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Jahresüberschuss des Geschäftsbereichs Tarifförderung und Verzinsung des Eigenkapitals (Gutachten Nr. 1)

12.1 (1) Der OeMAG stand eine angemessene Verzinsung des Eigenkapitals (Eigenkapital­

rendite) zu. Laut dem Folgegutachten nach Konzessionserteilung (Juli 2007) sollte das gesetzlich vorgegebene Anfangskapital der OeMAG „angemessen (d.h. nicht optimal oder bestmöglich) verzinst sein“.

Die Verzinsung stellte gleichzeitig den Jahresüberschuss des Geschäftsbereichs Tarif­

förderung dar und belief sich in den Jahren 2013 bis 2017 auf insgesamt 1,56 Mio. EUR;

die Bandbreite lag zwischen 272.500 EUR (2016) und 370.500 EUR (2013).

(2) Der Konzessionsbescheid vom 25. September 2006 sah eine jährliche Prüfung der Angemessenheit der Eigenkapitalrendite vor. Zu diesem Zweck beauftragte das Minis­

terium jeweils eine Wirtschaftsprüfungs– und Steuerberatergesellschaft (Gutachten Nr. 1). Die Ermittlung erfolgte zum Bilanzstichtag für das vergangene Wirtschaftsjahr und ging von einer risikobehafteten Anlage eines diversifizierten Kapitalgebers aus.

Auf Basis dieser grundlegenden Annahme ermittelte der Gutachter die angemessene Eigenkapitalrendite29, wobei insbesondere die folgenden Parameter einflossen:

• die Rendite der risikolosen Kapitalanlage,30

• die Marktrisikoprämie,31

• der Verschuldungsgrad32 sowie

• der Beta–Faktor.33

29 anhand der „weighted average cost of capital“–Methode (WACC, gewogener Kapitalkostensatz)

30 ermittelt auf Basis der durchschnittlichen Rendite (Jänner bis Dezember) der Spot Rate einer deutschen Bundesanleihe

31 ermittelt auf Basis der Empfehlungen des Fachsenats für Betriebswirtschaft der Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer

32 Im Zeitraum 2013 bis 2017 errechnete der Gutachter regelmäßig einen Verschuldungsgrad mit dem Wert Null.

33 auf Basis der Veröffentlichung eines anerkannten Experten für den Sektor „Power“, welche u.a. die VERBUND AG und die EVN AG berücksichtigt; der Beta–Faktor bildet das systematische Risiko der Anlageform im Vergleich zum Markt ab.

(3) Im Jahr 2015 nahm die E–Control auf Ersuchen des Ministeriums Stellung zur Eigenkapitalrendite für das Jahr 2014. Sie beurteilte das im Gutachten angenommene Marktrisiko des Sektors „Power“ (Beta–Faktor von 0,61)34 als ungeeignet für die OeMAG und erachtete deren Risiko als Abwicklungsstelle für Ökostrom als nicht höher als jenes von Netzbetreibern (Beta–Faktor von 0,325), die ebenfalls nicht im Wettbe­

werb stehen. Auch der im Gutachten angenommene risikolose Zins (2,2 %) und die Marktrisikoprämie (7 %) erschienen der E–Control zu hoch. Das Ministerium akzep­

tierte das Gutachten zur Feststellung der angemessenen Eigenkapitalrendite dennoch und holte in den Folgejahren keine weiteren Expertisen zu diesem Thema ein.

(4) Die OeMAG identifizierte in ihrem Risikomanagement folgende finanzielle Risiko­

bereiche, wobei sie die Risikoeintrittswahrscheinlichkeit überwiegend als eher gering einschätzte:35

• Bonität der Stromhändler, Zahlungsausfälle von Stromhändlern: Die Stromhändler hatten laut OeMAG die eingeforderten Sicherheiten seit dem Jahr 2008 vollständig hinterlegt.

