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In vivo-Evolutionssysteme für nichtribosomale Peptid- Peptid-synthetasen

MgCl 2 wurde gegebenenfalls bei Expressionen in einer Konzentration von 10 mM zugesetzt, um die Löslichkeit der produzierten Proteine zu erhöhen

D- Phe-L-Pro-DKP [µM]

7 Diskussion

7.3 In vivo-Evolutionssysteme für nichtribosomale Peptid- Peptid-synthetasen

124 Diskussion

7.3 In vivo-Evolutionssysteme für nichtribosomale

Diskussion 125

letztgenannten Verbindungen wurde hierbei im Hinblick auf ihre antimikrobiellen Eigenschaften ein synergistischer Effekt nachgewiesen, wobei die untersuchten Mikroorganismen auf dieses Kombinationspräparat weitaus sensitiver reagierten als auf konventionelle Antibiotika wie Vancomycin, Kanamycin oder Tetracyclin [Rhee, 2004].

Die genannten Beispiele belegen das breite Aktivitätsspektrum der Diketopiperazine, das unter geeigneten Bedingungen für die Etablierung eines Detektions- bzw. Selektionssystems bei der in vivo-Evolution von NRPSs ausgenutzt werden könnte. Einen interessanten Ausgangspunkt bildete in diesem Zusammenhang das zyklische Dipeptid Phe-Pro-DKP, dem sowohl biosensorische, als auch antibiotische Eigenschaften zugeschrieben werden. So berichteten Holden et al., dass Phe-Pro-DKP an die Stelle von Acylhomoserin-Lactonen, den natürlichen Signalmolekülen einiger quorum sensing-Systeme, treten und eine durch Transkriptions-Aktivatoren vermittelte, kontrollierte Genexpression auslösen können

[Holden, 1999]. Im Hinblick auf die Etablierung eines Selektionssystems könnte dies ausgenutzt werden, indem Resistenz-vermittelnde Gene (Resistenz-Kassetten) oder essentielle Gene des Primärmetabolismus unter die Kontrolle eines geeigneten Promoters gestellt werden, der von einem solchen Transkriptions-Aktivator reguliert wird. Entsprechende Wirtsorganismen sollten nur in Anwesenheit des Biosensors in der Lage sein, zu wachsen. Hierdurch wäre eine direkte Möglichkeit gegeben, auf die Biosynthese von Phe-Pro-DKP zu selektieren. Aufgrund der Studie von Holden et al.

liegt die Auslöseschwelle im untersuchten lux-Biolumineszenzsystem bei einer Phe-Pro-DKP Konzentration von ca. 0,3 mM.

Im Hinblick auf die ebenfalls erwähnte antibiotische Aktivität von Phe-Pro-DKP konnten Fdhila et al. zeigen, dass das Meeresbakterium Vibrio anguillarum sensitiv auf die Gegenwart dieses zyklischen Dipeptids reagiert. Grund-voraussetzung für die antimikrobielle Aktivität ist jedoch, dass mindestens eine der beiden konstituierenden Aminosäuren in der D-Konfiguration vorliegt. Durch z. B.

overlays mit dem sensitiven Indikator-Stamm Vibrio anguillarum könnte so direkt auf heterologe Produzentenstämme gescreent werden, die ein entsprechendes DKP produzieren und in ihre Umgebung freisetzen. Die von Fdhila et al. ermittelten MIC-Werte lagen im Bereich von 0,53 µM [Fdhila, 2003].

126 Diskussion

7.3.2 Die in vivo-Produktion von D-Phe-L-Pro-Diketopiperazin

Die Aufgabe im Rahmen dieser Arbeit bestand darin, einen heterologen Produzentenstamm für das zyklische Dipeptid Phe-Pro-DKP zu konstruieren.

Nachfolgend sollte der Produzent optimiert werden, um einen DKP-Produkt-Titer zu erreichen, der eine direkte Detektion des DKPs aufgrund seiner biosensorischen und/oder antibiotischen Eigenschaften gestattet.

Die Wahl des Modellsystems fiel hierbei auf die Initiationsreaktion der Biosynthese des zyklischen Dekapeptids Tyrocidin (vgl. Abb 6-1 und Abschnitt 6.1).

