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4.1 Mikroelektrodenmessungen

4.1.4 Ziegen mit unterschiedlicher Kalziumkonzentration im Futter

4.1.4.4 Kalzium-restriktiv gefütterte Ziegen: Wirkung von BHB auf das Membranpotential

Das basale Membranpotential depolarisierte um etwa 4 mV von -33 mV auf -28,6 mV, dies war aber, wie alle anderen Parameter auch, statistisch nicht signifikant. Die Frequenz der Amplituden ≥ 3 mV fiel vom ersten zum zweiten Messintervall im Mittel tendenziell von 11,8 pro Minute auf 4,2 pro Minute (p<0,1). Auch zum dritten Messintervall sank die Frequenz noch einmal auf 0,7 ab, was einen tendenziellen (p<0,1) Abfall vom ersten zum dritten Messintervall bedeutet. Auch die Höhe der Amplituden ≥ 3 mV fiel tendenziell (p<0,1) vom ersten zum zweiten Messintervall, sowie vom ersten zum dritten Messintervall (Tab. 27). Die Frequenz der Amplituden

≥ 5 mV verlor deutlich, indem sie von 5,9 pro Minute über 0,8 auf 0,2 schrumpfte.

Wie in Abbildung 16 dargestellt, kam es zu einem Abfall dieser Frequenz in allen Geweben. Aufgrund der großen Schwankungen zwischen den einzelnen Präparaten war statistisch keine Signifikanz nachweisbar (Tab. 27). Die mittlere Höhe die Amplituden ≥ 5 mV zeigte sich mit leichten Schwankungen um 6 mV in allen drei Messintervallen.

Ergebnisse

72

Messintervall 1 Messintervall 2 Messintervall 3

Parameter KH-Lösung KH+BHB KH-Lösung

Basales

Tabelle 27: Schwankungen des Membranpotentials glatter Muskelzellen des Labmagens unter BHB-Einfluss (5 mmol/l) bei hypokalzämischen Bedingungen (KH-Lösung mit 1,2 mmol/l CaCl2); Kalzium-restriktiv gefütterte Ziegen (N=5; n=5;

Student’s t-Test; MW±SEM)

Abbildung 16: Verlauf der Frequenz (Amplituden ≥ 5 mV) der Schwankungen des Membranpotentials der einzelnen Gewebe der glatten Muskulatur des Labmagens Kalzium-restriktiv gefütterter Ziegen (KH-Lösung mit 1,2 mmol/l CaCl2)

0

Ergebnisse

73 4.2 In-vitro Motilitätsversuche

4.2.1 Wirkung von BHB auf die Motilität unter hypokalzämischen Bedingungen

Die Wirkung von 5 mmol/l BHB auf die Motilität der glatten Muskelzellen wurde an den Präparaten von 10 Bullen getestet. Die einzelnen Versuchstage wurden pro Tier gemittelt, so dass in den gezeigten Tabellen immer die Mittelwerte aller am Versuch beteiligten Tiere dargestellt sind.

Während der Kontrollmessungen zeigten sich keine statistisch signifikanten Veränderungen bei der Kontraktionsamplitude, der –frequenz und –aktvität. Die mittlere Kontraktionsamplitude lag bei Werten um 7 mN, die Kontraktionsaktivität knapp über Werten um 14 mN/Min, während die Kontraktionsfrequenz um 2 pro Minute konstant blieb. Die aktive Kontraktionskraft fiel vom ersten zum dritten Messintervall von 10,4 mN auf 9,0 mN ab (p<0,05) (Tab. 28).

Unter der BHB-Behandlung zeigte die mittlere Kontraktionsamplitude keine signifikanten Veränderungen, stieg aber, wie die Kontraktionsaktivität, leicht an mit der BHB-Zugabe. Die Kontraktionsfrequenz nahm 5 Minuten nach BHB-Zugabe leicht zu (p<0,05). Dagegen fiel die aktive Kontraktionskraft nach 5 Min und 40 Min unter BHB-Einfluss im Vergleich zum Ausgangswert deutlich (p<0,05) ab.

