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III. Case Studies

1. Influencer Marketing

a. Definition und Problem

Influencer sind Personen, die in den Social Media der digitalen Netzwerke (Facebook, Instagram, Twitter, YouTube, Snapchat etc.) eine größere Anzahl an Fans („Follower“) haben und die in ihrem jeweiligen Bereich (häufig Kosmetik, Mode, Sport, Reisen, Games) bei ihren Followern als meinungsbildend geltend. Von Influencer Marketing wird gesprochen, wenn diese Influencer innerhalb ihrer Videos, Blogs etc.

Wirtschaftswerbung betreiben. 252 Derartige Fälle sind wiederholt bekannt geworden.253

Aus Marketingsicht erlaubt der werbemäßige Einsatz von Influencern ein zielgruppengenaues Ansprechen potentieller Käufer ohne Streuverluste sowie die unmittelbare Rückkopplung der Produktakzeptanz durch „likes“, „retweets“ etc. Auch

252 Ausführlich dazu Henning-Bodewig, WRP 2017, 1415; Troge, GRUR-Prax 2018, 87; Mallick/Weller, WRP 2018, 155; P. Lehmann, WRP 2017, 772; Suwelack, MMR 2017, 661; Höltge, ITRB 2017, 71; Gerecke, GRUR 2018, 153.

253 Als Beispiele seien hier Caro Daur genannt, die angeblich mit ihrem Instagram-Modeblog „Carodaur“ mit einem Instagram-Post rund 22.500 Euro und über 1 Mio. € pro Jahr verdient oder Bianca Lang, deren Blog

„BibisBeautyPalace“ auf YouTube sehr junge Mädchen anspricht; weiter aus dem Sport/ Fitnessbereich „Flying Uwe“, der u.a. Fitnessprodukte promotet oder „die Lochis“, die über alle Social Media-Kanälen zusammen sogar 6,5 Mio. Fans erreichen; Zu diesen Influencern noch später.

wenn belastbare Zahlen fehlen, dürfte sich das Influencer Marketing in den letzten Jahren deshalb zu einem wichtigen Instrument des digitalen Marketings entwickelt haben.254 Je weniger dabei der Werbecharakter zutage tritt, d.h. je geschickter die Vermischung von Content und kommerzieller Botschaft erfolgt, als desto größer gilt der Absatzerfolg. Da die zumeist jungen Follower den fraglichen Blog etc. ohnehin aus Unterhaltungszwecken regelmäßig konsumieren, gelten darin eingebaute Produktempfehlungen als besonders zielgenau, authentisch und damit effizient.255 Der Werbeeffekt ist daher jedenfalls bei der Zielgruppe noch stärker als bei der aus anderen Medien bekannten Werbung mit Prominenten, insb. der Testimonialwerbung.256

Dass die Präsentation und Empfehlung von Produkten in den Videos, Blogs, etc.

teilweise gegen geldwerte Gegenleistungen erfolgt, ist weitgehend durch die Medienberichterstattung bekannt und wird zumeist auch nicht in Abrede gestellt.257 Die Vermittlung geschieht nicht selten über spezialisierte Agenturen für digitales Marketing;

zunehmend jedoch auch über hierauf spezialisierte Digital Manager der Unternehmen.

Bislang erfolgt eher in Ausnahmefällen ein Hinweis auf den kommerziellen Charakter der Werbebotschaft, und wenn ja, in versteckter Form als Hashtag wie

#paidpartnership, #ad, #sponsored.258 Jedenfalls gehört es zum Geschäftsmodell der Influencer, dass die auf dem privaten Charakter des Auftritts beruhende Glaubwürdigkeit nicht durch die Wahrnehmung als „Reklamedarsteller“ unterminiert wird.