Diese Reaktion wird von den beiden ersten Modulen TycA und TycB1 katalysiert und führt zur Bildung des Enzym-gebundenen Dipeptids D-Phe-L-Pro-S-Ppant, das unter geeigneten Reaktionsbedingungen autokatalytisch unter Bildung von D-Phe-L -Pro-DKP abgespalten wird. Diese unkatalysierte Reaktion wird durch einen hohen Anteil an cis-Konformation der Peptidbindung, welche auf die N-alkylierte Iminosäure Prolin zurückzuführen ist, begünstigt [Schwarzer, 1999]. Das DKP-Biosynthesesystem konnte durch die Verwendung rekombinanter NRPSs vollständig in vitro rekonstituiert werden, wodurch tiefe Einblicke in die Funktionsweise der beteiligten Module und katalytischen Domänen gewonnen wurden [Stachelhaus, 1998; Schwarzer, 2001, Linne, 2003].

Im Hinblick auf die angestrebte in vivo-Evolution von NRPSs sollte im Rahmen dieser Arbeit zunächst ein einfaches System für die in vivo-Synthese von

D-Phe-L-Pro-DKP etabliert und untersucht werden. In Anlehnung an das natürliche Tyrocidin-Biosynthese-System, in dem alle NRPS-Gene unter Kontrolle desselben Ptyc-Promotors stehen, wurde hierfür eine polycistronische Anordnung der beteiligten Gene gewählt. Das ca. 6,5 kb große DNA-Fragment, welches das tycA- und tycB1-Gen trägt, wurde hierzu in den Expressionsvektor pQE61 kloniert und dort unter die Kontrolle des starken, IPTG-induzierbaren T5-Promotors gestellt. Diese Versuchs-anordnung stellte sicher, dass beide NRPSs zum gleichen Zeitpunkt und in etwa gleichen Konzentrationen bereitgestellt werden. Als W irt für die Rekonstitution des dimodularen NRPS-Systems wurde der E. coli-Stamm HM0079 ausgewählt. Dieser Wirtsorganismus zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass er das codierende Gen der Ppant-Transferase Sfp aus B. subtilis [Cosmina, 1993] im Chromosom trägt und somit in vivo die posttranslationale Modifikation der PCPs mit dem Ppant-Arm sicherstellt – eine Grundvoraussetzung, die für die nichtribosomale Peptid-biosynthese unerlässlich ist. Sfp besitzt dabei eine sehr breite Substratselektivität

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auch für heterologe NRPSs [Quadri, 1998], wohingegen die E. coli eigene Ppant-Transferase AcpS die Synthetasen aus dem Tyrocidin-System nicht erkennt, sondern in ihrer Selektivität auf carrier-Proteine des Primärmetabolismus beschränkt ist

[Finking, 2002].

Das auf diese Weise generierte Einplasmidsystem E. coli HM0079[ptycA/tycB1] wurde nachfolgend auf die Produktion der erwarteten NRPSs und die Synthese von D-Phe-L-Pro-DKP untersucht. In einem ersten Experiment wurden hierzu die Protein-Rohextrakte eines Kontrollstammes E. coli HM0079[pQE61] und des putativen DKP-Produzentenstammes mittels SDS-PAGE analysiert. Hierbei konnte für das Einplasmidsystem die Bildung beider, ca. 120 kDa großen NRPSs nachgewiesen werden. Aufgrund einer unzureichenden Konzentration des Lactose-Repressors war die Produktion der Synthetasen hierbei unabhängig von der Gegenwart des Induktors IPTG. Dies kann aufgrund der Bauweise des hybriden Promotor-Bereiches im verwendeten Expressionsvektor erklärt werden. Der hier eingesetzte T5-Promotor ist mit zwei lac-Operator-Erkennungssequenzen und einer synthetischen ribosomalen Bindungsstelle fusioniert, welche auf hohe Produktionsraten in E. coli optimiert ist. Die Genexpression kann somit nur in Gegenwart sehr hoher lac-Repressor-Konzen-trationen vollständig unterdrückt werden. Der gewählte E. coli-Stamm HM0079 kann die hierfür benötigten Mengen an lac-Repressor nicht bereitstellen. Dieses Manko könnte jedoch durch die Co-Expression des lacI-Gens z. B. von einem zweiten kompatiblen Plasmid überwunden werden. Im Interesse einer Vergleichbarkeit mit den im weiteren Verlauf konstruierten Biosynthesesystemen wurde darauf jedoch verzichtet.

Mittels HPLC/MS-Analysen sowie Vergleich mit synthetisch hergestellten Standards konnte nachfolgend die Produktion von D-Phe-L-Pro-DKP im Kultur-überstand des Einplasmidsystems E. coli HM0079[ptycA/tycB1] nachgewiesen werden. Dieser Befund machte deutlich, dass das rekombinante, dimodulare NRPS-System TycA/TycB1 zur in vivo-Synthese des gewünschten Produktes im heterologen Wirt E. coli HM0079 befähigt ist. Der Produkt-Nachweis im Kultur-überstand zeigte darüber hinaus, dass das zyklische Dipeptid aus den produzierenden Mikroorganismen exportiert wird.