Kontrolle

Tabelle 3: In vitro Motilitätsmessungen der glatten Labmagenmuskulatur von Bullen. Einfluss einer zur BHB-Zugabe equimolaren NaCl-Lösung (5 mmol/l) auf die Kontraktionsaktivität bei hypokalzämischen Bedingungen (KH-Lösung mit 1,2 mmol/l CaCl2). (N=10; Wilcoxon Signed-rank Test; Signifikanzen sind durch unterschiedliche Buchstaben gekennzeichnet; Darstellung des Medians (Minima/Maxima)

Ergebnisse

Tabelle 29: In vitro Motilitätsmessungen der glatten Labmagenmuskulatur von Bullen. Einfluss von BHB (5 mmol/l) auf die Kontraktionsaktivität bei hypokalzämischen Bedingungen (KH-Lösung mit 1,2 mmol/l CaCl2). (N=10; Wilcoxon Signed-rank Test; Darstellung des Medians (Minima/Maxima); Signifikanzen sind durch unterschiedliche Buchstaben gekennzeichnet)

Abbildung 17: Einfluss von BHB (5mmol/l) auf die Kontraktionsfrequenz der glatten Labmagenmuskulatur bei hypokalzämischen Bedingungen (KH-Lösung mit 1,2 mmol/l CaCl2) in in vitro Motilitätsmessungen bei Bullen:

Signed-rank-Test N=10

Median

(Minimum; Maximum)

* p < 0.05

Ergebnisse

Abbildung 18: Einfluss von BHB (5mmol/l) auf die aktive Kontraktionskraft der glatten Labmagenmuskulatur bei hypokalzämischen Bedingungen (KH-Lösung mit 1,2 mmol/l CaCl2) in in vitro Motilitätsmessungen bei Bullen

Im direkten Vergleich der statistisch auffälligen Parameter der BHB-Behandlung mit den Kontrollmessungen war kein Unterschied mehr darstellbar (Tab. 30).

Tabelle 30: Vergleichende Betrachtung statistisch auffälliger BHB-Effekte mit den Kontrollmessungen (N=10; Wilcoxon Signed-rank Test; Darstellung des Medians (Minima, Maxima)

Signed-rank-Test N=10

Median

(Minimum; Maximum)

* p < 0.05

Ergebnisse

76

4.2.2 Wirkung einer Verdopplung des Kalziumgehaltes auf normokalzämisches Niveau

Durch die Zugabe von 1,2 mmol/l CaCl2 wurde der Kalziumgehalt in der KH-Lösung auf 2,4 mmol/l, und damit auf normokalzämisches Niveau, angehoben. BHB-behandelte Präparate und mit NaCl-Lösung BHB-behandelte Kontrollpräparate wurden getrennt voneinander ausgewertet.

Die Präparate, die mit einer 5 mmol/l NaCl-Lösung behandelt wurden, reagierten auf die Erhöhung der Kalziumkonzentration ohne signifikante Effekte. Der Median der mittleren Kontraktionsamplitude fiel von Messintervall zu Messintervall leicht ab. Die Kontraktionsfrequenz schwankte um Werte zwischen 2 und 3 pro Minute. Die aktive Kontraktionskraft sank im Verlauf immer weiter ab. Die Kontraktionsaktivität zeigte nach CaCl2 –Zugabe einen kurzen nominellen Anstieg, der aber nach 40 Minuten wieder deutlich rückläufig war (Tab. 31).

Auch die mit BHB -behandelten Präparate reagierten auf eine Erhöhung der Kalziumkonzentration ohne statistisch signifikante Veränderungen (Tab. 32). Der Median der mittleren Kontraktionsamplitude blieb konstant bei Werten um 6,9 mN.