Aus Verbrauchersicht ist es gerade diese Vermischung des Contents mit der kommerziellen Botschaft, die als bedenklich gilt. Hinzu kommt, dass sich jedenfalls einige Influencer an eine sehr junge, leicht zu beeinflussende Zielgruppe wenden. Das Grünbuch digitale Plattformen des vzbv von 2016 sieht daher in diesem Bereich Bedarf für die Einräumung von Befugnissen an das Bundeskartellamt.259

b. Medienrechtliche Beurteilung des Influencer Marketings

(1) Kennzeichnungspflichten in RStV und TMG

Welche medienrechtliche Rechtsgrundlage im Einzelfall für das Influencer Marketing

254 P. Lehmann, WRP 2017, 772 spricht vom wichtigsten digitalen Marketingtrend; die SZ 09.09./10.09.2017, S. 23 will sogar hierdurch die Regeln des Wirtschaftslebens „grundlegend geändert“ sehen.

255 Laut einem Artikel in der FAZ vom 4.4.217, S. 16 kaufen „Umfragen zufolge … 50 Prozent der 14- bis 19-Jährigen Produkte, die Blogger im Internet empfohlen haben“.

256 Dazu Henning-Bodewig in: Greipl/Münker, 100 Jahre Wettbewerbszentrale, 2013, S. 125.

257 Vgl. etwa Spiegel online: Influencer sein ist ein Job. Versteht das endlich!, http://www.manager-magazin.de/unternehmen/karriere/caro-daur-die-instagram-influencerin-im-interview-a-1155194.html.

258 Dazu die unten besprochene Entscheidung des OLG Celle, 8.6.2017, Az. 13 U 53/17, WRP 2017, 1236.

259 vzbv, Stellungname zum Grünbuch, S. 24: „Das Bundeskartellamt könnte hier mit entsprechenden Ermittlungsbefugnissen tätig werden.“

heranzuziehen ist, lässt sich nicht pauschal sagen. Wie für jede Internetaktivität gilt stets die Regelung in § 6 Abs. 1 Nr. 1 TGM, die alle Formen der Selbstdarstellung einer wirtschaftlich tätigen Person umfasst. 260 Daneben ist jedoch auch der RStV anwendbar. Die Abgrenzung erfolgt im Wege der nicht unkomplizierten Negativabgrenzung über den Rundfunkbegriff in § 2 Abs. 1 S. 3 RStV – das entscheidende Merkmal ist dabei, ob es sich um einen nichtlinearen Mediendienst handelt, was wiederum davon abhängt, ob der fragliche Blog etc. einen (weitgefasst) journalistisch-redaktionell gestalteten Inhalt hat.261 Auf Influencer-Beiträge in Form von YouTube-Videos wird dies regelmäßig zutreffen; hier greift § 58 Abs. 3 S. 1 i.V.m. § 7 RStV unmittelbar ein. Aber auch bei Präsentationen auf Facebook oder Instagram sind jedenfalls einige Landesmedienanstalten auf der Grundlage von § 59 Abs. 2 RStV i.V.m. § 38 Abs. 6 S. 1 Medienstaatsvertrag zur Kontrolle der Werbevorschriften des RStV zuständig.262 Im Ergebnis ist daher von einer weitreichenden Anwendung des RStV auf alle Social Media auszugehen, wofür auch die „FAQs“ der Landesmedienanstalten, die ganz allgemein „Hinweise für Produkte bei YouTube &

Co“ geben (dazu sogleich), sprechen. Nach den im April 2018 vom Europäischen Parlament beschlossenen Änderungen der Richtlinie Audiovisuelle Mediendienste soll diese künftig ausdrücklich auch für Video-Sharing-Plattformen wie Netflix und Facebook gelten.

(2) Werberichtlinien/TV; „FAQs“ für Social Media

Zur Konkretisierung des Kennzeichnungs- und Trennungsgebots des RStV hat die Arbeitsgemeinschaft der Landesmedienanstalten 2012 gemeinsame Richtlinien erlassen (Werberichtlinien/TV), die sich auch mit der Produktplatzierung beschäftigen.263 Sie haben keine unmittelbare Gesetzeswirkung, bewirken aber als sog. normkonkretisierende Vorschriften eine gewisse Selbstbindung der Verwaltung.264 Auch für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung (dazu unten) geben sie zumindest wichtige Anhaltspunkte für die Beurteilung.