Die HPLC/MS-Analyse zeigte auch, dass das verwendete LB-Medium signifikante Mengen an L-Phe-L-Pro-DKP enthält, wobei es sich um einen inhärenten

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Bestandteil des eingesetzten Tryptons handelt. Da dieses Diastereomer des Biosynthese-Produktes seinerseits eine LuxR-vermittelte Gen-Expression induzieren kann [Holden, 1999] und damit den Einsatz eines entsprechenden LuxR-basierten Detektionssystems verhindern würde, wurde nachfolgend nach alternativen Kulturmedien gesucht. Ein geeignetes Medium konnte hierbei in M9*-Medium (M9-Minimalmedium plus 0,1 % Casaminosäuren) gefunden werden. Auch in diesem Medium konnte eine zeitabhängige Bildung von D-Phe-L-Pro-DKP (ohne störendes Diastereomer) nachgewiesen werden. Alle nachfolgenden Experimente wurden daher mit diesem Medium durchgeführt.

7.3.3 Ansätze zur Optimierung des DKP-Produktionssystems

Ausgehend von den in Abschnitt 7.3.1 genannten biologischen Aktivitäten des D-Phe-L-Pro-DKPs würde der für das Einplasmidsystem unter den anfänglichen Expressionbedingungen (mit IPTG-Induktion bei 37 °C) ermittelte Produkttiter von 7 µM zwar eine Detektion der DKP-Produktion aufgrund seiner antibiotischen Aktivität gegen Vibrio anguillarum erlauben, ein Nachweis in einem LuxR-basierten System wäre jedoch aufgrund der hier erforderlichen, deutlich höheren Schwellenkonzentrationen (ca. 0,3 mM) nicht möglich. Da für evolutiv veränderte NRPS-Systeme darüber hinaus zu erwarten ist, dass zumindest ihre initiale Produktivität deutlich unter der des hier etablierten Modellsystems liegt, wurde nachfolgend versucht die DKP-Produktion im heterologen Wirt E. coli zu optimieren.

Neben der offensichtlichen Variation der Expressionsbedingungen (Temperatur und IPTG-Induktion) wurden zu diesem Zweck auch zwei alternative NRPS-Systeme konstruiert, die sich in der genetischen Organisation der NRPS-Gene vom bereits etablierten Einplasmidsystem E. coli HM0079[ptycA/tycB1] unterschieden.

Im Fusionssystem E. coli HM0079[ptycA-tycB1] wurden die Gene der beiden monomolularen NRPSs TycA und TycB1 miteinander fusioniert. Der resultierende 6,5 kb große, offene Leserahmen codiert für eine artifizielle, dimodulare Synthetase unter Kontrolle des starken, auch im Einplasmidsystem verwendeten T5-Promotors. Durch diese Fusion sollten mögliche Störungen der intermolekularen Kommunikation der beiden Reaktionspartner im heterologen Wirt E. coli überwunden werden. In der Tat konnte für viele NRPS-Systeme eine Assoziation mit der Zellmembran determiniert werden, die eine Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Bildung des Biosynthese-Komplexes darstellt [Hoppert, 2001]. Diese Komplexbildung

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könnte beim Wechsel des Wirtes, insbesondere – wie in dieser Arbeit geschehen – von einem Gram-positiven (B. brevis ATCC 8185) auf ein Gram-negatives (E. coli HM0079) Bakterium, aufgrund des unterschiedlichen Aufbaus ihrer Zellmembranen gestört sein. Im Fusionsprotein tritt an die Stelle zweier monomodularer, in trans agierender Synthetasen eine einzelne, dimodulare Synthetase, die eine in cis-Interaktion der beiden Module unabhängig von äußeren Faktoren gestatten sollte.

Die Motivation zur Konstruktion des so genannten Zweiplasmidsystems E. coli HM0079[pSU18-tycA/pTrc99a-tycB1] war hingegen wesentlich komplexer.

