• Keine Ergebnisse gefunden

KASTEN D 1.4-1 Fossile Wasservorräte

Im Dokument Download: Vollversion (Seite 98-153)

Die Süßwasserkrise: Grundlagen

KASTEN D 1.4-1 Fossile Wasservorräte

Die Grundwasservorräte der Erde (bis in eine Tiefe von 2.000 m) werden auf 23,4 Mio. km3und der Süßwasseranteil auf ca. 45% geschätzt. In vie-len Gebieten der Erde falvie-len die Grundwasser-spiegel um bis zu mehrere Meter pro Jahr, weil die Wasserentnahme vornehmlich zu Zwecken der Bewässerung (USA, China, Indien, Arabische Halbinsel) und auch des Tourismus (viele Insel-staaten, insbesondere der Karibik) die Erneue-rungsrate übersteigt.

Fossile Wasservorräte sind sich nicht oder nur sehr langsam erneuernde Grundwasservorräte, die zumeist zu Zeiten anderer Klimate oder bei Abschmelzen von Eiskappen gebildet wurden.

Damit sind sie nicht, oder bestenfalls nur bei sehr geringfügiger Entnahmerate, nachhaltig nutzbar.

Ihr Umfang und ihre Erneuerungsrate sind meist nicht gut bekannt; eine globale Bestandsaufnah-me aus dem Jahr 1990 existiert nur in Form von Schätzungen (Tab. D 1.4-1). Große Vorräte gibt es vor allem in Nordamerika und -afrika.

Im späten Pleistozän wurden über ca. 140.000 Jahre die Grundwasserreserven unter der Sahara (Nubischer Sandstein, Kontinentaler intercalärer Aquifer) gebildet, wovon der Großteil vor 18.000 –40.000 Jahren angesammelt wurde. Nach neue-ren Studien sind es allein in der Ost-Sahara 150.000 km3 (Klitzsch, 1991; zum Vergleich: dies entspricht 2.000 Jahresabflüssen des Nil). Erneu-ert werden ca. 0,7–2 km3Jahr-1in der Ost-Sahara und ca. 2 km3Jahr-1in der West-Sahara (Margat, 1990). Eine Erschöpfung der Vorräte in der Liby-schen und der NubiLiby-schen Wüste ist derzeit noch nicht absehbar (Klitzsch, 1991), vielmehr sind an-gesichts der teilweise hohen Absenkungsraten eher Kostenfragen limitierend. Die Vorräte auf der Arabischen Halbinsel werden dagegen zügig abgebaut: Alle Staaten der Region außer Oman entnehmen mehr als das erneuerbare Dargebot.

Saudi-Arabien nutzt zu 80% nicht-erneuerbare Wasservorräte. Die tiefen Aquifere, auf die jetzt zugegriffen wird, wurden vor mehr als 10.000 Jah-ren aufgefüllt. Die Vorräte werden zwischen 1985 und 2010 voraussichtlich halbiert (Gleick, 1993).

Land Name Ausdehnung Volumen Mittlerer

Erneuerungs-Zufluß dauer

(km2) (km3) (km3Jahr-1) (Jahre)

Australien Australisches 1.700.000 20.000 1,1 20.000

Tiefland

Ägypten, Lybien, Nubischer 2.000.000 75.000 ~1,0 75.000

Sudan, Tschad Sandstein

Saudi Arabien Aquifere des ~1.000.000 35.000 ~1,05 33.000

Sedimentbeckens

Algerien, Kontinentaler 780.000 60.000 0,85 70.000

Tunesien Aquifer

Niger, Mali, Kontinentaler ~500.000 10.000–15.000 ~0,8 10.000–20.000

Nigeria Aquifer

USA Ogallala Aquifer 450.000 ~15.000 6–8 2.000

USA Central Valley 80.000 130 ~7 160

(Kalifornien)

Brasilien Sedimentbecken 700.000 80.000 4 20.000

von Maranho

China Hebei-Ebene 136.000 5.000–10.000 35 150–300

Rußland Donez-Becken 250.000 175.000 5 35.000

Tabelle D 1.4-1

Große Aquifere der Welt.

