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5 Diskussion

5.1 Konzeptionelle Überlegungen

Die Endometritis puerperalis des Rindes ist eine der bedeutendsten Erkrankungen in der Milchwirt-schaft. Insbesondere wegen unbefriedigender Therapieergebnisse (MARKUSFELD 1984, FOURICHON et al. 2000, DRILLICH et al. 2006) wurden in den vergangenen drei Jahrzehnten zahlreiche Forschungsprojekte zu Pathogenesemechanismen der postpartalen Endometritis durchgeführt. Bekannt ist inzwischen, dass es bei annähernd allen Kühen nach der Abkalbung zu einer bakteriellen Kontamination des Uterus kommt (BONDURANT 1999). Im Normalfall sind die Tiere in der Lage, innerhalb der ersten 5 Wochen nach der Abkalbung diese Keime zu elimi-nieren und die Entwicklung einer persitierenden Endometritis zu verhindern (PAISLEY et al.

1986, DOHMEN et al. 1995, STEVENSON 1997, SHELDON et al. 2006). Es ist bereits be-kannt, dass es während der ersten 24 Stunden (h) post partum (p. p.) zu einem Einstrom von Leukozyten, insbesondere neutrophiler Granulozyten in das Endometrium und Uteruslumen kommt.

Eine eingeschränkte Phagozytosekapazität der uterinen PMN scheint die Endometritisentstehung zu begünstigen (KLUCINSKI et al. 1995, ZERBE et al. 2000, MATEUS et al. 2002). Als auslö-sende Faktoren werden u.a. Sexualsteroide und Kortisol diskutiert (SEGERSON et al. 1984, CHACIN et al. 1990, HOEDEMAKER et al. 1992, WESSENDORF et al. 1998, SCHEIBL u.

ZERBE 2000, DHALIWAL 2001).

Ausgangspunkt für die konzeptionellen Überlegungen für das vorliegende Projekt war die Tatsa-che, dass spätestens mit der Luteolyse des Trächtigkeitsgelbkörpers ein schmales Zeitfenster hochdynamischer v.a. endokriner und metabolischer Veränderungen geöffnet wird, das durch die Geburtsvorgänge, die Ablösung der Eihäute und den Beginn der Laktation gekennzeichnet ist.

Eben in diesen 24 bis 48 Stunden wird aus der normalerweise sterilen Gebärmutter mit suppri-mierter immunologischer Bereitschaft ein Ort, der aufgrund der annähernd obligaten bakteriellen Besiedlung (siehe oben) auf eine vergleichsweise starke lokale Immunität „umschalten“ muss. Art und Mechanismen dieser Wandlung sind weitgehend unbekannt.

In der vorliegenden Arbeit sollte diesen Phänomenen nachgegangen werden, da das Wissen über physiologische Prozesse die Ergründung der Ursachen pathologischer Störungen und eine vor-beugende oder therapeutische Beeinflussung erst ermöglicht.

Das Hauptinteresse lag auf den ersten Erreger-Wirts-Interaktionen am Endometrium. Eine zent-rale Rolle spielen dabei die sogenannten Toll-like-Rezeptoren (TLRs) als wichtige Erregererken-nungsrezeptoren des angeborenen Immunsystems. Auf humanen wie murinen endometrialen Epithelzellen wurden bereits TLRs nachgewiesen, die in der Lage sind, nach Antigenkontakt über verschiedene Signalkaskaden die Bildung pro-inflammatorischer Zytokine zu initiieren (ELOVITZ et al. 2003, SCHAEFER et al. 2004; siehe auch 2.4). Diese spielen bei der Anlockung und Aktivierung von Leukozyten und der Entwicklung einer entzündlichen Abwehrreaktion eine entscheidende Rolle (ARICI et al. 1993, LAIRD et al. 1993, SIMON et al. 1993, ARICI et al.

1995, HORNUNG et al. 1997).

Die in dieser Arbeit im Zentrum des Interesses stehenden bovinen endometrialen Epithelzellen sind noch weitgehend unerforscht bezüglich ihrer regulativen oder aktiven Rolle in der postparta-len Erregerelimination. Ein funktionierendes TLR4-System wurde von HERATH et al. (2006) erstmals in bovinen endometrialen Epithelzellen nachgewiesen.

