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4.1.1 Auswahl des Modells

Da das Schwein dem Menschen in Bezug auf die Anatomie, Morphologie und Physiologie des GIT sehr ähnlich ist, wird es für ernährungsphysiologische Fragestellungen häufig als Modelltier für den Menschen eingesetzt (MOUGHAN et al. 1994). So hat sich das adulte pankreasgangligierte Göttinger Miniaturschwein in zahlreichen Studien als Modell für Untersuchungen zu den Auswirkungen der PEI beim Erwachsenen bewährt (ABELLO et al.

1989; TABELING 1998; FASSMANN 2001; HELDT 2001; MANDISCHER 2002;

FUENTE-DEGE 2003; KAMMLOTT 2003; KARTHOFF 2004; BECKER 2005; ZANTZ 2006; CLASSEN 2008; KALLA 2009; LOOCK 2010; KRAMER 2010; KOCH 2011).

Zu bedenken sind beim Einsatz des Schweines für humanmedizinische Fragestellungen jedoch auch einige anatomische Unterschiede; so münden Gallengang und Pankreasausführungsgang beim Menschen gemeinsam in das Duodenum, beim Schwein dagegen an verschiedenen Lokalisationen. Auch der relative Anteil des Dickdarms an der KM unterscheidet sich zwischen den beiden Spezies; beim Schwein nimmt dieser einen größeren Anteil an der KM ein (MOUGHAN et al. 1994). In zahlreichen Studien wurden auch schon Ferkel als Modelltiere in Untersuchungen zur Neugeborenenernährung genutzt (SCHNEIDER und SARETT 1966; BLAKEBOROUGH et al. 1983; NEWPORT und HENSCHEL 1985;

MOUGHAN et al. 1990; BORUM 1993; INNIS 1993; SHULMAN 1993), da die Aktivitäten der Pankreasenzyme beider Spezies vergleichbar sind. Allerdings entspricht dabei ein etwa 3 Wochen altes Ferkel einem etwa 3 Monate alten Kind, wenn man diesbezüglich von vergleichbaren Bedingungen ausgehen will (MOUGHAN et al. 1994). Des Weiteren weisen Schweine – im Vergleich zum Menschen – eine stärker ausgeprägte permanente Mikroflora in Magen und Dünndarm auf (MOUGHAN et al. 1994). Beim Einsatz von Laktulose im Futter stellten KAMPHUES et al. (2007) fest, dass beim Schwein - im Unterschied zum Menschen - nur Spuren von Laktulose den Dickdarm erreichten und keine fermentative Diarrhoe auftrat.

Dies zeigt, dass Schweine bereits praecaecal große Mengen an Laktulose mikrobiell verdauen können, und zwar im terminalen Ileum, wo auch deutlich höhere Keimzahlen vorkommen.

Zu bedenken ist auch, dass die Versuchstiere im vorliegenden Versuch nur pankreasinsuffizient waren, jedoch nicht von der Mukoviszidose betroffen waren. Zahlreiche Faktoren, die bei Mukoviszidose kranken Kindern - neben der Pankreasinsuffizienz - eine zusätzliche Rolle spielen, wie das viskösere Lungen- und Darmsekret, postnataler Mekoniumileus und daraus möglicher Weise resultierende Folgen (Ileumresektion), distales intestinales Obstruktionssyndrom sowie eine enorme Belastung des Immunsystems aufgrund der bakteriellen Besiedelung der Lunge (siehe Kapitel 0 und 2.1.4.2) konnten daher im vorliegenden Versuch nicht berücksichtigt werden. Insgesamt ist also davon auszugehen, dass die Entwicklung von Kindern mit einer Mukoviszidose in noch stärkerem Maße beeinträchtigt ist, als dies hier mit dem Modell „junges pankreasgangligiertes Schwein“ simuliert werden kann. Andererseits dürften wesentliche PEI-Effekte, die mit Verdauungsprozessen sowie der Nutzung von Nährstoffen und Energie in Zusammenhang stehen, und die Entwicklung wachsender Individuen betreffen, durchaus in diesem Modell zu eruieren und näher zu charakterisieren sein.

4.1.2 Eingesetzte Versuchstiere

Die Zahl der in den einzelnen Gruppen eingesetzten Tiere betrug in beiden Durchgängen für die jeweilige Behandlung bzw. Gruppe n = 4, d.h. es wurde eine vergleichsweise geringe Tierzahl verwendet. Der Grund hierfür liegt insbesondere in der aufwendigen OP-Technik zur Induktion der PEI und dem erheblichen Betreuungsaufwand für die erfolgreich operierten Tiere. Problematisch ist aufgrund der geringen Tierzahl der große Effekt einzelner Individuen auf den Mittelwert einer Gruppe, bzw. die mögliche statistische Absicherung.

