• Keine Ergebnisse gefunden

Kongreji Extra

Im Dokument Chronische Lebererkrankungen (Seite 52-57)

Jede dieser Formen hat Vor- und Nachteile. Wichtig ist bei der Fest­

legung der Kriterien, daß Wirksub­

stanz, gewählte Retardierungsform und Therapieziel zueinander passen, miteinander harmonieren müssen.

Bei Tramal® long 100 hat man sich aufgrund der hohen Wasserlöslich­

keit des Tramadol für eine Single- Unit-Form, eine Filmtablette mit hy­

drophiler Matrix entschieden, aus der die Wirksubstanz, das Tramal­

hydrochlorid, über einen Zeitraum von 12 Stunden freigesetzt wird. Das Problem, daß der Wirkstoff einen bit­

teren Geschmack hat, wurde da­

durch gelöst, daß die Tablette mit einem sich im Magen rasch auflösen­

den Film überzogen wird.

Ist die Tablette geschluckt, bildet sich an der Oberfläche eine Gelschicht aus, die den weiteren raschen Zutritt von Flüssigkeit behindert, so daß diese nur langsam von außen unter Ausbildung weiterer Gelschichten in den zunächst noch trockenen inne­

ren Bereich der Tablette Vordringen und so Wirkstoff von der Oberfläche freisetzen kann.

Der pH-Wert in den einzelnen Ab­

schnitten des Magen-Darm-Trakts variiert vom sehr sauren bis zum nahe basischen Bereich. Deshalb muß geprüft werden, wie der pH- Wert die Freisetzungskinetik beein­

flußt. In-vitro-Untersuchungen mit einem pH-Programm mit pH-Werten von 1,2 über 4,0 und 6,8 bis zu 7,4 zeigen keinerlei Einfluß auf die Frei­

setzungsrate. Dabei stimmen alle Freisetzungskurven praktisch über­

ein, d.h. es gibt keinen pH-Wert-Ein- fluß auf die Freisetzungsrate und es steht zu erwarten, daß - egal, wie lange die Tablette im Magen ist - die Freisetzung immer gleich bleibt.

Auch unterschiedliche mechanische Beeinflussungen, wie sie durch gleichzeitiges Vorhandensein von Nahrung im Magen oder durch die Motorik entstehen können, haben auf die Freisetzungsgeschwindigkeit keinen Einfluß, ebensowenig wie oberflächenaktive Substanzen wie

Tenside, Proteine, Lipide oder Gal­

lensalze.

Die bei kleinen Tablettenmengen ausgetesteten und festgelegten Ei­

genschaften müssen sich aber auch im Großmaßstab, beim sogenannten

»Scaling up«, bestätigen. Was nützt es dem Patienten, wenn zwar im Kleinversuch, z. B. bei Mengen bis zu einem Kilo Wirkstoff, die Qualitäts­

kriterien der EG-Richtlinie erfüllt werden, dies aber in der industriel­

len Fertigung nicht mit gleich großer Sicherheit geschieht? Aber auch hier zeigte sich bei Tramal® long 100 zu­

verlässig die gleiche Qualität.

Dies trifft auch zu, wenn man die Frage der Stabilität prüft. Tabletten werden manchmal lange, oft an un­

geeigneten Stellen und unter unter­

schiedlichsten klimatischen Bedin­

gungen gelagert, ln dem bis heute zu überblickenden Zeitraum von vier Jahren war bei der Stabilitätsprü­

fung eine Veränderung vom Aus­

gangswert unter Bedingungen der gemäßigten, subtropischen und tro­

pischen Klimazonen von den Aus­

gangswerten nicht festzustellen.

Selbst unter extremen klimatischen Bedingungen wie einer Temperatur von 40 Grad Celsius und einer 80%igen Luftfeuchtigkeit kam es le­

diglich zu einer leichten Aufquellung der Tablette, die aber weder die Frei­

setzungsrate noch die Freisetzungs­

geschwindigkeit beeinflußte.

In vitro eine gelungene Galenik, aber wie sieht es in vivo aus?

Was aber, so Dr. Bartholomäus, nüt­

zen die schönsten unter Laborbedin­

gungen gewonnenen Daten, wenn sie sich nicht in vivo bestätigen las­

sen? Aus Blutspiegeluntersuchun­

gen bei Patienten oder Probanden kann man zurückrechnen, wie sich der Wirkstoff im Körper verhält.