• Intraday–Vermarktung zur Minimierung der Ausgleichsenergiekosten: Laut OeMAG wurden zur Begrenzung des Handelsrisikos in einem Rulebook Handels– bzw.

Vermarktungsregeln (Kauf– und Verkaufsstrategie) sowie Preis– und Mengenlimits festgelegt.

• Zinsänderungs– und Bonitätsrisiko bei Veranlagungen: Wegen der kurzen Laufzeit bestanden laut OeMAG keine wirtschaftlich bedeutsamen Zinsänderungsrisiken, ebenso war das Bonitätsrisiko von untergeordneter Bedeutung.

• Ein Klagsrisiko bestand laut OeMAG aufgrund von legistischen Unschärfen, vor allem aufgrund unterschiedlicher Rechtsansichten hinsichtlich der Tarifeinstufung.

(5) Die OeMAG hatte einen gesetzlichen Anspruch auf Ersatz der nicht durch Einnah­

men gedeckten Mehraufwendungen36, sodass insolvenzauslösende Tatbestände wie buchmäßige Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit nicht eintreten und die oben genannten Risiken für die OeMAG de facto keine Ergebniswirksamkeit haben konnten.

Da es sich um eine einmalige Kapitaleinlage und kein laufendes finanzielles Engage­

ment – wie etwa bei regulierten Netzbetreibern, welche laufend investieren – handelte, war weder das Kapital in seiner Höhe gefährdet, noch konnten unternehmerische Entscheidungen der OeMAG die Rendite der Kapitalgeber schmä­

lern. Ein finanzielles bzw. unternehmerisches Risiko bestand somit weder für die OeMAG selbst noch für ihre Kapitalgeber (siehe auch TZ 7 und TZ 15).

34 Die risikolose Kapitalanlage besitzt ein Beta von 0, das Marktportfolio dagegen ein Beta von 1, das entspricht dem Preisschwankungsrisiko des Gesamtmarkts. Bei einem Beta von 0,6 ist das Preisschwankungsrisiko des Finanztitels um 40 % kleiner als das des Gesamtmarkts, bei einem Beta von 1,2 dagegen um 20 % größer.

35 siehe Geschäftsberichte der OeMAG 2013 bis 2017

36 gemäß § 42 Abs. 2 ÖSG 2012

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(6) Der RH verglich am Beispiel der Weighted Average Cost of Capital (WACC)–

Methode die Ergebnisse des Gutachtens Nr. 1 (Annahme einer risikobehafteten Anlage mit einem Beta–Faktor größer Null) mit den Ergebnissen für eine risikolose Anlage (Beta–Faktor von Null).

Tabelle 12: Eigenkapitalrendite der OeMAG – Vergleichsrechnung zu Gutachten Nr. 1

Gutachten Nr. 1 RH–Berechnung Geschäftsjahr 2014 (exemplarisch)1

Grundkapital und Kapitalrücklage in EUR 5.000.000 5.000.000

risikoloser Zins in % 2,20 2,20

Marktrisikoprämie in % 7,00 7,00

Eigenkapitalverzinsung in %3 6,47 2,20

Verzinsung des Eigenkapitals in EUR 323.500 110.000

Differenz zu Gutachten Nr. 1 in EUR -213.500

Zeitraum 2013 bis 2017 durchschnittliche jährliche Differenz zu

Gutachten Nr. 1 in EUR1 ­221.252

Gesamtdifferenz zu Gutachten Nr. 1 in EUR ­1.106.260

1 Werte gerundet

2 Prof. Damodaran (Stand Dezember des jeweiligen Jahres), http://pages.stern.nyu.edu/~adamodar/

3 Eigenkapitalverzinsung = Risikoloser Zins + Marktrisikoprämie x Beta–Faktor

Quelle: BMNT; Berechnung: RH

12.2 Der RH wies kritisch darauf hin, dass sich die Ermittlung der Eigenkapitalverzinsung der OeMAG am Risikoprofil von im Wettbewerb stehenden, börsenotierten Energie­