Quelle: Margat, 1990

maligen Sowjetunion mit 13% die größten Zuwachs-raten zu verzeichnen. Die Zunahme der bewässerten Fläche stößt jedoch an ökologische und ökonomi-sche Grenzen, da zunehmend marginale Flächen be-wirtschaftet werden müssen. Die Bewirtschaftung dieser Flächen erfordert einen größerer Arbeits- und Kapitalaufwand bei gleichzeitig höherer Ertragsun-sicherheit. Die im Vergleich zur Dekade von 1970–1980 deutlich rückläufige Zunahme der Bewäs-serungsflächen in der Dekade 1980–1990 ist auf das begrenzte Potential kultivierbarer Flächen, die be-grenzte Verfügbarkeit von Wasserressourcen, die ho-hen Erschließungs- und Unterhaltungskosten sowie die zunehmende Beeinträchtigung durch Versalzung zurückzuführen.

Die Wasserentnahme in der Landwirtschaft unter-scheidet sich regional sowohl in der absoluten Ent-nahme als auch im Pro-Kopf-Verbrauch erheblich (Tab. D 1.4-3,Abb. D 1.4-1a und 1b). Kontinenten mit mehr als 80% Wasserentnahme für den landwirt-schaftlichen Bedarf wie Afrika und Asien stehen Eu-ropa und Nordamerika mit lediglich 39% bzw. 49%

landwirtschaftlichem Anteil an der Gesamtwasser-entnahme entgegen. In den ariden und semi-ariden Entwicklungsländern fließen über 90% des entnom-menen Wassers in die Landwirtschaft, während es in

den humiden Regionen der Industrieländer lediglich 30% sind.

Afrika als Kontinent mit dem höchsten Anteil der landwirtschaftlichen Wasserentnahme weist in den Ländern südlich der Sahara sowohl ein niedriges Ni-veau bei der Absolutentnahme als auch bei der Pro-Kopf-Entnahme auf. In Asien ist die Wasserentnah-me für die Landwirtschaft im weltweiten Vergleich am höchsten, weil dort zum einen der Bewässerungs-feldbau dominiert und zum anderen über 60% der Weltbevölkerung leben (Abb. D 1.4-1a). Obwohl we-niger als 5% der Weltbevölkerung in Nordamerika leben, ist die Wasserentnahme für die Landwirtschaft sehr hoch. Dieses hohe Niveau der absoluten Ent-nahme spiegelt sich auch in einer hohen Pro-Kopf-Entnahme wider. Die Vereinigten Staaten (1.117m3) weisen gegenüber China (550 m3) oder Indien (550 m3) eine doppelt so hohe Pro-Kopf-Entnahme auf und liegen noch über dem Niveau von ariden Län-dern wie Ägypten oder Libyen mit Pro-Kopf-Ent-nahmen von 900 m3bzw. 1.050 m3. Die weltweit höch-sten Wasserentnahmen in der Landwirtschaft mit mehr als 2.000 m3 pro Kopf weisen die hochkonti-nentalen, semi-ariden bis ariden Regionen auf (Irak, Turkmenistan oder Aserbeidjan).

Entnahme durch die Industrie

Wesentliche Determinanten der industriellen Wassernachfrage in einer Volkswirtschaft sind die Bevölkerungszahl, das Produktionsniveau, die sekto-rale Produktionsstruktur (einschließlich der Art der Energieerzeugung) und die Effizienz der eingesetz-ten Technologie (Klemmer et al., 1994; Stanners und Bourdeau, 1995). 1987 erreichte die industrielle Was-serentnahme in einzelnen Regionen der Erde die in Tab D 1.4-4 angegebenen Anteile an den gesamten jährlichen Wasserentnahmen.

Zwischen einzelnen Staaten zeigen sich große Un-terschiede. Innerhalb Europas entfallen z. B. in Finn-land, Deutschland und Belgien 80–85% der Wasser-entnahmen auf den industriellen Sektor, während er in Griechenland, Portugal und Spanien weniger als 30% beansprucht (Stanners und Bourdeau, 1995).