Auch hier zeigt sich eine sehr schö­

ne Korrelation zwischen in vitro und in vivo {Abb. 2). Anders gesagt läßt sich das, was man unter

Versuchs-Kongre»

Abbildung 2: Im Vergleicb zeigt sich, daß die unter Laborbedingungen gewonnenen Daten sehr zuverlässig auf die In-vivo-Situation übertragbar sind.

bedingungen festgestellt hat, auch bei Untersuchungen im Körper be­

stätigen. Die Variabilität des Men­

schen, dies zeigt sich an diesen Un­

tersuchungen, ist sehr viel größer als die der Arzneiform. Um so wichti­

ger, daß nicht zur großen inter- und intraindividuellen Patientenvaria- biliät auch noch unterschiedliche Freisetzungsverläufe berücksichtigt werden müssen, die im Herstellungs­

verfahren begründet sind.

Fazit für die Therapiesicherheit Mit der Entwicklung von Tramal®

long 100 ist dem Pharmaunterneh­

men Grünenthal GmbH die Entwick­

lung einer Retard-Galenik gelungen, die

• den Wirkstoff unabhängig vom pH-Wert

• unabhängig von mechanischen Einflüssen und

unabhängig von oberflächenakti­

ven Substanzen freisetzt und bei der

die In-vitro-Ergebnisse mit den im menschlichen Organismus fest­

gestellten Ergebnissen korrelie­

ren.

Beispiele zum Einsatz von Tramal®

long 100

Die entscheidende Kenngröße bei einer neuen Arzneimittelform ist ihre Bewährung unter den Bedingungen der täglichen Praxis. Dr. rer. nat.

Thilo Stadler, Leiter der medizinisch­

wissenschaftlichen Abteilung Anal­

getika, stellte anhand von Fallbei­

spielen vor, bei welchen Indikatio­

nen die Gabe der retardierten Form des Tramadol sinnvoll sein kann. Seit Ausbietung der Retardform im Sep­

tember 1994 sind bereits etwa 4000 Patientengeschichten dokumentiert.

Tabelle 1: Einsatz von Tramal® long 100

lumorschmerzen CSNG Schmerzen akut/subakut

Bewegungsapparat Z. n. Operationen

XFA 1171

Tumorschmerzen und chronische Schmerzen nicht tumorbedingter Genese (CSNG) sind vor allem Ein­

satzgebiete für Tramal® long 100, wobei bei den CSNG solche des Be­

wegungsapparates und neuropathi- sche Schmerzen im Vordergrund ste­

hen {Tab. 1).

Des weiteren sind aber auch Akut­

oder Subakutschmerzen für die The­

rapie mit dem retardierten Trama­

dol geeignet. Es sind dies Schmer­

zen, die primär parenteral behandelt werden, bei denen aber davon aus­

zugehen ist, daß sie noch über einen längeren Zeitraum hinweg anhalten werden. Sie können aus diesem Grund ein geeignetes Einsatzgebiet für die retardierte, oral zu gebende Form des Schmerzmittels sein. Es sind dies beispielsweise Schmerzfor­

men, wie sie bei Lumbago, Luxatio­

nen, Frakturen, aktivierten .\rthro- sen und Zuständen nach Operatio­

nen vorherrschen.

Beispiel: Tumorschmerzen

Die vorgestellten Patienten (Diagno­

sen: Mammakarzinom, Zungenkar­

zinom in fortgeschrittenem Stadium, Sigmakarzinom) wurden gemäß den WHO-Richtlinien (Stufe 2) behan­

delt, d.h. es wurde zunächst kon­

sequent jeweils ein peripher wirk­

sames Schmerzmittel verabreicht -im geschilderten Fall 2 x 500mg Na­

proxen pro Tag. Beim Einsatz der Re- tardtablette wurde eine Dosistitrati­

on vorgenommen. Die Patienten er­

hielten zunächst 2x1 Retardtablet- te ä 100mg, mit der Möglichkeit, bei Schmerzspitzen eine zusätzliche Be­

darfsmedikation in Eorm von Tra­

mal® Tropfen vorzunehmen. Stufen­

weise wurde die zur Schmerzbe­

kämpfung notwendige Menge bis in den Bereich von 600mg Tramal®

long 100 pro die austitriert. Inklusi­

ve der bei Schmerzspitzen maximal eingesetzten 50mg Tramal in Form von Tropfen wurde der Dosisbereich von maximal 650mg/die nicht über­

schritten. Reichte diese Dosis nicht

1172 XiEA.

aus, kam gemäß der Richtlinien der WHO ein Präparat der Stufe 3 des Schemas in Frage. Die Patientin mit Mammatumor benötigte während der Titrationsphase zusätzlich zu 2x100mg Tramal® long 100 zur Ku- pierung von Schmerzspitzen 157 Tropfen Tramal®. Unter der Gabe von 2 X 200mg der retardierten Form trat eine ausreichende Schmerzlin­

derung ein.

