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Internationale wirtschaftliche Rahmenbedingungen

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Entwicklung einer Forschungsstruktur im Rahmen des Syndromkonzepts: Fallbeispiel Sahel-Syndrom

Fragenkomplex 3: Internationale wirtschaftliche Rahmenbedingungen

Sowohl nationale als auch internationale ökono-mische Trends bzw. Rahmenbedingungen (z.B. die Globalisierung der Märkte, die internationale Ver-schuldung, das Welthandelssystem) können inner-halb des Sahel-Syndroms eine wesentliche Ursache der Marginalisierung von Gruppen darstellen. Daher ist es für die Vermeidung des syndromspezifischen Teufelskreises wichtig zu erkennen, welche Rolle ökonomische Trends und Rahmenbedingungen in sozialen Marginalisierungsprozessen spielen und welche Bedingungen zur Vermeidung bzw. Anpas-sung an die spezifischen Probleme notwendig sind.

Deutschland besitzt aufgrund seiner Rolle in der Weltwirtschaft sowohl eine besondere Verantwor-tung (R4) als auch eine wichtige Position bei der Ge-staltung dieses Themas in einem entsprechenden Forschungsprogramm.

Unangepaßte nationale Wirtschaftspolitik ist im Sahel-Syndrom meist dadurch charakterisiert, daß sie

– entweder zu stark auf die ökonomische Existenz-sicherung der städtischen Bevölkerung und zu we-nig an den Problemen der landwirtschaftlichen Produzenten orientiert ist;

– einseitig auf exportorientierte Monokulturen setzt und die Ernährungssicherung über die Ent-wicklung einer heimischen Landwirtschaft ver-nachlässigt;

– aufgrund fehlerhafter Anreizstrukturen boden-schonende Bewirtschaftungsformen verhindert.

Viele dieser Faktoren werden durch die interna-tionale Einbindung verstärkt: durch die Blockade der landwirtschaftlichen Entwicklung durch Importe aus Ländern mit hochsubventionierter Landwirt-schaft, durch eine Kurzfristorientierung aufgrund ho-her Verschuldung, durch die Bindung der Kreditver-gabe an bestimmte Entwicklungsparadigmen und entsprechende Entscheidungskriterien internationa-ler Institutionen (z. B. Strukturanpassungsprogram-me).

149 Fragenkomplex 3: Internationale wirtschaftliche Rahmenbedingungen C 6.3.3

Im wesentlichen läßt sich die hierfür notwendige Forschung folgenden Kategorien zuordnen:

• Untersuchungen zu den Determinanten landwirt-schaftlicher Produktion in den Entwicklungslän-dern. Agrarökonomische Forschung läuft auf-grund ihrer disziplinären Orientierung oft Gefahr, soziale, kulturelle oder ethnische Faktoren zu ver-nachlässigen, obwohl diese für die regionale Wirt-schaftsentwicklung in der Regel sehr wichtig sind (I3). Die bestehenden Forschungsansätze unter-scheiden sich zudem in dem Grad der Berücksich-tigung weltwirtschaftlicher Strukturen. Hier wäre an integrative Ansätze anzuknüpfen, wie sie z.B.

am Institut für Agrar- und Sozialökonomie in den Tropen und Subtropen an der Universität

Hohen-heim durch die Integration über vier Fachgebiete hinweg erreicht wird (I6).

• Analyse globaler Wirtschaftsstrukturen als Voraus-setzung für die Verbesserung der sozioökonomi-schen Bedingungen in Entwicklungsländern. Der Dispositionsraum des Sahel-Syndroms zeigt, daß die meisten potentiell oder aktuell betroffenen Gebiete in Entwicklungs-, Schwellen- oder Trans-formationsländern liegen. Die Degradationspro-zesse werden von globalen Wirtschaftsstrukturen teilweise erheblich beeinflußt. Aufgrund einer bis-lang dominierenden Segmentierung der ökonomi-schen und sozialen Forschung zu diesen Fragen ist hier eine verstärkte Integration dringend erfor-derlich. Temporäre Verbünde (I7) sowie entspre-150 C 6 Fallbeispiel Sahel-Syndrom

Systemanalyse des Sahel-Syndroms (Beziehungsgeflecht, Disposition)

Internationale wirtschaftliche

Rahmen-bedingungen

Bestands-aufnahme

Alternativen

I4: Modellierung und

Simulation I1:

Raumbezug

I3: Sozio-kulturelle

Strukturen Handlungsoptionen

der betroffenen Bevölkerung

Allgemeine wirtschaftliche Determinanten

Verhaltens-systematisierung

Empirische Regionalforschung Der

regionale Klimawandel

Untersuchung der

Süßwasser-verknappung

Untersuchung der Rückwirkungen

auf Bodenerosion

Betriebs-wirtschaftliche Determinanten 2. Bestimmung von

Fragenkomplexen

3. Definition der Forschungsinhalte

4. Berücksichtigung der Integrationsprinzipien 1. Identifizierung und Analyse

des Syndroms

Abbildung 12

Grundstruktur des Forschungsnetzwerkes zur Bearbeitung zentraler Fragestellungen für das Sahel-Syndrom.