Der Anteil in Entwicklungsländern variiert sehr 75 Aktueller Stand der Wasserentnahme D 1.4.2

Jahr Entnahme in der Gesamtentnahme Anteil Landwirtschaft (km3) (Prozent)

(km3)

1900a 525 578 91

1940a 893 1.057 84

1950a 1.130 1.367 83

1960a 1.550 1.985 78

1970a 1.850 2.586 72

1980b 2.090 3.020 69

1987b 2.235 3.240 69

1995c 3.106 4.145 75

Tabelle D 1.4-2

Entwicklung des Anteils der Landwirtschaft an der globalen Wasserentnahme 1900–1995.

Quellen: nach Clarke, 1993 (a); WRI, 1994 und 1996 (b);

Alcamo et al., 1997 (c)

(Teil-) Jahr Gesamt- Pro-Kopf-Entnahme Entnahme der Kontinent entnahme der Landwirtschaft Landwirtschaft

(km3) (m3) (Prozent der

Gesamtentnahme)

Afrika 1995 145 175 88

Asien 1987 1.633 460 85

Europa 1995 455 244 31

Nordamerika 1995 608 711 49

Südamerika 1995 106 196 59

Ozeanien 1995 17 199 34

Tabelle D 1.4-3 Jährliche kontinentale Wasserentnahme in der Landwirtschaft.

Quelle: nach WRI, 1996

a

< 0,1 0,1–0,5 0,5–1,0 1,0–2,0 2,0–5,0

5,0–10,0 Keine Daten 10–25 25–50 50–100 100–500 500–1000 Landwirtschaftlicher

Wasserverbrauch 1995 (km3)

b

<10 10–50 50–100 100–200 200–500

500–1000 1000–1500 1500–2000

>2000 Keine Daten Landwirtschaftlicher

Wasserverbrauch 1995 (m3 pro Kopf)

Abbildung D 1.4-1

a) Wasserentnahme der Landwirtschaft für 1995. b) Wasserentnahme der Landwirtschaft pro Kopf für 1995.

Quelle: WBGU, unter Verwendung von Alcamo et al., 1997

77 Aktueller Stand der Wasserentnahme D 1.4.2

stark in Abhängigkeit vom Entwicklungsstand, der Wirtschaftsstruktur und den eingesetzten Technolo-gien. Der industrielle Bedarf liegt zwischen 10% und 30% (BMZ, 1995). Während in den Industrieländern zunehmend Zwänge oder Anreize bestehen, Wasser im Kreislauf zu führen und wiederzuverwenden, wird in den Entwicklungsländern das technisch mögliche Potential zur Mehrfachnutzung bei der Kühlung und in industriellen Prozessen kaum ausgeschöpft (BMZ, 1995). Der Wasserverbrauch pro Einheit industrieller Produktion ist in den vergangenen zwanzig Jahren in den Industrieländern erheblich zurückgegangen (WRI, 1996).

In Deutschland entfallen 62% der Wasserentnah-men auf Wärmekraftwerke, 26% auf das verarbei-tende Gewerbe und 12% auf die öffentliche Wasser-versorgung (BMZ, 1995). Wie das Beispiel der USA seit 1950 zeigt, verschieben sich die Relationen zu-gunsten der Kraftwerksnachfrage (Tab. D 1.4-5).

Der Wasserbedarf in der Kraftwerkswirtschaft wird durch die Höhe der Stromerzeugung, die Struk-tur des Kraftwerkparks (Technik, Energieträger) und den Auslastungsgrad der Anlagen bestimmt. Im Kraftwerksbereich können durch Kreislaufführung, Wasserbedarf und -nachfrage deutlich entkoppelt werden (Klemmer et al., 1994). Damit kann die Men-ge des Men-genutzten Wassers erheblich von der MenMen-ge des eingesetzten Wassers abweichen. Für Deutsch-land wird von einem Verhältnis von etwa 2,0 ausge-gangen.

Der spezifische Wasserverbrauch im verarbeiten-den Gewerbe hängt vom Produktmix und der Art der

erzeugten Produkte ab. Im verarbeitenden Gewerbe wird relativ viel Wasser für Kühlzwecke eingesetzt, nur etwa 20% werden für produktionsspezifische Zwecke benötigt. Wasserintensive Industrien in dem Sinne, daß mehr als 15% der Wasserentnahme ver-braucht werden, sind z. B. Zellulose- und Papierher-stellung, Zementindustrie und Erdölraffinerien (Stanners und Bourdeau, 1995). Im Unterschied zum Nutzungsfaktor von 2,0 in öffentlichen Kraftwerken ist der Nutzungsfaktor im verarbeitenden Gewerbe in Deutschland deutlich höher. Er erreicht einen Wert von etwa 3,9, weil erhebliche Möglichkeiten zur Mehrfachnutzung bestehen (Klemmer et al., 1994).