Beispiel: Chronische Rücken- schmerzen

Insbesondere bei Schmerzen auf­

grund von degenerativen Verände­

rungen, beim Postdiskektomiesyn- drom und bei postoperativen Be­

schwerden, beim diskogenen lumba­

len Schmerzsyndrom und bei osteo- porotischen Prozessen kann man mit der Retardform von Tramal® gute Er­

gebnisse erzielen, erklärt Dr. Stad­

ler. Ausgeschlossen sind Schmerzen mit entzündlicher Komponente: hier ist Tramal® allein nicht indiziert. Mit einem breiten Spektrum von Krank­

heitsbildern belegte Dr. Stadler die wirksame Schmerzlinderung mit dem retardierten Tramadol.

Postdiskektomie-Syndrom

Ein 47jähriger, inzwischen berente- ter Patient mit chronisch lumbaler Schmerzkrankheit, zwei Bandschei­

benoperationen (3/4 und 4/5 links) und einer dorsalen Spondylodese mit seit über 15 Jahren bestehenden Rückenschmerzen erhielt - nach mehreren erfolglosen Therapien mit peripheren Schmerzmitteln -2x100 mg Tramal® long 100. Der Patient ge­

langte von einem starken Schmerz­

niveau in der dreiwöchigen Beob­

achtungszeit auf ein Schmerzniveau, das er gut tolerieren kann.

Osteoporose und rezidivierende Lumbalgien

Bei dieser Patientin bestanden die Beschwerden seit 9 Jahren. Unter Therapie mit Tramal® long 100 unter Beibehaltung der Begleittherapien (Fango/Massage/Bewegungsbäder)

Kongrej^

Extra

Patient, 34 Jahre Indikation:

LWS: Osteochondrose und Spondylosis deformans

Bandscheibenprotrusion (L 4/5) Bandscheibenprotrusion (L 3/4) HWS: Spinalkanaleinengung

(knöcherne) (C 5/6) Rückenschmerzen:

seit ca. 10 Jahren operative Eingriffe:

zwei-Etagen-Diskotomie L4/L 5 und L5/S1 (1992) medikamentöse Behandlung:

2x2 Tbl. Tramal® long 100 3 x 500mg Paracetamol 3 x 1/2 Tbl. Musaril

befriedigende/leichte - mäßig starke Schmerzen

Beobachtungszeitraunv 6 Monate

Die Kombination des retardierten Tra­

madol, eines peripher wirkenden Analgetikums und eines Muskelrela- xans bringt auch einen Patienten mit einem schweren Krankheitsbild in einen Bereich, in dem das Schmerz­

niveau tolerabel wird.

konnte das starke Schmerzniveau der Patientin auf ein gut zu tolerie­

rendes leichtes bis mäßiges zurück­

geführt werden. Der Beobachtungs­

zeitraum beträgt bei dieser Patientin neun Wochen.

Osteochondrose und Spondylosis deformans mit Bandscheibenpro­

trusion

Bei einem jungen Patienten mit einem komplexen, seit über 10 Jah­

ren bestehenden Krankheitsbild und mehreren operativen Eingriffen konnte mit einer kombinierten me­

dikamentösen Therapie gezeigt wer­

den, daß auch verschiedene inein- andergreifende Wirkkomponenten sinnvoll zu einer effektiven Schmerz­

linderung zusammengefügt werden können [Kasten 2).

Beispiel Akutschmerz

Generell werden Akutschmerzen parenteral behandelt. Oft ist jedoch abzusehen, daß der Schmerz noch über einen längeren Zeitraum hin­

weg anhalten kann - und in solchen Fällen ist der Einsatz des retardier­

ten Tramadol hilfreich. Primär ste­

hen hier akute Lumboischialgien [Kasten J), Zustände nach Operatio­

nen (vorgestellt ein Patient mit einer Kreuzbandoperation), Schmerzen nach Frakturen, aktivierte Coxar­

throsen und Schleudertraumata im Vordergrund. Aber auch bei Schmerzzuständen wie beim Herpes zoster [Tabelle 2) hat sich Tramal®

long 100 als effektiv erwiesen.