Die Werberichtlinien/TV von 2012 befassen sich nicht explizit mit Internetaktivitäten.

Sie wurden jedoch 2016 durch die „FAQs“ (Frequently Asked Questions)265 ergänzt.

Diese geben „Antworten auf Werbefragen in sozialen Medien – Hinweise auf Produkte bei YouTube & Co.“ anhand verschiedener Sachverhaltskonstellationen (etwa: „Du bekommst das Produkt kostenlos zugeschickt“) und erklären, ob es sich um Werbung

260 Martin; Beck OK zum TMG, § 2 Rn. 27 TMG (Stand 1.5.2017)

261 Dazu Laoutoumai/Dahmen, K&R 2017, 29; Bullinger, AfP 1996, 1.

262 Die Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein (MA HSH) kontrolliert z.B. alle Angebote der Social Media, deren Anbieter ihren Sitz in diesen beiden Bundesländern haben, auf der Grundlage von § 58 RStV.

263 Zu finden auf der Website der Landesmedienanstalten, https://www.die-medienanstalten.de/fileadmin/user_upload/Rechtsgrundlagen/Richtlinien_Leitfaeden/Werberichtlinien_Hoerfunk_

Sympose.pdf.

264 Eine Einhaltung der Werberichtlinien durch den Influencer macht eine Beanstandung der zuständigen Aufsichtsbehörde also unwahrscheinlich; vgl. Laoutoumai/Dahmen, K&R 2017, 29.

265 Zu finden auf der Website der Landesmedienanstalten, z.B. unter https://www.die-medienanstalten.de/atrium/werbekennzeichnung-auf-youtube-instagram-snapchat-facebook-co/.

i.S.d. RStV handelt und wie diese gegebenenfalls zu kennzeichnen wäre. Bei kostenlos zur Verfügung gestellten Produkten soll es sich etwa nicht um Werbung handeln, wenn keine „Vorgaben“ bezüglich der Präsentation gemacht werden, bei der Annahme von Geld „oder anderen Gegenleistungen“ hingegen schon und beim Zurverfügungstellen von Produkten für ein Video mit redaktionellen Hinweisen, bei dem die Produkte nicht den Inhalt des Videos bestimmen, sondern „in die Handlung eingebettet sind“, soll keine Kennzeichnungspflicht bestehen.266 Bei letzterem handelt es sich offenbar um die Übertragung der für das Product-Placement zur Finanzierung von Fernsehsendungen geltenden Vorschriften der Werberichtlinien, deren Berechtigung jedoch – da YouTube-Videos mit ungleich geringeren Kosten herstellbar sind –zweifelhaft erscheint.

Die FAQs enthielten ursprünglich verschiedene Vorschläge einer Kennzeichnung.

Diese waren jedoch auch von Medienseite her nicht unumstritten.267 Offenbar im Anschluss an das Urteil des OLG Celle vom 8.6.2017 268 wurden die Kennzeichnungsempfehlungen geändert („Mit den Kennzeichnungen Werbung und Anzeige bist du auf der sicheren Seite. Kennzeichnungen wie #ad, #sponsoredby,

#poweredby können wir euch derzeit nicht empfehlen“). Zugleich wurde klargestellt, dass #werbung oder #anzeige „vorne in Deinen Post, nicht irgendwo nach hinten und schon gar nicht versteckt in einen anderen Link“ gehören.