Der Wasserkoeffizient (Verhältnis von Wasserein-satz zu Bruttowertschöpfung) konnte in der Vergan-genheit erheblich gesenkt werden. Grund hierfür ist vor allem die Kreislaufführung von Wasser und da-mit die Steigerung des Nutzungsfaktors. Auch beim insgesamt genutzten Wasser kann man Entkopplun-gen vom Produktionswachstum beobachten. Der Trend zur Senkung des spezifischen Wasserver-brauchs und der effizienteren Nutzung von Wasser zeigt sich auch auf europäischer Ebene (Stanners und Bourdeau, 1995). Die Entwicklung der Wasser-wiederverwendungsraten ist in Tab. D 1.4-6 für eini-ge Industriezweieini-ge der USA dareini-gestellt.

Verbraucht im Sinne eines Entzugs aus dem Was-serkreislauf werden von der Industrie nur relativ ge-ringe Mengen (Shiklomanov, 1993). Das in den Was-serkreislauf zurückgeführte Wasser ist allerdings zum Teil erheblich verschmutzt oder aufgeheizt (BMZ, 1995). Da die Kosten der Abwasserentsor-gung den Abwassererzeugern selten angelastet wer-den, besteht neben einer Zurechnung der Kosten der Wasserbereitstellung auch von dieser Seite her ein häufig noch ungenutztes Potential für Anreize, den Wasserverbrauch zu senken (WRI, 1996). Die welt-weite industrielle Wasserentnahme ist in Abb. D 1.4-2a, b dargestellt.

Entnahme durch die Haushalte

Die Wasserentnahme der Haushalte umfaßt in der Regel Trinkwasser, Nutzung durch öffentliche Ein-richtungen und Kommunen, Betriebsstätten und pri-vate Haushalte (Weltbank, 1993). Es handelt sich also eher um die öffentliche Versorgung der Bevöl-kerung mit Trinkwasser, teilweise unter Einbezie-hung der Wasserabgabe an kleingewerbliche Ein-Tabelle D 1.4-4

Industrielle Wasserentnahme.

Quelle: WRI, 1996

Kontinent oder Industrielle

Subkontinent Wasserentnahme

(Prozent)

Afrika 5

Asien 9

Europa 55

Nord- und Zentralamerika 42

Ozeanien 2

Südamerika 23

Welt 23

Jahr 1950 1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990

Strom-erzeugung 55 100 140 180 240 280 290 257 269

Andere

Industrie 51 54 53 64 65 62 62 42,1 41,3

Tabelle D 1.4-5 Entwicklung der industriellen

Wasserentnahme in den USA (km3Jahr-1).

Quelle: Gleick, 1993

a

< 0,1 0,1–0,5 0,5–1,0 1,0–2,0 2,0–5,0

5–10 10–25 25–50 50–100 Keine Daten Industrieller

Wasserverbrauch 1995 (km3)

b

<10 10–50 50–100 100–200 200–500

500–1000 1000–1500 1500–2000 Keine Daten Industrieller

Wasserverbrauch 1995 (m3 pro Kopf)

Abbildung D 1.4-2

a) Wasserentnahme der Industrie für 1995. b) Wasserentnahme der Industrie pro Kopf für 1995.

Quelle: WBGU, unter Verwendung von Alcamo et al., 1997

richtungen (BMU, 1996). Hier setzt sich die unter-schiedliche Verwendung der Begriffe und die inho-mogene Datenaufbereitung fort, so daß auch die wei-ter unten folgende Abschätzung über die Entwick-lung der Haushaltsnachfrage mit erheblichen Unsi-cherheiten behaftet ist.

Für die öffentliche Wasserversorgung wurden in Deutschland 1991 etwa 6,5 Mrd. m3Wasser benötigt.