Die Felder 1 - 4 stehen für die methodische Abfolge bei der Entwicklung des Forschungsnetzwerkes „Sahel“. Die schwarzen Pfeile repräsentieren die hierarchische Koordination im Forschungsnetzwerk. Die Farben der

Fragenkomplexe entsprechen denen in Abbildung 8. Die farbigen Verbindungslinien im vierten Feld stehen für die Integrationsprinzipien, die bei der Entwicklung des Sahel-Forschungsnetzwerkes berücksichtigt und über die einzelnen Forschungsfragen hinweg einheitlich angewandt werden müssen.

Quelle: WBGU

chende Förderstrukturen (I8) für gemeinsame Projekte aus den beiden Forschungsrichtungen könnten der deutschen GW-Forschung hierbei neue Impulse geben. Denkbar wäre dabei z.B.

eine Kooperation zwischen einem der Wirtschafts-forschungsinstitute, dem Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE, Berlin) und dem For-schungsinstitut der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (Bonn). Möglichkeiten für Ver-bünde oder Programme können sich u.a. aus der Institutionenökonomie oder der evolutorischen Ökonomie ergeben, welche (welt-)wirtschaftliche Mechanismen im Kontext sozialer und kultureller Institutionen untersucht.

• Empirisch ausgerichtete Regionalforschung. Zu ei-ner ganzen Reihe von Ländern, in denen das Sa-hel-Syndrom bereits ausgebrochen ist (vor allem aus der Sahelzone selbst), liegen Fallstudien zu den sozioökonomischen und soziokulturellen Be-dingungen für Ausbruch und Verlauf der „Krank-heit” vor. Hier wären viele Institute deutscher Universitäten zu nennen, insbesondere der Geo-graphie, der Agrarökonomie und der Entwick-lungssoziologie. Zukunftsorientierte globale Um-weltforschung kann hier an den bereits vorhande-nen Einzeluntersuchungen anknüpfen. Darauf aufbauend müssen zukünftig disziplinäre Grenzen bei regionalspezifischen Betrachtungen und die getrennte Betrachtung von regionalen und globa-len Wandlungsprozessen überwunden werden.

6.4

Organisatorische Schlußfolgerungen

Die enge inhaltliche Verknüpfung der diskutier-ten Fragestellungen erfordert die abgestimmte Bear-beitung der einzelnen Fragenkomplexe. Der Beirat hält daher die Einrichtung eines Forschungsnetz-werks unter Federführung einer Trägergesellschaft für dringend notwendig, um die ausreichende Koor-dination der Arbeit in den verschiedenen Program-men und Instituten zu gewährleisten. Die Grund-struktur des einzurichtenden Sahel-Forschungsnetz-werks ist in Abbildung 12 wiedergegeben. Neben ei-ner hierarchischen Koordination (Abbildung 8, schwarze Pfeile) ist insbesondere auf einheitlich ge-staltete analytische und methodische Integrations-prinzipien zu achten. So sollten etwa die Modellie-rungs- und Simulationsmethoden zur Rolle der inter-nationalen Wirtschaftsstrukturen mit denen zur Un-tersuchung des Optionsspielraums der marginalisier-ten Bevölkerung ebenso kompatibel sein, wie mit den Methoden der regionalen Klimamodellierung.

Ähnliches gilt für die anderen Prinzipien (soziokul-turelle Strukturen und Prozesse, Raumbezug etc.).

Dies macht die Einrichtung eines Forschungsnetz-werks erforderlich, wobei z.B. die GTZ in die Träger-gesellschaft einbezogen werden könnte. Die Struktur des Netzwerks sollte sich an den angesprochenen Verknüpfungen zwischen den jeweiligen Forschungs-inhalten orientieren, deren Ableitung in Abbildung 12 in den Schritten 1-4 zusammengefaßt ist. Diese durch die Berücksichtigung der Integrationsprinzi-pien resultierenden Verknüpfungen sind durch die Verbindungsnetze im vierten Schritt dargestellt.