(3) Der Fall „FlyingUwe“

In den YouTube-Videos von „FlyingUwe“, betrieben von einem ehemaligen Mister Hamburg, wurden u.a. Fitnessprodukte eines Unternehmens, dessen Geschäftsführer der Influencer ist, präsentiert. Die Landesmedienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein beanstandete dies als unzulässige Werbung nach § 58 i.V.m. § 7 RStV und forderte die Kennzeichnung als Dauerwerbesendung – da der Influencer dem (zunächst) nicht nachkam, wurde er mit einer Geldbuße von 10.500 € wegen fortgesetzter Verstöße gegen die Werbe-Kennzeichnungspflichten belegt.269

266 Beispiel 2, Variante B der „FAQs“.

267 Vgl. Gregory Lipinski, http://meedia.de/2017/07/10/werbung-statt-sponsored-by-wie-social-media-star-caro-daur-ihre-produktwerbung-kennzeichnen-sollte/.

268 OLG Celle, 8.6.2017, Az. 13 U 53/17, WRP 2017, 1236; dazu noch ausführlich unter A.III.1.f.

269 http://meedia.de/2017/06/08/medienanstalt-verdonnert-youtube-flying-uwe-zu-10-500-euro-bussgeld-wegen-schleichwerbung/, vgl. auch Solmecke, https://www.wbs-law.de/internetrecht/Influencer Marketing-und-schleichwerbung-wann-wie-und-wo-muss-man-kennzeichnen-73891/. Zum weiteren Verfahren gegen „Flying Uwe“

vgl. http://www.medienkorrespondenz.de/politik/artikel/ma-hsh-leitet-wegen-werbeverstoss-verfahren-gegen-youtuber-flyingnbspuwe-ein.html; http://www.medienkorrespondenz.de/politik/artikel/hamburger-youtuber-flying-uwe-wehrt-sich-gegen-bussgeldbescheid-der-ma-hsh.html. Auch gegen den YouTuber „ApoRed“ wurde wegen fortgesetzter Werbeverstöße ein Bußgeld verhängt; bei der „Lifesyle-Blogging“ Lina Mallon erfolgte eine förmliche Beanstandung; vgl. Pressemitteilung der MA HSH vom 14.12.2017.

c. Wettbewerbsrechtliche Beurteilung des Influencer Marketings

(1) Rechtsgrundlagen

Aus wettbewerbsrechtlicher Sicht ist das Influencer Marketing primär unter dem Gesichtspunkt der Schleichwerbung zu sehen, die seit langem im Zusammenhang mit den Printmedien, dem Rundfunk, Kinospielfilmen, zunehmend aber auch im Internet (z.B. bei der Bannerwerbung) eine Rolle spielt. Einschlägig sind deshalb in erster Linie die Irreführungsvorschriften des UWG, also § 5 Abs. 1 UWG (täuschende Angaben über das Angebot), § 5a Abs. 6 UWG (Nichtkenntlichmachen des kommerziellen Zwecks) und das über § 3 Abs. 3 UWG geltende per se-Verbot in Nr. 11 des UWG-Anhangs (als Information getarnte Werbung). Soweit es um die Zielgruppe von Kindern und Jugendlichen geht, kommt in Einzelfällen auch eine Anwendung von § 4a Abs. 1 Nr. 3 UWG (unzulässige Beeinflussung) und das sich darauf beziehende per se-Verbot in Nr. 28 des UWG-Anhangs (Kaufappelle an Kinder) in Betracht. Sämtliche dieser Vorschriften sind medienübergreifend und erfassen alle Aktivitäten in allen Social-Media-Kanälen.

Über den Rechtsbruchtatbestand, § 3a UWG, können Verstöße gegen das TMG und den RStV in das UWG einbezogen werden.