Die Kontraktionsfrequenz stieg leicht an. Die aktive Kontraktionskraft sank wie bei den Kontrollmessungen über die gesamte Zeit ab. Die Kontraktionsaktivität stieg wie bei den Kontrollpräparaten kurzzeitig nominell an (Tab. 32).

2,4 mmol/l CaCl2

Tabelle 31: In vitro Motilitätsmessungen der glatten Labmagenmuskulatur von Bullen. Einfluss einer Erhöhung der Kalziumkonzentration auf normokalzämisches Niveau (2,4 mmol/l CaCl2) mit zusätzlicher (5 mmol/l) NaCl-Lösung (N=8;

Wilcoxon Signed-rank-Test; Median (Minima/Maxima)

Ergebnisse

Tabelle 32: In vitro Motilitätsmessungen der glatten Labmagenmuskulatur von Bullen. Einfluss einer Erhöhung der Kalziumkonzentration auf normokalzämisches Niveau (2,4 mmol/l CaCl2) mit BHB-Behandlung. (N=8; Wilcoxon Signed-rank-Test; Median (Minima/Maxima)

4.2.3 Wirkung verschiedener Kaliumgehalte auf die in vitro Motilität

Es wurde der Einfluss verschiedener Kaliumgehalte im Puffer auf die Kontraktionsaktivität getestet. BHB-behandelte und NaCl-behandelte Kammern wurden wieder getrennt voneinander ausgewertet.

Die als Kontrolle mit 5 mmol/l NaCl behandelten Muskelstreifen reagierten bei Abfall des Kaliumgehaltes auf 2 mmol/l KCl mit einem nominellen Abfall der mittleren Kontraktionsamplitude und der Kontraktionsaktivität. Beide Parameter stiegen bei Erhöhung der extrazellulären Kaliumkonzentration auf 3 mmol/l wieder an und zwar über die Ausgangswerte bei 5 mmol/l KCl. Die Kontraktionsfrequenz veränderte sich kaum (Siehe Tab. 33), während die aktive Kontraktionskraft im gesamten Verlauf abnahm.

Bei den BHB-behandelten Muskelstreifen zeigte sich bei Absenkung des Kaliumgehaltes von 5 auf 2 mmol/l KCl ein ähnlicher Abfall der mittleren Kontraktionsamplitude und der Kontraktionsaktivität, wie bei den Kontrollmessungen.

Mit der Erhöhung des Kaliumgehaltes auf 3 mmol/l KCl stieg die Kontraktionsamplitude und –aktivität auch an, ohne dass sich eine statistische Signifikanz darstellte. Die Kontraktionsfrequenz blieb bei allen Kaliumkonzentrationen konstant bei Werten um 2 pro Minute. Dies war wie die

Ergebnisse

78

Veränderungen der aktiven Kontraktionskraft nicht signifikant. Die aktive Kontraktionskraft fiel mit der Absenkung Kaliumgehaltes nominell ab und stieg bei Zugabe auf 3 mmol/l KCl wieder an.

Kontrolle

Tabelle 33: In vitro Motilitätsmessungen der glatten Labmagenmuskulatur von Bullen. Einfluss verschiedener Kaliumkonzentrationen unter hypokalzämischen Bedingungen (KH-Lösung mit 1,2 mmol/l CaCl2) mit Kontrollnehandlung (5 mmol/l NaCl) auf die Kontraktionsaktivität. (N=4; Wilcoxon Signed-rank Test)

mit BHB

Tabelle 34: In vitro Motilitätsmessungen der glatten Labmagenmuskulatur von Bullen. Einfluss verschiedener Kaliumkonzentrationen unter hypokalzämischen Bedingungen (KH-Lösung mit 1,2 mmol/l CaCl2) mit BHB-Behandlung auf die Kontraktionsaktivität. (N=4; Wilcoxon Signed-rank-Test)

Ergebnisse

79

4.2.4 Besteht ein Zusammenhang zwischen dem Gewicht der Muskelstreifen und der aktiven Kontraktionskraft?

Um einen möglichen Zusammenhang zwischen dem Gewicht der Muskelstreifen und der aktiven Kontraktionskraft zu bewerten, wurde eine lineare Regression der beiden Parameter durchgeführt. Dabei zeigte sich, dass es keine Korrelation zwischen den beiden Parametern gab.