151 Organisatorische Schlußfolgerungen C 6.4

7

7.1

Besonderheiten des Problemlösungsprozesses In Kap. B des Gutachtens wurden Stand und Lük-ken der Forschung zu globalen Umweltproblemen gemäß den einzelnen Bereichen der Natur- und An-throposphäre dargestellt. Neben diesen spezifischen Forschungsfragen zu konkreten inhaltlichen Proble-men des Globalen Wandels müssen jedoch auch Fra-gen zum Problemlösungsprozeß selbst berücksichtigt werden.

Forschung zu umweltpolitischen Entscheidungs-prozessen bezog sich bisher hauptsächlich auf Pro-bleme nationaler Umweltpolitik. Zwar sind Erkennt-nisse hieraus auch für den umweltpolitischen Ent-scheidungsprozeß im internationalen und globalen Rahmen von Bedeutung, jedoch ist die Sachlage deutlich komplexer. Globale Probleme sind oft lang-fristiger Art, was größere Schwierigkeiten für Dia-gnose und ProDia-gnose mit sich bringt. Dadurch erge-ben sich besondere Anforderungen an Frühwarnsy-steme und Planungsinstrumente, aber auch an For-schungsmethoden und -instrumente. Globale Proble-me sind zudem deutlich komplexer als nationale Umweltprobleme, was sich auf den Prozeß der politi-schen Konsensfindung und auf die Wahl der Instru-mente auswirkt. Nicht zuletzt sind auch die Zielkon-flikte international in aller Regel schwerer zu lösen als national, bedingt durch Unterschiede in Kultur, Religion, vor allem aber des Entwicklungsstands.

Forschungsmethoden und -ansätze zur nationalen Umweltpolitik sind daher so anzupassen, daß sie auch auf die Elemente des Entscheidungsprozesses zu globalen Umweltveränderungen angewendet werden können. Dazu wird hier nicht auf einzelne Disziplinen abgestellt. Es geht vielmehr darum, die Elemente des Problemlösungsprozesses zu struktu-rieren und dann zu fragen, welche Disziplinen hierzu schon beigetragen haben bzw. im Rahmen einer in-terdisziplinären Forschung verstärkt beitragen soll-ten.

Folglich ist zunächst zu prüfen, welche Ergebnisse bereits vorliegen und welche Ergänzungen

erforder-lich sind. Folgende Elemente eines Problemlösungs-prozesses lassen sich unterscheiden:

• Problemaufbereitung. Der Problemlösungsprozeß zum Globalen Wandel beginnt mit der Problem-analyse, d.h. der Identifizierung von Ursachen und Wirkungen sowie der Abschätzung zukünftiger Entwicklungen (Prognose). Angesichts der Kom-plexität der hier zu erforschenden Sachverhalte und der dafür notwendigen integrierten For-schungsansätze bedarf es daher für die Problem-beschreibung und -erklärung sowie für die Pro-gnose einer entsprechenden Methodik, wie z.B.

der Systemforschung (Kap. C 7.2).

• Leitbilder und Ziele. Im Anschluß an die Problem-analyse sind Leitbilder und Ziele zu definieren.

Ein besonderes Defizit sieht der Beirat in der Leitbildforschung, die auf das Konzept der nach-haltigen Entwicklung auszurichten und mittels entsprechender Handlungsmaximen und Indika-toren zu konkretisieren ist (Kap. C 7.3).

• Träger. Eine Politik zur Beeinflussung globaler Umweltveränderungen bedarf entsprechender Träger auf verschiedenen Ebenen (global, regio-nal, natioregio-nal, lokal). Da auf der zwischenstaatli-chen Ebene souveräne Staaten agieren, bedürfen vor allem die dort ablaufenden Entscheidungs-und Handlungsmechanismen besonderer Auf-merksamkeit. Die Problematik der Trägerkonstel-lation und eines effektiven Zusammenwirkens der Träger ist daher genauer zu untersuchen. Hierfür sind geeignete Methoden auszuwählen bzw. wei-terzuentwickeln, so z.B. die Spieltheorie (Kap. C 7.4).

• Instrumente. Die Durchsetzung der Ziele erfolgt mittels der im Rahmen globaler Umweltpolitik zur Verfügung stehenden bzw. zu entwickelnden Instrumente. Diese sind hinsichtlich ihrer Durch-setzbarkeit und Wirksamkeit zu untersuchen und fortzuentwickeln. Insbesondere ist dabei For-schung zu übergreifenden Instrumenten, etwa den Konventionen erforderlich, aber auch zu den in ih-rem Rahmen wirksamen Teilinstrumenten (Kap.

C 7.5).

Vertikale Integration: Forschung zum Problemlösungsprozeß des

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