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1 Wildnis und Klimaschutz

1.1 Klima und Schutz – unser Weg als Zerstörung der Natur

geprägt hat, lässt sich unter einem Begriff zusammenfassen: Wachstum. Durch das jahrzehntelange Streben nach Wohlstandswachstum wurde das Erdklima in bedrohliche Bereiche getrieben und hat selbst viele positive Auswirkungen von bisherigen technologischen Fortschritten zunichtegemacht (Gonstalla, 2019, S.57). Das unaufhaltsame Wachstum schließt unterschiedliche Faktoren mit ein: Die Bevölkerungszahl, die Menge an produzierten Gütern oder die

ausge-stoßene Menge an CO2. Allein das globale Bruttoinlandsprodukt stieg von 1800 bis 2008 um durchschnittlich 2,2 Prozent pro Jahr (Dallmer, 2020, S. 17).

Der Historiker Hänggi spricht von einem Wohlstandsproblem, da fast alle Ein-wohner der reichen Länder, Angehörige der Oberschichten von armen Ländern und Mittelschichten auf Kosten künftiger Generationen und auf Kosten der Ar-men von heute, welche unter den Folgen des Klimawandels am stärksten lei-den, leben (2009, S. 243). Diese Lebensweise hat schwerwiegende Folgen für unsere Natur und unser Erdklima, welche wir in der jüngsten Vergangenheit immer stärker zu spüren bekommen.

Das Umweltbundesamt [UBA] berichtet regelmäßig über eine zunehmende Klimaerwärmung, die seit dem vergangenen Jahrhundert beobachtet wird. Das globale Mittel der bodennahen Lufttemperatur steigt, Gebirgsgletscher und Schneebedeckung haben im Mittel weltweit abgenommen und Extremereignis-se wie Starkniederschläge und Hitzewellen werden zunehmend häufiger (2016).

Es ist unumstritten, dass Klimakatastrophen und somit auch schwere Konse-quenzen durch einen anthropogenen Treibhauseffekt entstehen. Der Beitrag, den der Mensch dazu leistet, setzt sich aus verschiedenen Faktoren zusam-men. Gonstalla nennt das Verbrennen von fossilen Brennstoffen wie Kohle, Erdöl und Erdgas, die Rodung und Trockenlegung durch Forst- und Landwirt-schaft und den Methanausstoß durch die Massentierhaltung als Ursachen der weltweiten Freisetzung anthropogener Treibhausgase (2019, S. 28).

Diese erschreckende Entwicklung wird vom Großteil der Bevölkerung und den Regierungen hingenommen ohne wirkmächtige Gegenstrategien umzusetzen.

Latif spricht hier sogar davon, dass globaler Klimaschutz aus wissenschaftlicher Sicht bisher nicht stattfindet (2012, S. 111).

Blicken wir auf die aktuellen Bemühungen der Bundesrepublik Deutschland entsteht ein zweischneidiges Bild. Die Bundesregierung hat das Problem des Klimawandels erkannt und politische Gegenmaßnahmen ergriffen. Diese wer-den sichtbar in wer-den Beschlüssen des Bundeskabinetts zum Klimaschutzpro-gramm 2030 zur Erreichung der Klimaziele 2030 (Bundesministerium für Wirt-schaft und Energie [BMWi], 2020, S.2). Es wird langfristige Klimaneutralität im Einklang mit den Zielen des Übereinkommens von Paris angestrebt, um die Erderwärmung deutlich unter 2 Grad zu halten und möglichst auf 1,5 Grad zu

begrenzen. Deutschland hat sich zudem gemeinsam mit der Europäischen Uni-on zum Ziel der Treibhausneutralität in 2050 verpflichtet (BMWi, 2020, S.2).

Konkrete Veränderungen sind vor allem in den Bereichen der erneuerbaren Energien spürbar. So basiert die Stromversorgung in Deutschland zunehmend auf erneuerbaren Energien: Von rund sechs Prozent im Jahr 2000 auf rund 42 Prozent im Jahr 2019 (BMWi, 2019).

Doch diese Fortschritte sind für eine geplante Energiewende nicht ausreichend.

