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Informatikdidaktische Kompetenzen

Im Dokument Frühe informatische Bildung – (Seite 193-199)

Nadine Bergner, Hilde Köster, Johannes Magenheim, Kathrin Müller, Ralf Romeike, Ulrik Schroeder, Carsten Schulte

CS ICT DL 5 Solve problems by

4 Zieldimensionen auf Ebene der pädagogischen Fach- und Lehrkräfte

4.4 Informatikdidaktische Kompetenzen

Wie in Kapitel 4 eingangs bereits beschrieben, werden wir uns bei der Darstel-lung der fachdidaktischen Kompetenzerwartungen in den Zielvereinbarungen für pädagogische Fach- und Lehrkräfte an dem PCK-Konzept von Shulman und den entsprechenden Umsetzungen in der Mathematikdidaktik orientieren . Von zent-raler Bedeutung in diesem Abschnitt sind aber die in jüngster Zeit in der

fach-didaktischen Forschung der Informatik entwickelten Konzepte und Modelle . Wir werden sie an dieser Stelle etwas ausführlicher darstellen und in den folgenden Unterabschnitten des Kapitels in eher knapper Form im Hinblick auf die jeweiligen Kategorien und den spezifischen Kontext der Bildung im Elementar- und Primar-bereich spezifizieren .

Mit den informatikdidaktischen Kompetenzen werden jene Fähigkeiten von Lehrkräften beschrieben, ihre fachwissenschaftlichen Kompetenzen in eine für die Lernenden ihrer Zielgruppe effektive Gestaltung von Unterricht und von Lernsze-narien umzusetzen . In der Lehrerausbildung werden daher fachwissenschaftliche, fachdidaktische und praxisorientierte Ausbildungsphasen eng miteinander ver-zahnt . Dabei gehen fachwissenschaftliche Phasen den fachdidaktischen Phasen zumeist voraus, da die fachdidaktische Aufbereitung von informatischen Inhalten entsprechende Fachkenntnisse voraussetzt . Allerdings ist das nicht als linearer und einseitiger Prozess zu verstehen . Auch das situative Lernen fachlicher Inhalte in fachbezogenen Lernszenarien in der Bildung im Elementar- und Primarbereich kann für pädagogische Fach- und Lehrkräfte zum Erwerb von fachlicher und fach-didaktischer Kompetenz beitragen . Dies gilt es bezüglich der Organisation von Lernszenarien für diese Zielgruppe im Auge zu behalten .

Shinners-Kennedy und Fincher (2013) weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die fachliche Reflexion eines wichtigen informatischen Gegen-standsbereichs durch Lehrkräfte, deren subjektive Sichtweisen auf diesen und mit ihm zusammenhängende Gegenstandsbereiche verändern kann . Sie machen das an den ‚Big Ideas‘ des Faches Informatik deutlich und verwenden dabei die Idee der ‚Threshold Concepts‘ von Meyer und Land ( 2005):

„It represents a transformed way of understanding, or interpreting, or viewing something without which the learner cannot progress . As a con-sequence of comprehending a threshold concept there may thus be a transformed internal view of subject matter, subject landscape, or even world view“ (Meyer & Land 2005, S . 1) .

Schwill hat mit seinem Konzept der fundamentalen Ideen der Informatik Kriterien zur Identifikation derartiger ‚Big Ideas‘ geliefert, die gleichzeitig als Kategorien zur Auswahl geeigneter Lerninhalte dienen können: Horizontalkriterium (Fachin-halt ist auf unterschiedlichen kognitiven Niveaustufen erschließbar), Vertikalkrite-rium (Fachinhalt ist in vielen Teildisziplinen des Faches Informatik relevant), Zeit-kriterium (Fachinhalt ist über einen längeren Zeitraum von Bedeutung für das Fach Informatik), Sinnkriterium (Fachinhalt lässt sich über die Erfahrung der Zielgrup-pe in ihrer Alltagswelt erschließen) und Zielkriterium (Fachinhalt erschließt einen Bezug zu aktuellen Forschungsfragen des Faches Informatik) (Schwill, 1993) . Für

