• Keine Ergebnisse gefunden

Investitionsrechnung

Im Dokument Internes Rechnungswesen (Seite 27-35)

2.2 Internes Rechnungswesen (ohne Kosten- und Erlösrechnung)

2.2.2 Investitionsrechnung

Die Finanzplanung ist – wie die Finanzbuchhaltung – eine Daueraufgabe in einer Un-ternehmung (und natürlich auch für Privatpersonen). Wird die Verausgabung von Mit-teln geplant, die einen längerfristigen Nutzen in einer Unternehmung erfüllen sollen, mit

39 Vgl. BREITHECKER/BAUMANN/RAAB/LOMBERG/STENKA (2018), S. 86 sowie KERTH/

ASUM/STICH (2015), S. 254-261.

denen die (personellen und sachlichen) Kapazitäten geschaffen werden, mit denen spä-tere Produktionen betrieben werden können, sprechen wir von einer Investition40. Inves-titionen können in Humankapital41, immaterielle42 oder materielle Vermögensgegen-stände43 oder in Finanzanlagen44 getätigt werden. Eine Kombination dieser idealtypi-schen Investitionsentscheidungen liegt z.B. dann vor, wenn unternehmensintern organi-satorische Maßnahmen ergriffen werden sollen (z.B. die Einrichtung einer Abteilung namens „Personalabteilung“, „Finanzrechnung“, „Investitionsrechnung“, Kosten- und Erlösrechnung“, „Interne Revision“ oder „Controlling“).

Für die unternehmerische, quantitative Beurteilung einer Investition stehen theoretisch verschiedene – frei wählbare – Rechentechniken zur Verfügung.45 Eine gesetzliche Vor-gabe für eine Investitionsrechnung und zudem für ein bestimmtes nungsverfahren gibt es nicht. Der Unternehmer kann und (falls er eine Investitionsrech-nung machen möchte) muss sich z.B. zwischen statischen oder dynamischen Verfahren der Investitionsrechnung entscheiden – oder seinem Bauchgefühl trauen. Dies ist

40 Definitionen für eine Investition sind vielschichtig. Die bekannteste Definition stammt von Dieter SCNEIDER (1992): „Eine Investition ist durch einen Zahlungsstrom gekennzeichnet, der mit Aus-gaben beginnt" und Einzahlungen folgen lässt.

41 Humankapitalinvestitionen sind solche, die für die Einstellung von Mitarbeitern oder deren Verbleib oder Weiterbildung getätigt werden. Hierbei kann es sich beispielhaft um die Aufwendungen für Stellenanzeigen, Teilnahme an Jobmessen oder auch für umfangreiche und damit aufwendige Asses-sment-Center handeln. Diese Aktivitäten verursachen Auszahlungen, die im Ergebnis keinen Vermö-gensgegenstand ergeben. Zur Definition eines VermöVermö-gensgegenstands vgl. oben Fn. 25. Humanka-pital kann nicht veräußert werden, so dass zumindest diese Voraussetzung für einen Vermögensge-genstand fehlt. Damit ist – erfolgswirksam – zu buchen: Aufwand an Bank!

42 Immaterielle Vermögensgegenstände sind solche, die nicht materiell – anfassbar – konkretisiert sind.

Sie erfüllen zwar die Voraussetzungen eines Vermögensgegenstands (siehe Fußnote 25), sind aller-dings als Software, Patent, Recht usw. nicht materialisiert. Auch selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände müssen – ohne Forschungsaufwendungen (siehe § 255 Abs. 2 letzter Satz HGB) – aktiviert werden (§ 248 Abs. 2 HGB). Die Bewertung erfolgt grundsätzlich zu Anschaf-fungs- oder Herstellungskosten (§ 253 Abs.1 HGB). Die Quantifizierung der Herstellungskosten ver-langt dann Daten, die aus einer Kostenrechnung stammen (vgl. bereits oben S. 17). Beim Zugang ist (grundsätzlich erfolgsneutral) zu buchen: Immaterieller Vermögensgegenstand an Bank. Abnutzbare immaterielle Vermögensgegenstände sind (erfolgswirksam) abzuschreiben (§ 253 Abs. 2 HGB). Im Zeitablauf wird der Grundsatz der Pagatorik erfüllt.

