• Keine Ergebnisse gefunden

2 Literaturübersicht

2.4 Haltbarmachung von Lebensmitteln

2.4.2 Kühlen und Gefrieren

Fleisch zählt aufgrund seines hohen Wassergehaltes zu den leicht verderblichen Lebensmitteln.

Eines der wichtigsten Haltbarmachungsverfahren für leicht verderbliche Lebensmittel ist die Absenkung der Temperatur (DAVE u. GHALY 2011). Je nach Grad der Temperaturabsenkung kann man von Kühlen, Gefrieren oder Tiefgefrieren sprechen. Frisches Geflügelfleisch wird nach DIN 10508 bei +4°C gelagert, gefrorenes Fleisch bei -12°C und ab Temperaturen von unter -18°C spricht man von Tiefgefrieren.

Für Geflügelfleisch sind nach VO (EG) Nr. 543/2008 derzeit unter anderem folgende Kühlverfahren (auch in Kombination) zulässig: Luftkühlung, Luft-Sprüh-Kühlung und Tauchkühlung. Bei der Luftkühlung werden die Schlachtkörper hängend in einen Kühlraum transportiert und dort in kalter Luft bis auf eine Kerntemperatur von maximal +4°C gekühlt, während bei der Luft-Sprüh-Kühlung zusätzlich kaltes Wasser versprüht wird. Die Tauchkühlung erfolgt in (zwei aufeinanderfolgenden) Becken mit Wasser oder Eiswasser im Gegenstromprinzip auf eine Endtemperatur von maximal +4°C. Für alle Kühlverfahren werden spezielle Grenzwerte in der VO (EG) Nr. 543/2008 festgelegt, beispielsweise für die Aufnahme von Fremdwasser.

23

Im Sinne der Verordnung über tiefgefrorene Lebensmittel (TLMV) sind tiefgefrorene Lebensmittel alle Lebensmittel, „die einem geeigneten Gefrierprozess (Tiefgefrieren) unterzogen worden sind, bei dem der Bereich der maximalen Kristallisation entsprechend der Art des Lebensmittels so schnell wie nötig durchschritten wird, mit der Wirkung, dass die Temperatur des Lebensmittels an allen seinen Punkten nach der thermischen Stabilisierung mindestens minus 18 Grad C beträgt, und mit dem Hinweis darauf, dass sie tiefgefroren sind, in den Verkehr gebracht werden“. Für den Versand und im Einzelhandel sind kurzfristige Temperaturschwankungen des tiefgefrorenen Produktes von höchstens 3°C nach oben zulässig.

Die Einfriertemperatur liegt im industriellen Bereich bei -40°C oder tiefer, um eine möglichst hohe Qualität zu gewährleisten (AID 2012). Dazu werden verschiedene Tiefgefrierverfahren eingesetzt, wobei das kryogene Frieren für Fleisch die wichtigste Methode darstellt. Das Produkt wird ohne Verpackung in einen Tunnel befördert, in dem es mit flüssigem CO2 (-78°C) oder flüssigem N2 (-196°C) besprüht wird und dadurch schnell durchfriert. Neben diesem Verfahren kann für Fleisch auch das Kaltluftgefrierverfahren angewandt werden, bei dem schnell bewegte kalte Luft (-40°C) das Lebensmittel umströmt und diesem so die Wärme entzieht (AID 2012).

Die Temperatur bestimmt die Geschwindigkeit, mit der biochemische Reaktionen in Fleisch ablaufen (WAGNER 2006). So sinkt beispielsweise die Reaktionsgeschwindigkeit von Enzymen, die Stoffwechselrate wird reduziert und die Vermehrung von Mikroorganismen wird gehemmt, wenn die Temperatur herabgesetzt wird (CHANG et al. 2003; RAHMAN u. VALEZ-RUIZ 2007; DAVE u. GHALY 2011; MANIOS u. SKANDAMIS 2015). In den ersten Stunden nach dem Schlachten wird durch schnelles Kühlen die Glykolyse und damit auch der pH-Wert-Abfall verlangsamt (SAVELL et al. 2005). Bei einem schnellen pH-Wert-Abfall der Temperatur im Muskel vor Einsetzen der Totenstarre kann es zum sogenannten „cold shortening“ kommen (SAVELL et al. 2005; WAGNER 2006). Im Sarkoplasma reichert sich Kalzium an, da das sarkoplasmatische Retikulin dieses Kalzium ab Temperaturen von unter 15°C nicht mehr binden kann. Aufgrund des noch im Muskel vorhandenen ATPs kontrahiert dieser maximal und die Aktin- und Myosinfilamente greifen ineinander (SAVELL et al. 2005). Dadurch kommt es zu erhöhten exsudativen Verlusten, verminderter Zartheit und auch zu Farbveränderungen (WAGNER 2006).