0.00 0.05 0.10 0.15

0 10 20 30 40 50

Gewicht [g]

Aktive Kontraktionskraft [mN]

Abbildung 18: Aktive Kontraktionskraft in Abhängigkeit zum Gewicht der Muskelstreifen (n=123, N=10; r2=0,0069;

Steigung: 29,29 ± 31,98)

4.2.5 Besteht ein Zusammenhang zwischen der Vordehnung der Muskelstreifen und der Kontraktionskraft?

Ein möglicher Zusammenhang zwischen der Vordehnung der Muskelstreifen und der aktiven Kontraktionskraft wurde gleichfalls über eine lineare Regression überprüft.

Auch hier zeigte sich keine Korrelation der beiden Parameter (Abb. 19). Um den Einfluss der Vordehnung auf die Entwicklung der aktiven Kraft auszuschließen wurde exemplarisch an sechs Tieren überprüft, ob eine Korrelation zwischen der Entwicklung der aktiven Kraft und der Vordehnung besteht. Es konnte kein Zusammenhang festgestellt werden (Abb. 20).

Ergebnisse

80

0 5 10 15

0 10 20 30 40 50

Vordehnung [g]

Aktive Kontraktionskraft [mN]

Abbildung 19: Aktive Kontraktionskraft in Abhängigkeit zur Vordehnungt (n=123, N=10; r2=0,01; Steigung 0,3903 ± 0,3458))

2 4 6 8

-10 -5 0 5 10

Vordehnung [g]

Änderung der aktiven Kraft [mN]

Abbildung 20: Änderung der aktiven Kontraktionskraft über die Zeit (45 Min) in Abhängigkeit der Vordehnung (n=22, N=6; r2=0,0048; Steigung: -0,1771±0,5673)

Diskussion

81

5 Diskussion

Die Mikroelektroden- und Motilitätsmessungen an der zirkulären glatten Labmagenmuskulatur von Rindern, Ziegen und Schafen sollten einen Beitrag zur Pathogenese der LMV bei Milchkühen liefern. Dabei standen BHB sowie unterschiedliche Kalzium- und Kaliumkonzentrationen im Fokus dieser Arbeit.

5.1 Zusammenhang zwischen Slow waves und Kontraktionen

Die Versuche mittels Mikroelektrodentechnik dienten zunächst der grundsätzlichen Charakterisierung der Membranpotentialschwankungen bzw. Slow waves im Labmagen verschiedener Arten von Wiederkäuern, da bisher noch keine Ergebnisse intrazellulärer Aufzeichnungen der Slow waves des Labmagens publiziert sind. Es wurden allerdings schon andere elektrische Ableitungen aus dem Labmagen in vivo aufgezeichnet.

Die in dieser Arbeit vorgenommene Unterteilung der Auswertung der Höhe der Amplituden in ≥ 3 mV und ≥ 5 mV beruhte auf der großen Schwankungsbreite der Amplitudenhöhe. Es war der Versuch einer Abgrenzung von tatsächlichen Slow waves zu einem allgegenwärtigen „Grundrauschen“ des Membranpotentials. Auch alle anderen ausgewerteten Parameter, wie das basale Membranpotential und die Frequenz der Slow waves, wiesen eine große Streuung auf. Bei Mikroelektrodenmessungen von corporalen Slow waves am Meerschweinchenmagen traten ähnlich große Schwankungen in den Parametern auf. So schwankte die Amplitudengröße zwischen 5,3 und 26,8 mV, das basale Membranpotential zwischen -44 und -56 mV und die Frequenz lag zwischen 4,9 und 5,1 pro Minute (HASHITANI et al. 2005).