43 Materielle Vermögensgegenstände (z.B. Grund und Boden, Immobilien, Maschinen, Betriebs- und Geschäftsausstattung – im Anlagevermögen – bzw. beispielhaft Roh-, Hilfs- oder Betriebsstoffe oder Waren im Umlaufvermögen) sind aktivierungspflichtig zu Anschaffungs- (beim Kauf) oder zu Her-stellungskosten (bei Eigenfertigung). Hierdurch wird eine grundsätzliche Erfolgsneutralität im Zeit-punkt der Anschaffung oder Herstellung erreicht. Abnutzbare Vermögensgegenstände des Anlage-vermögens sind abzuschreiben über den voraussichtlichen Zeitraum ihrer Nutzung (§ 253 Abs. 3 HGB; vgl. auch BREITHECKER [2020], S. 82-84). Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Vermögensgegenständen im Umlaufvermögen werden erfolgswirksam ausgebucht im Fall des Ver-kaufs (= Minderung des Bestands an fertigen und unfertigen Vermögensgegenständen im Umlauf-vermögen).

44 Vermögensgegenstände im Finanzanlagevermögen (z.B. Beteiligungen, Wertpapiere im Anlagever-mögen) sind bei Anschaffung erfolgsneutral zu Anschaffungskosten zu aktivieren. Eine planmäßige Abschreibung entfällt, da diese Vermögensgegenstände regelmäßig nicht abnutzbar sind. Die An-schaffungskosten werden erst aufwandswirksam zu Zeitpunkt des Verkaufs!

45 Vgl. auch BREITHECKER (2016), S. 219-230.

nesfalls (nur) eine reine Glaubensfrage und verlangt beim Entscheidungsträger umfas-sende Kenntnisse über die theoretisch zur Verfügung stehenden Verfahren, die implizi-ten oder expliziimplizi-ten Prämissen, die Vor- und Nachteile und vielfach damit einhergehend Kenntnisse über die Kosten der Implementierung bei denkbarem Nutzen der Verfahren.

Dabei ist die Frage, welches Verfahren für welche Unternehmung die besseren Ergeb-nisse bringt, auch branchenabhängig und damit weder verallgemeiner- noch auswendig-lernbar.

Man kommt also nicht umhin, sich die ökonomische Situation seiner Unternehmung anzusehen, festzustellen, ob Investitionsentscheidungen regelmäßig (dann wäre eine In-stitutionalisierung/Professionalisierung u.U. von Vorteil) oder eher unregelmäßig/selten stattfindet (dann wäre es wahrscheinlich unökonomisch, eine Investitionsabteilung ein-zurichten), um hinsichtlich etwaiger investitionsrechnerischer Verfahren das (vermeint-liche) Optimum zu treffen. Bekanntlich sind bei der Schätzung von Einzahlungen und Auszahlungen die Auszahlungsreihen leichter zu treffen, da hier der Investor einen deut-lich höheren Einfluss nehmen kann (siehe schon oben, S. 20). Die Einzahlungen sind marktabhängig und wesentlich unsicherer. In Branchen, in denen die Einzahlungen bes-ser planbar sind, dann typischerweise regelmäßig in gleichmäßiger Form anfallen, sind statische Verfahren der Investitionsrechnung beliebter und weniger aufwändig. Hier sind regelmäßig z.B. Vermietungsbranchen zu nennen, also der Wohnraum- oder Ge-werbevermieter oder auch Leasinggesellschaften, die zu festgelegten Konditionen lang-fristige Verträge abschließen. Hier finden wir am Markt oftmals Kaufpreise für Investi-tionsobjekte, die sich an der Jahresmiete orientieren. Siehe auch die folgende Anzeige:

439.000 € Kaufpreis ; 390 m² Wohnfläche (ca.), Mieteinnahmen pro Jahr: 30.300 €.46 Der Quotient aus Kaufpreis und Jahresmiete beträgt für dieses Objekt in Duisburg-Gro-ßenbaum ungefähr 14,5 (bzw. der Kaufpreis beträgt das 14,5fache der Jahresmiete) oder eine Rendite beläuft sich auf 100/14,5 = 6,9 %. Interessant sind in diesem Zusammen-hang Erfahrungen von Immobilienmaklern, die lauten: „Je mehr nach Süden Sie gehen, umso niedriger werden die Renditen. Je mehr nach Osten Sie gehen, umso unsicherer werden die Renditen. Je mehr nach Norden Sie gehen, umso attraktiver werden die Ren-diten.“47 Diese Immobilienrenditen sollen in Deutschland aktuell 3,5 % betragen, wobei München, Frankfurt, Köln, Berlin oder Düsseldorf mit Renditen von 2,8 %, 2,9 %, 2,9

