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Haltung der Katholischen Kirche

1.4 Konklusion und Ausblick

Resultierend aus den dargelegten Positionierungen und Öffnungen der Katholi-schen Kirche gegenüber der Ökumene, anderen Religionen sowie „Nichtgläu-bigen“ bzw. Menschen ohne religiöses Bekenntnis wird deutlich, dass sich die Haltung der Katholischen Kirche geändert hat: Es geht nicht länger um einen möglichst schnellen und großen Zuwachs an Kirchenmitgliedern. Vielmehr soll nun der Dialog und die Zusammenarbeit mit Mitgliedern anderer Religionsge-meinschaften gesucht und hierbei deren „geistliche und sittliche Güter und kultu-relle Werte“ (Pesch 1994: 303) anerkannt, gewahrt und gefördert werden. Unter diesen Voraussetzungen ist es Aufgabe der Christen, ein Zeugnis des eigenen Glaubens abzulegen (vgl. ebd.). Insbesondere hinsichtlich eines interreligiösen Dialoges ist dem Konzil gewissermaßen eine „Korrektur des Kirchenbildes durch die Konzilspromotoren“ (Leimgruber 2014: 42) erfolgt, welches mit Leimgruber als „Voraussetzung für eine neue Qualität des interreligiösen Dialoges“ (ebd.) zu klassifizieren ist. Mit wachsender Notwendigkeit angesichts einer zuneh-mend religiös-pluralen Gesellschaft nehmen die wissenschaftlich-theologischen Auseinandersetzungen mit den Weltreligionen – und mit ihnen die Anzahl an Fachgelehrten – in diesem Bereich bis heute drastisch zu (vgl. Pesch 1994: 304).

Folglich fundiert das Konzil ein Streben nach interreligiösen Begegnungen und Dialogen, die es in der Zeit vor dem Konzil kaum gegeben hat (vgl. ebd.: 305;

Leimgruber 2014: 40). Pesch erklärt jedoch:

Fast alles war nach diesem Text noch zu tun und sehr viel ist in der Nach-Konzilszeit auch in Angriff genommen worden. Dabei ist gewiß auch manche euphorische Hoffnung wieder auf den Erdboden zurückgeholt worden. Nicht erst im Zeichen

Die theologische Öffnung zum Dialog: Haltung der Katholischen Kirche 31 fundamentalistischer Bewegungen in den Religionen, sondern auch unabhängig davon, ist interreligiöser Dialog alles anderer als leicht (Pesch 1994: 305).

Die Katholischen Kirche erhielt durch die Inhalte und Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils einen Anstoß, sich mit der Notwendigkeit eines Dialo-ges mit anderen christlichen Glaubensgemeinschaften und anderen Religionen sowie mit Menschen ohne konkretes religiöses Bekenntnis auseinanderzusetzen, um resultierend eine Haltung zu entwickeln, die den interreligiösen Dialog prä-gen und begünstiprä-gen sollte. Verschiedene Fortschritte sind seitdem im Hinblick auf interreligiöse Begegnungen bzw. den interreligiösen Dialog gemacht wor-den.17 In diesem Zusammenhang ist ferner die 1991 vom Päpstlichen Rat für den interreligiösen Dialog vorgelegte Verlautbarung Dialog und Verkündigung zu nennen, die die Annahme einer Heilsbedeutung anderer Religionen, wie in NA grundgelegt, nicht nur christlogisch sondern auch pneumatologisch begründet.18 Neben erneuten theologischen Reflexionen zeichnet sich dieses Dokument durch Überlegungen aus, wie der interreligiöse Dialog – hier verstanden als „Evangeli-sierungsauftrag der Kirche“ (DBK 1991: Nr. 9) – geprägt von „Gehorsam gegen-über der Wahrheit“ (ebd.) – und „Respekt vor der Freiheit“ (ebd.) konkretisiert werden kann (vgl. Schambeck 2013: 40; Tautz 2007: 88). Dabei unterscheiden die Verfasser zwischen vier Formen des Dialoges:

a) Der Dialog des Lebens, in dem Menschen in einer offenen und nachbarschaftli-chen Atmosphäre zusammenleben wollen, indem sie Freud und Leid, ihre mensch-lichen Probleme und Beschwernisse miteinander teilen.

b) Der Dialog des Handelns, in dem Christen und Nichtchristen für eine umfas-sende Entwicklung und Befreiung der Menschen zusammenarbeiten.

c) Der Dialog des theologischen Austausches, in dem Spezialisten ihr Verständnis ihres jeweiligen religiösen Erbes vertiefen und die gegenseitigen Werte zu schätzen lernen.

