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4 Diskussion

4.1 Klonierung der FDH-spezifischen Gensätze und Reinigung der FDH-II

In der vorliegenden Arbeit wurden die Strukturgene von zwei zueinander homologen Formiat-Dehydrogenasen im Genom von E. acidaminophilum identifiziert. Der fdh-Gensatz I codiert die bisher nur partiell gereinigte Wolfram-abhängige FDH-I (GRANDERATH 1993). Beide Operons weisen die An-ordnung fdhBA auf. In den Genen der katalytischen Untereinheiten fdhA1 und fdhA2 konnte ein in-frame TGA-Codon identifiziert werden, so dass davon auszugehen ist, dass beide Formiat-Dehydrogenasen Selenoproteine sind. Die Gene fdhB1 und fdhB2 codierend für eine zweite vermutlich elektronentransfe-rierende Untereinheit der Formiat-Dehydrogenasen.

Die durch den fdh-Gensatz II codierte FDH-II konnte im Verlauf der Arbeit aus Serin/Formiat-gewachsenen Zellen homogen gereinigt werden. Der Wolfram- und Selen-Gehalt der FDH-II konnte mittels Neutronenaktivierung nachgewiesen werden, außerdem wurde Eisen identifiziert sowie geringe Mengen Zink, Cobalt und Chrom. In FDH-II konnte der Molybdopterin-Cofaktor nach Umsetzung zu Pterin-6-Carbonsäure nachgewiesen werden. Somit wird vermutlich auch in der Formiat-Dehydrogenase von E. acidaminophilum das Wolfram durch den Molybdopterin-Cofaktor komplexiert. Durch die Anrei-cherung der FDH-II wurde nachgewiesen, dass das durch fdhB2 codierte Protein eine Untereinheit akti-ver FDH-II ist. Ebenso wird eine Beteiligung des stromaufwärts von fdhA1 codierten FdhB1-Proteins am Aufbau der FDH-I angenommen. Außerdem wurde in der homogenen Präparation der Formiat-Dehydrogenase eine dritte Proteinspezies gefunden, die als elektronentransferierende Untereinheit der vom hym-Operon codierten Eisen-Hydrogenase identifiziert wurde. Die FDH-II setzt wie auch FDH-I

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Formiat mit Benzylviologen als Elektronenakzeptor mit einer sehr hohen spezifischen Aktivität um, die höchste spezifische Aktivität wurde mit 988 U/mg gemessen. Unter Berücksichtigung der Aktivitätsver-luste könnte eine maximale spezifische Aktivität von 1.500 U/mg erreicht werden. Neben der Formiat-Oxidation katalysieren beide Formiat-Dehydrogenasen auch die CO2-Reduktion mit hohen Umsatzraten.

Für FDH-II lief die CO2-Reduktion mit 12 % der spezifischen Aktivität der Hinreaktion ab (s. 3.4.11), für FDH-I mit 24 % (GRANDERATH 1993).

Die Transkription beginnt für beide Gensätze stromaufwärts von fdhB und umfasst zusätzlich zu den Strukturgenen der Formiat-Dehydrogenase drei (Gensatz I) bzw. einen weiteren offenen Leserahmen (Gensatz II). So werden zusammen mit fdhA1 und fdhB1 auch Gene transkribiert, deren Produkte an der Synthese des Molybdopterin-Cofaktors beteiligt (mog und mobA) bzw. für die Aktivität von Formiat-Dehydrogenasen wichtig sind (fdhD). Der mit den Genen der FDH-II exprimierte offene Leserahmen (fdhC) codiert für ein Membranprotein, dessen Aufgabe vermutlich der Transport von Formiat ist. Durch Northern-Blot-Analysen und semi-quantitative RT-PCR konnte nachgewiesen werden, dass fdh-Gensatz I wahrscheinlich konstitutiv exprimiert wird, während fdh-Gensatz II ebenfalls konstitutiv, jedoch auf deutlich niedrigerem Niveau transkribiert und durch Serin (40 mM) induziert wird. Die Rolle der Formiat-Dehydrogenasen beim Wachstum von E. acidaminophilum auf verschiedenen Medien wird in 4.3 diskutiert.