Das entspricht einem Anteil von 13,5% an der Ge-samtentnahme (BMU, 1996). An Haushalte und Kleingewerbe wurden allerdings nur 4,1 Mrd. m3 Wasser abgegeben (8,3% der Gesamtentnahme).

Die Differenz erklärt sich durch die Wassernutzung öffentlicher Einrichtungen, die jedoch nicht einheit-lich in den Datenerhebungen berücksichtigt wird.

Das World Resources Institute (WRI, 1996) legt für den „domestic use“ Deutschlands 1991 einen Anteil von 11% an der Gesamtentnahme zugrunde, wobei der Statistik nicht zu entnehmen ist, ob es sich um eine Mittelwertbildung der beiden genannten Werte handelt.

Von den 3.240 km3Wasser, die 1987 global dem natürlichen Kreislauf entnommen wurden, entfielen lediglich 8% auf die Nutzung durch Haushalte (WRI,

1996). In Deutschland lag der Verbrauch an Trink-wasser 1995 bei 1,32 l pro Einwohner und Tag (BMU, 1996) (Tab. D 1.4-7). Mit einem Anteil der Haushalte von 8,3% an der gesamten Wasserentnahme liegt Deutschland deutlich unterhalb des europäischen Mittels (Tab. D 1.4-8).

In Deutschland ist die Wasserentnahme der Haus-halte von 1990 bis heute um ca. 8% gesunken. Mögli-che Gründe hierfür sind ein gestiegenes Umweltbe-wußtsein, der Einsatz von (technischen) Sparmaß-nahmen und zum Teil erhebliche Preissteigerungen.

Im weltweiten Vergleich erweisen sich der personen-bezogene und der gesamte Entnahmewert für Deutschland als eher durchschnittlich (Abb. D 1.4-3a, b).

1.4.3

Entwicklung der Wasserentnahme

Die einleitenden Ausführungen machen deutlich, daß Prognosen des Wasserverbrauchs sehr schwierig sind. Die Entwicklung der industriellen Wasserent-nahme etwa ist von einer Vielzahl von Faktoren wie der Entwicklung von Präferenzen, den technischen Möglichkeiten, den politischen Entscheidungen, dem Einkommen, dem Produktionsniveau und der sekto-ralen Struktur der Produktion abhängig (Kulshresht-ha, 1993). Außerdem sind Wasserdaten nur sehr be-grenzt verfügbar und vergleichbar (Stanners und Bourdeau, 1995; WRI, 1996).

Eine Prognose der landwirtschaftlichen Wasser-entnahme stößt auf ähnliche Schwierigkeiten, und Schätzungen der verschiedenen Institutionen (FAO, WRI, WWI) weichen zum Teil deutlich voneinander ab. Noch größer sind die Unsicherheiten bei der Er-mittlung des bestehenden Potentials an Bewässe-rungsflächen. Eine gemeinsame Studie von Weltbank und UNDP aus dem Jahr 1990 beschreibt ein Poten-tial von 110 Mio. ha in den Hauptbewässerungsregio-nen Asien, Afrika und Südamerika. Bei einer Zu-wachsrate wie in der Dekade von 1980–1990 wäre dieses Potential im Jahr 2025 ausgeschöpft (World-bank und UNDP, 1990). Unter der vereinfachenden

79 Entwicklung der Wasserentnahme D 1.4.3

Jahr Papier- Chemische Öl- und Kohle- Schwer- Verarbeitende industrie Industrie industrie industrie Industrie

1954 2,4 1,6 3,3 1,3 1,8

1959 3,1 1,6 4,4 1,5 2,2

1964 2,7 2,0 4,4 1,5 2,1

1968 2,9 2,1 5,1 1,6 2,3

1973 3,4 2,7 6,4 1,8 2,9

1978 5,3 2,9 7,0 1,9 3,4

1985 6,6 13,2 18,3 6,0 8,6

2000 11,8 28,0 32,7 12,3 17,1

Tabelle D 1.4-6 Wasserwieder-verwendungsraten (Anzahl der

Wiederverwendungen eines bestimmten Volumens).