%, 3,0 % und 3,0 % das Renditenende ausmachen.48

Umgekehrt neigen Branchen mit unsichereren Einnahmen (Forschungs- und Entwick-lungs-, Produktions- oder Handelsunternehmen) stärker zu zeitraumbezogenen investi-tionsrechnerischen Methoden, die die Zinseffekte zeitpunktgenauer zu berücksichtigen versuchen. Dies führt zur Anwendung der dynamischen Verfahren der Investitionsrech-nung. Bei diesen Verfahren sollte der Anwender allerdings die Prämissen genau kennen, insbesondere die Prämisse des vollkommenen und vollständigen Kapitalmarkts, die un-terstellt, dass jederzeit beliebige Kapitalmengen zum Kalkulationszinssatz

46 Vgl. https://www.immowelt.de/expose/2CFV74S (Abruf am 15.3.2017).

47 http://makler.completa-immobilien.de/rendite-berechnung-immobilien/ (Abruf am 15.3.2017).

48 Vgl. WIKTORIN (2019b).

men und ebenso freie Mittel jederzeit zum Kalkulationszinssatz angelegt werden kön-nen. Folglich kennen solche Modelle grundsätzlich keine Liquiditätsrestriktionen oder -engpässe. Wir wissen alle – spätestens seit der Finanzkrise –, dass in der Praxis Liqui-ditätsfragen – entgegen den Prämissen der Kapitalwertmethode – eine außerordentlich große Rolle spielen – deswegen machen wir eine Finanzplanung! –, dass sogar die weit überwiegende Zahl aller Insolvenzen in Deutschland wegen Illiquidität ausgelöst wird.49 Verständnisfragen zum handelsrechtlichen Jahresabschluss

1. Wenn ein Jahresabschluss einer Unternehmung einen Verlust (= handelsrechtlichen Jahresfehlbetrag) ausweist,

• ist das Unternehmen dann insolvent?

• kann das Unternehmen in diesem Jahr keine Dividenden ausschütten?

• kann der Fehlbetrag durch eine Kreditaufnahme ausgeglichen werden?

• ist dies ein Beleg dafür, dass die Deckungsbeiträge aller Produkte negativ sind.

• sind die variablen Kosten eines Unternehmens höher als die Fixkosten.

• lässt das keinen Rückschluss auf die Liquidität der Unternehmung zu.

• sind die Investitionen, die im Unternehmen getätigt wurden, höher als der Cashflow.

2. § 268 Abs. 3 HGB lautet: „Ist das Eigenkapital durch Verluste aufgebraucht und ergibt sich ein Überschuß der Passivposten über die Aktivposten, so ist dieser Betrag am Schluß der Bilanz auf der Aktivseite gesondert unter der Bezeichnung ‚Nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag’ auszuweisen.“

• ist das Unternehmen jetzt insolvent?

• stellt dieser Aktivposten einen Vermögensgegenstand dar, der veräußert werden kann?

• ist dieser Aktivposten gleichzusetzen mit einem Darlehen, das die Gesellschafter der Gesellschaft gewährt haben?

• kann der Geschäftsführer (Vorstand) der Gesellschaft von den Eigenkapitalgebern fordern, dass der Fehlbetrag (z.B. durch eine Kapitalerhöhung) ausgeglichen wird?

49 Grundsätzlich kennt die Insolvenzordnung drei Insolvenzeröffnungsgründe. Der allgemeine Eröff-nungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit gem. § 17 Abs. 1 InsO. Diese ist dann gegeben, wenn der Schuldner „nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Zahlungsunfähig-keit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat“ (§ 17 Abs. 2 InsO). Nach § 18 InsO ist auch die drohende Zahlungsunfähigkeit Eröffnungsgrund. Dann wird der Schuldner voraussichtlich nicht mehr „in der Lage sein … die bestehenden Zahlungsverpflichtungen im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen“ (§ 18 Abs. 2 InsO). „Bei einer juristischen Person ist auch die Überschuldung Eröffnungsgrund“ (§ 19 Abs. 1 InsO). „Überschuldung liegt vor, wenn das Ver-mögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt“ (§ 19 Abs. 2 InsO). Vgl.

auch IDW (2017).

• ist der durch diesen Fehlbetrag gezeigte Liquiditätsengpass durch eine Darlehnsauf-nahme ausgleichsfähig (Buchung: Per Bank an nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag)?