(2) Influencer Marketing als geschäftliche Handlung

Die fragliche Handlung muss, um dem UWG unterstellt zu sein, eine „geschäftliche Handlung“ i.S.v. § 2 Nr. 1 UWG sein, also ein Verhalten „zugunsten des eigenen oder fremden Unternehmens, das mit der Förderung des Absatzes objektiv zusammenhängt…“. 270 Dies entspricht im Wesentlichen den kennzeichnungsrechtlichen Vorschriften im TMG, wo „kommerzielle Kommunikation“

nach § 2 Nr. 5 TMG jede Kommunikation bedeutet, die unmittelbar oder mittelbar der Förderung des Absatzes von Waren oder Dienstleistungen oder des Erscheinungsbilds eines Unternehmens dient. Entsprechendes gilt für den im RStV verwendeten Begriff der Werbung. Es besteht jedenfalls Einigkeit darüber, dass sich diese Eingangsvoraussetzungen für die wettbewerbs- bzw. medienrechtliche Beurteilung im Ergebnis wenig voneinander unterscheiden; jedenfalls nicht auf Werbung im traditionellen Sinne beschränkt sind.

Sowohl im Medienrecht 271 als auch im Wettbewerbsrecht müssen diese Voraussetzungen nachgewiesen bzw. glaubhaft gemacht werden (dazu ausführlich Teil A.I.2.d.(6)). Gerade bei medienrechtlichen Sachverhalten spielen dabei in aller Regel Indizien, z.B. Häufigkeit, Dauer und „Penetranz“ der Darstellung, eine große Rolle.272

270 Dazu etwa Keller in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, 2016, § 2 Nr.1.

271 Vgl. etwa OVG Rheinland-Pfalz, 17.12.2008, Az. 2 A 10327/08, ZUM 2009, 507, 510; BVerwG, 22.6.2016, Az. 6 C 9.15, ZUM 2016, 900, Rn. 23; Jäger, GRUR-Prax. 2017, 372.

272 Auf dieser Grundlage wurde etwa die Darstellung des „pick up“-Schokoriegels im „Dschungelcamp“ von RTL als unzulässige Werbung angesehen, vgl. VG Hannover, 18.2.2016, Az. 7 A 13293/14, ZUM-RD 2016, 624.

(3) Unternehmen

Dass das Unternehmen, dessen Produkt der Influencer auftragsgemäß gegen Bezahlung „empfiehlt“, die vorgenannten Voraussetzungen erfüllt, bedarf keiner näheren Begründung.273 Bei einem wirtschaftlich tätigen Unternehmen spricht eine Vermutung dafür, dass eine Einschaltung von Dritten (wie des Influencers) zu Absatzzwecken erfolgt. Dies gilt i.d.R. auch für die das Geschäft vermittelnde oder die Präsentation gestaltende Agentur. Insofern ist die Situation keine andere, als wenn z.B. ein Unternehmen über seine Werbeagentur274 einen Prominenten mit der entgeltlichen Mitwirkung an einer Fernsehwerbung beauftragt; sei es zum Zwecke der Aufmerksamkeitserregung, sei es als „spokesperson“ im Rahmen einer sog.

Testimonialwerbung.

(4) Influencer

Beim Influencer selbst liegt es demgegenüber nicht ohne weiteres auf der Hand, dass es sich stets um eine Betätigung im geschäftlichen Verkehr handelt.275 In den Social Media finden sich (neben klar als geschäftliche Aktion erkennbaren Auftritten, z.B.

Unternehmensseiten auf Facebook) überwiegend Blogs, Posts, Videos, die von Privatpersonen stammen. Privatpersonen handeln jedoch selbst dann, wenn sie Anhängern Produkte zeigen oder empfehlen, zunächst einmal rein privat und unterliegen daher nicht dem UWG.276 Es dürfte daher sogar eine gewisse Vermutung dafür sprechen, dass im Internet als Privatpersonen auftretende Personen auch tatsächlich privat handeln; sei es, dass sie Sachen bei eBay verkaufen,277 sei es, dass sie ihre Produktvorlieben per Facebook, Twitter (oder wie auch immer) ihren „friends“

mitteilen.