Oft ist es dabei so, daß zu Beginn zweimal täglich 1 bis 2

Retardtablet-Patient, 72 Jahre Indikation:

akute Lumboischialgie A usgangsschmerzniveau:

stark

Behandlungszeitraum:

17.1.-18.2.95 Dosierung:

2x1 TRAMAL® long 100, ab 10.2.: 1 X1 Tramal® long 100 (wg. Befundbesserung)

zusätzliche Analgetika:

3 X 50mg Diclofenac

Eintritt der Schmerzlinderung:

nach 45 Minuten Qualität der Analgesie:

sehr gut

Rasche Schmerzbefreiung innerhalb von 45 Minuten bei einem Patienten mit akuter Lumboischialgie.

Kongrej^

Extra

Tabelle 2: Mit zweimal täglich lOOmg Tramal® long 100 erreicht man eine sehr gute Schmerzbefreiung auch bei Patienten mit Herpes zoster.

Indikation Herpes zoster Ausgangs­

schmerzniveau akut Behandlungs­

zeitraum 17.1.-31.5.95

Dosierung 2x1 Tramal® long 100 zusätzliche

Analgetika -Qualität der

Analgesie sehr gut

ten gegeben werden müssen. Im Ver­

lauf der Behandlung kann bei Remis­

sion der Schmerzen die Dosis redu­

ziert werden. Häufig ist dann nur noch eine Gabe über Nacht notwen­

dig.

Wichtig ist auch die Erkenntnis, daß bei Gabe der retardierten Form des Tramadol eine effektive Schmerzlin­

derung in der Regel innerhalb von ca. 30 bis 45 Minuten erfolgt.

Postzosterische Neuralgie - ein Einsatzgebiet für Tramal®?

Uralte Vorurteile prägen noch immer häufig den Umgang mit Schmerzen bei Ärzten und auch bei vielen Pa­

tienten. Ebenso wie die Schmerzen finden auch Vorurteile im Kopf statt, stellt Priv.-Doz. Dr. med. Dipl.-Psych.

Hartmut Göbel von der Klinik für Neurologie in Kiel fest.

Ganz schlimm. So Dr. Göbel, sind die Vorurteile bei geriatrischen Patien­

ten: So wird noch immer die These vertreten, daß das Schmerzempfin­

den im Alter reduziert sei, oder daß die alten Patienten überhaupt nicht mehr in der Lage seien, so lokalisiert wie jüngere Menschen Schmerz zu erleben. Auch daß eine klare Zuord­

nung der Ursache nicht mehr mög­

lich sei und daß alte Menschen gar nicht mehr in der Lage seien, den

Schmerz so mitzuteilen, wird noch häufig fälschlicherweise postuliert.

Unglückliche Folge solcher Konzep­

tionen ist, daß man diese Patienten in der Medizin dann wenig Aufmerk­

samkeit schenkt - eben auch hin­

sichtlich einer adäquaten Therapie.

Bei jüngeren Menschen (18-30jäh- rigen) nimmt man an, daß etwa 70 von 1000 an chronischen hartnäcki­

gen Schmerzen leiden, bei alten Men­

schen sind es nach aktuellen Zahlen aus den USA aber rund 400 von 1000: ein riesiges medizinisches Pro­

blem, erklärt Dr. Göbel. Ein beson­

deres Problem im Alter sind aber neuropathische Schmerzen, die durch Läsionen im Nervensystem entstehen. Am häufigsten dabei sind die polyneuropathische Schmerzen.

Bei alten Patienten stehen aber auf­

grund meist einer größeren Zahl vorhandener per se behandlungs­

bedürftiger Diagnosen auch Verträg­

lichkeitsaspekte einer Medikation stark im Vordergrund.

Es gibt eine große Zahl unterschied­

lichster neuropathischer Schmerz­

formen: So z. B. die kongenitale Anal­

gesie, eine angeborene Krankheit, bei der von Geburt an die Schmerz­

empfindung völlig aufgehoben ist.