In der vorliegenden Arbeit wurde nach einem Konzept gesucht, das die Untersuchung der mögli-chen Änderung der Expression dieser Toll-like-Rezeptoren im Endometrium des Rindes in dem oben aufgezeigten peripartalen Zeitfenster ermöglicht. Deshalb wurden drei Tiergruppen zu je 10-13 Tieren gebildet, die die drei peripartalen Zustände widerspiegelten: Hochträchtige Tiere, unmittelbar subpartale Tiere und Tiere unmittelbar nach der Abkalbung (3.4.1).

Die Tiere der präpartalen Gruppe A befanden sich in der Endphase der Trächtigkeit (Tag 271-276 post inseminationem [p.i.]), sie zeigten keinerlei Geburtsanzeichen. Bei der Gruppe der sub-partalen Tiere (B; Tag 270-277 p.i.) wurde 24 Stunden nach medikamentöser Geburteinleitung beprobt. Die Gruppe C der unmittelbar postpartalen Tiere umfasste Kühe nach spontaner, komplikationsloser und unassistierter Geburt. Anhand der Höhe der Plasmaprogesteronkon-zentration zum Zeitpunkt der Bioptatentnahme wurde das tatsächliche endokrin determinierte Trächtigkeits- und Geburtsstadium überprüft. Mit den unter 4.5.1 dargestellten Daten konnte gezeigt werden, dass diesbezüglich ein sehr stimmiges Modell für eine zeitlich definierte Proben-entnahme zur Verfügung stand.

In den endometrialen Gewebeproben wurde die Expression der Toll-like-Rezeptoren 2, 3, 4, 6 und 9 untersucht, die unterschiedliche bakterielle und virale Erregerbestandteile erkennen.

Da die bakterielle Kontamination des Uterus post partum durch den weiterhin geöffneten Ge-burtsweg weiter fortschreitet und Bakterien innerhalb von 24 h z.B. im Rahmen einer Mastitis beim Rind eine deutliche TLR-Expressionssteigerung bewirkten (PETZL 2005), wurde neben der Probennahme unmittelbar nach Fruchtentwicklung eine zweite Probennahme etwa 24 h p.p.

durchgeführt. Da dies nur bei geöffnetem Gebärmutterhals möglich ist, war diese zweite Proben-nahme nur in den Gruppen B und C möglich.

Die reduzierte Funktionskapazität der postpartal in den Uterus einwandernden Leukozyten als möglicher Pathogenesefaktor ist bereits beschrieben. Daneben ist die Bedeutung von humoralen Abwehrfaktoren im bovinen Endometrium in der Zeit nach der Abkalbung von besonderem Interesse. Deshalb wurde neben den TLRs die endometriale Expression von β-Defensinen - wichtige Effektoren des angeborenen Immunsystems - untersucht. Die bakteriell bedingte Modu-lation boviner β-Defensine wurde von PETZL (2005) im mammären alveolären Epithel wie auch in Zellen der Milch nachgewiesen.

Eine Besonderheit des Rindes ist die Ausprägung der feto-maternalen Verbindung in Form von Plazentomen - die sogenannte Placenta cotyledonaria. Etwa 75-120 Plazentome ordnen sich in Längsreihen im Uterus an (RÜSSE 1991). Nach der Abkalbung lösen sich die fetalen Anteile ab, der verbleibende maternale Anteil wird als Karunkel bezeichnet. Dieses karunkuläre Endometri-um (KE) unterscheidet sich somit funktionell, aber auch histologisch vom interkarunkulären En-dometrium (IE), das am feto-maternalen Stoffaustausch und den postpartalen Ablösungsprozes-sen der fetalen Eihäute nicht direkt beteiligt ist. Entsprechende Untersuchungen zeigten außerdem, dass Trophoblastriesenzellen (TGCs) während der gesamten Trächtigkeit in das ma-ternale Epithel des Plazentoms einwandern und dort mit Uterusepithelzellen fusionieren. So bil-den sich Hybridzellen, welche nach Freisetzung spezifischer Granula aus bil-den Trophoblastriesen-zellen degenerieren und zu einer Verschmelzung der fetalen und maternalen Epithelien führen.

LEISER und KAUFMANN (1994) führten daher den Begriff der synepitheliochorialen Plazenta ein (WOODING u. WATHES 1980, HOFFMANN u. WOODING 1993, LEISER u.

KAUFMANN 1994). Aufgrund dieser offensichtlichen funktionellen und histologischen Unter-schiede wurden Gewebeproben zwischen IE und KE vergleichend untersucht, da beide Lokalisa-tionen potentiell an ersten Erregerwirts-InterakLokalisa-tionen beteiligt sein können.

5.2 Lokal und zeitlich bedingte differentielle Expression von Toll-like-Rezeptor