• Keine Ergebnisse gefunden

2.1.1 Die Anatomie des Labmagens

Der Labmagen liegt als birnenförmiger Sack rechts vom Pansen der ventralen Bauchwand an. Man gliedert ihn in Fundus, Corpus und Pars pylorica. Der blindsackähnliche Fundus liegt in der Medianen während sich der Corpus größtenteils links und die Pars pylorica eher rechts der Medianen befindet. Die Pars pylorica wendet sich im Bereich des rechten Rippenbogens nach dorsal und geht schließlich über den Pylorus in den Dünndarm über (Abb. 1) (VOLLMERHAUS u:

ROOS 1999; DIRKSEN 2006).

Die Labmagenwand baut sich über fünf Schichten auf: den äußeren serösen Überzug des Organs bildet die Tunica serosa, unter der die Tela subserosa liegt. Es folgt die Tunica muscularis bestehend aus zwei Muskelschichten. Die äußere Schicht bilden die longitudinal verlaufenden Muskelfasern, die innere Schicht besteht aus den zirkulär verlaufenden Fasern. Dazwischen liegt der Plexus myentericus. Diese grenzen an die Tela submucosa und die abschließende Tunica mucosa, die die Schleimhautauskleidung des Labmagens darstellt (LIEBICH 2003).

Abbildung 1: Darstellung der Lage des Labmagens in situ. Rechte Seitenansicht. Modifiziert nach Vet. Med. Fakultät der Universität München, Klinik für Rinder

Literaturübersicht

16 2.1.2 Morphologie der glatten Muskelzelle

Die longitudinale und die zirkuläre Muskelschicht des Labmagens bestehen aus glatter Muskulatur. Die glatte Muskelzelle ist spindelförmig und lässt keine geordnete Myofibrillenstruktur erkennen. Der Zellkern liegt mittig. Im schmalen Zytoplasma finden sich zahlreiche Mitochondrien und das sarkoplasmatische Retikulum als Kalziumspeicher. Mikropinozytotische Bläschen, sogenannte Caveolae, unterbrechen an den Zellenden das Plasmalemm und sind an der extrazellulären Kalziumaufnahme beteiligt, indem sie verschiedene Ca2+-Kanäle und –Austauscher beherbergen. (HOROWITZ et al.1996; LIEBICH 2003). Aktin- und Myosinfilamente bilden die Myofilamente, wobei das zytosolische Aktin in der inaktiven glatten Muskelzelle zum grössten Teil in gelöster Form vorliegt, aber ein ständiger Wechsel in Aktin-Monomere und Aktin-Filamente erfolgt (GUNST u. ZHANG 2008). Erst durch Polymerisation bildet sich das Aktin strukturell aus. Über Haftplatten sind die Aktinfilamente untereinander sowie am Plasmalemm verankert. Letztlich bilden die Aktinfilamente ein dreidimensionales Netz, welches die Myosinfilamente umschließt.

Intermediäre Mikrofilamente bilden das Zytoskelett der Zelle und sind nicht kontraktil.

Während der Kontraktion wird die spindelförmige Zelle zunehmend verkürzt und nimmt an Umfang zu, so dass ihre Gestalt eher rund erscheint (LIEBICH 2003).

2.1.3 Kontraktionsmechanismus

Die Kontraktion der glatten Muskelzelle ist essentiell von einem Kalziumeinstrom in die Zelle abhängig. Dieser kann über verschiedene Mechanismen ausgelöst werden:

Im Sarcolemm finden sich zum einen Ca²+- selektive Kanäle wie der L- und T-Typ Kanal, die beide potentialabhängig sind (THORNELOE u. NELSON 2005). Die Funktion des T-Typ Kanals ist noch nicht hinreichend geklärt, aber er wird bei einer geringeren Depolarisation geöffnet und schließt schneller als der L-Typ Kanal, der bei einer stärkeren Depolarisation der Zellmembran öffnet und einen Ca2+-Influx nach intrazellulär ermöglicht (THORNELOE u. NELSON 2005). Der Kalziumeinstrom kann aber auch über potentialabhängige und nicht selektive Kationenkanäle erfolgen, die entweder über Rezeptoren (z.B. Acetylcholin-Rezeptoren), durch Dehnung oder tonische Aktivität geöffnet werden (HOROWITZ et al. 1996; THORNELOE u.

NELSON 2005). Durch diesen extrazellulären Ca2+-Einstrom wird der Komplex aus

Literaturübersicht

17

Ryanodin-Rezeptor und Ca2+-Kanal am sarkoplasmatischen Retikulum ebenso aktiviert, wie der ebenfalls dort lokalisierte Inositol 1,4,5-tris-Phosphat regulierte Kanal (THORNELOE u. NELSON 2005). Dies führt zu einer weiteren Kalziumfreisetzung. Zum einen bindet das nun frei vorhandene Ca2+ an Calmodulin, was zur Aktivierung der Myosinleichtketten-Kinase führt, die nun ihrerseits die Myosinleichtkette phosphoryliert und damit die Myosin-ATPase aktiviert (HOROWITZ et al. 1996). Gleichzeitig wird das Hemmprotein Caldesmon an der Myosinbindungsstelle des Aktins von einer weiteren Proteinkinase phosphoryliert, was letztlich den Querbrückenzyklus zwischen Aktin und Myosin ermöglicht. Die Trennung der Filamente erfolgt durch Abkopplung der an das Myosin angehängten Phosphatgruppen durch die Myosinphosphatase (HOROWITZ et al. 1996). Zum anderen wird angenommen, dass durch das intrazellulär vorhandene Ca2+ ein negativer Feedback-Mechanismus in Gang gesetzt wird. Dieser limitiert die Kontraktion über eine Ca2+-abhängige Aktivierung von hochleitenden K+-Kanälen, welche das Membranpotential wieder hyperpolarisieren. Für den Rücktransport des Ca2+ nach extrazellulär steht die „Plasma membrane Ca2+-ATPase“ (PMCA), (FLOYD u. WRAY 2007) als Ca2+-stimulierte, Mg2+ abhängige „P-Typ“ ATPase sowie ein Na+/Ca2+- Austauscher zur Verfügung (THORNELOE u. NELSON 2005). Auch die Rückführung des Ca2+ in das sarkoplasmatische Retikulum erfolgt über eine Ca2+-ATPase; in diesem Fall über die „Sarcoplasmatic reticulum Ca2+-ATPase“

