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2.3 Einfluss der PEI auf diverse Chymusparameter

2.3.1 Keimzahlen und mikrobielle Fermentation von Nährstoffen im GIT

Bis zum Zeitpunkt der Geburt ist der Magen-Darm-Kanal steril. Erst durch den Kontakt zur Umwelt kommt es zur Ansiedelung der gastrointestinalen Keimflora (MACKIE et al. 1999;

EDWARDS und PARRETT 2002), wobei diese individuell durch das Zusammenspiel von Umwelt, Physiologie des Organismus und vorhandenen Nährstoffen entsteht (MACKIE et al.

1999). Grundsätzlich besteht die Mikroflora aus Bakterien, Protozoen und Pilzen (MACKIE et al. 1999; BREVES und DIENER 2010). Während sich die Mikroflora von Mensch und Schwein im Magen und oberen Dünndarm noch unterscheiden, sind sich die beiden Spezies was Keimzahlen und –arten im aboralen Teil des Ileums und im Dickdarm betrifft sehr ähnlich (MOUGHAN et al. 1994). So gibt es beim Schwein - im Unterschied zum Menschen - im Magen eine permanente Mikroflora, bestehend aus Lactobazillen und Streptokokken (TANNOCK 1990). In proximalen Dünndarm kommen physiologischer weise nur geringe Keimzahlen vor, da sich aufgrund des schnellen Chymusflusses keine stationäre Keimflora ansiedeln kann (JENSEN 2001). Die hier vorhandene Mikroflora besteht beim Menschen nach MACKIE et al. (1999) mit 103-105 Keimen/ml überwiegend aus Laktobazillen und Streptokokken, während JENSEN (2001) im Dünndarm von Schweinen bis zu 49% E.coli feststellte. Im Ileum liegen beim Menschen bereits Keimzahlen von 108 Keimen/ml sowie eine größere Diversität an Keimarten vor (MACKIE et al. 1999).

Im Dickdarm ist die Mikroflora mit >1011 Keimen/g sowohl beim Mensch als auch beim Schwein weit ausgeprägter als im Dünndarm, wobei >99% der Bakterien im Dickdarm zu den Anaerobiern zu zählen sind (MACKIE et al. 1999, BECKMANN und RÜFFER 2000).

Häufig auftretende Gattungen sind dabei z.B. Fusobakterium, Bacteroides, E. coli und Streptokokken. Eine Übersicht über die beim Schwein vorkommenden Mikroorganismen in den einzelnen Abschnitten des GIT gibt Tabelle 2.

Beeinflusst wird die Mikroflora der einzelnen Abschnitte des GIT durch zahlreiche Faktoren.

Zum einen hat die Zusammensetzung der Nahrung entscheidende Auswirkungen auf die Mikroflora (BECKMANN und RÜFFER 2000). So führen proteinreiche Diäten zu einem Anstieg der Keimzahlen von hämolysierenden E. coli (PROHASZKA und BARON 1980) und ein hoher Anteil an Proteinträgern tierischer Herkunft zu einer erhöhten Anzahl von Clostridium perfringens (AMTSBERG et al. 1976). Die Gabe von roher Kartoffelstärke führt im Kot von 12 Wochen alten Schweinen zu höheren Keimzahlen an laktatverwertenden Mikroorganismen (BINDER 1982). Bei pankreasgangligierten Schweinen konnten sowohl im praecaecalen (MANDISCHER 2002) als auch im postilealen (FUENTE-DEGE 2003) Bereich signifikant niedrigere Keimzahlen an Laktobazillen festgestellt werden als bei den mit identischem Futter gefütterten gesunden Tieren. Dies führen MÖSSELER et al. (2006) auf die gestörte Fettverdaulichkeit infolge der PEI zurück. Zum anderen beeinflussen auch Haltungs-

und Fütterungsbedingungen sowie das Alter der Tiere die intestinale Mikroflora (VAN DER HEYDE 1973; AWAD-MASALMEH und WILLINGER 1981). Auch ein plötzlicher Futterwechsel kann durch die Verfügbarkeit von Nährstoffen, die durch die vorhandene Mikroflora nicht genutzt werden können, zu einer starken Vermehrung von transienten Keimen führen, die residente Bakterienarten verdrängen und teilweise enteropathogen sind.