Die mittlere Frequenz der Slow waves der vorliegenden Messungen der Amplituden

≥ 3 mV lag bei den Bullen mit normokalzämischem Puffer zwischen 3,5 und 4,8 pro

Diskussion

82

Minute, während die Einzelwerte zwischen 0,8 und 7,4 pro Minute schwankten. Die mittleren Frequenzen der Amplituden ≥ 5 mV sind mit 0,6 bis 1,5 pro Minute, bei Einzelwerten zwischen 0,0 und 2,8 deutlich niedriger. Die unter vergleichbaren Pufferbedingungen durchgeführten in vitro Motilitätsversuche von GEISHAUSER (1998) ergaben eine Kontraktionsfrequenz von 2,9 pro Minute. TÜRCK (2009) konnte in ihren Motilitätsversuchen eine Frequenz von 3-4 pro Minute messen. Also insgesamt etwas niedrigere Frequenzen in den Kontraktionen im Vergleich zu den Ergebnissen der Amplituden ≥ 3 mV in der vorliegenden Arbeit. Die eigenen Ergebnisse der in vitro Motilität, unter normokalzämischen Bedingungen, zeigten eine Kontraktionsfrequenz von 2,6-3,1 pro Minute. Diese entsprechen wieder den Daten von TÜRCK (2009) und GEISHAUSER (1998). Alle genannten in vitro Motilitätsmessungen wurden bei 37°C durchgeführt. In in vivo Untersuchungen der Motilität des Labmagens bei Rindern konnte DANIEL (1982) eine Frequenz der Labmagenkontraktionen von 2,26 pro Minute feststellen.

Bei dem Vergleich der Mikroelektrodenmessungen mit den genannten in vitro und in vivo Motilitätsmessungen sind mehrere Faktoren zu beachten.

Die Temperatur kann zum Beispiel Einfluss auf die Frequenz der Slow waves in in vitro Versuchen haben. KITO und SUZUKI (2007) konnten durch Mikroelektrodenmessungen in der glatten Muskulatur des Dünndarms von Mäusen eine lineare Abhängigkeit zwischen der Temperatur der Pufferlösung und der Frequenz von Schrittmacherpotentialen, die sie direkt in ICC messen konnten, darstellen. Zwischen 26°C und 40°C stieg die Frequenz der Schrittmacherpotentiale linear mit der Temperatur an. Für den Bereich zwischen 28°C und 38°C konnten die Autoren einen Temperaturkoeffizienten von 2,06 für die Frequenz berechnen, was bedeutet, dass die Frequenz in diesem 10°C Intervall um das doppelte stieg. Da die Schrittmacherpotentiale den Ursprung der Slow waves darstellen, kann man davon ausgehen, dass sich diese Temperatureffekte auf die Slow waves übertragen lassen.

Beachtet man nun, dass die Mikroelektrodenmessungen der vorliegenden Arbeit unter Raumtemperatur (ca. 21°C) vorgenommen wurden, so könnte dies die geringere Frequenz im Vergleich zu den eigenen in vitro Motilitätsmessungen sowie

Diskussion

Denn extrapoliert man die gemessenen Frequenzen der Amplituden ≥ 5 mV auf 37°C mit Hilfe der Arbeit von KITO und SUZUKI, so kommt man auf mittlere Frequenzen zwischen 1,5 – 3,75 pro Minute, womit sie sich wieder im Rahmen der Frequenzen aus den in vitro und in vivo Motilitätsmessungen bewegen.

