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Internationale Aktivitäten der sachsen-anhaltischen Hochschulen

2. Analyse der Außenwirtschaft Sachsen-Anhalts und ihrer strukturellen

2.3. Internationale Aktivitäten der sachsen-anhaltischen Hochschulen

64. Die Hochschulen Sachsen-Anhalts verfügen über zahlreiche Kooperationsabkommen mit ausländi-schen Hochschulen, die meisten davon in Europa. Geregelt werden mit diesen Abkommen insbe-sondere der Austausch von Studierenden und Dozenten sowie projektbezogene Kooperationen von Lehrstühlen, Instituten und Fachbereichen. Auch übergreifende Partnerschaftsabkommen mit Hochschuleinrichtungen im Ausland werden abgeschlossen.

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Mrd. Euro

Tausende

Veränderung

Polen Italien Frankreich

Tschechische Republik Niederlande

Österreich

Vereinigtes Königreich Belgien

Volksrepublik China

Vereinigte Staaten von Amerika

Abbildung 15: Länder mit den meisten Kooperationsabkommen der Hoch-schulen Sachsen-Anhalts

Quelle: Staatskanzlei Sachsen-Anhalt (Stand: 12.03.2013)

65. Einige Partnerschaften haben sich auch in der Anzahl ausländischer Studierender an sachsen-anhaltischen Hochschulen niedergeschlagen, die von rund 3.000 im Jahr 2002 auf etwa 5.200 im Jahr 2011 gestiegen ist.1 Damit erreicht Sachsen-Anhalt eine Quote von ausländischen Studieren-den von 8,4 Prozent (2011) und liegt damit nur etwas unterhalb des bundesweiten Durchschnitts von 9,5 Prozent.2

66. Im Folgenden werden einige Kooperationen zwischen sachsen-anhaltischen und ausländischen Hochschulen dargestellt, die auch im Zusammenhang mit außenwirtschaftlichen Aktivitäten ge-nutzt werden könnten und daher von Bedeutung sind.

67. Das Projekt German-Jordanian University (GJU) wird seit 2004 von der Hochschule Magdeburg-Stendal getragen. Sie ist federführend für den Aufbau der GJU verantwortlich, wobei sie von ei-nem Konsortium weiterer deutscher Fachhochschulen unterstützt wird. Die Finanzierung erfolgt maßgeblich durch den Bund und den Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) unter

1 Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt (abgerufen: 12.03.2013).

2 Statistisches Bundesamt, Fachserie 11, Reihe 4.3, Bildung und Kultur – Nichtmonetäre hochschulstatisti-sche Kennzahlen, 2012.

Beteiligung des Landes Sachsen-Anhalt. Ziel ist der Aufbau einer staatlichen jordanischen Hoch-schule, die sich an der praxis- und anwendungsorientierten Lehre deutscher Fachhochschulen ori-entiert. Die GJU zeichnet sich durch eine hohe länderübergreifende Durchlässigkeit aus. Ein Vier-tel der Lehrenden stammt aus Deutschland. Zudem verbringen die Studierenden eines der fünf Studienjahre in Deutschland (durch Stipendien unterstützt), davon ein halbes Jahr an einer deut-schen Partnerhochschule und ein halbes Jahr als Praxissemester in einem deutdeut-schen Unterneh-men. Für ihren Aufenthalt in Deutschland erlernen die Studierenden ab dem ersten Semester die deutsche Sprache. Bei der Gestaltung der Curricula und der Auswahl des wissenschaftlichen Per-sonals wird die GJU maßgeblich durch die deutschen Partnerhochschulen unterstützt.

68. Auch die Verzahnung mit der Wirtschaft wird durch das „Office of Industrial Links“ an der GJU aktiv betrieben. So bestehen auf Unternehmens- und Verbandsebene intensive Kontakte, die auch von den guten Beziehungen der IHK Magdeburg in Jordanien getragen werden. Auf deutscher Seite konnten bereits zahlreiche Unternehmen gewonnen werden, die den Studierenden der GJU für ihr Praxissemester in Deutschland ein Praktikum anbieten. Derzeit befindet sich darüber hin-aus ein deutsch-arabisches Kompetenzzentrum Erneuerbare Energien an der GJU in Jordanien im Aufbau. Daran beteiligt ist auch das Fraunhofer-Center für Silizium-Photovoltaik CSP (Halle). Ziel soll die technische Wegbereitung für deutsche Exporte in dem Bereich der erneuerbaren Energien in die Region sein.

69. Ein weiteres, ebenfalls in der Praxis bewährtes Beispiel für eine internationale Verknüpfung von Wissenschaft und Wirtschaft findet sich an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Dort besteht ein Kooperationsabkommen mit der Universität Voronezh in Russland zur länder- und fachübergreifenden Ausbildung von Studierenden im Studiengang Wirtschaftsgermanistik. Die russischen Studierenden beginnen das Studium in Russland, wo sie die deutsche Sprache erlernen.

Im Anschluss folgt ein Aufenthalt an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, wo das Cur-riculum vornehmlich durch betriebswirtschaftliche Themen ergänzt wird. Die Absolventen dieses kooperativen und länderübergreifenden Studiums bilden in Voronezh ein wichtiges Arbeitskräfte-potential für den Siemens-Konzern, der vor Ort ein eigenes Werk unterhält. Dieses Konzept ver-bindet eine internationale Zusammenarbeit im Hochschulsektor mit einer gezielten Ausrichtung auf die Anforderungen der Wirtschaft. Dieses Beispiel wird im Kapitel 6 nochmals aufgegriffen.