Es müssen daher bestimmte Indizien vorliegen, die gegen ein rein privates Handeln und für ein geschäftliches Verhalten sprechen. Als wichtigstes und kaum widerlegbares Indiz hierfür gilt der Umstand der entgeltlichen Beauftragung durch den vom Werbeerfolg Begünstigten.

Dabei ist freilich zu beachten, dass nicht jede Zuwendung an den Influencer Indizwirkung entfaltet. Es muss sich vielmehr um einen relevanten wirtschaftlichen Vorteil, der eine (wenn auch indirekte) Verpflichtung zur Produktpräsentation auslöst, handeln. Influencer erhalten häufig Produkte und andere Vergünstigungen wie

273 Ausführlich Henning-Bodewig, WRP 2017, 1415.

274 Zur Haftung der Werbeagentur vgl. etwa Köhler in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 2018, § 8 Rn. 2.13 b ff.

275 Dazu Henning-Bodewig, WRP 2017, 1415 und GRUR 2013, 26.

276 Selbst diejenigen, die ihre Internet-Auftritte zum Geschäftsmodell gemacht haben und deshalb als Unternehmer gelten können (dazu unten), haben zumeist mit rein privaten Auftritten begonnen; ausführlich Henning-Bodewig, WRP 2017, 1415.

277 Vgl. Henning-Bodewig, GRUR 2013, 26.

Einladungen zu „Events“ kostenlos, verbunden mit der mehr oder minder deutlich ausgesprochenen Hoffnung einer positiven Erwähnung oder Präsentation. Wie oben dargestellt, differenzieren die „FAQs“ der Landesmedienanstalten nach Geschenken mit oder ohne „Vorgaben“, der Annahme von Geld oder geldwerten Gegenleistungen, dem Charakter als Ausrüstungsgegenstand etc. Diese Einordnung ist jedoch für das Wettbewerbsrecht nicht bindend (dazu noch unten, 5.d), auch wenn sie einen ersten Einstieg zur Beurteilung erlaubt. Im Wettbewerbsrecht kommt es mehr auf die die Absatzförderung prägenden Gesamtumstände an, die auch das sonstige Verhalten des Influencers einbeziehen können.278

Unter Zugrundelegung der zurzeit üblichen Online-Auftritte der Influencer vermag häufig auch die Art und Weise der Präsentation eine hinreichende Indizwirkung zu entfalten. Denn anders als bei der redaktionellen Werbung in den Printmedien und dem Product-Placement im Fernsehen bedingen allein die Beschränkungen des Internets ein relativ direktes Vorgehen. Legt die Art der Präsentation jedoch für einen objektiven Betrachter ein kommerzielles Handeln nahe, so besteht normalerweise eine Indizwirkung für das Vorliegen einer Entgeltlichkeit.

Sofern der Influencer im Wege eines entgeltlichen Auftrags an der Werbung oder am Sponsoring „mitwirkt“ – wofür die vorgenannten Indizien i.d.R. zur Glaubhaftmachung ausreichen – liegt regelmäßig eine geschäftliche Handlung nach § 2 Nr. 1 UWG und zugleich eine kommerzielle Kommunikation/Werbung vor. Derartige Influencer-Tätigkeiten dienen objektiv der Absatzförderung des Auftraggebers.279 Der Influencer kann jedoch auch selbst als Unternehmer nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 UWG anzusehen sein und schon aus diesem Grund ein Eigeninteresse daran haben, dass sein Internetauftritt als Werbeplattform für Dritte attraktiv erscheint. Zutreffen kann das auf die (erfolgreichen) Influencer, welche die kommerzielle Vermarktung ihres eigenen Images zum Geschäftsmodell gemacht haben („Influencer als Beruf“) oder selbst in das Unternehmen, um dessen Produkte es geht, involviert sind.280 Dies setzt allerdings ein planmäßiges, auf eine gewisse Dauer angelegtes wirtschaftliches Vermarkten der eigenen Person in eigener Verantwortung (häufig mittels Einschaltung professioneller Berater) voraus. In derartigen Fällen spricht eine Vermutung dafür, dass jede Handlung im Rahmen des Blogs etc., die objektiv der Förderung des Absatzes Dritter dient, zugleich im kommerziellen Eigeninteresse des Influencers liegt.