Stromaufwärts des fdh-Gensatzes I ist das hym-Operon lokalisiert, das eine vermutlich Membran-assoziierte Eisen-Hydrogenase codiert. Das Operon besteht aus vier gemeinsam transkribierten Genen, wobei die katalytische Untereinheit von hymC, zwei elektronentransferierende Untereinheiten von hymA und hymB sowie ein putatives Membranprotein unbekannter Funktion von hymD codiert werden. In E. acidaminophilum liegt diese Hydrogenase, zumindest nach Isolierung aus Serin- bzw. Serin/Formiat-gewachsenen Zellen, assoziiert mit FDH-II vor. Die homogen gereinigte FDH-II enthielt neben FdhA2 und FdhB2 auch HymB, wobei dieses Protein nach Abschätzung der Bandenintensität im Coomassie-gefärbten SDS-PAGE-Gel verglichen mit FdhA2 und FdhB2 in doppelter Menge vorlag. Die experi-mentell bestimmte molekulare Masse der FDH-II von ca. 540.000 Da stimmt gut mit der aus den Pro-teinsequenzen errechneten von 523.772 Da überein, bei Annahme eines Verhältnis der Untereinheiten FdhA1:FdhB1:HymB von 2:2:4. Eine weitere 16,9 kDa-große Untereinheit der Hydrogenase, HymA, wurde ebenfalls mit FDH-II angereichert. Dies wurde erst bei der zweiten Anreicherung bemerkt, die nach der Chromatographie an MonoQ beendet wurde. Ob dieses Protein auch in der homogenen Präpa-ration nach der GelfiltPräpa-ration vorliegt, muss eine erneute Anreicherung zeigen, die durch GelfiltPräpa-ration bestimmte molekulare Masse der FDH-II deutet aber darauf hin.

Nach den Ergebnissen der semi-quantitativen RT-PCR werden die fdh-Gensätze I und II beim Wachstum mit Serin und Serin/Formiat auf vergleichbarem Niveau exprimiert. Demzufolge sollten FDH-I und FDH-II im Rohextrakt Serin- bzw. Serin/Formiat-gewachsener Zellen in vergleichbaren Mengen

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gen. Bei beiden durchgeführten Anreicherungen aus Zellen, die mit Serin- bzw. Serin/Formiat angezogen wurden, konnte am Ende jedoch nur FDH-II erhalten werden. Nach der zweiten Aufreinigung wurden bei der Überprüfung des N-Terminus des 98 kDa-Proteins geringe Spuren von FdhA1 gefunden (<5 %).

Größere Aktivitätsverluste, die mit einer Abtrennung der FDH-I vereinbar wären, traten während beider Anreicherungen nur im Verlauf der hydrophoben Interaktions-Chromatographie an Octyl-Sepharose auf.

Durch Nachwaschen der Säule mit 20 %igem Ethylenglykol wurde ein braun-gefärbtes Protein von der Säule eluiert, das jedoch keine FDH-Aktivität aufwies. Auch durch Analyse der entsprechenden Fraktio-nen im SDS-Gel konnte kein Protein bei 98 kDa identifiziert werden. Der Verbleib der FDH-I während der Anreicherung könnte eventuell geklärt werden, indem das Verhalten der FDH-Aktivität in Rohex-trakt aus Glycin-gewachsenen Zellen, der nahezu keine FDH-II enthalten sollte, an Octyl-Sepharose ge-testet würde.

Da FDH-I bisher nicht homogen angereichert werden konnte, ist nicht bekannt, ob auch diese Formiat-Dehydrogenase mit der Hydrogenase assoziiert ist. Bei einer partiellen Anreicherung der FDH-I aus Zellen, die auf Serin/Formiat/Sarkosin gewachsen waren, wurde HymB ebenfalls mit gereinigt (GRANDERATH 1993). Dies könnte als Hinweis gedeutet werden, dass auch FDH-I mit der Hydrogenase assoziiert vorliegt. Genauere Aussagen können jedoch erst nach einer Anreicherung des homogenen En-zyms getroffen werden.