Bei der diabetischen Polyneuro­

pathie werden die dünnen, schmerz­

leitenden Nervenfasern unzurei­

chend ernährt. Bei bestimmten Stoff­

wechselerkrankungen kommt es zu einem Ausfall von dicken Nervenfa­

»Glaubenssätze« bei neuralgiscben Schmerzen

1. Opioidanalgetika sind bei solchen Schmerzen nicht wirksam und kön­

nen deshalb auch nicht eingesetzt werden!

2. Opioidanalgetika sind nur be­

schränkt auf Tumorschmerzen, haben also bei neuropathischen Schmerzen nichts verloren!

Folge: Ein potentiell wirksamer thera­

peutischer Ansatz wird nicht versucht.

1173

sern, ein genereller Ausfall von Ner­

venfasern entsteht z. B. durch Alko- holabusus - auch dies ein häufiges Problem im höheren Lebensalter.

Neben den Polyneuropathien gibt es auch noch die sogenannten Mono­

neuropathien, die nur an bestimm­

ten Nerven ablaufen. Der Herpes zo­

ster ist hier die bekannteste Form.

Die postherpetische Neuralgie ist eine Komplikation des Herpes zoster.

Als »großen medizinischen Schritt«

bezeichnet Göbel den Entschluß, diese Glaubenssätze nicht nur in Frage zu stellen, sondern die Wir­

kung eines Opioids bei neuralgi­

schen Schmerzen in einer kontrol­

lierten Studie zu überprüfen. Ge­

wählt wurde dabei die postherpeti­

sche Neuralgie, für die bisher keine allgemein gültigen Behandlungs­

empfehlungen existieren und die ein schwer zu behandelnder Schmerz­

zustand ist. Die Inzidenzkurve des Herpes zoster steigt mit zunehmen­

dem Alter an. Etwa 1 Prozent der über Siebzigjährigen leidet darunter, ein gar nicht mehr seltenes Problem also! Die postherpetische Neuralgie ist ebenfalls ein Altersproblem: Wäh­

rend in jugendlichem Alter der Her­

pes in der Regel nach ein bis zwei Wochen vorüber ist, leidet bereits im Alter von über 40 Jahren fast die Hälfte der Betroffenen unter dem quälenden Schmerzzustand der postherpetischen Neuralgie über mehr als 6 Wochen, der die Aktivi­

tät der Patienten sehr stark beein­

trächtigen bis völlig zum Erliegen bringen kann. Weil es bisher keine vernünftige Therapie für diese Schmerzen gibt, so der Experte, gibt es sogar Überweisungen von Haus­

ärzten zu den sogenannten »weisen Frauen« zum »Besprechen« - das sei der Stand der Medizin 1995!

Von der postherpetischen Neuralgie ist dann die Rede, wenn der Schmerz sechs Wochen nach dem akuten Her­

pes zoster weiterbesteht. Risikofak­

toren sind insbesondere höheres Alter und Diabetes mellitus. Beson­

ders problematisch ist der

Krania-1174 'ZFA

liszoster, weil dabei häufig das Auge mit betroffen ist.

Die Symptomatik ist gekennzeichnet durch einen konstanten Brenn­

schmerz, Dysästhesien, eine Allody- nie, die Hyperalgesie, einen Dauer­

schmerz und Pigmentveränderun­

gen der Haut.

Obwohl die Erkrankung schon lange bekannt ist, gibt es für dieses Krank­

heitsbild noch immer keine festen Behandlungsstandards. Es gibt le­

diglich polypragmatische Behand­

lungsansätze wie die Gabe von An­

tidepressiva und/oder Neuroleptika.

Psychotrope oder neurotrope Sub­

stanzen sollen hier in den Patho- mechanismus am Nerven eingreifen.

Carbamazepin, Steroide werden ein­

gesetzt, oder - in verzweifelten Ein- zelfällen - hat man, so Göbel, »on top« Opioide gegeben, also zusätz­

lich, wenn alles andere nichts gehol­

fen hat. Systematische Erfahrungen dazu hat man aber nicht gesammelt.

ln einer kontrollierten, randomisier- ten Pilotuntersuchung an 36 Patien­

ten (mittleres Alter 69 Jahre) unter­

suchte Göbel die Wirkung von Tra­

mal® auf den Schmerz bei posther­

petischer Neuralgie im Vergleich mit einer Patientengruppe, die eine üb­

liche Therapie, bestehend aus Clomi­

pramin (Anafranil®) und Levome­

promazin (Neurocil®), erhielt, ln bei­

den Patientengruppen bestand eine postherpetische Neuralgie oder eine akute Reaktivierung eines Herpes zo­

ster mit Entwicklung einer posther­

petischen Neuralgie. Neben dem Ein­

fluß auf die Schmerzen wurde auch die psychische und körperliche Be­

findlichkeit mit zur Beurteilung des Therapieergebnisses herangezogen.