Den Hintergrund bildete hierbei die Überlegung, dass eine Erhöhung des Verhältnisses von Akzeptor- zu Donormodul zu einer gesteigerten D-Phe-L -Pro-DKP-Produktion führen könnte. Diese Annahme beruhte auf der Beobachtung, dass die autokatalytische Abspaltung des Dipeptides vom Akzeptormodul TycB1 den Geschwindigkeits-bestimmenden Schritt der Produktbildung darstellt [Mootz, 2000]. Aus der Sicht des Donormoduls TycA bedeutet dies, dass dessen katalytische Aktivität bis zur Regeneration (Dipeptidyl-S-Ppant à HS-Ppant) und Neu-Beladung (HS-Ppant à L-Pro-S-Ppant) des zur Verfügung stehenden Akzeptormoduls ungenutzt bleibt. Dies gilt insbesondere für das Einplasmidsystem, in dem aufgrund der genetischen Organisation quasi äquimolare Mengen beider Enzyme vorliegen.

Aufgrund der theoretischen Überlegung sollte sich das ungenutzte Potential des Donormoduls TycA durch die Bereitstellung eines Überschusses an Akzeptormodul TycB1 nutzbar machen lassen. In einer solchen Versuchsanordnung könnte jedes TycA-Molekül in einer bestimmten Zeiteinheit mit mehreren Akzeptormodulen interagieren, was zu einer effektiven Steigerung der Gesamtumsatzrate führen sollte.

Zur Überprüfung dieser Überlegungen wurden in vitro-Untersuchungen zur

D-Phe-L-Pro-DKP-Bildung mit den rekombinanten, aufgereinigten Enzymen TycA und TycB1 durchgeführt. Hierbei konnte gezeigt werden, dass ein bis zu etwa 25-facher Überschuss an TycB1 (bei konstanter TycA-Konzentration) mit einer kontinuierlichen Steigerung der DKP-Produktion verbunden war. Eine darüber hinaus gehende Erhöhung des TycB1:TycA-Verhältnisses führte dagegen zu keiner weiteren Steigerung der Produktivität.

Mit dem Zweiplasmidsystem E. coli HM0079[pSU18-tycA/pTrc99a-tycB1]

sollte nachfolgend versucht werden, durch eine geeignete Versuchsanordnung einen Überschuss an Akzeptorenzym auch in vivo im heterologen Wirt E. coli bereit-zustellen. Die W ahl fiel hierbei auf ein System aus zwei kompatiblen Vektoren, in

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dem die unterschiedlich starke Produktion von Donor- und Akzeptormodul durch die Verwendung von verschiedenen Replikationsursprüngen (ori) und - damit ver bunden - unterschiedlichen Kopienzahlen der jeweiligen Plasmide, sowie die Verwendung von unterschiedlich starken IPTG-induzierbaren Promotoren realisiert wird. Für das Gen des Akzeptormoduls TycB1 wurde hierbei der Vektor pTrc99a mit einer durchschnittlichen Kopienzahl von 300-500 pro Zelle, sowie der starke, IPTG-induzierbare Ptrc-Promotor verwendet. Beim Gen des Donormoduls TycA kamen hingegen das low-copy-Plasmid pSU18 (10-12 Kopien pro Zelle) und der vergleichsweise schwache Plac-Promotor zum Einsatz. Mittels SDS-PAGE und nachfolgender in silico-Analyse konnte nachgewiesen werden, dass diese Versuchs-anordnung in der Tat in vivo zur Einstellung eines 30 -fachen Überschusses an Akzeptormodul führte. Im Zweiplasmidsystem HM0079[pSU18-tycA/pTrc99a-tycB1]

lag somit annähernd das in vitro ermittelte Idealverhältnis zwischen Akzeptor- und Donormodul vor.

7.3.4 Optimierung der in vivo D-Phe-L-Pro-DKP-Produktion

Zur Optimierung der in vivo DKP-Produktion wurden die drei konstruierten NRPS-Systeme (Einplasmid-, Fusions- und Zweiplasmidsystem) vergleichend untersucht. Die Ergebnisse dieser umfangreichen Tests sind in Abb 7-3 grafisch aufgearbeitet und können wie folgt zusammengefasst werden.