Lernszenarien mit Kindern in der Grundschule und im Kindergarten, aber auch für die pädagogischen Fach- und Lehrkräfte sollten Inhalte vor allem im Hinblick auf das Sinnkriterium mit seinem Alltagsbezug ausgewählt werden . Ferner sollte bei dieser Zielgruppe neben der fachlichen Bedeutung des Themas vor allem auch sein Beitrag zur Allgemeinbildung berücksichtigt werden . Zur Beurteilung dieses Aspekts können Kriterien von Klafki (1993) sowie Bussmann und Heymann (1987) herangezogen werden . Klafki schlägt u . a . die folgenden Kriterien vor: (sinnvolle) Bildung für alle, alle menschlichen Fähigkeitsdimensionen betreffend, ein epoch-altypisches Schlüsselproblem betreffend, problemorientiert, sachbezogenes und soziales Lernen verbindend . Bussmann und Heymann benennen als Kriterien für die Allgemeinbildung: Lebensvorbereitung, Stiftung kultureller Kohärenz, Weltori-entierung, Anleitung zum kritischen Vernunftgebrauch, Entfaltung von Verantwor-tungsbereitschaft, Einübung in Verständigung und Kooperation sowie Stärkung des Schüler-Ichs .

Buchholz, Saeli und Schulte (2013) schlagen im Sinne von Shinners-Kenne-dy und Fincher (2013) sowie Saeli (2012) jeweils ein für einen bestimmten Inhalt spezifiziertes PCK-Modell für den Kompetenzerwerb von Informatiklehrkräften vor . Während Saeli am Beispiel der Programmierung zeigt, wie Lehrkräfte pädagogische Fachkompetenzen erwerben können, gehen Buchholz, Saeli und Schulte allgemei-ner vor und verwenden das empirische Instrument CoRe (Content Representation), um das PCK einer fundamentalen Idee zu identifizieren . Mit diesem Instrument sol-len mittels geeigneter Fragestellungen sowohl die Begründung für die Auswahl des entsprechenden Inhalts als Lerngegenstand erfolgen als auch die Art und Weise be-schrieben werden, wie es in einem Lernszenario vermittelt werden kann .

„CoRe involves the following series of questions:

1 . What do you intend the students to learn about this Big Idea?

2 . Why is it important for the students to know this Big Idea?

3 . What else do you know about this Big Idea (and you don’t intend stu-dents to know yet)?

4 . What are the difficulties/limitations connected with the teaching of this Big Idea?

5 . Which knowledge about students’ thinking influences your teaching of this Big Idea?

6 . Which factors influence your teaching of this Big Idea?

7 . What are your teaching methods (any particular reasons for using the-se to engage with this Big Idea)?

8 . What are your specific ways of assessing students’ understanding or confusion around this Big Idea?“ (Buchholz et al ., 2013, S . 10)

Die auf ein spezifisches Informatikthema bezogenen Fragen tangieren zugleich wichtige pädagogische Handlungsfelder unterrichtlicher Praxis, die es im Sinne eines PCK-bezogenen Kompetenzerwerbs zu reflektieren gilt . Durch Theorie-Pra-xis-Verzahnung und dem Sammeln von unterrichtspraktischer Erfahrung kann durch einen zyklischen Prozess reflektierter Praxis auf der Basis von fachwissen-schaftlicher und fachdidaktischer Theorie von Informatik-Lehramtsstudierenden ein vertieftes PCK erworben werden, das über rein oberflächlich formale Festle-gungen zur medialen und methodischen Gestaltung von Lernszenarien hinaus-geht . Basierend auf diesen theoretischen Überlegungen und mittels in einer Lehr-veranstaltung der Informatiklehrerausbildung gewonnener empirischer Daten schlagen die Autoren ein zweidimensionales PCK-Entwicklungsmodell vor .

Die eine Dimension bezieht sich auf die didaktisch-methodische Entschei-dungsebene, die mit den oben zitierten Fragestellungen erschlossen werden kann, und ist nach drei Teilbereichen gruppiert:

■ Lehren (was? warum? inhaltliche Tiefe?)

■ Lernen (Vorwissen der Lerner, Auswertungsmethoden)

■ andere Faktoren (Lehrmaterial, institutionelle Bedingungen, inhaltsbezoge-nes methodisches Arrangement)

Die zweite Dimension stellt eine Gradierung der Fähigkeiten in den verschiedenen Bereichen der ersten Dimension auf 3 Stufen dar, wobei auf Stufe 3 jeweils ein hohes Reflexionsniveau unter Berücksichtigung von fachwissenschaftlichen und fachdidaktischen Konzepten und Praxisbezügen erwartet wird (Buchholz et al ., 2013, S . 15; siehe Abbildung 40) .