So spricht die Wirtschaftswissenschaftlerin Kemfert davon, dass das Energie-system komplett dekarbonisiert werden muss, um die Pariser Klimaziele zu er-reichen (2018, S. 122). Je länger versucht wird, die Vergangenheit zu konser-vieren, sprich in konventionelle Energieträger zu investieren und diese zu sub-ventionieren, desto ineffektiver und teurer wird es letztendlich (Kemfert, 2018, S. 133). Umso unverständlicher erscheint die Vorgehensweise der Bundesre-gierung im Energiesektor, wenn wir auf die Verteilung der Subventionen bli-cken. Der Ausbau erneuerbarer Energien spart CO2 und hilft nachweislich dem Weltklima (Kemfert, 2018, S.132). Eine logische Konsequenz für die Bundesre-gierung wäre, vor allem im Hinblick auf die Klimaziele, denen sie sich verpflich-tet hat, die Kraft der Subventionen in erneuerbare Energien zu lenken und die bestehenden Subventionen auf konventionelle Energieträger einzugrenzen.

Denn umweltschädliche Subventionen für konventionelle Energieträger konter-karieren die Anstrengungen Deutschlands für mehr Klimaschutz (WISO, 2020, S.3).

„Allein im Energiebereich belaufen sich die Subventionen für fossile Energieträ-ger auf mehr als 17 Milliarden Euro pro Jahr“ (WISO, 2020, S. 3). „Trotz zahl-reicher Erklärungen Deutschlands auf nationaler wie internationaler Ebene hat in den vergangenen Jahren kein wesentlicher Abbau dieser Subventionen statt-gefunden. Im Gegenteil, es kamen sogar neue dazu, wie beispielsweise die Vergütung für Kohlekraftwerke in der Sicherheitsbereitschaft“ (WISO, 2020, S.3). Im krassen Vergleich dazu stehen exemplarisch die Subventionen für eine laut BMWi „saubere, sichere und bezahlbare Energieversorgung“ (2020, S. 2), dem Wasserstoff. Die Bundesregierung erkennt an, dass Wasserstoff eine zent-rale Rolle bei der Weiterentwicklung und Vollendung der Energiewende zu-kommt (BMWi, 2020, S. 2).

Trotz der Hervorhebung von Wasserstoff erhält dessen Förderung als Energie-träger nur ein Subventionsvolumen von 1,4 Milliarden Euro in einem Zeitraum von zehn Jahren – 2016 bis 2026 (BMWi, 2020, S. 3). Vergleicht man nun die Subventionsbeschlüsse der Regierung bei fossilen und erneuerbaren Energie-quellen, gewinnt man den Eindruck, das Deutschland mit seiner tatsächlich be-triebenen Klimapolitik weit hinter den erklärten Zielen zurückbleibt und wirt-schaftliche Interessen bei Subventionsentscheidungen durchaus eine Rolle spielen. Der Klimafolgenforscher Stock schreibt über die schwierige Beziehung von Wissenschaft und Politik im Bereich des Klimawandels (2018, S. 134). Er spricht bei der Herausforderung der Klimapolitik von einer ideologisch befange-nen Willensbildung zugunsten bestehender Wirtschaftsinteressen, die das poli-tische Handeln stärker beeinflussen als das Gemeinwohl (ebd., S. 146).

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass sowohl nationale als auch inter-nationale Bemühungen den Klimaschutz voranzutreiben bisher nicht ausreichen werden, um das 1,5 Grad Ziel des Pariser Klimaabkommens zu erreichen. Laut Hänggi steigt der CO2 Ausstoß nicht nur, er steigt auch schneller als das von der United Nations [UNO] eingesetzte Klima-Expertengremium in seinem pes-simistischsten Szenario angenommen hat (2008, S. 9).

Welche Verantwortung kommt nun auf die Bevölkerung und Nichtregierungsor-ganisationen zu, wenn die Wirtschaft und die Politik nicht gewillt oder in der La-ge sind, Klimaschutz als Priorität zu sehen? Die weltweite Transformation zu einer klimafreundlichen und nachhaltigen Gesellschaft ist nach Stock ein zu-kunftsorientierter, gesellschaftlicher Such- und Lernprozess, in welchem die Stärkung von Bildung und Wissenschaft eine zentrale Bedeutung zukommt (2018, S. 146).

Verbände oder Organisationen müssen Druck auf die Regierungen und die Wirtschaft weltweit ausüben, um diese Transformation voranzutreiben. Diese Notwendigkeit wurde auch von der Sozialen Arbeit erkannt und im Jahr 2019 erstmals in den Fokus der Profession gestellt. Die Frage der Klimagerechtigkeit ergibt sich aus den schwerwiegenden Folgen des Klimawandels und gewinnt damit an Relevanz für die Soziale Arbeit.