0 2 4 6 8 10 12 14

mg D-Phe-L-Pro-DKP / g BDW

25 °C - 25 °C + 30 °C - 30 °C + 37 °C - 37 °C + EPS FS ZPS

0 10 20 30 40

D-Phe-L-Pro-DKP [µM]

25 °C - 25 °C + 30 °C - 30 °C + 37 °C - 37 °C + EPS FS ZPS

A B

0 2 4 6 8 10 12 14

mg D-Phe-L-Pro-DKP / g BDW

25 °C - 25 °C + 30 °C - 30 °C + 37 °C - 37 °C + EPS FS ZPS

0 10 20 30 40

D-Phe-L-Pro-DKP [µM]

25 °C - 25 °C + 30 °C - 30 °C + 37 °C - 37 °C + EPS FS ZPS

0 2 4 6 8 10 12 14

mg D-Phe-L-Pro-DKP / g BDW

25 °C - 25 °C + 30 °C - 30 °C + 37 °C - 37 °C + EPS FS ZPS

0 2 4 6 8 10 12 14

mg D-Phe-L-Pro-DKP / g BDW

25 °C - 25 °C + 30 °C - 30 °C + 37 °C - 37 °C + EPS FS ZPS EPS FS ZPS

0 10 20 30 40

D-Phe-L-Pro-DKP [µM]

25 °C - 25 °C + 30 °C - 30 °C + 37 °C - 37 °C + EPS FS ZPS

0 10 20 30 40

D-Phe-L-Pro-DKP [µM]

25 °C - 25 °C + 30 °C - 30 °C + 37 °C - 37 °C + EPS FS ZPS EPS FS ZPS

A B

Abb 7-3: D-Phe-L-Pro-DKP-Produktion im Einplasmid- (EPS), Fusions- (FS) und Zweiplasmidsystem (ZPS) in E. coli HM0079 bei Variation der Fermentationstemperatur und der Induktionsbedingungen (- nicht induziert, + induziert).

Diskussion 131

Von den drei getesteten NRPS-Systemen zeigte das Zweiplasmidsystem unter fast allen getesteten Fermentationsbedingungen die höchste Produktivität, während das Fusionssystem fast immer am schlechtesten abschnitt. Diese beobachtete Abstufung der drei Systeme befindet sich im Einklang mit in vitro Daten, die bei früherer Gelegenheit oder im Rahmen der vorliegende Arbeit gewonnenen wurden. So zeigen in vitro-Studien von Linne et al., dass die artifizielle Fusion der beiden monomodularen NRPSs TycA und TycB1 – unter Bildung einer artifiziellen, dimodularen NRPS – mit einer deutlichen Beeinträchtigung (ca. 50 %) der DKP-Bildung verbunden ist [Linne, 2003]. Eine vergleichbare Produktivitätseinbuße konnte nun auch in vivo determiniert werden: während das Einplasmidsystem bei 30 °C mit Induktion einen Produkt-Titer von 13 µM (4,5 mg/g BDW) erreichte, wurde im Fusionssystem unter gleichen Bedingungen nur noch ca. 40 % dieses Wertes gemessen (5 µM bzw. 2 mg/g BDW). Die Übereinstimmung zwischen in vitro- und in vivo-Daten deutet auch an, dass die Protein-Protein-Kommunikation im Einplasmidsystem unter in vivo-Bedingungen im heterologen Wirt E. coli nicht beeinträchtigt sein kann.

Ebenfalls im Einklang mit in vitro-Daten ist die ermittelte Abstufung der Produktivität zwischen Ein- und Zweiplasmidsystem. Offensichtlich gelten die in dieser Arbeit gewonnenen Erkenntnisse über das optimale Verhältnis zwischen dem Akzeptormodul TycB1 und Donormodul TycA auch unter in vivo-Bedingungen. Die vorliegenden Daten stellen die bisherige Vorstellung eines starren Biosynthese-Komplexes infrage und deuten vielmehr auf einen dynamischen Prozess einer sich wiederholenden Assoziation und Dissoziation der beteiligten Enzyme (TycA und TycB1) hin. Interessanter Weise wurden für die Biosynthese-Systeme der beiden Siderophore Enterobactin und Yersiniabactin ähnliche in vitro-Ergebnisse erhalten, obgleich beide genannten Systeme über deutlich unterschiedliche Organisationen ihrer Untereinheiten verfügen.

Vor Beginn des Optimierungsprozesses lag der Produkttiter, der mit dem Einplasmidsystem bei 37 °C mit Induktion erreicht wurde, bei 7 µM bzw. 2 mg/g BDW. Diese Werte konnte durch Aussparen der offensichtlich nicht erforderlichen IPTG-Induktion auf 27 µM bzw. 9 mg/g BDW gesteigert werden. Durch die Einführung des Fusionssystems und gleichzeitiger Variation der Fermen-tationsbedingungen (30 °C ohne Induktion) konnte demgegenüber eine lediglich marginale Verbesserung des Produkt-Titers auf 11 µM (4 mg/g BDW) erzielt werden.