278 Zum Beispiel wenn der Influencer von sich aus freie Leistungen (z.B. Hotelaufenthalte) „anregt“; vgl.

https://www.stern.de/neon/feierabend/influencerin-wird-von-hotelier-aus-dublin-blossgestellt-7828690.html?utm_campaign=&utm_source=email&utm_medium=mweb_sharing.

279 Letzteres ergibt sich bereits aus der hohen Authentizität der Influencer und der Beeinflussbarkeit ihrer Follower;

vgl. auch P. Lehmann, WRP 2017, 772, 773.

280 Zu letzterem vgl. den Fall „Flying Uwe“, oben unter 1.b.(3). Nach Auffassung des LG Berlin, 24.5.2018, Az. 52 O 101/18 stellt die Verlinkung mit einer Kaufangebote enthaltenden Website auch ohne entgeltliche Beauftragung eine geschäftliche Handlung dar, weil die fragliche Influencerin ihr Instagram-Account geschäftsmässig betreibt und sich mit derartigen „Vertaggungen“ als mögliche Kooperationspartnerin anbietet. Zu einem Fall mit entgeltlicher Verlinkung vgl. Kammergericht Berlin, 11.10.2017, Az..5 W 221/17.

(5) Ergebnis

Im Ergebnis ist daher sowohl auf Seiten des Unternehmers, in dessen Auftrag die Produktempfehlung erfolgt und dem der Werbeerfolg zugutekommt, als auch auf Seiten des Influencers, der gegen Entgelt auftragsgemäß ein Produkt empfiehlt, eine geschäftliche Handlung i.S.d. UWG anzunehmen. Insofern besteht kein Unterschied zu Prominenten, die ihr Image gegen Bezahlung in einer traditionellen Werbung (Anzeigen, Fernsehspots etc.) oder aber bei kommerziellen Sponsoringaktionen einsetzen. Möglich ist in derartigen Fällen ferner das Vorliegen einer geschäftlichen Handlung auf Seiten der zwischengeschalteten Agentur oder des Betreibers der Online-Plattform.281

Ob demgegenüber bei fehlender entgeltlicher Beauftragung das „Taggen“ von präsentierten Produkten, insb. die Verlinkung mit Seiten mit konkreten Verkaufsangeboten, eine geschäftliche Handlung des Influencers darstellt, ist eine Frage des Einzelfalls.

d. Medienverstoß als Wettbewerbsverstoß, § 3a UWG

Die Kennzeichnungsregeln für Werbung/kommerzielle Kommunikation in RStV und TMG sind nach einhelliger Auffassung Marktverhaltensregeln im Interesse der Verbraucher.282 Ein Verstoß hiergegen ist deshalb zugleich ein Verstoß gegen das UWG, sofern die Auswirkungen auf den Markt erheblich sind. Dies wird infolge der hohen Glaubwürdigkeit des Influencer Marketings und der Reichweite der Werbebotschaften bejaht werden können.

e. Als Information getarnte Werbung; § 3 Abs. 3 UWG i.V.m. Nr. 11 UWG-Anhang

Nr. 11 des Anhangs zum UWG enthält ein sog per se-Verbot, d.h. das darin beschriebene geschäftliche Verhalten gegenüber dem Verbraucher ist ohne Hinzutreten weiterer Umstände nach § 3 Abs. 3 UWG unzulässig. Erfasst ist „der vom Unternehmer finanzierte Einsatz redaktioneller Inhalte zu Zwecken der Verkaufsförderung“, sofern sich diese nicht eindeutig aus dem Inhalt oder der Art der Darstellung ergibt.