Weiter muss folgendes bedacht werden: Bei der Ableitung der Potentialdifferenzen zwischen Intra- und Extrazellulärraum mittels Mikroelektroden erfasst man nur eine einzelne glatte Muskelzelle. Wie viele benachbarte ICC letztlich Einfluss auf die Slow waves dieser glatten Muskelzelle nehmen, ist nicht darstellbar. Auch die Integrität des Netzwerkes von ICC und glatten Muskelzellen zur optimalen Ausbreitung der Slow waves kann nicht überprüft werden. In in vitro Motilitätsmessungen dagegen wird die Kontraktionsaktivität sehr vieler glatter Muskelzellen als Gesamteinheit erfasst. D.h. selbst wenn nicht jede einzelne Muskelzelle kontrahiert (bzw. nicht optimal in dem Netz von ICC und glatten Muskelzellen aufgrund der Präparation integriert ist), kann es durch die Aktivität der anderen Muskelzellen trotzdem zu einer messbaren Kontraktion für einen Muskelstreifen kommen. In dem Muskelstreifen kann es auch durchaus zu Überlagerungen mehrerer Schrittmacherpotentiale kommen, die sich in der Kontraktionsaktivität dann nur als einzelne, aber evtl. länger andauernde Kontraktion darstellen. Die bildliche Darstellung der Unterschiede zwischen Slow waves und Kontraktionsverhalten (Abb. 21 und Abb. 22, es handelt sich um Präparate verschiedener Tiere) zeigt, wie gleichmäßig letztlich die Kontraktionen auftreten im Vergleich zu der doch recht wechselhaften Frequenz der Slow waves.

Abbildung 21: Beispiel einer 5 minütigen in vitro Motilitätsaufnahme der glatten Labmagenmuskulatur von Bullen. Man beachte die regelmäßige Frequenz.

5 Minuten

Diskussion

84

Abbildung 22: Beispiel einer 4 minütigen Aufzeichnung der Membranpotentialschwankungen in der glatten Muskulatur des Labmagens bei Bullen.

RUCKEBUSCH (1970) maß die elektrische Aktivität des Labmagens in vivo bei Schafen mit 7 elektrischen Spannungsschwankungen pro Minute. Extrapoliert auf die in dieser Arbeit gemessenen Frequenzen der Amplituden bei Hammeln unter hypokalzämischen Bedingungen, erscheint dies recht hoch, da in den Mikroelektrodenmessungen der Hammelpräparate die Frequenz der Amplituden ≥ 3 mV zwischen durchschnittlich 4,6 und 5,4 pro Minute (Einzelwerte zwischen 1,2 und 13,4 pro Minute) bzw. zwischen 1,7 und 2,5 pro Minute bei Amplituden ≥ 5 mV (Einzelwerte zwischen 0,2 und 5,4 pro Minute) lag. Doch die erniedrigte Kalziumkonzentration im genutzten Puffer kann diese Differenz durchaus erklären (siehe 5.4), aber auch die Gegenüberstellung eines in vivo zu in vitro Models muss bedacht werden. WONG und MCLEAY (1988) maßen die in vitro Motilität der zirkulären Labmagenmuskulatur im Corpusbereich vom Schaf und erhielten eine Kontraktionsfrequenz von 2 pro Minute, während Muskelproben aus dem Bereich des Antrums 3-5 mal pro Minute kontrahierten. Diese Werte können, unter den genannten Einschränkungen, wie unterschiedliche Temperatur und Kalziumgehalte während der Versuche, wieder mit den eigens gemessenen Frequenzen in Beziehung gebracht werden.

Aufgrund der dargestellten Vergleichbarkeit der vorliegenden Ergebnisse der Mikroelektrodenmessungen zu den Daten aus der Literatur kann die Mikroelektrodenmessung als adäquate Methode zur Darstellung von Slow waves in

1 Minute

-40 mV -50 mV

Diskussion

85

der glatten Muskulatur des Labmagens erklärt werden. Es wurden reproduzierbrare Ergebnisse geliefert, die mit Ergebnissen aus Motilitätsmessungen übereinstimmen.

Im weiteren Verlauf dieser Arbeit sollte eine mögliche Beeinflussung der Slow waves und der Motilität der glatten abomasalen Muskelzellen durch Zugabe der Substanzen BHB und Barium, sowie durch unterschiedliche Kalzium- und Kaliumkonzentrationen im Puffer überprüft werden.