Im Gegensatz zur Aktivität im Rohextrakt reagierte die Aktivität der homogenen FDH-II auf Lagerungen relativ empfindlich, so waren z. B. nach 18-stündiger Lagerung bei –20 °C nur noch 30 % Restaktivität zu verzeichnen. Verschiedene Parameter können für diesen Aktivitätsverlust verantwortlich sein. Es ist jedoch anzunehmen, dass die Ursache in dem nicht optimalen pH-Wert des Puffers zu suchen ist. Für die Anreicherung und Lagerung des Enzyms wurde der Puffer gewählt, in dem die Formiat-Dehydrogenase die höchste Aktivität aufwies, ein 50 mM Tris-HCl-Puffer bei pH 8,0 (GRANDERATH 1993). Die Abhän-gigkeit der Stabilität des Enzyms vom pH-Wert dagegen wurde nicht bestimmt. Die erhaltenen Ergebnis-se deuten jedoch darauf hin, dass das pH-Optimum der Stabilität der Formiat-DehydrogenaErgebnis-se von E. acidaminophilum wesentlich von dem der Aktivität abweicht. Für Formiat-Dehydrogenasen aus R. eutropha, E. coli und C. formicoaceticum wurde beschrieben, dass sich das pH-Optimum der Stabilität im Vergleich zu dem der Aktivität bei wesentlich niedrigeren pH-Werten befand. Bei pH-Werten ober-halb von 8 nahm die Stabilität bereits deutlich ab (FRIEDEBOLD 1994; AXLEY et al. 1991, LEONHARDT UND ANDREESEN 1977). Aktivitätsverluste während der Anreicherung der Formiat-Dehydrogenase von E. acidaminophilum traten dann auf, wenn die Lagerung des Enzyms zum „Schutz“ der Aktivität auf Eis, im Kühlraum oder bei –20 °C erfolgte, nicht jedoch während der Chromatographien bei Raumtempera-tur. Gerade das verwendete Tris-Puffer-System reagiert aber stark temperaturabhängig (∆pKA/10 °C = 0,31), so steigt der pH-Wert einer 50 mM Tris-HCl-Lösung von 8,0 auf 8,6, wenn die Temperatur von 25 °C auf 4 °C abgesenkt wird. Daraus kann geschlossen werden, dass die Aktivitätsverluste der For-miat-Dehydrogenase durch die Wahl eines anderen Puffersystems vermieden werden könnten. Zur

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ren Verwendung von Tris-Puffer sollte das Stabilitäts-pH-Optimum der Formiat-Dehydrogenase be-stimmt und der pH-Wert des Puffers entsprechend angepasst werden. Außerdem sollte auf Temperatur-veränderungen während der Reinigung verzichtet werden, zumal die Formiat-Dehydrogenase von E. acidaminophilum sehr Temperatur-unempfindlich ist. Zur Lagerung des homogenen Enzyms muss der pH-Wert exakt kontrolliert werden.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass E. acidaminophilum zwei Wolfram- und Selen-abhängige Formiat-Dehydrogenasen besitzt, die beide neben der Formiat-Oxidation auch die Reduktion von CO2 mit hohen Umsatzraten katalysieren können. Das Vorkommen von verschiedenen Formiat-Dehydrogenasen wurde auch für andere Organismen beschrieben, jedoch in keinem Fall die Ausprägung von Isoenzymen in Bezug auf Selen- bzw. Metall-Gehalt. Stattdessen sind die verschiedenen Formiat-Dehydrogenasen in unterschiedliche Stoffwechselflüsse eingebunden, wie dies auch in E. acidamino-philum der Fall zu sein scheint. So werden in E. coli die drei verschiedenen Formiat-Dehydrogenasen in Abhängigkeit des verfügbaren Elektronenakzeptors exprimiert (SAWERS 1994). Die beiden fdh-Operons in W. succinogenes sind hochkonserviert, nur zwei Basenpaare sind in den codierenden Genen ausge-tauscht. Unterschiede weisen jedoch die Promotor-Regionen auf, so wird fdhI bei Anwesenheit der Elek-tronenakzeptoren Fumarat und Polysulfid exprimiert, während fdhII nur durch Polysulfid induziert wird (LENGER et al. 1997).