• lebt die Haftung der Gesellschafter jetzt wieder auf?

• der Vorstand einer AG hat nun erstmals unverzüglich gem. § 92 Abs. 1 AktG eine Hauptversammlung einzuberufen.

3. Sind Maschinen abgeschrieben,

• scheiden diese aus dem Produktionsbetrieb aus.

• ist die wirtschaftliche Nutzungsdauer erreicht.

• können die hierauf produzierten Produkte zu einem niedrigeren Preis angeboten wer-den.

• haben hierauf produzierte Erzeugnisse automatisch einen positiven Deckungsbeitrag.

4. Das Stammkapital/Grundkapital

• dient dazu, Verluste der Unternehmung auszugleichen.

• darf vom Unternehmen erst dann verbraucht werden, wenn Kreditinstitute keine Kre-dite mehr gewähren.

• ist bei der Bundesbank als Haftungssicherheit zu hinterlegen.

• darf nur zum Erwerb eigener Aktien verwendet werden.

5. Der Grundsatz der "Pagatorik" gilt für alle Ausprägungen der externen Rechnungs-legung (z.B. IFRS- oder HGB-RechnungsRechnungs-legung). Was versteht man darunter und gilt der Grundsatz auch für das interne Rechnungswesen?

Aufgabe (WS 2015/16, 33 Minuten):

Sie bekommen vom Gesellschaftergeschäftsführer einer bilanzierungspflichtigen GmbH Mitte März 2016 folgende Aufgaben. Woher bekommen Sie die Informationen zur Aufgabenerledigung?:

1. Stellen Sie fest, wie viele Krankheitstage in 2015 in der GmbH angefallen sind.

2. Stellen Sie fest, wie hoch die Urlaubsrückstellungen für 2015 dotiert sind.

3. Stellen Sie fest, ob für die Gehaltszahlungen April 2016 zum 30. März 2016 voraus-sichtlich genügend Liquidität im Unternehmen vorhanden ist.

4. Stellen Sie fest, wie hoch der Deckungsbeitrag für das wichtigste Produkt der GmbH ist. Zusatzfrage: Ist der Deckungsbeitrag kundenabhängig?

5. Sie benötigen für das wichtigste Produkt der GmbH einen bestimmten Rohstoff, der aktuell am Markt angesichts politischer Unruhen im Produktionsland knapper wird.

Stellen Sie fest, ob sich der Deckungsbeitrag für unser wichtigstes Produkt dadurch

ändert. Besteht für unsere GmbH aus der Bezugsknappheit vielleicht sogar ein Ri-siko?

6. Stellen Sie fest, wie hoch die KSt- und die GewSt-Vorauszahlungen für das erste Quartal (zum 15. Februar 2016) waren.

7. Erstellen Sie eine Unterlage, aus der ersichtlich ist, ob eine Produktionsanlage er-weitert werden soll.

8. Erstellen Sie eine Reisekostenrichtlinie für die Mitarbeiter der GmbH.

Aufgabe im SS 2018 (35 Punkte = 21 Minuten)

Nach Ihrem erfolgreich abgeschlossenen Studium gründen Sie Ihr eigenes Unternehmen und produzieren und verkaufen die hochwertige Uhr „Tick-Tack“ in Ihrem eigenen Ge-schäft in der belebten Einkaufsstraße in der Duisburger Innenstadt. Bislang haben Sie nur wenig Erfahrung mit der Preissensitivität Ihrer Kunden machen können. Im Mai konnten Sie bei einem Preis von 800 € (netto) 200 Uhren verkaufen. Im Juni haben Sie den Preis aufgrund der hohen Nachfrage auf 900 € (netto) angehoben und verzeichneten einen Rückgang der Nachfrage von 40 Uhren.

a) Ermitteln Sie die Preis-Absatz-Funktion p(x). Gehen Sie bei Ihrer Berechnung von einem linearen Verlauf aus! Ihnen ist freigestellt, ob Sie diese Aufgabe rechnerisch oder grafisch lösen!

b) Ihr Produkt verursacht variable Kosten i. H. v. 200 €. Fixkosten i. H. v. insgesamt 16.000 € monatlich entstehen u. a. durch die Miete des Geschäfts, der Produktions-halle und die Produktionsmitarbeiter.

b1) Welchen Gewinn haben Sie mit Ihrer Unternehmung im Mai gemacht?

b2) Welchen Gewinn haben Sie mit Ihrer Unternehmung im Juni gemacht?