5.2 Effekte von Barium und Kalium

Barium ist als nicht-selektiver Kaliumkanalblocker bekannt und verhindert den Kaliumausstrom aus der Zelle. Unter der Wirkung von Barium depolarisierte das basale Membranpotential der glatten Muskelzellen des Labmagens von Bullen und Hammeln in den Mikroelektrodenmessungen gleichermaßen ohne die Höhe und Frequenz der Amplituden zu beeinflussen, d.h. das basale Membranpotential erreichte weniger negative Werte. Auch VANHEEL und BREYNE (2004) zeigten an der glatten Muskulatur kleiner Arterien des Magens von Ratten in Mikroelektrodenmessungen die depolarisierende Wirkung von Barium auf das Membranpotential. Bei ihnen führte eine Zugabe von 30 µmol/l Bariumchlorid zu einer Membrandepolarisation von 5 mV. Damit imitiert der Einsatz von Barium hyperkalämische Bedingungen, unter denen es ebenfalls zur Depolarisation des Membranpotentials kommt. Dies war zum Beispiel sichtbar an glatten Muskelzellen vom Dünndarm des Hundes, die mit Erhöhung der Kaliumkonzentration im umgebenden Medium mit einer Membrandepolarisation reagierten (HARA und SZURSZEWSKI; 1985). Auch an der glatten Uterusmuskulatur von Ratten wurde ähnliches postuliert: JUNG (1959) erhielt bei stufenweiser Steigerung der extrazellulären Kaliumkonzentration des Puffers eine Depolarisierung des Ruhepotentials; dies zeigte sich in linearer Abhängigkeit zum Logarhithmus der Kaliumkonzentration in Bereichen über 5 mmol/l Kalium (bis 80 mmol/l KCl). JUNG (1959) präsentierte mit Motilitätsmessungen der glatten Uterusmuskulatur auch den Zusammenhang zwischen einer Depolarisierung der Zellmembran und der

Diskussion

86

Kontraktionsaktivität. Denn auch die Uterusmotilität stieg in seiner Studie mit steigenden Kaliumgehalten. Auch bei TÜRCK (2009) führten steigende Kaliumgaben zu erhöhter Kontraktionsaktivität glatter Labmagenmuskulatur in in vitro Versuchen.

Dies bezog sich vor allem auf die Amplituden der Kontraktionen und nicht auf die Frequenz der Kontraktionen. Ebenso testete TÜRCK (2009) die Reaktion der glatten Labmagenmuskulatur auf die Zugabe von 3 mmol/l Bariumchlorid: von anfänglich 29,03 mN/Min stieg die Kontraktionsaktivität nach 30 Minuten unter Bariumeinfluss auf 278,97, wobei diese Steigung ausschließlich dem Anstieg der Kontraktionsamplitude zuzuschreiben war. Im Vergleich waren die Zunahmen der Kontraktionsaktivität in der Kaliumdosiswirkungskurve bis 10 mmol/l KCl bei Werten deutlich unter 100 mN/Min wesentlich geringer als der Bariumeffekt. Als Erklärung dieses Phänomens kann die Öffnung spannungsabhängiger Kalziumkanäle herangezogen werden. Durch die Depolarisation der Zellmembran wäre das Schwellenpotential, bei dem diese Kanäle öffnen, schneller und auch länger erreicht, so dass mehr Kraft von der Muskelzelle entwickelt werden könnte. Umgekehrt könnte gelten, dass bei verminderten Kaliumgehalten das Membranpotential eher hyperpolarisiert und dementsprechend Kalziumkanäle später und kürzer geöffnet werden. Bedenkt man, dass Slow waves beim Rind, wie im Kapitel 5.1 dargestellt, ca. 5 mV als Amplitudenausprägung aufweisen müssen um zu einer Kontraktion zu führen, führt eine Depolarisation von durchschnittlich 6 mV bei den Präparaten der Bullen zu einer Anhebung des basalen Membranpotentials in Höhe der Spitzen der ursprünglichen Amplituden. Damit ist vorstellbar, wie der extreme Anstieg der Kontraktionsaktivität unter Bariumbehandlung zustande kommt. Demgegenüber erfolgte durch einen Wechsel der Kaliumkonzentration von 5 mmol/l auf 10 mmol/l KCl eine Depolarisation von fast 10mV, wobei hier die Amplituden allerdings abnahmen und auch die Frequenz der Membranpotentialschwankungen deutlich zurück ging (JUNG 1959).