Auf eine PL-0-Gruppe wurde im 2. DG verzichtet, da diese für die Frage nach den Auswirkungen einer höheren Enzymdosierung keine Relevanz hatte. In Bezug auf die unterschiedlichen Applikationsformen von fettlöslichen Vitaminen sollte zunächst nur geprüft werden, welche Dosierung bzw. Form der Applikation bei PL+E-Tieren geeignet sein könnten. Sollten sich die eingesetzten Dosierungen oder Applikationsformen bei PL+E-Tieren als ungeeignet erweisen, würde sich eine Überprüfung bei PL-0-Tieren erübrigen. Aus tierschutzrechtlicher Sicht war der Einsatz dieser Versuchsgruppe somit nicht gerechtfertigt.

Im Unterschied zu den vorangegangenen Studien war es im vorliegenden Versuch nicht möglich, die einzelnen pankreasgangligierten Tiere in den verschiedenen Gruppen (PL+E vs.

PL-0 im 1. Durchgang; PL+E+Vit.par vs. PL+E+Vit.oral vs. PL+E im 2. Durchgang) im lateinischen Quadrat zu wechseln, um individuelle Effekte einzelner Tiere auf bestimmte Parameter auszuschließen, da die in dieser Studie untersuchten Effekte wie z.B. auf das Wachstum oder die Konzentration an fettlöslichen Vitaminen im Serum und Lebergewebe längere Zeiträume erfordern um möglicherweise behandlungsabhängige Veränderungen überhaupt erkennen zu können.

Um bestimmte Einflüsse des Individuums (Wachstumsrate) zu minimieren und möglichst gleiche Ausgangsbedingungen zu schaffen, wurden aber zu Versuchsbeginn die Tiere anhand ihrer KM vor der OP auf die verschiedenen Gruppen verteilt.

4.1.3 Kotkollektion

Die Tiere wurden auch während der Kotkollektion (Phasen von jeweils 3 Tagen) in den 3 x 1 m großen Stallabteilen mit vollbefestigtem Boden und Gitterabtrennungen zwischen den einzelnen Buchten gehalten. Auch wenn der Kot mehrmals täglich aus den Buchten aufgesammelt und in zuvor ausgewogene Kunststoffbeutel überführt wurde, konnten geringe Verluste durch ein Haften von Kot an den Klauen und der Haut der Tiere nicht vollständig verhindert werden. Bei hohen Fettgehalten (für die PEI typisch) hatte der Kot häufiger eine schmierige Konsistenz und konnte daher nicht immer absolut verlustfrei von Boden, Wänden oder Gittern entfernt werden.

Während im 1. Durchgang zwischen 2 Tieren immer eine Bucht leer blieb, bestand im 2.

Durchgang aufgrund der größeren Tierzahl zusätzlich das Problem, dass jeweils zwei Tiere einer Gruppe in direkt nebeneinander liegenden Boxen gehalten wurden, so dass Kot, der mittig unter das Trenngitter oder sogar in die Nachbarbox abgesetzt wurde, möglicherweise dem falschen Tier zugeordnet wurde. Zwischen Tieren verschiedener Gruppen, d.h.

Behandlungen, blieb aber generell eine Box unbesetzt, so dass Fehler in der Zuordnung keinen Einfluss auf den Mittelwert einer „Behandlung“ hatten, sondern nur zu einer höheren Standardabweichung (innerhalb einer Gruppe) führten.

Nach Sammlung des Kotes über 3 Tage wurde die Kotmasse (uS) durch Wiegen in den Plastikbeuteln ermittelt, der Kot anschließend im jeweiligen Plastikbeutel durchmischt und daraus ein Aliquot entnommen, gefriergetrocknet und zur weiteren Analyse herangezogen.

Dabei ist davon auszugehen, dass die in den Plastikbeuteln verbliebenen Anteile bezüglich der Zusammensetzung den zur Analyse herangezogenen Anteilen entsprechen.

4.1.4 Rohfettanalyse

Im Unterschied zur Studie von MÖSSELER et al. (2008) traten im vorliegenden Versuch bei Bestimmung der Rohfettkonzentrationen im Futter Abweichungen zwischen dem Verfahren nach Soxhlet und dem Ankom hydrolysis system® und Ankom XT 15 Extraktor® auf. Die Unterschiede zwischen den beiden Analysemethoden waren dabei auch abhängig von den einzelnen Futterchargen. So wurden mit dem Ankom hydrolysis system® nur 42,5% bis 92,3%

der mittels Soxhlet-Verfahren gemessenen Rohfettkonzentrationen ermittelt. Da das Verfahren nach Soxhlet die offizielle von der VDLUFA anerkannte Methode ist, wurde in allen Fällen mit den Rohfettkonzentrationen der VDLUFA-Methode im Futter gerechnet.