Die Patienten erhielten 4x1 bis 4 x 3 Kapseln Tramal® (durchschnittliche Tagesdosis ab der 3. Woche 250 bis 300mg) oder 2x1 bis 4 x 1 Dragees Clomipramin, durchschnittliche Ta­

gesdosis 50-75 mg. Bei unzureichen­

der Analgesie bei 3x1 Dragee Clo­

mipramin wurde 3 x 1-4 x 1 Tablette Levomepromazin pro Tag hinzuge­

KongreJ^

Extra

Tabelle 3: Schmerzverlauf bei Patienten mit postberpetiscber Neuralgie während einer sechswöchigen Therapie

Schmerziinderung Tramal® Clomipramin/Levomepromazin

n n

keine 0 0,0 2 18,2

ungenügend 1 10,0 3 27,3

befriedigend 3 30,0 1 9,1

gut 4 40,0 3 27,3

sehr gut 2 20,0 2 18,2

Summe 10 100,0 11 100,0

Keine bedeutsamen Unterschiede bezüglich der psychisch/physischen Befindlichkeit während der Tramal®-Behandlung. ln der Clomipramin-ZLevomepromazin-Gruppe Abnahme der Parameter für Depression und Empfindlichkeit, wobei diese Werte ur­

sprünglich bereits höher lagen als die der Tramal®-Gruppe und während der Thera­

pie auf das Niveau der Tramal®-Gruppe abfielen. Auftretenshäufigkeit von uner­

wünschten Ereignissen in beiden Gruppen vergleichbar.

geben. Dies kam nur bei drei Patien­

ten zum Tragen. Dabei wurde nach dem Prinzip »Start low, go slow« mit einer niedrigen Dosis begonnen und dann allmählich bis zur ausreichen­

den Schmerzkupierung gesteigert.

Unter Therapie ergaben sich bezüg­

lich der psychischen oder physischen Befindlichkeiten zwischen den bei­

den Behandlungsgruppen keine be­

deutsamen Unterschiede. Bei mittel­

starkem bis starkem Ausgangs­

niveau wurde die durchschnittliche Schmerzintensität nach der dritten Behandlungswoche in beiden Thera­

piegruppen als »leicht« angegeben.

Die Analgesiebeurteilung war jedoch in der mit Tramal® behandelten Gruppe etwas besser {Tab. 3).

Durch dieses Ergebnis werden die dilTerentialtherapeutischen Möglich­

keiten bei diesem Krankheitsbild ent­

scheidend erweitert, denn gerade alte Menschen vertragen häufig die Therapie mit der Kombination aus Antidepressivum und Neurolepti­

kum schlecht. Wichtig beim Einsatz des Tramadol ist es, zu Beginn ein Antiemetikum mitzuverordnen.

Damit kann die wichtige uner­

wünschte Nebenwirkung Übelkeit gut beherrscht werden.

Die Rationale für den Einsatz des Tramadol erkärt sich für Göbel dar­

aus, daß dieses neben der opioidago- nistischen Aktivität die physiologi­

sche Hemmwirkung der Monoami­

ne Noradrenalin und Serotonin auf die Schmerzleitung im Rückenmark verstärkt.

Was hier am Beispiel der postherpe­

tischen Neuralgie gezeigt wurde, läßt sich, so die Schlußfolgerung von Göbel, auch auf andere neuralgische Schmerzen übertragen, auch hier eine wichtige Bereicherung des the­

rapeutischen Spektrums. Hierzu sollten aber noch eindeutig bewei­

sende Studien durchgeführt werden.

Der Einsatz der Retardformulierung in Form des Tramal® long 100, die bei Beginn der oben zitierten Unter­

suchung noch nicht zur Verfügung stand, ist nach Göbel sicher dazu ge­

eignet, die Compliance der Patien­

ten wesentlich zu verbessern.

(Günther Burk)

Pressegespräch im Rahmen der 101.

Tagung der Gesellschaft für Innere Medizin am 24. April 1995 in Wies­

baden.

Im Dokument Chronische Lebererkrankungen (Seite 52-57)