Quelle: Gleick, 1993

Verwendungszweck (Liter) (Prozent)

Trinken und Kochen 4 3

Körperhygiene (Bad,

Dusche, Waschbecken) 48 36

Toilettenspülung 42 32

Textilreinigung 18 14

Spülen 8 6

Hausreinigung 4 3

Übrige Tätigkeiten (Autowaschen,

Gartenarbeit) 8 6

Summe 132 100

Tabelle D 1.4-7

Trinkwassernutzung pro Person und Tag in Deutschland für 1995.

Quellen: Absoluter Verbrauchswert nach BMU, 1996;

relative Anteile nach UBA, 1991

a

< 0,1 0,1–0,5 0,5–1,0 1,0–2,0 2,0–5,0

5–10 10–25 25–50

Keine Daten

Haushalts-wasserverbrauch 1995 (km3)

b

<10 10–50 50–100 100–200 200–500 Keine Daten Haushalts-wasserverbrauch 1995 (m3 pro Kopf)

Abbildung D 1.4-3

a) Wasserentnahme der Haushalte für 1995. b) Wasserentnahme der Haushalte pro Kopf für 1995.

Quelle: WBGU, unter Verwendung von Alcamo et al., 1997

Annahme, daß sich die Anbauverhältnisse auf den Bewässerungsflächen bis zum Jahr 2025 nicht än-dern, ergibt sich eine Wasserentnahme von 3.697 km3 für die Landwirtschaft im Jahr 2025. Das käme einer Steigerung von 35% seit 1990 oder einer Verdopp-lung der Wasserentnahme seit 1970 gleich.

Die FAO (Kendall und Pimentel, 1994) prognosti-ziert eine jährliche Steigerungsrate von 0,8% in den Entwicklungsländern (ohne China). Ungefähr zwei Drittel des Flächenzuwachses werden in Asien er-wartet. Ein Potential für die weitere Ausdehnung der Bewässerungsflächen wird vor allem in Afrika und Südamerika gesehen. Schwerpunkte bei der Flächenausweitung bilden die Länder Bangladesh, Brasilien, China, Indien, Nigeria und die Türkei (Po-stel, 1989; FAO, 1996c; UNDP, 1992). Zu den Unsi-cherheiten bezüglich der Ausdehnung der Bewässe-rungsflächen kommt die große Variabilität im Wir-kungsgrad der Bewässerungssysteme. Zu 90% wer-den Schwerkraftbewässerungssysteme mit einem Wirkungsgrad zwischen 30 und 60% eingesetzt, so daß im Schnitt lediglich 40% des Wassers die Bewäs-serungsflächen erreichen (BMZ, 1995). Wie weit die zukünftigen Einsparpotentiale durch technologische Verbesserung, angepaßtere Bewässerungssysteme oder die Wahl der Pflanzensorten in den verschiede-nen Ländern liegen, kann ebenfalls nur schwer abge-schätzt werden.

Relativ sicher prognostizierbar ist die Bevölke-rungsentwicklung in einzelnen Staaten. Sie ist jedoch nur eine Bestimmungsgröße der zukünftigen Wasser-nachfrage. Geht man stark vereinfachend davon aus, daß der Pro-Kopf-Wasserverbrauch im Jahr 2025 dem von 1995 entspricht, lassen sich durch Verknüp-fung mit der Bevölkerungsentwicklung erste grobe Trends aufzeigen (Abb. D 1.4-4).

Der regionalen Bevölkerungsentwicklung ent-sprechend wird die Wasserentnahme am stärksten auf dem afrikanischen Kontinent und in Teilen Asi-ens zunehmen. In diesen Regionen wird sich der Be-darf teilweise mehr als verdoppeln. Zuwachsraten von bis zu 40% sind für Nordamerika, Ozeanien und China zu erwarten. Bis zu 80% Zuwachs werden in

Südamerika erreicht werden. In Europa hingegen stagniert die Wasserentnahme und wird in Teilgebie-ten sogar leicht rückläufig sein. Steigerungen des Pro-Kopf-Einkommens und damit ein stärkeres Wachstum des Volkseinkommens im Vergleich zur Bevölkerung, Strukturänderungen der Produktion und effizientere Wassernutzungen bleiben in diesem einfachen Modell zunächst unberücksichtigt.