Level Teaching nexus Learning nexus Other

Abbildung 40. Vorläufiges Kompetenzmodell (Buchholz et al., 2013, S. 15)

Einen weiteren Bezugspunkt für die Darstellung informatikdidaktischer Kompe-tenzen von Lehrkräften liefert das im BMBF-Projekt KUI ‚KompeKompe-tenzen für das Un-terrichten in Informatik‘ entwickelte Kompetenzmodell (Hubwieser et al ., 2013) . Ausgehend von einem aus dem ‚Darmstädter Modell‘ (Hubwieser et al ., 2011) hergeleiteten Kategoriensystem, das als informatikbezogene Weiterentwicklung der lerntheoretischen Modelle zur Unterrichtsplanung entstand (‚Berliner Modell‘

(Heimann, Otto & Schulz, 1979); Hamburger Modell (Schulz, 1997)), wurde zu-nächst ein Kompetenzstrukturmodell normativ-deduktiv hergeleitet . Dies geschah anhand der qualitativen Inhaltsanalyse (Mayring, 2010) von Ausbildungscurricula von Informatik-Lehramtsstudiengängen vor allem an deutschen, aber auch aus-ländischen Universitäten und von einschlägiger fachdidaktischer Literatur . Das so entwickelte Kompetenzstrukturmodell wurde im Anschluss mit Hilfe von Experten-interviews nach der ‚Critical Incident Methode‘ (vgl . Hettlage & Steinlin, 2006) empirisch ausdifferenziert und überprüft . In einem weiteren Schritt wurde ein Messinstrument entwickelt und eingesetzt, das mit Daten aus unterschiedlichen Zielgruppen (erfahrene Informatiklehrerinnen und -lehrer, Studienreferendarin-nen und -referendare, Informatik-Lehramtsstudierende) einerseits Hinweise auf die entsprechende Expertise der befragten Gruppen lieferte, andererseits aber auch Gelegenheit bot, die Validität des zugrunde liegenden Kompetenzmodells zu überprüfen (Hubwieser et al ., 2013) . Zwar sind Kompetenzmodell und zuge-höriges Messinstrument auch hier wiederum primär für Informatiklehrkräfte im

schulischen Sekundarbereich entwickelt worden, die im Kompetenzstrukturmo-dell enthaltenen Kategorien, können aber auch ,entsprechend kontextuell adap-tiert, wichtige Hinweise für Kompetenzerwartungen der pädagogischen Fach- und Lehrkräfte im (schulischen und außerschulischen) Elementar- und Primarbereich liefern . Als Ergebnis der normativ-deduktiven Analysen ergab sich ein zweidimen-sionales Kompetenzstrukturmodell, das später aus Gründen der Praktikabilität bei der empirischen Verfeinerung noch etwas reduziert wurde (vgl . Abbildung 41) . Die ursprünglichen Kategorien des Modells sind:

■ Dimension 1: Pädagogische Handlungsfelder (FPO: Fields of Pedagogical Operation) mit den Subkategorien

■ FPO 1 (Vorbereitung und Planung des Unterrichts)

■ FPO 2 (Pädagogisches Handeln im Informatikunterricht) und

■ FPO 3 (Evaluation und Bewertung des Unterrichts) .

■ Dimension 2: Aspekte des Lehrens und Lernens (ATL: Aspects of Teaching and Learning) mit 15 Subkategorien, die wiederum in 5 Gruppen unterteilt sind:

■ Gruppe 1: inhalts- und curriculumbezogene Aspekte

■ Gruppe 2: Lehrmethoden und Mediengebrauch

■ Gruppe 3: lernerbezogene Aspekte

■ Gruppe 4: lehrerbezogene Aspekte

■ Gruppe 5: Aspekte des Bildungswesens .

FPO 1 FPO 2 FPO 3

- Time planning (Time allocation),

- Explanation of the planning: subject specific consistency, reasonability of the approach, psy-chological argumentation

- Granularity: long term lesson planning, planning the entire curriculum, planning a lesson FPO 2 Reacting on

stu-dent’s demands during teaching processes

- Reacting based on understanding: flexible use of connected knowledge in critical situations, responding to students appropriately, responding flexibly

- Mastering complexity

- Keeping compliant with planning FPO 3 Evaluation of

Group 1: Subject and Curriculum related Issues

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