70. Ein weiterer Ansatz für eine erfolgreiche internationale Verknüpfung von Wissenschaft und Wirt-schaft stellt der Masterstudiengang "Membrane Structures" an der Hochschule Anhalt dar. Dieser ist am Institut für Membran- und Schalentechnologien als berufsbegleitendes Fernstudium ange-siedelt. Die Studierenden in diesem Studiengang kommen aus aller Welt und absolvieren regel-mäßige Präsenzphasen in Sachsen-Anhalt. Neben den Studierenden zieht das Institut auch Unter-nehmen an, die an Forschung und einer Zusammenarbeit interessiert sind. Regelmäßig werden die Studierenden auch direkt von der Industrie zum Studium entsandt. Die Altersstruktur der Studie-renden ist entsprechend breit gefächert.

71. Wie die Praxis zeigt, können die Hochschulen effiziente Beiträge zur Integration von ausländi-schen Studierenden leisten. Diese Integrationsarbeit zielt u. a. darauf ab, dass die Studierenden nach Beendigung des Studiums in der Region verbleiben und als Fachkräfte zur Verfügung stehen.

Internationale Fachkräfte können für die KMU in Sachsen-Anhalt erhebliche Beiträge zu deren Internationalisierung (Export, Import, Integration in internationale Wertschöpfungsketten) leis-ten. Ein erfolgreiches Beispiel für die Integrationsarbeit von Hochschulen stellt die Hochschule Magdeburg-Stendal dar. Diese hat im November 2012 eine Auszeichnung des Bundes für ihre ex-zellente Betreuung von ausländischen Studierenden erhalten. Die Auszeichnung wurde für eine Tutoreninitiative vergeben, bei der internationale Studierende ihr Heimatland vorstellen, ergänzt um eine wissenschaftliche Begleitung. Des Weiteren bietet die Hochschule eine Late Summer School an, die allen Studierenden offen steht und insbesondere internationalen Studierenden die Möglichkeit zur Netzwerkbildung eröffnen soll. Weitere Praxisbeispiele für die Betreuungs- und Integrationsarbeit von Hochschulen liefert die Hochschule Anhalt. Internationale Studierende werden bei ihrer Ankunft bereits am Bahnhof persönlich in Empfang genommen, und die Hoch-schule kümmert sich um die Unterkunft und viele weitere soziale Belange. Die HochHoch-schule profi-tiert ihrerseits durch eine überdurchschnittlich hohe Anzahl ausländischer Studierender.

72. In diesem Zusammenhang kommt auch der internationalen Alumni-Arbeit der Hochschulen eine große Bedeutung zu. Diese ist die Grundvoraussetzung, um später die internationalen Kontakte auch für Sachsen-Anhalt nutzen zu können. Denn nur wenn der Kontakt gehalten wird, können Hochschulen Unternehmen helfen, internationale Kontakte in den jeweiligen Herkunftsländern mit Hilfe der Alumni-Netzwerke nutzbar zu machen.1 Auch wenn es nicht gelingt, internationale Studierende in der Region zu halten, können auf diese Weise Unternehmen von ausländischen Absolventen der Hochschulen profitieren. Zwar haben die Hochschulen des Landes Sachsen-Anhalt umfangreiche Alumni-Netzwerke aufgebaut; das internationale Alumni-Management ist jedoch bislang noch lückenhaft, und es bedarf an den meisten Hochschulen des Landes weiterer Anstrengungen, die Kontakte aller ehemaligen Studierenden in Datenbanken zu erfassen. Dabei ist jedoch aus datenschutzrechtlichen Gründen das Einverständnis, diese Daten nutzen und auf An-frage von Unternehmen weitergeben zu dürfen, von hoher Bedeutung.

73. Zumeist werden diese Datenbanken über Kontaktveranstaltungen aufgebaut. Dies erklärt auch, weshalb bislang nur wenige internationale Absolventen, die nicht mehr in der Region leben, er-fasst sind. Aus den Experteninterviews geht hervor, dass es wesentlich einfacher ist, den Kontakt zu Alumni zu halten, die nach ihrem Aufenthalt in Sachsen-Anhalt im Bereich der Wissenschaft tätig sind. Demnach sind auch die Verbindungen zu Alumni, die in Sachsen-Anhalt promoviert haben, wesentlich stärker. Der Kontakt zu Alumni, die nach ihrem Studium in der privaten

1 Diese Möglichkeiten sind jedoch aufgrund der Datenschutzgesetze limitiert.

schaft eine Tätigkeit aufgenommen haben, kann dagegen nicht immer aufrechterhalten werden.

Allerdings finden sich ausländische Alumni sachsen-anhaltischer Hochschulen oftmals in politi-schen oder wirtschaftlichen Führungspositionen in ihren Heimatländern wieder.

74. Schließlich gibt es diverse Initiativen und Transferzentren sowie auch neue Konzepte, um den Kontakt zur Wirtschaft in Sachsen-Anhalt zu stärken. Beispielsweise hat die Hochschule Magde-burg-Stendal beim Ministerium für Wissenschaft und Wirtschaft ein Konzept eingereicht, bei dem sie eine aktive vertriebsähnliche Position einnimmt, um den Austausch und die Zusammenarbeit mit KMU aktiver und intensiver zu betreiben. Außerdem werden Kontaktmessen, Online-Portale (www.nachwuchsmarkt.de) und persönliche Beratung zur Vermittlung von Absolventen in sach-sen-anhaltische Unternehmen angeboten.

75. PwC gibt in Kapitel 6.2.9 konkrete Empfehlungen ab, wie die Alumniarbeit in Zukunft gestaltet werden sollte, damit auch die Unternehmen Sachsen-Anhalts von der Internationalität der Hoch-schulen stärker profitieren können als bisher.