Mit WaterGAP (Water – Global Assessment and Prognosis: Alcamo et al., 1997) steht seit kurzem ein Prognosemodell zur Verfügung, das für die Wasse-rentnahme über die Entwicklung der Weltbevölke-rung hinaus auch deren räumliche Verteilung, die volkswirtschaftliche Entwicklung sowie Potentiale für einen effizienteren Umgang mit der Ressource Wasser berücksichtigt. Für die Entwicklung der Was-serentnahme in den Sektoren Landwirtschaft, Indu-strie und Haushalte sind mit Hilfe von WaterGAP je drei Szenarien für das Jahr 2025 entwickelt worden, die auf den in Tab. D 1.4-9 dargestellten Grundan-nahmen basieren.

Für die Entwicklung der landwirtschaftlichen Wasserentnahme werden die Zunahme der rungsflächen, Effizienzsteigerung in der Bewässe-rung und die IntensivieBewässe-rung der Anbaumethoden berücksichtigt.

Die Zunahme der Bewässerungsflächen beruht auf den Annahmen von Alexandratos (1995) und wurde mit den Steigerungsraten der Nahrungsmittel-produktion (GetreideNahrungsmittel-produktion) des IMAGE 2.0-Modells korreliert (Alcamo, 1994). Die weltweiten Steigerungsraten werden auf der Grundlage von 13 Weltregionen (Alcamo, 1994) je nach Entwicklungs-region unterschiedlich beurteilt, d. h. einer Stagnati-on in den Industrieländern steht zum Beispiel ein Entwicklungspotential von 114% in Afrika mit Aus-nahme der nordafrikanischen Staaten gegenüber (Szenario M und L). Für die Effizienzsteigerung in der Bewässerung wurde eine lineare Zunahme von 0,5% pro Jahr bis zum Jahr 2025 zugrunde gelegt.

Darüber hinaus wird, in Anlehnung an Alexandratos (1995), die Intensivierung des landwirtschaftlichen Anbaus (cropping intensity) der 13 Weltregionen

81 Entwicklung der Wasserentnahme D 1.4.3

(Teil-) Jahr Gesamtent- Entnahme pro Entnahme der

Kontinent nahme Person Haushalte

(km3) (m3) (Prozent)

Afrika 1995 10 199 7

Asien 1987 98 542 6

Europa 1995 455 626 14

Nordamerika 1995 608 1.451 9

Ozeanien 1995 17 586 19

Südamerika 1995 106 332 18

Welt 1987 3.240 645 8

Tabelle D 1.4-8

Jährliche Wasserentnahme der Haushalte, nach Kontinenten.

Quellen: WRI, 1996; BMZ, 1995

< -40 -40 — -20 -20 — 0 0 — 20 20 — 40 40 — 60 60 — 80 80 — 100

100 — 120 120 — 140 140 — 160 160 — 180 180 — 200 200 — 300

> 300 Keine Daten Mehrverbrauch

aller Sektoren 2025 (in Prozent zur Basis 1995)

Abbildung D 1.4-4

Relative Entwicklung der Gesamtwasserentnahme bedingt durch Bevölkerungswachstum im Zeitraum von 1995–2025.

Quelle: WBGU, unter Verwendung von Alcamo et al., 1997

berücksichtigt. Bis zum Jahr 2025 wird in dieser Hin-sicht in fünf Regionen (Lateinamerika, Mittlerer Osten, Indien, Südasien, Ostasien) eine Zunahme er-wartet. Für Indien und Südasien liegt sie bei 20%, für die übrigen Regionen bei 10%.

Zur Schätzung der Wassernachfrage des industri-ellen Sektors wurde zwischen Ländern mit einem ho-hen und einem niedrigen Pro-Kopf-Wasserdargebot unterschieden, wobei die Grenze bei 1.000 m3 pro Kopf und Jahr angesetzt wurde. Für die Länder mit hoher Wasserverfügbarkeit wurde unterstellt, daß ab einem Pro-Kopf-Einkommen von 15.000 US-$ pro Jahr die gegenwärtige Wasserintensität (Wasserent-nahme pro industrielles Bruttoinlandsprodukt) in-nerhalb weniger Jahre auf 50% abnimmt (Szenario M). Für Länder mit geringer Wasserver-fügbarkeit wurde diese Abnahme – wegen des Drucks zur Wasserersparnis aufgrund der geringen Verfügbarkeit – bereits für ein Einkommen von 5.000 US-$ pro Kopf und Jahr angesetzt.