Aufgabe

Gegeben sind folgende Buchungen:

1. per Gewährleistungsaufwand 100.000 € an Gewährleistungsrückstellung 100.000 € 2. per Gewährleistungsrückstellung 74.000 € an Bank 74.000 €

3. per Gewährleistungsrückstellung 26.000 € an sonstige betriebliche Erträge 26.000 € Wie sehen – für 1. bis 3. folgende Auswirkungen aus:

- auf die Handelsbilanz/Steuerbilanz (vor Steuern)?

- auf das handelsrechtliche Ergebnis (vor Steuern)?

- auf das steuerliche Ergebnis; auf die Höhe der Steuer (Steuersatz 30%)?

- auf die Rückwirkung der Steuer auf die Handelsbilanz?

- auf die Liquidität?

3 Kosten- und Erlösrechnung

Viele der auf S. 1 als Aufgaben des BWLers beschriebenen Fragestellungen bedingen kurzfristige Entscheidungen eines Unternehmers. Da hilft es dem Unternehmer nicht weiter, wenn er einmal im Jahr – und das noch mit einem Zeitversatz von mehreren Monaten – einen Jahresabschluss für seine Unternehmung bekommt.50 Die Informatio-nen aus der Finanzplanung sichern hoffentlich die unterjährige Liquidität. Dennoch hilft die Kenntnis, an welchem Tag bestimmte Anschaffungskosten für eine Maschine zu leisten sind im Tagesgeschäft nicht, wenn der Ressourcenverbrauch bei der Produktion eines Produktes oder einer Produktlinie zur Angebotspreisfindung bestimmt werden muss. Auch die Frage, ob die Anschaffung einer Maschine nach investitionsrechneri-schen Planmethoden befürwortet wurde, ist in späteren Perioden entscheidungsirrele-vant. Die Maschine steht da – die Anschaffungskosten sind sunk costs, selbst wenn die prognostizierten Einzahlungen nicht kommen. Sie muss dann auch genutzt werden, an-sonsten wäre die zweite ökonomische Fehlentscheidung getroffen worden.51 Informati-onen für kurzfristige (monatlich wirkende) Entscheidungen liefert allerdings eine Kos-ten- und Erlösrechnung (bzw. Überlegungen, die einer KosKos-ten- und Erlösrechnung na-hekommen).

Grundsätzlich ist auch eine Kosten- und Erlösrechnung für ein Unternehmen nicht ge-setzlich vorgeschrieben.52 Wir haben aber bereits oben – bei der Bestimmung von bilan-ziellen Herstellungskosten sowie der Notwendigkeit der Kenntnis von Deckungsbeiträ-gen für eine aussagefähige Finanzplanung – gesehen, dass kostenrechnerische Kennt-nisse und Informationen aus betriebswirtschaftlicher Sicht Sinn machen bzw. indirekt gefordert werden. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht sollte sich jeder Unternehmer wirt-schaftlich verhalten, also eine – nach Gutenberg – optimale Kombination der Produkti-onsfaktoren anstreben. „Wie gut die Faktorkombination gelingt, ist an der Wirtschaft-lichkeit zu messen, die sich aus der Beziehung zwischen Faktorertrag, d.h. dem Output, und dem Faktoreinsatz, d.h. dem Input, ermittelt.“53 Ob sich die Wirtschaftlichkeit durch zusätzliche Informationen als Output einer (Aufwendungen verursachenden) Kosten- und Erlösrechnung erhöhen lässt, muss der Unternehmer selbst entscheiden. Hierzu ist es aber für ihn wichtig zu wissen, wie – mehr oder weniger aufwendig, korrespondierend mit mehr oder weniger Informationen – Kosten- und Erlösrechnungssysteme aufgebaut

50 Ich habe nicht selten in der Praxis Geschäftsführer erlebt, die glücklich waren, die Jahresabschluss-prüfer zu sehen, da sie endlich wissen wollten, wie das letzte Jahr „denn so gelaufen“ sei. Geschäfts-führer, die für den ökonomischen Istzustand „ihrer“ Unternehmung einen Jahresabschluss benötigen, disqualifizieren sich damit selbst!