132 Diskussion

Die höchste Produktivität schließlich wurde mit dem Zweiplasmidsystem bei 25 °C mit IPTG-Induktion erreicht, wobei die gemessene DKP-Konzentration bei 38 µM (12 mg/g BDW) lag. Somit konnte durch die Verwendung des überlegenen Zweiplasmidsystems und einer gleichzeitige Temperaturerniedrigung auf 25 °C die Produktivität des heterologen Wirtes E. coli HM0079 für die nichtribosomale Synthese von D-Phe-L-Pro-DKP um ca. 400 % gesteigert werden.

7.3.5 Einfluss der Wachstumsbedingungen auf die katalytische Aktivität von nichtribosomalen Peptidsynthetasen

Eine interessante Beobachtung im Rahmen der gerade beschriebenen Studien war, dass für nahezu alle untersuchten Systeme hohe zelluläre Konzen-trationen an TycA und TycB1 häufig nicht mit einer hohen Produktivität bei der DKP-Synthese gleichgesetzt werden konnten.

Aufgrund theoretischer Überlegungen sollte bei höheren Temperaturen (37 °C) und mit IPTG-Induktion eine optimale Produktion der beteiligten NRPSs sichergestellt werden. Diese Annahme konnte mittels SDS-PAGE-Analyse für die verschiedenen, getesteten Systeme auch tatsächlich verifiziert werden. Dennoch zeigten nahezu alle NRPS-Systeme gerade unter diesen Fermentationsbedingungen (37 °C und mit Induktion) den niedrigsten Produkt-Titer. Ohne IPTG-Induktion stieg die Produktivität hingegen sowohl beim Ein- als auch Zweiplasmidsystem um das 2- bis 3-fache. In ähnlicher W eise besaßen zumindest das Fusions- und Zwei-plasmidsystem die höchste Produktausbeute bei niedrigeren Temperaturen (37 °C <

25 °C 30 °C).

Die genannten Beobachtungen lassen sich dadurch erklären, dass durch die Induktion zwar große Proteinmengen synthetisiert werden, diese produzierten NRPSs jedoch aufgrund inkorrekter Faltung oder unzureichender Phospho-pantheteinylierung an Aktivität und somit Produktivität einbüßen. Diese Erklärung steht im Einklang mit der bekannten Literatur in der dokumentiert ist, dass die Aktivität und Löslichkeit von NRPSs vielfach durch eine Reduktion der Temperatur bei der Expression der zugehörigen Gene gesteigert werden kann [Stachelhaus, 1998;

Mootz, 2000; Doekel, 2002]. Dies gilt insbesondere für große, multimodulare NRPSs, wie sie z. B. im Fusionssystem zum Einsatz kommen.

Diskussion 133

Um einen klaren Beweis für den Einfluss der Fermentationsbedingungen auf die katalytische Aktivität von NRPSs zu erhalten, wurden die ATP/PPi -Austauschaktivität und die Beladungsaktivität von TycA und TycB1 im Zweiplasmidsystem untersucht. Hierzu wurde das Zweiplasmidsystem zunächst unter den verschiedenen Wachstumsbedingungen angezogen. Nachfolgend konnten die beiden rekombinanten NRPSs über ihren unterschiedlichen Affinitäts-Tags selektiv gereinigt und biochemisch charakterisiert werden. Für das im molaren Unterschuss produzierte Donormodul TycA wurden hierbei zwar variierende Aktivitäts-Austauschraten zwischen 0,5 und 1,4 min-1 gemessen, allerdings ohne signifikanten Einfluss der Fermentationsbedingungen (Temperatur und Induktion). Im Gegensatz hierzu konnte für das im molaren Überschuss produzierte Akzeptormodul TycB1 eine signifikante Beeinträchtigung der Austauschaktivität gemessen, wenn das Protein bei hohen Temperaturen mit Induktion synthetisiert wurde. Die Austauschrate des bei 25 °C produzierten Proteins lag hierbei bei 1,7 min-1. TycB1-Protein, das bei 37 °C ohne Induktion produziert wurde, zeigte eine vergleichbare Austauschrate von 1,4 min-1. Durch IPTG-Zugabe kam es bei dieser Fermentationstemperatur jedoch zu einem drastischen Abfall der Austauschrate auf 0,2 min-1.

