

Man

füttertedamitdieKuh, die

man

zurDeckung des Fleisch-bedarfesnebenmehreren Schweinenschlachtete. DerBrauch, jährlich eine

Kuh

oderein Rind zuschlachten, erhieltsich in hiesiger

Gegend

bis gegen das Ende desXIX.Jahrhunderts

und

wurde von jedemgrößeren Besitzerbeobachtet.

EineÄnderung im

Anbau

derHalmfrüchte vollzogsich insofern, als

man

denOerstenbau,dersich fürden Boden un-serer Gemeindennicht eignetenachAblösung der Zehntpflicht aufgab. Es erhellt daraus, welcheNachteile der zwangsweise

Anbau

derGerste den Bauerngebracht haben muß, dienur,

um

den Zins an Gerste aufzubringen, genötigtwaren, dieser Fruchtoftgroße FlächenAckerlandeseinzuräumen.

An

Stelle der Gerste traten andere Halmfrüchte, wohl auch Kartoffeln

und

Esparsette.

Der Weizenbau scheint auf Kosten desRoggenbaus zu-rück gegangen zu sein, da erin deroben erwähnten Frucht-folgealsunvermischt angebautnichtangeführt wird. Indieser

Änderung

istwohl einBeweisfür daswachsendeVerständnis

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derBauern bei derAuswahl der für ihren Boden geeigneten Fruchtgattung zusehen.

InderBestellung desBodens und derPflege derSaaten ließ sich ein Fortschrittnicht erkennen, denn von einer

Ab-nahme

derüberausstarken, im Laufe derZeiten eingetretenen Verunkrautung derFelder war, wie Augenzeugen versichern, nichts zu merken.

Von

den 6Ctn. Frucht, welche

man

etwa

vom

Morgen eines Roggenfeldeserntete, bestanden zwei Ctn.

aus Unkrautsamen,namentlich aus

dem Samen

der Ackertrespe.

DerErtrag an Roggen wurde hierdurch derartig herunterge-drückt,daß, wieberichtetwird,sogar diegrößtenBauernden Überschuß an Roggen überden Bedarf fürdie eigene Wirt-schaft auf

dem

Rücken eines Pferdes

zum

Verkauf zu der in Antendorf befindlichen Kornbrennereischicken konnten.

Auffallend ist, daß

man

dieansich nicht großenFlächen Ackerlandes vielfach durch Liegenlassen einzelner Stücke als

Hutkämpe

nochverringerte. MancherSchlag, derin den Ka-tastern anfänglich alsAckerland eingetragen ist,wirdspäterals

»Hutkamp« aufgeführt. Solche

Hutkämpe

wurden, falls sie nichtschon während ihrerBenutzung alsAckerland eingefrie-digtwaren, mitHecken umgeben.

Man

legteüberhaupt der EinfriedigungderÄckerdurchHecken großen Wertbei. Nach Angabe eines Gewährsmannes war jedes über drei Morgen große StückLand mitHecken umgeben. Die Gemeindelände-reien waren ausnahmslos von den übrigen Feldern durch Hecken geschieden, die häufig eineBreite von 2

3Metern erreichten, sodaßdurch ihren Wegfall bei derVerkoppelung und Aufteilung der Gemeinheiten das vorhandene nutzbare Ackerland etwa

um

ein Drittel vergrößert wurde. DerSchaden, den diese Einfriedigung noch nebenbei durch Abschluß des Sonnenlichtes und Aussaugung desBodens denBesitzern im Laufe der Jahre gebracht hatte,istunberechenbar.

Um

das Jahr 1838^) hatten die verschiedenen Boden-erzeugnisse diefolgenden Preise:

1)Kröger,a.a.O.p.75.

58

1 Himten Weizen 1 Taler

Silbergroschen

Heller,

1 » Roggen

» 22 » 6 »

Um

das Jahr 1860 stellten sich diePreise derFrüchte wiefolgl:

1 Himten Weizen 1 Tal. 19 Grsch.

1 » Roggen 1 » 14 »

Ein Vergleich beider Übersichten zeigt, daß die Preise derHalmfrüchte in derZeitvon 20Jahrenbeinahe

um

100"/o stiegen, die derKartoffeln unddesHeues sich gleichblieben und diederRübsamennur einemäßige

Zunahme

zeigen.

Bodenwerte.

Der Kaufpreis eines Morgen Landes stellte sich in der GrafschaftSchaumburg

um

das Jahr 1866-) auf:

96Talerbei größeren Parzellen

110 » » mittleren »

125 » » kleineren »

140 » » einzelnen »

Der Pachtpreisbetrug;

4,8Taler bei größerenGütern

5,6 » » mittleren »

6,5 » » kleinern »

7,0 » » einzelnen Parzellen

1)Kröger, aa.O.p74.

2iStatist,desKurfürsten!.Hessenv.1866p.15.

Nach Kröger^) waren dieKauf-und Pachtpreisevon 1840

1860

um

80

100"/ogestiegen. Hieraus läßt sichschließen, daß

um

1840ein

Morgen

Ackerland etwa einenWerthattevon:

50Talerauf größeren Gütern i;

55 » » mittleren »

j

;

65 » » kleineren » j;

75 » » einzelnen Parzellen.

|

-Aus einem Vergleich dieser Zahlen mit jenen die

am

i;

Schluß desXVllI.JahrhundertsfürunsereGemeinden Geltung

| i

hatten, läßt sich dieSteigerung derBodenpreise in unseren

|j

Gemeinden nicht sicher ableiten. In den amtlichen statisti- i;

sehenAngaben finden sich nämlich nur Durchschnittszahlen fürdenganzenKreis,währendsich jene Zahlenaufdie Durch-schnittspreise von Grundstücken bestimmter Ortschaften be-ziehen, die einmal für den Verkehr ungünstig lagen, ferner auchgeringeren Boden hattenund daherden fürden ganzen Preisgültigen Durchschnitt vermutlicbnicht erreichten. Einen ungefähren Anhalt für die Beurteilung der Größe des Zu-wachses der Bodenwerte wird uns aber eine Vergleichung immerhin geben, zumal

wenn

wir dieZahlen fürdie Boden-werte dermehrbegünstigtenGemeinde Antendorf heranziehen, ln Antendorfkostete

um

1782der

Morgen

Land:

I. Klasse50Taler

II. » 40 *

III. » 30 »

IV. » 20 »

V. » 15 »

I

m M

itte1 30 »

Der Pachtpreis betrug proMorgen:

I. Klasse2,5Taler

II. » 2 »

60

Vergleichen wir diese Mittelzahlen mit

dem

Mittel, welches sich ausdenZahlen ergibt,dieübermittlere, kleineGüter und einzelne Parzellen in deramtlichenStatistikangegebensind,so zeigt sich ein Zuwachs des Bodenwertes von 1782bis 1840

um

etwa 100°/o.

Einführung landwirtschaftlicher Maschinen und

Im Dokument BIBLIOGRAPHIC MICROFORM TARGET (Seite 29-33)