51 Auch das war ein Vollkostenrechnerwitz meines früheren akademischen Lehrers: Steht in einer Halle eine Maschine unter einer Plastikplane. „Was ist darunter?“ „Eine neue Maschine.“ „Und warum nutzt Ihr die nicht?“ „Ist zu teuer!“

52 Zu nennen sind hier als Ausnahmen insbesondere öffentlich geförderte Einrichtungen wie Kranken-häuser oder Pflegeeinrichtungen, für welche sich die Pflicht zur Einrichtung einer Kosten- und Er-lösrechnung aus § 8 KHBV (Krankenhaus-Buchführungsverordnung) bzw. § 7 PBV (Pflege-Buch-führungsverordnung) ergibt. Des Weiteren können die Empfänger von öffentlichen Aufträgen unter Umständen verpflichtet sein, Angebote auf Basis von Selbstkosten zu erteilen. Vgl. hierzu §§ 1-11 VPöA (Verordnung über die Preise bei öffentlichen Aufträgen).

53 LORSON/HÄUßLER/MARTINS (2015), S. 75 in Anlehnung an Gutenberg.

werden können, welche zusätzlichen Informationen gewonnen und in welchen Situatio-nen diese nutzbringend eingesetzt werden könSituatio-nen.

Mit den Fragen des letzten Satzes werden wir uns in Kapitel 3 intensiver beschäftigen, da die Praxis Erfahrungen über viele Jahrzehnte gemacht hat, so dass nicht jeder Unter-nehmer das Rad – in Form eines Kostenrechnungssystems – neu erfinden muss. Wir werden dabei auch feststellen, dass die Sinnhaftigkeit zusätzlicher Informationen durch eine Kosten- und Erlösrechnung tendenziell steigt, wenn in einer Unternehmung eine umfassende Kombination von Produktionsfaktoren durchgeführt wird und damit ein umfangreicher Einsatz von variablen Kosten erfolgt. Sind zur Produktion auch noch unterschiedliche Produktionsverfahren oder -wege möglich, wird eine detaillierte Kos-ten- und Erlösrechnung schon beinahe notwendig sein. Je geringer der Einsatz von va-riablen Kosten in einer Unternehmung ist, je kleiner ein Produktionsprogramm wird, je mehr sich die Branche in Richtung Dienstleistung bewegt, desto einfacher (i.S.v. weni-ger kompliziert/einfacher aufgebaut) wird eine Kosten- und Erlösrechnung gestaltet werden können – und folglich auch weniger Aufwendungen im Unternehmen verursa-chen. Dies bedeutet, dass die Antwort auf die Frage, ob und – wenn ja – in welcher Ausgestaltung eine Kosten- und Erlösrechnung implementiert werden soll, stark vom Alter der Unternehmung, von der Branchenzugehörigkeit, der Kostenzusammenset-zung, der Erfahrung der Unternehmensleitung usw. abhängig ist.

Wollen wir die Investitionsentscheidung „Einrichtung einer Kosten- und Erlösrech-nung“ mit Zahlen untermauern, müssen wir dazu – neben den hier nicht thematisierten Personal- und Sachauszahlungen, die diese Entscheidung auslöst – wissen, welchen (kaum quantifizierbaren) Nutzen eine Kosten- und Erlösrechnung in einem Unterneh-men haben kann.54 Hierzu muss der Entscheidungsträger Kenntnisse darüber haben, wie ein Kosten- und Erlösrechnungssystem aufgebaut werden kann, welche Ausgestaltun-gen von Kosten- und Erlösrechnungssystemen möglich sind und welche Informationen aus den einzelnen Systemen – zum Vorteil des Entscheidungsträgers/Unternehmens – gezogen werden können.

Dabei ist dem Grundsatz zu folgen, dass der Rechnungszweck, also die Zielvorstellung, was mit der Rechnung erreicht werden soll, den Rechnungsinhalt bestimmt.55 Sollte ein Unternehmer – subjektiv oder objektiv – für die Daten aus der Kosten- und Erlösrech-nung keine Verwendung haben, braucht er keine Kosten- und ErlösrechErlösrech-nung! Selbiges gilt für Investitions- und Finanzrechnung.56

54 Gleichzeitig sollte uns deutlich werden, wozu wir bestimmte Informationen keinesfalls nutzen soll-ten!

55 Vgl. SCHNEIDER (1997), S. 45.

56 Zahlungsunfähigkeit und drohende Zahlungsunfähigkeit stellen jedoch, neben der Überschuldung, Insolvenzgründe dar, sodass der Unternehmer stets seine Liquidität im Blick haben muss! Vgl. §§ 16-19 InsO.

3.1 Wiederholungen zur Kosten- und Erlösrechnung

Im Dokument Internes Rechnungswesen (Seite 27-35)