Ursache dieser Abweichungen ist vermutlich die hohe Konzentration an Leinöl und damit langkettigen ungesättigten Fettsäuren im Versuchsfutter. Auch KRAMER (2010) stellte bei Einsatz von leinölhaltigen Versuchsfuttern große Differenzen zwischen den beiden Analysemethoden fest.

Die große Zahl der Kotproben erlaubte aus personellen Gründen nur eine Analyse mit dem Ankom hydrolysis system® und Ankom XT 15 Extraktor®. Im Kot ist jedoch nicht mit relevanten Gehalten an ungesättigten Fettsäuren zu rechnen, da diese überwiegend im Dünndarm verdaut werden und den Dickdarm nur noch in geringem Umfang erreichen (BREVES und DIENER 2010). Insbesondere bei Leinöl stellte KRAMER (2010) auch bei PL-Tieren eine noch beachtliche Verdaulichkeit (42,5%) fest. Die Analyse von Kotproben mit dem Ankom hydrolysis system® und Ankom XT 15 Extraktor® wurde bereits in den Untersuchungen von ZANTZ (2006) validiert und in zahlreichen folgenden Untersuchungen eingesetzt, z.B. CLASSEN (2008); KALLA (2009) KRAMER (2010); KOCH (2011).

Möglicherweise kam es durch den Einsatz des Ankom hydrolysis system® undAnkom XT 15 Extraktor® zu einer gewissen Unterschätzung der Rfe-Konzentration im Kot und damit zu einer Überschätzung der Rfe-Verdaulichkeit. Dies hätte aufgrund der geringen Rohfettverdaulichkeiten insbesondere bei den PL-0-Tieren Bedeutung. Da im Kot jedoch kaum ungesättigte Fettsäuren zu erwarten sind und sich das System bereits in zahlreichen Untersuchungen bewährt hat, ist hier nicht von relevanten Effekten auszugehen. Im Rahmen

des Projektes werden die Rfe-Konzentrationen in Kotproben stichprobenartig auch mittels Soxhlet-Verfahren bestimmt. Dabei ergaben sich zwischen den beiden Analysemethoden sehr gute Übereinstimmungen (Abweichungen von maximal 2,5 Prozentpunkten).

4.1.5 Sektionszeitpunkt

Aus personellen und organisatorischen Gründen konnten nicht alle Tiere an einem Tag und zum gleichen Zeitpunkt, d.h. auch mit gleichem Abstand zur letzten Futtervorlage, getötet und seziert werden. Auch wenn den Tieren bis zum Sektionszeitpunkt ad libitum Futter angeboten wurde, ist davon auszugehen, dass die Tiere im Futteraufnahme- und Kotabsatzverhalten einer gewissen Tag-Nacht-Rhythmik folgten und insbesondere nach Beginn der Lichtphase Futter aufnahmen. Die in den einzelnen Abschnitten des GIT vorhandene Chymusmenge sowie evtl. auch andere Chymusparameter könnten daher vom Zeitpunkt der Euthanasie, d.h.

durch den variablen Abstand von der letzten Futteraufnahme beeinflusst sein. Um Auswirkungen der Tageszeit auf die Sektionsergebnisse möglichst zu vermeiden, erfolgte daher die Zuteilung der Tiere aus verschiedenen Gruppen auf die Sektionszeitpunkte randomisiert. In den Übersichten 7 und 8 sind die entsprechenden Zeiten für Tiere der einzelnen Gruppen dargestellt. Die Sektionen wurden an vier (1. Durchgang) bzw. 5 (2.

Durchgang) aufeinander folgenden Tagen durchgeführt, so dass die Unterschiede im Alter der Tiere am Sektionstag gering waren und davon auszugehen ist, dass der Sektionstag, d.h. das Alter der Tiere, keinen Einfluss auf die Sektionsergebnisse hatte. Aufgrund eines organisatorischen Fehlers wurden allerdings im 1. DG am ersten Sektionstag ausschließlich Kontrolltiere seziert.

Übersicht 7: Zeitpunkte der Euthanasie der Tiere im 1. Durchgang an den verschiedenen Sektionstagen (Stunden nach Beginn der Lichtphase)

Tag 1 Tag 2 Tag 3 Tag 4

1 h K K PL-0 PL+E

3 h K PL+E PL-0 PL+E

6 h K PL-0 PL+E PL-0

Übersicht 8: Zeitpunkte der Euthanasie der Tiere des 2. Durchgangs an den verschiedenen Sektionstagen (Stunden nach Beginn der Lichtphase)

Tag 1 Tag 2 Tag 3 Tag 4 Tag 5

1 h K PL+E PL+E+Vit.par K PL+E+Vit.oral

3 h PL+E K PL+E+Vit.oral PL+E PL+E+Vit.par

6 h PL+E+Vit.par PL+E+Vit.par K PL+E+Vit.oral PL+E

8 h PL+E+Vit.oral