versorgungsunternehmen orientierte. Aus Sicht des RH bestand jedoch für die OeMAG, die vor allem Abwicklungsaufgaben in einem Fördersystem wahrzunehmen hatte – mit gesetzlichem Anspruch auf Abgeltung ihrer Mehraufwendungen – kein finanzielles bzw. unternehmerisches Risiko. Auch die OeMAG selbst hatte in ihrem Risikomanagement keine wirtschaftlich bedeutenden Risiken identifiziert. Bei der Kapitaleinlage der Eigentümer handelte es sich um ein einmaliges finanzielles Enga­

gement. Die vom RH am Beispiel der WACC–Methode ermittelte Verzinsung einer risikolosen Veranlagung hätte für den Zeitraum 2013 bis 2017 in Summe eine um 1,11 Mio. EUR (rd. 71 %) niedrigere Eigenkapitalverzinsung ergeben als die vom Ministerium in diesen Jahren beauftragten Gutachten.

Er kritisierte, dass das Ministerium eine diesbezügliche Stellungnahme der E–Control aus dem Jahr 2015 (für das Geschäftsjahr 2014) nicht zum Anlass nahm, die Risiko­

annahmen des Gutachters zu hinterfragen und die Kriterien, Parameter und Methoden für die Ermittlung der angemessenen Eigenkapitalverzinsung zu klären.

Der RH empfahl dem Ministerium, die Methodik zur Feststellung einer angemesse­

nen Eigenkapitalverzinsung zu überprüfen und insbesondere die Kriterien der Ange­

messenheit näher zu bestimmen. Die Berechnungsmethode sollte dem geringen Risiko der Abwicklungsstelle und dem finanziellen Engagement der Kapitalgeber (einmalige Einlage bei Gesellschaftsgründung) entsprechen.

12.3 (1) Das Ministerium führte in seiner Stellungnahme aus, dass im Jahr 2019 ein weiterer Gutachter beauftragt worden sei, um bei der fachlichen Bewertung im bisherigen historisch gewählten System zu verbleiben. Der Co–Gutachter sei auf Empfehlung des Erstgutachters beigezogen worden, um das bisherige Gutachten zu evaluieren bzw. im Wirkungsbereich der OeMAG auf Basis der Kritik des RH zu reflek­

tieren. Das Gutachten des Erstgutachters liege seit April 2019 vor und stelle einen Rückgang der anzulegenden Eigenkapitalverzinsung von 6,21 % auf 4,46 % fest.

Diese Reduktion sei vor allem eine Folge der Neubewertung bzw. Festlegung der Peer Group der OeMAG durch die Gutachter.

(2) Die OeMAG wies hingegen in ihrer Stellungnahme die Kritik des RH zurück. Da der Gesetzgeber für die Ökostromabwicklung ein Eigenkapital von beachtlicher Höhe zur Risikoabfederung vorgeschrieben habe, widerspreche es den gesetzlichen Grundlagen, das Eigenkapitalgeberrisiko für das der OeMAG vorgeschriebene Eigen­

kapital pauschal mit Null anzusetzen. Die Ansicht des RH, dass kein finanzielles oder unternehmerisches Risiko bestehe, wies die OeMAG als pauschalierend zurück. In der Praxis würde das Risiko der OeMAG weder von Banken noch von Versicherun­

gen, mit denen die OeMAG in laufender Geschäftsbeziehung stehe, mit null ange­

setzt. Die OeMAG habe operative Risiken, Haftungsrisiken oder bspw. das Risiko der Konzessionsrücknahme.