24

Um die originalen Charakteristika frischen Fleisches möglichst zu erhalten, ist der Anteil gefrorenen Wassers bei Gefrierlagerung von Fleisch ausschlaggebend. Das Wasser im Muskel liegt nie rein, sondern immer als ungesättigte Lösung mit Mineralsalzen, Kohlenhydraten, Proteinen und anderen löslichen Inhaltsstoffen vor. Die Konzentration dieser Lösung bestimmt somit den Gefrierpunkt des Produktes. Unterhalb dieses Gefrierpunktes konzentriert sich die Lösung des ungefrorenen Wassers auf, mit der Folge, dass der Gefrierpunkt weiter absinkt. Das Restwasser im Lebensmittel gefriert also schrittweise. Sowohl die Arbeitsgruppe von DAVE u.

GHALY (2011) als auch die Forscher um GRUJIĆ et al. (1993) untersuchten das Verhältnis von gefrorenem zu ungefrorenem Wasser in Fleisch bei unterschiedlichen Temperaturen mit folgenden Ergebnissen: bei einer Temperatur von 5°C sind 75 % des Wassers gefroren, bei -20°C bereits 95 % und bei einer Temperatur von -78°C 99 %. GRUJIĆ et al. (1993) schlussfolgerten daraus, dass die geringsten Muskelschäden entstehen, wenn Fleisch bei einer Temperatur zwischen -40°C und -50°C bei einer Gefrierrate zwischen 3,33 und 3,95 cm/h eingefroren wird.

Bei der Veränderung des Aggregatzustandes des im Fleisch enthaltenen Wassers von flüssig zu fest kommt es zur Bildung von Eiskristallen, die Einfluss auf die Fleischqualität nehmen können (SAKATA et al. 1994). Langsame Einfrierraten führen zu großen extrazellulären Kristallen, welche Schäden in der Struktur der Muskeln hervorrufen können (LEYGONIE et al. 2012a), wohingegen schnelle Gefrierraten eher zu intrazellulären und kleinen Eiskristallen führen und der Muskulatur weniger schaden (GRUJIĆ et al. 1993; DAVE u. GHALY 2011). Abbildung 5 zeigt die Eiskristallbildung im Muskel und die Folgen. Das linke Bild veranschaulicht die Bildung großer, extrazellulärer Kristalle, das rechte Bild zeigt kleine, intrazelluläre Eiskristalle (AGOULON 2012).

Um die gleichbleibende Qualität auf dem Weg zum Verbraucher zu gewährleisten, sollte die Kühl- bzw. Tiefkühlkette ununterbrochen aufrechterhalten werden. In der nachfolgenden Tabelle 5 sind die Vor- und Nachteile des Gefrierens und der Gefrierlagerung zusammengefasst.

25

Tabelle 5: Teil 1: Vor- und Nachteile des Gefrierens von Fleisch

Aussage Quelle

Vorteile

Längere Haltbarkeit und Lagerung DAVE u. GHALY (2011) Transport über weite Strecken LEYGONIE et al. (2012a) Einfaches Handling für Verbraucher EILERT (2005)

Erhöhte Zartheit

FAROUK et al. (2003), LAGERSTEDT et al. (2008)

VIEIRA et al. (2009)

Reduktion des mikrobiellen Wachstums

RAHMAN u. VALEZ-RUIZ (2007), BEN ABDALLAH et al.

(1999), MANIOS u.

SKANDAMIS (2015) TBARS-Konzentration sinkt SAKATA et al. (1994) Ausgleich von Marktschwankungen HANSEN et al. (2004) Abbildung 5: Eiskristallbildung im Muskelgewebe (AGOULON 2012)

26

Fortsetzung Tabelle 5: Teil 2: Vor- und Nachteile des Gefrierens von Fleisch

Nachteile

Gefrierbrand LEE et al. (2008)

Erhöhte exsudative Verluste

UTRERA et al. (2014a), FAROUK et al. (2003),

ALONSO et al. (2016)

Farbveränderungen

ANON u. CALVELO (1980), FAROUK et al. (2003),

MUELA et al. (2010)

Fleisch wird zäher LEE et al. (2008), FRANKE (2017)

TBARS-Konzentration steigt

 ranziger Geschmack

OWEN u. LAWRIE (1975), CUSTODIO et al. (2018)

Energieverbrauch, Kosten DT.TIEFKÜHLINSTITUT u.

ÖKO-INSTITUT-E.V. (2012)