Das Szenario M (Beste Annahme) unterliegt für die Entwicklung der Wasserentnahme der Haushalte den Annahmen, daß bis zu einem Jahreseinkommen von 15.000 US-$ pro Person ein kontinuierlicher An-stieg der Entnahme erfolgen wird. Noch vor Errei-chen eines Durchschnittseinkommens von 19.000

US-$ geht der Entnahmewert auf 50% zurück und bleibt mit weiteren Einkommenssteigerungen auf diesem Niveau. Unter den Annahmen für das Best-guess-Szenario kommt es für die drei Sektoren Land-wirtschaft, Industrie und Haushalte im Jahr 2025 zu nachfolgend skizzierter Wasserentnahme (Abb. D 1.4-5).

Entwicklung der landwirtschaftlichen Entnahme

Im Jahr 2025 wird sich nach den Berechnungen mit WaterGAP 1.0 die Gesamtwasserentnahme für den landwirtschaftlichen Sektor auf 3.655 km3 belau-fen. Das entspricht einer Steigerung von 550 km3 oder rund 18% seit 1995. Trotz dieser Zunahme sinkt der Anteil der landwirtschaftlichen Wasserentnahme an der globalen Gesamtentnahme auf 56% und liegt damit 19% unter dem Wert von 1995.

Die Wasserentnahme der Industrienationen ist mit Ausnahme von Australien rückläufig. Gründe sind in der stagnierenden Bevölkerungsentwicklung und den veranschlagten Effizienzsteigerungen in der Bewässerungslandwirtschaft zu sehen. Auffällig ist, daß selbst China mit einem prognostizierten Bevöl-kerungswachstum von mehr als 300 Mio. Menschen bis zum Jahr 2025 eine um 4% geringere Entnahme

als 1995 aufweist. Da das vorhandene Potential an Bewässerungsflächen schon weitgehend erschlossen ist, liegen die Zuwachsraten hier unter den Raten der prognostizierten Effizienzsteigerung, so daß die Was-serentnahme leicht rückläufig ist. Vollkommen an-ders stellt sich die Situation in Afrika und Südameri-ka dar. Der veranschlagte Zuwachs an Bewässe-rungsflächen in Afrika von 114% (ohne Nordafrika) spiegelt sich in deutlich erhöhten Wasserentnahmen wider. Länder wie Tansania, Ghana oder die Elfen-beinküste erreichen Steigerungsraten von mehr als 180%. In Südamerika bietet sich ein ähnliches Bild, wenngleich das Niveau der zusätzlichen Entnahme niedriger ist als in Afrika. Bei einer generellen Zu-nahme ragen besonders Argentinien, Venezuela, Pa-raguay und Ecuador mit einer zusätzlichen Entnah-me von mindesten 180% heraus.

Der Vergleich zur rein demographischen Fort-schreibung für das Jahr 2025 bestätigt die Gegensät-ze zwischen den Industrienationen mit Rückgang der

Entnahme und Kontinenten wie Afrika oder Süda-merika mit deutlichen Zuwächsen in der Wasserent-nahme. Im Szenario des WaterGAP-Modells werden diese Gegensätze sogar verstärkt, die Differenzie-rung innerhalb der Kontinente Afrika und Südame-rika ist hier größer. Das Niveau der Entnahme weicht im Vergleich zur demographischen Fort-schreibung für das Jahr 2025 in Afrika nicht so stark ab wie in Südamerika und ist ein Hinweis auf die

Entnahme und Kontinenten wie Afrika oder Süda-merika mit deutlichen Zuwächsen in der Wasserent-nahme. Im Szenario des WaterGAP-Modells werden diese Gegensätze sogar verstärkt, die Differenzie-rung innerhalb der Kontinente Afrika und Südame-rika ist hier größer. Das Niveau der Entnahme weicht im Vergleich zur demographischen Fort-schreibung für das Jahr 2025 in Afrika nicht so stark ab wie in Südamerika und ist ein Hinweis auf die

Im Dokument Download: Vollversion (Seite 98-153)