Die Wechsel im Kaliumgehalt des Puffers in den in vitro Motilitätsmessungen von 5,4 mmol/l KCl auf 2 und 3 mmol/l KCl ergaben keine signifikanten Veränderungen in den ausgewerteten Motilitätsparametern. Dies erscheint im ersten Moment ein abweichendes Ergebnis im Blick auf andere Studien zu sein. So zeigte TÜRCK

Diskussion

87

(2009) für eine Kaliumdosiswirkungskurve bei steigender Kaliumgabe bis 10 mmol/l KCl eine ebenfalls steigende Amplitude der Kontraktionen ohne Frequenzbeeinflussung. Allerdings waren die ersten Schritte dieser Dosiswirkungskurve nicht ganz gleichmäßig gesetzt: Sie fing bei 1mmol/l KCl an und steigerte sich auf 3 mmol/l KCl und erst die nächsten Schritte waren in jeweils 1 mmol/l KCl-Zugaben gestaffelt. Zu Anfang war im Grundpuffer ein KCl-Gehalt von 4,7 mmol/l. Ab 3 mmol/l KCl-Gehalt konnte TÜRCK (2009) keinen signifikanten Unterschied zu der Kontraktionsamplitude unter 4,7 mmol/l KCl-Einfluss mehr nachweisen. Nur die 1 mmol/l KCl-Konzentration präsentierte eine deutlich verminderte Kontraktionsamplitude. Die Absenkung des KCl-Gehaltes auf 2 mmol/l wie in der vorliegenden Arbeit dargestellt, liegt damit genau im Grenzbereich für eine deutlich negative Beeinflussung der Kontraktionsamplitude in Folge einer hyperpolarisierenden Wirkung der hypokalämischen Bedingungen auf das Membranpotential der glatten Muskelzelle. Der verstärkende Effekt hyperkalämischer Bedingungen auf den Grundtonus und die Kontraktionsamplitude konnte auch am Colon von Kaninchen nachgewiesen werden (BENABDALLAH et al. 2008).

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass hypokalämische Bedingungen deutlich ausgeprägt sein müssen um einen negativen Effekt auf die Aktivität der glatten Muskelzellen des bovinen Labmagens zu entfalten. Dies wird auch unterstützt von einer retrospektiven klinisch-statistischen Untersuchung zur Hypokaliämie erwachsener Rinder (SCHÄNZLE 2002), die zu dem Ergebnis kam, dass bei ca. 70%

der Rinder, deren Blutkaliumkonzentration bei ≤ 2,3 mmol/l lag, die Pansenmotilität reduziert war. Allerdings konnte kein statistischer Zusammenhang zwischen der Hypomotilität und der Hypokaliämie dargestellt werden, da zu viele weitere Krankheitsgeschehen vorlagen Der in dieser Studie niedrigste gemessene Blutkaliumwert lag bei 1,21 mmol/l, wobei der überwiegende Großteil der Rinder über 2 mmol/l Kalium im Blut aufwies.

KITO und SUZUKI (2003b) beeinflussten Slow waves aus glatten Muskelzellen des Meerschweinchenmagens durch Hyperpolarisation des Membranpotentials. Hierfür nutzten sie Kaliumkanal-öffnende Substanzen. Die Amplituden der Slow waves wurden kleiner und auch die Frequenz nahm geringgradig ab. DENGLER et al.

Diskussion

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(1979) zeigten an der Skelettmuskulatur von unterschiedlich mit Kalium versorgten

(1979) zeigten an der Skelettmuskulatur von unterschiedlich mit Kalium versorgten