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Die Insulinlike Peptid Familie umfasst derzeit 9 Mitglieder, nämlich PräproInsulin, -Relaxin, -Insulin-like Growth Faktor I (IGF I) und -Insulin-like Growth Faktor II (IGF II), -INSL3, -INSL4, -INSL5, –INSL6 und Relaxin-3 (INSL7) (Blundell und Humbel, 1980; Adham et al., 1993; Laurent et al., 1998; Conklin et al., 1999; Hsu, 1999, Lok et al., 2000, Bathgate et al., 2002).

Diese Proteine werden als Präpro-proteine synthetisiert. Das Signalpeptid vermittelt die Sekretion des Prohormons durch das endoplasmatische Retikulum und wird anschließend abgespalten. Unter dem Einfluss des Verbindungspeptids (C-Peptid) werden B- und A-Kette zueinander gefaltet. Es werden dann Disulfidbrücken zwischen B- und A-Kette und innerhalb der A-Kette ausgebildet. Schließlich wird das C-Peptid proteolytisch abgespalten. Im Proinsulin und Prorelaxin sind B-und A-Ketten durch ein langes C-Peptid voneinander getrennt (Abb. 1.1). Pro-IGF I und Pro-IGF II beinhalten zwischen B- und A-Kette nur ein kurzes C-Peptid, welches auch im aktiven Wachstumsfaktor vorhanden ist. Am C-terminalen Ende schließen sich zwei zusätzliche Domänen D und E an, wovon nur die E-Domäne während des Reifungsprozesses abgespalten wird (Blundell und Humbel, 1980). Anhand der Aminosäuresequenzen für das aktive Insulin, Relaxin und IGF I und II und den Vergleichen mit der aus der cDNA abgeleiteten Aminosäuresequenz des PräproINSL3, INSL4, INSL5, INSL6 und -INSL7 ist es möglich, den Reifungsprozess dieser Hormone nachzuvollziehen. Die Lokalisierung von B- und A-Kette am C- bzw. N-Terminus und die Anwesenheit eines langen C-Peptids lassen vermuten, dass die posttranslationale Modifikation des Pro-INSL3, -INSL4, -INSL5 und -INSL6 der des Insulins bzw. Relaxins entspricht und die Struktur der aktiven Hormone ähnlich der von Insulin bzw. Relaxin ist (Adham et al., 1993; 1996). Zur Abklärung dieser Annahme müssten die aktiven INSL3-, INSL4-, INSL5- und INSL6-Faktoren isoliert und sequenziert werden.

Abb. 1.1: Schematische Darstellung der Präprohormone einiger Mitglieder der Insulin-Superfamilie.

Die Präprohormonformen von humanem Insulin (B) (Bell et al., 1979), Relaxin (C) (Hudson et al., 1983) IGF I (D) (Jansen et al., 1983) IGF II (E) (Bell et al., 1984), (F) Insl4 (Chassin et al., 1995), (G) Insl5 (Conklin et al., 1999) und (H) Insl6 (Lok et al., 2000) des Menschen im Vergleich zum PräproInsl3 (A) (Burkhardt et al., 1994a). Die verschiedenen Abschnitte der Polypeptidketten sind gekennzeichnet. Das Signalpeptid ist als hellgrauer Balken, A- und B-Kette sind als dunkelgraue Balken und das C-Peptid sowie die zusätzlichen Dömanen C/D/E von IGF I und IGF II sind als offene Balken dargestellt. Die Anzahl der Aminosäuren dieser Bereiche wird jeweils in Klammern angegeben.

Beim Vergleich der Sequenzen der Prohormone findet man Sequenz-Ähnlichkeiten in dem Bereich von B- und A-Kette. Alle Mitglieder dieser Familie haben 6 konservierte Cysteine, welche die Bildung von zwei Disulfidbrücken zwischen B- und A-Kette und einer innerhalb der A-Kette ermöglichen. Das C-Peptid weist keine Sequenz-Ähnlichkeiten zwischen den Mitgliedern der Familie auf.

Anhand der Sequenzvergleiche zwischen den B- und A-Ketten aller Insulin-ähnlichen Peptide bei Mensch, Schimpanse, Rhesusaffe, Schwein, Maus, Ratte, Wallaby, Fugu-Fisch, Zebrafisch, Regenbogenforelle, Wasserfrosch und zwei afrikanischen Krallenfroscharten wurde die phylogenetische Abstammung dieser Gene bestimmt (Abb. 1.2).

Abb. 1.2: Vereinfachtes Evolutionsschema der Relaxin ähnlichen Peptid Familie.

Die Expressionsanalyse für die verschiedenen Mitglieder der Insulin-ähnliche Familie zeigte, dass IGF I, IGF II und Relaxin ubiquitär exprimiert werden. Im Gegensatz dazu zeigen Insulin, INSL3 und INSL4 gewebespezifische Expression. Das Insulingen wird in prä- und postnatalen β-Zellen des Pankreas exprimiert. Die Untersuchung der räumlichen und zeitlichen Expressionsmuster des Insl3-Gens bei der Maus haben ergeben, dass das Insl3-Gen spezifisch in den prä- und postnatalen Leydigzellen des Testis und in wesentlich geringerem Ausmaß in den Thekazellen des postnatalen Ovars exprimiert wird (Zimmermann et al., 1997; Balvers et al., 1998). Die Expression von

insbesondere im Verdauungstrakt exprimiert (Conklin et al., 1999) und die Expression von INSL6 konnte speziell im Testis nachgewiesen werden (Lok et al., 2000).