Dies fällt besonders beim Absetzen von Ferkeln auf, da es zu diesem Zeitpunkt zu einer deutlichen Veränderung des intestinalen Milieus kommt. Eine ausgeprägte Vermehrung von enteropathogenen Keimen ist daher zu diesem Zeitpunkt häufig zu beobachten (NIELSSEN et al. 1968). Und zuletzt sind auch die vielfältigen physikochemischen Faktoren wie Temperatur, O2/CO2-Partialdruck, Redoxpotential, pH-Wert und Peristaltik des Darms zu nennen, die die Mikroflora ebenfalls stark beeinflussen (BECKMANN und RÜFFER 2000).

Tabelle 2: Übersicht über die beim Schwein am häufigsten vorkommenden

Mikroorganismen in Dünndarm, Caecum und Dickdarm in % der Gesamtkeimzahl (nach JENSEN 2001)

Gesamt Dünndarm Caecum Colon

Anteil der häufigsten Isolate (%)

Escherichia coli 22 49 9,6 5,5

Streptococcus alactolyticus 13,5 18,2 10,7 8,4

Prevotella spp. 1 10 0,0 17,0 1,0

Streptococcus hyointestinalis 9,5 11,8 8,1 6,3

Prevotella spp. 1a 2,9 0,0 6,3 4,8

Lactobacillus acidophilus/jonsonii 2,2 0,0 3,2 3,6

Lactobacillus spp. 2 2,0 0,3 1,5 2,2

Selenomonas spp. 1 1,9 0,0 2,3 3,6

Mitsuokella spp. 1,7 0,7 1,9 2,7

Megasphera spp. 1,7 0,0 1,3 3,9

Acidaminococcus fermentans 1,5 0,3 4,2 1,5

Clostridium perfringens 1,5 2,7 1,5 0,4

Mikroorganismen bauen, insbesondere im Dickdarm, die Nährstoffe ab, die im Magen und Dünndarm nicht oder nicht vollständig enzymatisch abgebaut und absorbiert wurden. Das sind vor allem die Kohlenhydrate der pflanzlichen Zellwandbestandteile (Cellulose, Hemicellulose, Pectin und Inulin), da deren β-glykosidische Bindungen nicht von körpereigenen Enzymen gespalten werden können. Stärke und Proteine werden bei gesunden Individuen überwiegend im Dünndarm abgebaut (WOLFFRAM und SCHARRER 2010), und auch Fette werden bei gesunden Individuen fast vollständig im Dünndarm resorbiert (BREVES und DIENER 2010).

Als Abbauprodukte der anaeroben mikrobiellen Kohlenhydratfermentation entstehen überwiegend die kurzkettigen Fettsäuren Acetat, Propionat und Butyrat sowie in geringeren Mengen auch Formiat, Valerat und Laktat. In den Dickdarm einströmende Proteine werden von den Mikroorganismen zu Ammoniak, Ketosäuren, Aminen und CO2 abgebaut. Beim Abbau der verzweigtkettigen Aminosäuren Isoleucin, Leucin und Valin entstehen die verzweigtkettigen flüchtigen Fettsäuren Isobutyrat und Isovalerat. Ammoniak dient als N-Quelle für die mikrobielle Aminosäuren- und Proteinsynthese. Praecaecal unverdaute Fette können zwar im Dickdarm noch durch mikrobielle Lipasen gespalten werden, eine Resorption findet jedoch nicht mehr statt, sodass Fette mit den Faeces ausgeschieden werden (BREVES und DIENER 2010).

Nach BECKMANN und RÜFFER (2000) können die Darmkeime nach ihren Stoffwechselaktivitäten folgendermaßen eingeteilt werden:

Bei Vorliegen einer PEI strömen im Vergleich zum gesunden Organismus größere Mengen unverdauter Nährstoffe in den Dickdarm (MÖSSELER et al. 2006), welche im Dickdarm mikrobiell fermentiert werden und insbesondere bei mikrobiellem Stärkeabbau zu erheblicher Gasbildung mit der Folge eines Meteorismus mit Völlegefühl, eingeschränktem Wohlbefinden bis hin zu Koliken führen (BEHRENS 2001). Aufgrund des vermehrten Einströmens von Fett und Protein wäre ein Anstieg der Keimzahlen von E. coli und Clostridium spp. bei Vorliegen einer PEI zu erwarten (BECKMANN und RÜFFER 2000).