Fremdkapitalkosten seien üblicherweise niedriger als Eigenkapitalkosten, da Fremd­

kapital stets höhere Priorität habe als Eigenkapital (z.B. bei Insolvenz). Gemäß herr­

schender Lehre entsprächen Fremdkapitalkosten der unteren Grenze für Eigenkapitalkosten. Eine Eigenkapitalrendite ohne Aufschlag sei praxisfern und nach der herrschenden Lehre nicht argumentierbar. Die Berechnungsmethode des RH führe zu einer unter den Fremdkapitalkosten liegenden Eigenkapitalverzinsung. Die praktische Umsetzbarkeit der RH–Expertise sei zu bezweifeln, da die Kapitalgeber am Markt Eigenkapital zum risikolosen Zinssatz (unter 1 %, teilweise sogar negativ) nicht bereitstellen würden.

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12.4 (1) Der RH anerkannte, dass das Ministerium einen weiteren Gutachter zur Evaluie­

rung der Eigenkapitalverzinsung beigezogen hatte. Allerdings hielt er eine Risiko­

abschätzung anhand von Vergleichsunternehmen (Peers) für unzweckmäßig, wenn – wie im vorliegenden Fall – das Risiko des Unternehmens anhand einer Systemanalyse bereits bekannt bzw. einfach zu beurteilen ist. Jedenfalls wäre bei einem Vergleich mit anderen Unternehmen dem geringen Risiko der OeMAG Rechnung zu tragen.

Der RH hielt daher die Empfehlung an das Ministerium aufrecht, die Methodik zur Feststellung einer angemessenen Eigenkapitalverzinsung zu überprüfen und insbe­

sondere die Kriterien der Angemessenheit näher zu bestimmen.

(2) Der RH erläuterte gegenüber der OeMAG, dass er die WACC–Methode anwendete, weil sie dem historisch gewählten System des Gutachters des Ministeriums entsprach. In einer Vergleichsrechnung hatte er „am Beispiel der WACC–Methode“

die Spannweite zwischen der in der Praxis der OeMAG geltenden oberen Bandbreite der Verzinsung (große, im Wettbewerb stehende, börsenotierte Energieunternehmen) und einer risikolosen Verzinsung aufgezeigt. Der RH setzte damit keinen bestimmten Wert für das Eigenkapitalgeberrisiko der OeMAG an; nach Einschätzung des RH fiel die OeMAG aber jedenfalls nicht in die Gruppe der börsenotierten Energieunternehmen.

Die Angemessenheit einer zugestandenen Verzinsung ist grundsätzlich anhand des systemischen Risikos des Unternehmens bzw. der Kapitalgeber zu beurteilen. Aus Sicht des RH bestanden für die OeMAG de facto keine systemischen Risiken: Das in sich geschlossene, gesetzlich vollständig determinierte System der Ökostromförde­

rung wurde durch Pflichtbeiträge der Stromkunden finanziert. Allfällige Über– und Unterdeckungen waren jeweils im Folgejahr auszugleichen. Anfänglich noch vorhandene systemische Risiken für die OeMAG wurden im Rahmen von Novellen zum ÖSG beseitigt. Auch das von der OeMAG genannte Risiko eines Konzessionsentzugs gemäß § 34 ÖSG 2012 war sehr gering. Es setzte grobes Fehlverhalten voraus, etwa unrichtige Angaben, täuschende Handlungen oder die Nichterfüllung der Verpflich­

tungen gegenüber Gläubigern.

Zum Haftungsrisiko der Eigenkapitalgeber bemerkte der RH, dass die OeMAG in ihrem Risikomanagement keine Risiken bzw. Risikowahrscheinlichkeiten für eine Haftung der Kapitalgeber identifiziert hatte. Auch sah das Ökostromgesetz als Kapital einlage kein Risikokapital vor, sondern ein Anfangskapital bzw. eingesetztes Kapital mit angemessener Verzinsung. Das finanzielle Engagement der Kapitalgeber der OeMAG bestand in einer einmaligen Einlage mit langfristiger Bindung, bspw.

vergleichbar dem Kauf von Staatsanleihen mit langer Laufzeit. Es unterschied sich bspw. grundlegend vom laufenden finanziellen Engagement bei Netzbetreibern und deren Investitionstätigkeit.

Prüfung der Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit der Abwicklung der