Insulin ist in die Regulation des Glukose-Metabolismus involviert. Relaxin ist multifunktionell und u.a. bei der Regulation des Uterustonus, bei der Wachstumsstimulation von reproduktiven Geweben sowie bei Kollagenremodulierungsprozessen beteiligt (Sherwood et al., 1994; Sherwood, 2004).

Ferner besitzt es nicht-reproduktive Funktionen. Es spielt bei der Heilung von Wunden, bei Antworten auf Allergene eine Rolle und bietet Schutz vor kardialen Erkrankungen.

Die Funktion des Insl3-Gens konnte durch die Deletion des Insl3-Locus mittels homologer Rekombination und die Herstellung von homozygoten knock-out Mäusen ermittelt werden. Weibliche Tiere sind in ihrer reproduktiven Kapazität durch den Verlust des Insl3-Gens nicht betroffen. Bei männlichen Tieren besteht ein bilateraler Kryptorchismus (Zimmermann et al., 1999; Nef und Parada, 1999). Histologische Untersuchungen bei Insl3-/-Embryonen haben gezeigt, dass die Entwicklung des Gubernaculums ausbleibt. Das Gubernaculum ist das caudale Ligament, das die Gonaden mit dem Inguinalkanal verbindet. Die abdominale Lage der Testes bei Insl3-defizienten Mäusen führt sekundär zur Schädigung des Keimepithels in den Tubuli seminiferi, wobei die Keimzellreifung auf der Stufe der primären Spermatozyten arretiert wird. Der Kryptorchismus ist mit 3 bis 5% die häufigste Störung der Sexualentwicklung bei Jungen (Toppari und Kaleva, 1999). Bei den behandelten Männern ist das Risiko für Infertilität und Hodenkrebs erhöht (Pike et al., 1986; Strader et al., 1988; Whitaker, 1988; Møller et al., 1996).

Der Descensus testis findet während der Embryonalentwicklung statt. Während der frühen Embryonalentwicklung sind die Gonaden ventrolateral zu den Nieren lokalisiert und mit dem cranialen suspensorischen Ligament (CSL) und dem Gubernaculum verbunden. Die unterschiedliche Position der Testes und der Ovarien in adulten Tieren ist das Ergebnis der sexualdimorphen Entwicklung dieser Ligamente. Die Regression des CSL und das Wachstum des Gubernaculums verursachen den Descensus testis.

Das auch als Early-Placenta Insulin-like Peptide (EPIL) oder Placentin bezeichnete Insulin-Like Peptid 4 (INSL4) wird nur bei den Primaten exprimiert. Es gilt als wahrscheinlich, dass sich INSL4 vor dem Duplikationsereignis, welches zur Entstehung zweier Relaxin-Gene innerhalb der Familie der Hominidae führte, von dem Vorläufer-Relaxin-Gen abgespalten hat. Die Funktion dieses Peptids ist noch nicht bekannt, aber

aufgrund der INSL4-Expression in den frühen Stadien der Plazentaentwicklung wird vermutet, dass dieses Peptid eine Rolle bei der Plazentaentwicklung spielt. Anhand von Analysen in den EST-Banken wurden die Insulin-Like Peptide 5 (INSL5) und 6 (INSL6) wegen ihrer konservierten Cystein-Motive als insulinähnliche Peptide identifiziert. Sowohl INSL5- als auch INSL6-Peptid zeigen höherer Sequenz-Ähnlichkeit zu Relaxin als zu Insulin. Ihre Funktionen konnten bisher noch nicht charakterisiert werden.

Die physiologische Wirkung der Insulin-ähnlichen Faktoren sollte über eine Signalkaskade vermittelt werden, bei der die Bindung der Liganden an einen Rezeptor zur Anschaltung der Signalübertragung führt. Bislang ist lediglich die Primärstruktur der Rezeptoren für Insulin, Insulin related, IGF I und IGF II bekannt (Ullrich et al.

1985; 1986; Morgan et al. 1987; Shier und Watt 1989). Da die ausbleibende Entwicklung des Gubernaculums als einzige Fehlbildung in Insl3-defizienten Mäusen und in Lgr8-trapped Mäusen identifiziert werden konnte, ist die Annahme gerechtfertigt, dass der Lgr-Rezeptor der Rezeptor für das Insl3-Hormon ist (Bogatcheva et al., 2003). Die normale Gubernaculumentwicklung bei weiblichen Lgr -/-Mäuse, bei denen das Insl3 während der pränatalen Entwicklung überexprimiert ist, bestätigt die Wechselwirkung des Insl3-Hormons mit dem Lgr8-Rezeptor (Agoulnik et al., 2003). Die ausbleibende Entwicklung der Mamillen bei Relaxin- und Lgr7-defizienten Weibchen deuten daraufhin, dass Lgr7 der Rezeptor für Relaxin ist (Krajnc-Franken et al., 2004). Lgr7 und Lgr8 gehören zur Subfamilie der G-Protein-gekoppelten Rezeptoren (LGR), die auch LH-, FSH- und TSH-Rezeptoren umfasst (Hsu et al., 2000).