Das Verbot der als Information getarnten Werbung gilt zweifellos für die Printmedien sowie das Fernsehen; für elektronische Medien hingegen nur dann, soweit sie einen redaktionellen Teil aufweisen. Letzteres kann, muss jedoch nicht auf Blogs etc. der Influencer zutreffen. Entscheidend ist, ob die fragliche Präsentation ihrer Gestaltung nach den Eindruck einer redaktionellen Bearbeitung aufweist. Bei kurzen Posts auf

281 Zur Haftung des Plattformbetreibers ausführlich die Case Study Vergleichsportale/Rankings in A.III.3.

282 Dazu statt aller Ohly in: Ohly/Sosnitza, UWG, 2016, § 3a Rn. 63 ff.; von Becker, GRUR-Prax 2014, 389.

Facebook etc. wird dies nicht der Fall sein, wohl jedoch bei Blogs oder YouTube-Präsentationen, die längere Berichte oder Darstellungen enthalten, in denen eine Auseinandersetzung mit bestimmten Themen erfolgt. Sie können eine zumindest redaktionsähnliche Struktur aufweisen.283

Ist ein redaktioneller Inhalt zu bejahen und wird entgeltliche Werbung als Information - beispielsweise in Form eines angeblich von keinen kommerziellen Interessen beeinflussten Beitrags - verschleiert, so liegt ein Verstoß gegen Nr. 11 vor, wenn sich der kommerzielle Charakter nicht eindeutig aus dem Inhalt oder aus der Art der optischen oder akustischen Darstellung ergibt. Nach dem Wortlaut der Richtlinie 2005/29/EG Anhang 1 Nr. 11 geht die Regelung in der sog. Fernsehrichtlinie 89/552/EWG vor. Dies bedeutet, dass es hinsichtlich der Erkennbarkeit und Kennzeichnung in erster Linie auf Art. 19/1 der (die Fernsehrichtlinie ersetzenden) Richtlinie 2010/13/EG über audiovisuelle Mediendienste ankommt. Eine den spezifischen Kennzeichnungsvorschriften in §§ 7, 58 RStV, in denen die Richtlinie in das deutsche Recht umgesetzt wurde, genügende kommerzielle Kommunikation verstößt daher nicht gegen Nr. 11 des UWG-Anhangs und ist nicht unlauter nach § 3 Abs. 3 UWG. Ob dies allerdings auch für normkonkretisierenden Bestimmungen wie die Werberichtlinie / TV und den sie ergänzenden Leitfaden zu den Social Media

Ist ein redaktioneller Inhalt zu bejahen und wird entgeltliche Werbung als Information - beispielsweise in Form eines angeblich von keinen kommerziellen Interessen beeinflussten Beitrags - verschleiert, so liegt ein Verstoß gegen Nr. 11 vor, wenn sich der kommerzielle Charakter nicht eindeutig aus dem Inhalt oder aus der Art der optischen oder akustischen Darstellung ergibt. Nach dem Wortlaut der Richtlinie 2005/29/EG Anhang 1 Nr. 11 geht die Regelung in der sog. Fernsehrichtlinie 89/552/EWG vor. Dies bedeutet, dass es hinsichtlich der Erkennbarkeit und Kennzeichnung in erster Linie auf Art. 19/1 der (die Fernsehrichtlinie ersetzenden) Richtlinie 2010/13/EG über audiovisuelle Mediendienste ankommt. Eine den spezifischen Kennzeichnungsvorschriften in §§ 7, 58 RStV, in denen die Richtlinie in das deutsche Recht umgesetzt wurde, genügende kommerzielle Kommunikation verstößt daher nicht gegen Nr. 11 des UWG-Anhangs und ist nicht unlauter nach § 3 Abs. 3 UWG. Ob dies allerdings auch für normkonkretisierenden Bestimmungen wie die Werberichtlinie / TV und den sie ergänzenden Leitfaden zu den Social Media