Die ermittelten Beladungswerte für TycA lagen bei Proteinen, die nach Induktion überproduziert wurden (2,6 bis 14,0 %), grundsätzlich über denen von Proteinen aus nicht induzierten Proben (0,6 bis 2,2 %). Höhere Temperaturen wirkten sich hingegen stets vorteilhaft auf die Aktivität des TycA aus. Im Gegensatz hierzu waren bei dem Akzeptormodul TycB1 höhere Fermentationstemperaturen grundsätzlich mit einem deutlichen Verlust der Beladungsaktivität (von 22,1 auf 0,6 %) verbunden. Diese Beobachtungen machen deutlich, dass die Produktivität des dimodularen Gesamtsystems TycA/TycB1 hauptsächlich über die Aktivität des Akzeptormoduls TycB1 reguliert wird. Obwohl bei höheren Temperaturen die größten Proteinmengen produziert werden und TycA eine erhöhte Aktivität aufweist, werden unter diesen Bedingungen nur geringe Produktkonzentrationen nachgewiesen. Da die Produktivität wie bereits gezeigt jedoch von einem Überschuss an funktionalem TycB1 bestimmt wird, können die höchsten Produktkonzentrationen bei den Bedingungen beobachtet werden, bei denen die beste Aktivität dieses Proteins ermittelt wurde.

134 Diskussion

7.3.6 Etablierung eines Phe-Pro-DKP-basierten Selektionssystems In Bezug auf die anfängliche Fragestellung konnte gezeigt werden, dass i) das zyklische Dipeptid D-Phe-L-Pro-DKP ausgehend von dem dimodularen NRPS-System TycA/TycB1 heterolog in E. coli produziert werden kann, ii) das gebildete Produkt stabil ist, und iii) D-Phe-L-Pro-DKP aus den Zellen heraus in das Medium diffundiert bzw. transportiert wird. Der hierbei erreichte Produkttiter liegt, je nach genetischer Organisation der Gene und in Abhängigkeit der verwendeten Fermentationsbedingungen zwischen 5 und 38 µM (2-12 mg DKP pro g BDW). Im Hinblick auf die Etablierung eines DKP-basierten Selektionssystems liegen die Werte mindestens eine Größenordnung unterhalb der von Holden et al. ermittelten Schwellenkonzentration zur Aktivierung einer LuxR-vermittelten Genexpression. Ein entsprechendes System käme daher ohne eine weitere Steigerung der Produktivität für die Evolution der beteiligten NRPSs TycA und TycB1 nicht in Betracht.

Grundsätzlich anders gestaltet sich die Situation für eine auf der anti-biotischen Aktivität von Phe-Pro-DKP beruhenden Selektion. Fdhila et al. machten hier die Beobachtung, dass viele DKPs eine antimikrobielle Wirkung auf das Meeresbakterium Vibrio anguillarum ausüben, sofern diese zumindest eine

D-konfigurierte Aminosäure enthalten [Fdhila, 2003]. Für das in dieser Arbeit untersuchte D-Phe-L-Pro-DKP wurde in diesem Zusammenhang eine Minimal-Inhibitorische-Konzentration (MIC) von 0,13 µg/ml (0,53 µM) ermittelt. Dieser Wert liegt fast zwei Größenordnungen (Faktor 70) unterhalb der bislang höchsten, in vivo erhaltenen Produktkonzentration von 38 µM. Aus diesem Grunde scheint eine auf der Inhibition von V. anguillarum basierte Selektion ein brauchbares Werkzeug für die Evolution des DKP-produzierenden NRPS-Systems TycA/TycB1 zu sein.

Einschränkend ist hierbei anzumerken, dass es sich bei V. anguillarum um einen pathogenen Mikroorganismus der biologischen Sicherheitsstufe S2 handelt, für den in unserem Labor keine Umgangsberechtigung vorlag. Daher wurden im Rahmen dieser Arbeit einige alternative Vibrio-Stämme, welche in die Sicherheitsstufe S1 eingeordnet werden, auf ihre Sensitivität gegenüber D-Phe-L-Pro-DKP hin getestet.

Dabei musste jedoch festgestellt werden, dass die acht untersuchten Stämme bis zu einer D-Phe-L-Pro-DKP-Konzentration von 50 µM nicht in ihrem Wachstum inhibiert wurden (das beste NRPS-System produziert 38 µM DKP). Lediglich die drei Stämme V. agarivorans, V. fischeri und V. aerogenes ließen sich durch relativ hohe DKP-Konzentrationen von 1 mM in Ihrem Wachstum inhibieren. Damit eignen sich diese

Diskussion 135

Stämme jedoch leider nicht zur Etablierung eines auf Antibiotika-Aktivität basierenden Selektionssystems. Dieses Problem könnte möglicherweise durch das Testen weiterer Vibrio-Stämme überwunden werden. Alternativ müsste auf den von Fdhila et al. charakterisierten Stamm V. anguillarum zurückgegriffen werden.