(SERCA). Zusätzlich dienen Ca2+-bindende Moleküle als Puffer um das Ca2+ in der Zelle abzufangen (HOROWITZ et al. 1996; THORNELOE u. NELSON 2005).

GUNST und ZHANG (2008) bringen einen weiteren wesentlichen Aspekt im Kontraktionsmechanismus ins Gespräch. Die Aktinpolymerisation ist demnach unabhängig vom Querbrückenzyklus und dient zusätzlich als kortikales Aktin der Stabilisierung des Zytoskeletts der Zelle. Zusammenfassend kann so ein mechanischer oder kontraktiler Stimulus über Integrin- oder G-Protein-gekoppelte Rezeptoren zum einen das Aktin-Zytoskelett modellieren und zum anderen das Actomyosin-System in Gang setzen. Diese beiden Prozesse können unabhängig voneinander aktiviert werden, aber die Entwicklung der Kontraktionskraft erfordert die Aktivierung beider Systeme (GUNST u. ZHANG 2008).

Literaturübersicht

18 2.1.4 Slow waves

Eine Besonderheit der glatten Muskelzelle im Intestinaltrakt sind die sogenannten Slow waves. Es handelt sich dabei um zyklische Depolarisationen des Membranpotentials, die zur Öffnung spannungsabhängiger Kalziumkanäle führen und somit die Kontraktion auslösen können (SUZUKI et al. 2006). Man kann diese Depolarisationen nach ihrer Entstehung in zwei Komponenten unterteilen: Der erste Teil bildet die Basis als sogenanntes Driving Potential, das von den Interstitiellen Zellen nach Cajal (ICC; siehe Kapitel 2.2) ausgeht, die im Plexus myentericus beheimatet sind. Die intramuskulär gelegenen ICC fügen die zweite Komponente hinzu, die sich als Spitze auf der Basis darstellt. Dies bedeutet, dass vor allem die im Plexus myentericus liegenden ICC für die Frequenz der Slow waves verantwortlich sind (DOMAE et al. 2008; SUZUKI et al. 2006).

In der muskulären Schicht des Corpus des Meerschweinchenmagens konnte eine Schrittmacheraktivität gemessen werden, die sich in den anderen Magenregionen leicht zeitversetzt ebenso nachweisen ließ. Diese Aktivität geht also dominant von den corporalen ICC aus (HASHITANI et al. 2005). Am Magen des Meerschweinchens wurde ebenfalls gezeigt, wie unterschiedlich die Aktivität der Slow waves an verschiedenen Lokalisationen ausfallen kann: so konnten DOMAE et al. (2008) in der Fundusregion keine deutlichen elektrischen Oszillationen nachweisen, während im Corpus bereits Slow waves aufgezeichnet wurden. Im Bereich des Antrums und Pylorus wurde deren Frequenz wieder kleiner. Dafür stieg die Amplitudenhöhe der Potentialschwankungen deutlich an. Einen Zusammenhang zwischen der Depolarisation des Membranpotentials und der kleiner werdenden Amplitude bzw. steigenden Frequenz der Slow waves konnten HIRST et al. (2008) darstellen. Auch über die Zeit gibt es Schwankungen: im basalen Membranpotential der glatten Muskelzellen des Meerschweinchenmagens, in der Frequenz und auch in der Amplitude der Slow waves (HIRST et al. 2008). So kam es in einem Zeitabschnitt von einer Stunde zu zwei Depolarisationen des basalen Membranpotentials.

Während der Depolarisationen stieg gleichzeitig die Frequenz der elektrischen Oszillationen an, während die Amplituden kleiner wurden (HIRST et al. 2008). In weiteren in vitro Versuchen wurde auch ein Temperatureinfluss ermittelt: bei

Literaturübersicht

19

steigenden Temperaturen stieg die Frequenz der Schrittmacherpotentiale der ICC, während ihre Dauer abnahm. Dies übertrug sich entsprechend auf die Slow waves (KITO u. SUZUKI 2007). Am Labmagen des Schafes konnte in der Fundusregion einschließlich der großen Kurvatur keine elektrische Aktivität festgestellt werden. Im Antrum jedoch wurden myoelektrische Entladungen mit einer Frequenz von sieben pro Minute gemessen. Diese Aktivität wurde durch Fütterung der Tiere erhöht (RUCKEBUSCH 1970).

Bei Mikroelektroden-Messungen am Dünndarm der Maus zeigten Slow waves und Schrittmacherpotentiale der ICC die gleiche Frequenz. Die Amplitude der Schrittmacherpotentiale der ICC war allerdings größer als die der Slow waves in den glatten Muskelzellen (KITO u. SUZUKI 2003c).