17 So wirkten, um einige Beispiele für das kirchliche Streben nach einem interreligiösen Dialog zu nennen, während und nach der Konzilszeit folgende Sekretariate in die-sem Kontext: (1) Sekretariat zur Förderung der Einheit der Christen, gegründet 1960 (vgl. Hilberath 2005: 80) und 1988 umbenannt in Päpstlicher Rat zur Förderung der Einheit der Christen (vgl. ebd.: 108), (2) Das Sekretariat für nichtchristliche Religi-onen, welches im Jahr 1964 gegründet und 1988 nach der Kurienreform umbenannt worden ist in den Päpstlichen Rat für den interreligiösen Dialog (vgl. Siebenrock 2005: 667 ) sowie (3) Das Sekretariat für die Nichtglaubenden, gegründet 1965 (vgl.

Schrefler 2010: 101).

18 Schambeck fasst diesbezüglich zusammen: „Der Geist ist es, der die durch das Christusereignis geschehene Erlösung auf eine Weise zugänglich macht, die nur Gott kennt. Und der Geist ist es, der die Menschen antreibt, das in den religiösen Traditionen Enthaltene auch zu tun“ (Schambeck 2013: 39).

Teil I: Theoretische Erschließung des Themas 32

d) Der Dialog der religiösen Erfahrung, in dem Menschen, die in ihrer eigenen religiösen Tradition verwurzelt sind, ihren spirituellen Reichtum teilen, z. B. was Gebet und Betrachtung, Glaube und Suche nach Gott oder dem Absoluten angeht (DBK 1991: Nr. 42, Hervorhebung durch K.W.).

Um heute, aufbauend auf dem im Zweiten Vatikanischen Konzil gelegten Funda-ment, weiter Fortschritte im Kontext interreligiöser Prozesse machen zu können, ist es erforderlich

diese neue, positive Stellungnahme des Christentums gegenüber den Weltreligio-nen wieder in Erinnerung zu rufen, ihre Aktualität zu betoWeltreligio-nen und weiterhin daran zu arbeiten, die noch unerfüllten Ansprüche des Konzils, Wirklichkeit werden zu lassen (Leimgruber 2014: 42).

Es lässt sich zusammenfassen, dass die im Zweiten Vatikanischen Konzil for-mulierte, „weltfreundlicher gewordene Theologie“ (Schambeck 2013: 52) einen

„lernbereiten Dialog auf allen Ebenen öffnete“ (ebd.: 31). Eine dieser Ebenen wird im Kontext der Religionspädagogik ersichtlich, welche die Auseinander-setzung mit anderen Religionen als Bestandteil und Herausforderung für religiö-ses Lernen anerkennt (vgl. z. B. ebd.; Schweitzer 2014a: 32). Schlussfolgernd ist sich mit dem interreligiösen Dialog nicht lediglich auf intrareligiöser Ebene im Rahmen der zuvor dargelegten Religionstheologie auseinandergesetzt worden.

Vielmehr hat die im Zweiten Vatikanischen Konzil signalisierte Bereitschaft zum Dialog Eintritt gefunden zur praktischen Ebene der interreligiösen Bildung im Rahmen einer von Pluralität geprägten Gesellschaft (vgl. Sajak 2018: 53; Scham-beck 2013: 52). So sprechen etwa Ziebertz und Leimgruber von der korrigierten kirchlichen Einstellung zu den Weltreligionen als Schubkraft des interreligiösen Lernens (vgl. Leimgruber, Ziebertz 2017: 464).

2. Verortung des interreligiösen Dialoges im