7.3.7 Heterologe Produktion artifizieller, nichtribosomaler Peptide Mit der fermentativen Darstellung des zyklischen Dipeptids D-Phe-L -Pro-DKP konnte ein Prototyp für die nichtribosomale Synthese eines artifiziellen Peptidproduktes im heterologen Wirt E. coli etabliert werden. Aufgrund der Möglichkeit einer nachhaltigen und kostengünstigen Bioproduktion von peptidischen Grundstoffen – z. B. Vorstufen von Pharmazeutika und Feinchemikalien – stößt dieser Ansatz auch auf Seiten der Industrie auf stetig wachsendes Interesse. In der Tat bietet die fermentative Bioproduktion von komplexen Peptiden zahlreiche Vorteile gegenüber einer konventionellen chemischen Synthese. So kommen anstelle teurer Reaktanden und häufig giftiger Chemikalien und Lösungsmittel, vorzugsweise erneuerbare Edukte zum Einsatz. Darüber hinaus besitzen viele Peptidantibiotika äußerst komplexe Strukturen, die mit akzeptablem Aufwand nicht synthetisch dargestellt werden können. Auch unter diesem Aspekt bietet die Generierung artifizieller biologischer Montagebänder eine attraktive Alternative für die Produktion komplexer Naturstoffe.

Die Praktikabilität dieses Konzeptes konnte in zahlreichen Beispielen unter Beweis gestellt werden. Hierbei wurden sowohl gerichtete Veränderungen in bestehende NRP-Biosynthese-Systeme eingeführt, als auch vollständig artifizielle NRPSs generiert [Stachelhaus, 1995; Doekel, 2000; Mootz, 2000]. Als Beispiel kann u. a. die de novo Generierung eines artifiziellen dimodularen Biosynthese-Systems für die Vorstufe Asp-Phe des Zuckerersatzstoffes Aspartam genannt werden, dessen Synthese in vitro gezeigt werden konnte [Duerfahrt, 2003]. Mit dem in dieser Arbeit beschriebenen Beispiel des antibiotisch-wirksamen, zyklischen Dipeptids D

-Phe-L-Pro-DKP konnte nun erstmals ein Beispiel für die erfolgreiche fermentative Darstellung eines solchen NRP-Poduktes im heterologen Wirt E. coli geliefert werden.

Die nachgewiesene Biosynthese von D-Phe-L-Pro-DKP bedeutet gleichzeitig eine erfolgreiche in vivo-Rekonstitution der ersten Schritte der Biosynthese des Decapeptid-Antibiotikums Tyrocidin. Dies belegt, dass die hierfür erforderliche

136 Diskussion

Interaktion der beiden monomodularen NRPSs TycA und TycB1 im heterologen Wirt E. coli nicht gestört ist. In diesem Zusammenhang konnte kürzlich gezeigt werden, dass die produktive Interaktion zwischen Partner-NRPSs durch kurze terminale Kommunikations-vermittelnde („communication-mediating“; COM) Domänen sichergestellt wird [Hahn, 2004]. Im Hinblick auf eine biokombinatorische Ausnutzung dieser COM-Domänen ist es wichtig festzuhalten, dass diese Aktivität auch im Umfeld eines heterologen Wirtes aufrechterhalten wird. Gleichzeitig ebnet die beobachtete, robuste in vivo-Interaktion der beiden NRPSs den Weg für die Rekonstitution des vollständigen NRPS-Biosyntheseclusters im heterologen Wirt.

Diese Rekonstitution erfordert – abgesehen von den beteiligten NRPSs – auch die Gegenwart assoziierter Gene, deren Genprodukte z. B. am Export des Decapeptids oder der Bereinigung von unproduktiven Fehlacylierungen beteiligt sind [Schwarzer, 2002].

Die in dieser Arbeit etablierten Systeme für die in vivo-Produktion von DKP untermauern auch die Vorzüge des heterologen Wirtes E. coli, der bekanntermaßen ein enormes Potential für genetische Manipulationen bietet. Diese Vorteile umfassen u. a. die stabile Aufrechterhaltung von bis zu drei kompatiblen Plasmiden mit unterschiedlichen Kopienzahlen pro Zelle, sowie die Verwendung von verschieden starken Promotoren. Im Hinblick auf eine weitere Optimierung könnten dieses Potential beispielsweise dahingehend ausgenutzt werden, um weitere Gene zu exprimieren, deren Genprodukte die Aktivität von NRPSs und den Export der synthetisierten Peptide verbessern könnten.

Anhang 137